PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Fackel der Freiheit(Fortsetzungsgeschichte)



Silkow
10.11.05, 15:57
Eine verrauchte Spelunke in Richmond,Virginia.

Georgie saß mit seinem Brandy in einer ziemlich dunklen Ecke. Immer wieder schweifte sein Blick zur Tür. Auch wenn dies das wahrscheinlich letzte einer ganzen Reihe von Treffen mit dem Fremden war, war dieser ihm immer noch unheimlich. Einmal mehr nahm sich Georgie vor, nach getaner Arbeit seinen "Wirkungskreis" in eine andere Stadt zu verlegen...vorzugsweise weit, weit weg. Nervös tastete er nach dem kleinen Bündel auf der Bank.
Wieder einmal öffnete sich die Tür der lauten, miefigen Kneipe und der von Georgie Erwartete trat ein.

Wie schon die letzten Male trug er einen dunklen Mantel, dessen Kragen hochgeschlagen war; den eleganten Hut trug er tief ins Gesicht gezogen.
Diese an anderen Orten vielleicht eher auffällige Vermummung trug ihm hier kaum einen Blick ein; die hiesige Kundschaft war gewohnt, daß hier die feinen Herren ihre schmutzigen Geschäfte mit weniger feinen Typen-wie Georgie-betrieb.

Der Fremde setzte sich wortlos an Georgies Tisch, was ihm von diesem ein gemurmeltes "Abend,Sir..." einbrachte. Statt einer Antwort sah der dunkel Gekleidete ihn mit seinen hellen,blauen Augen an und fragte in seinem unverwechselbaren, mit einem fremden Akzent durchsetzten Englisch:
"Ihr habt das Zeichen gesetzt wie besprochen. In eurem Interesse hoffe ich das heißt, ihr seid soweit?" Georgie rutschte unbehaglich auf der Bank hin und her. "Ja,Sir. Ich habe ihnen gestern Abend nun den Rest des Buches vorgelesen. Die Neg...Schwarzen waren ganz aus dem Häuschen."
Bei der Erinnerung daran schüttelte sich Georgie kurz. Bei dem Gedanken, heute wieder zu den aufgebrachten Plantagenarbeitern zu gehen, überlief es ihn eiskalt. Aber das war nun einmal sein Risiko-und dementsprechend gut bezahlte ihn der Fremde auch.
"Habt ihr das Buch wieder mitgebracht?" unterbrach ihn die kühle Stimme des Mannes.
"Natürlich,Sir!" Georgie schob ihm das Bündel über den Tisch zu; als das Tuch dabei ein wenig verrutschte, waren die goldgeprägten Buchstaben "HARRIET BEECHER-STOWE" kurz zu sehen. Schnell nahm der Fremde das Bündel an sich, den Inhalt wieder sorgfältig in das Tuch einwickelnd.

"Gut..sehr gut. Nun,wie ihr euch sicher schon dachtet, werdet ihr heute den abschließenden Schritt unternehmen. Die Waffen sind vorbereitet?" "Ja,Sir. Wie ihr befohlen habt-jede Muskete bereits geladen, und ein paar gestohlene Revolver. Ich habe noch für jeden ein Pulverhorn und Blei organisiert,und.." "Das lasst weg. Jede Waffe nur einen Schuß-auch die Revolver."

Georgie riß die Augen auf. Etliche Fragen,die er sich selbst gestellt hatte, beantworteten sich nun von allein..und warfen neue Fragen auf. Der Fremde hatte seinen Gesichtsausdruck durchaus wahrgenommen-nun wurde sein Blick durch die stahlblauen Augen gebannt.
"Werdet nur nicht zu schlau, und denkt nicht zuviel. Ihr werdet dafür bezahlt,meine Anweisungen auszuführen-und sonst nichts."
Und noch leiser: "Vergesst nicht...nicht nur ihr seid käuflich. Und Unfälle ereignen sich so schnell in dieser stockfinstren Nacht da draußen..."

Georgie schluckte, das Gesicht aschfahl verfärbt. "N..natürlich,Sir! Euer Befehl wird ausgeführt, danach verschwinde ich wie der Teufel! Was interessiert´s mich, wozu ihr..." Er verstummte. "Gesunde Einstellung." zischte der Dunkle. Er packte einen fetten,schweren Beutel mit Silberdollars auf den Tisch, den Georgie schnell verschwinden ließ.
"Alles auf einmal?" wisperte Georgie ungläubig.
Der Fremde beugte sich leicht zu ihm. "Warum nicht? Ihr werdet es nicht wagen,mich zu betrügen..habe ich Recht?"

Ohne eine Antwort abzuwarten erhob sich der Mann aprupt und ging zur Tür hinaus. Zum ersten Mal am Abend atmete Georgie durch, auch wenn der eigentlich gefährliche Teil noch vor ihm lag.
Aus heiterem Himmel fiel ihm nun -nach Tagen des Rätselns ein- , wo er diese Art von Dialekt schon einmal gehört hatte: bei Schulz, dem deutschstämmigen Fleischer. Die Deutschen sprachen so...