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Bismarck
11.03.03, 17:46
Wie haltet ihr es mit folgendem Zitat vom großen Moltke:
"Ein Krieg, selbst der siegreichste, ist ein nationales Unglück"

Sollte man nicht heutzutage ein inter vor das nationale setzen?
Ist er denn nicht schon zu der Zeit ein großes Unglück für alle gewesen?

General wallenstein
11.03.03, 20:34
Sollte man nicht heutzutage ein inter vor das nationale setzen? Ist er denn nicht schon zu der Zeit ein großes Unglück für alle gewesen?

Wir verstehen wie Ihr es meint, jedoch würde durch einen solchen "Zusatz" die Grundaussage, ja das gesamte Zitat verfremdet werden. Es wäre eine ganz neue Definition und hätte mit Moltke´s Aussage nur noch herzlich wenig zu tun.

Moltke wollte mit dieser Aussage sicher nicht auf die Auswirkungen in ihrer Gesamtheit auf Europa, oder gar der ganzen Welt aufmerksam machen, sondern eben für "sein" Land. Und ein Krieg ist zu jeder Zeit ein großes Unglück gewesen und wird es auch immer sein - auch wenn sich die "Größe" des Unglücks natürlich stets unseren technologischen Möglichkeiten angleicht.

Nehmen wir doch den enormen deutschen Aufstieg um die Jahre 1864 - 1871, Krieg gegen Dänemark (1864), Krieg gegen Österreich (1866) - insbesondere jedoch den deutsch-französischen Krieg von 1870/71 als Beispiel.

Natürlich waren diese Kriege für Deutschland ein "großer Sieg" und mit ihren direkten Folgen auch ein "großes Glück". Deutschland demonstrierte eindrucksvoll die Möglichkeiten der neuen Errungenschaften und seine Führungsrolle vor allem auf dem Sektor der Geschütze. Wie "leicht" wurden doch die Dänen und Österreicher und letztlich gar die Franzosen hinweggefegt und letztlich zu Versailles das Deutsche Kaiserreich - die Einheit - ausgerufen? Elaß-Lothringen kam an Deutschland und die 5 Milliarden Francs Kriegskontributionen von Frankreich an Deutschland haben dann auch noch die deutsche Wirtschaft gepuscht.

Sieggreicher können Kriege zu solcher Zeit und in solch engem Zeitraum doch kaum verlaufen, oder???


Aber betrachtet man nicht nur die direkten, kurzfristigen Auswirkungen, sondern auch die langfristigen "Hypotheken", dann sieht das Ganze schon eher nach einem "nationalen" Unglück aus.

Die "Kriegsberichterstattung" der damaligen Zeit informierte die Bevölkerung beispielsweise über den glorreichen Sieg der Deutschen gegen die Dänen. Es wurden Bilder der gestürmten Düppeler Schanzen gezeigt, aber man sah nirgends den hohen Blutzoll, welchen insbesondere die Dänen gezahlt hatten - insgesamt beinahe 4.000 Mann kamen um. Jetzt heißt es natürlich, tja, wieso ist das ein "nationales" Unglück für die Deutschen???

Fragt die Kriegsversehrten und Gefallenen, deren Familien usw. - natürlich nicht möglich, da bereits alle tot.

Aber am deutsch-französischen Krieg läßt sich das Ganze noch mehr verdeutlichen.

Frankreich wurde regelrecht "auseinandergenommen" und mehr als gedemütigt. Und das die Franzosen natürlich diesbezüglich auf Revanche hofften - ja diese anstrebten - zeigte sich ja einige Jahrzehnte später. Aus einem Krieg kann man einfach nicht "siegreich" hervorgehen, da insbesondere die siegreichen Kriege oft neue Kriege heraufbeschwören, ja vorprogrammieren.


Man könnte also beinahe folgendes formulieren...

"Je siegreicher ein Krieg kurzfristig erscheint, desto größer ist das nationale Unglück, zu welchem er den Grundstein legt."

A. Lincoln
12.03.03, 18:24
Die Frage ist, warum ist ein Krieg ein nationales Unglück. Zur damaligen Zeit konnte man noch von nationalem sprechen heute muß man fast von internationalen Unglück sprechen.

Damals, zur Zeit Moltkes, waren die Kriege relativ begrenzt auf einzelne Nationen. Es gab noch keine so starke Verflechtung der Wirtschaft auf internationaler Ebene (Global Player). Die Auswirkungen eines Krieges waren also nur national auf die Kriegführenden Länder beschränkt. Die anderen Länder spürten den Krieg deswegen minimal. Ich denke sogar Sie profitierten durch gesteigerte Exporte. Auch könnte es sein, das in den Ländern welche aus den kriegführenden Nationen Waren bezogen nun diese Waren selbst herstellen mußten. Dadurch profitierte die Wirtschaft nochmals. Aber wie gesagt es waren nur minimale Auswirkungen.

Also warum nationale Unglück. Weil die Ressourcen, welche dem Volk dienen sollten um deren Lebensstandard zu erhöhen bzw. um ihn zu halten, nun für die Kriegführung gebraucht wurden. Auch darf man nicht vergessen das jeder Gefallene eine Familie hat. Und darin besteht das größte Unglück, der Verlust von Menschenleben.
Irgend jemand hat mal gesagt: „ Ein Toter ist eine Tragödie, eine Millionen Tote eine Statistik".
Dieser Satz hat sich leider in vielen Köpfen verankert. Man hört von 100 Toten in einem Moskauer Theater und naja ein bißchen entsetzten war dabei. Aber ein Kind wird ermordet und der Aufschrei ist riesig.
Im Deutsch-Französischen Krieg von 1870-71 starben ca. 40 TSD Deutsche Soldaten gegenüber 160 TSD Französischen Soldaten. Im Vergleich zum 1 bzw. 2 Weltkrieg kann man darüber nur müde lächeln. Aber dennoch bedeutet das für Hunderttausende Familien, auf beiden Seiten, ein Todesfall. Das ist das NATIONALE Unglück der damaligen Zeit.

Heute kann man nicht bei jedem Krieg von internationalem Unglück sprechen. Man muß klar differenzieren zwischen, so hart es auch klingen mag, wichtigen und unwichtigen Kriegen.
Unwichtige Kriege sind Kriege in denen Entwicklungsländer, z.B. in Afrika miteinander kämpfen.
Wichtige Kriege sind jene die Auswirkung auf die ganze Welt haben also international relevant.
Nehmen wir Israel und die Palästinenser her. Aus einem Nationalem Unglück ist ein Internationales Unglück entstanden. Die Region dort unten ist unruhig, der Ölpreis steigt und der Westen spürt es. Natürlich nur rein Wirtschaftlich, aber in der heutigen Zeit zählt das ja schon fast mehr als ein Menschenleben.

Mit freundlichen Grüßen

Abe