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DerGraf
30.04.17, 01:19
Das Tagebuch der Grafen von Eskens-Kalpenbach - Teil II (1939-1945)

Freitag, 1. September 1939









Kiel, Unterseeboots-Flottille 'Lohs'

Leutnant zur See Paul Graf von Eskens-Kalpenbach stand auf der Brücke von U-13 und sah auf die durcheinanderlaufenden Männer herab, die das Boot zur nächsten Patrouille beluden. Vermutlich mal wieder ein Routineeinsatz in der Ostsee. Im Stützpunkt war eine Art stiller Emsigkeit ausgebrochen, die man den Marinesoldaten so gar nicht zumutete. Es war etwas im Busch ! Aber keiner wußte genau, was es war. Leutnant Becker, der IIWO, enterte auf und zündete sich erst einmal eine Zigarette an. 'Ruhig, was ?' "Zu ruhig... Ob was im Busch ist ?" Becker zuckte darauf nur mit den Schultern. 'Möglich ist alles. Mit dem, was in letzter Zeit so los ist, hätte man genug Anlaß. Frage ist, was man oben draus macht.' Kapitänleutnant Kölmel, der Kommandant von U-13, war im Boot zugange, um die letzten Auslaufvorbereitungen zu treffen. Die beiden Wachoffiziere standen noch eine Weile am Schanzkleid und sahen der Mannschaft beim Arbeiten zu. Seit 11 Monaten war Paul jetzt schon Wachoffizier, er begann sich einmal mehr danach zu sehnen, endlich die dunkle Mütze der Charge mit der weißen Mütze des Kommandanten zu vertauschen und sein eigenes Boot zu übernehmen. Aber es war ja anscheinend noch nicht so weit ! Becker sprach ihn wieder an. 'Denkst du, Polen zieht zurück wie alle anderen ?' "Warum denn nicht ? Die Überwindung des Vertrages geschah mit minimalem Widerstand. Österreich wurde angeschlossen, ohne daß was passiert ist. Die tschechoslowakische Frage wurde geklärt, wobei jedem klar wurde, was die französischen und britischen Zusagen wert waren. Nichts ! Wir haben das Memelgebiet auch wieder... Polen müßte verrückt sein, um die Dinge ohne Not eskalieren zu lassen. Sie werden verhandeln, wie alle anderen auch." Becker wirkte immer noch skeptisch. 'Und wenn sie doch ernst machen ?' "Dann heißt das noch lange nicht, daß die Briten und Franzosen das auch tun. Mal mal nicht den Teufel an die Wand."

Der Steuermann und IIIWO, Vollmer, erschien im Turmluk. 'Befehl vom Alten: Alles in die Zentrale !'

Paul und Becker sahen sich kurz an, dann gaben sie den Befehl weiter und stiegen hinab ins Boot, wo der Alte schon neben dem Radio saß, die Mannschaft war in der Zentrale und an den Kugelschotts versammelt und wartete, was kommen würde. Als alle da waren, sah Kölmel auf seine Uhr, einige Minuten später begann die Übertragung.

Neustadt in Holstein, 1. Unterseebootschule

Schulpersonal und Lehrkörper waren ebenso wie die Teilnehmer der verschiedenen Lehrgänge im Hof angetreten. Korvettenkapitän Theodor Schulte stand neben den anderen Stabsoffizieren und grübelte, was der Appell wohl zu bedeuten hatte. Eigentlich war er mit seiner Entscheidung, sich der Kriegsmarine als E-Offizier wieder zur Verfügung zu stellen, recht gut gefahren. Natürlich, das Papierschieben langweilte ihn bisweilen, aber es war eine kriegswichtige Tätigkeit, die jüngere Offiziere freimachte, zumal er für ein eigenes Kommando sowieso zu alt war. Im November 1938 hatte er den Zivilberuf wieder an den Nagel gehängt und war wieder Soldat geworden. Spannende, aber unruhige Zeiten konnten erfahrene Offiziere gut gebrauchen, dachte er sich, auch wenn der Großteil seines technischen Wissens mit dem der jungen Offiziere nicht mehr mithalten konnte. Trotzdem nagte die Ungewißheit an ihm. Er hatte ein Gefühl, was diese Sache anging, und es war kein gutes. An der Front bekam man ein Gespür für sowas. Er sah sich unauffällig um. Die ganzen Friedensoffiziere natürlich nicht, woher auch ? Ein kurzer Blick hinüber. Die Aufsichtsoffiziere hatten ihre Inspektionen formiert und im Griff. Gut !

'Achtung !'

Die versammelten Offiziere und Unteroffiziere nahmen Haltung an. Kurz darauf drangen die ersten Worte aus den Membranen des Volksempfängers.

Swinemünde, 1. Zerstörerflottille

"Alaaaaaaaarm ! Bewegung, Männer !"

Das schrille Geräusch der Alarmklingel unterstrich die Worte noch. Die Männer polterten durcheinander, um auf ihre Stationen zu kommen. Kurz darauf war die Alarmbereitschaft hergestellt, auch wenn das Geraffel der Leute dafür sorgte, daß die Quartiere aussahen wie bei den Hottentotten. Aber darüber machte sich Oberfähnrich zur See Otto Graf von Eskens-Kalpenbach keine allzugroßen Sorgen. Sein Hauptproblem wußte er hinter sich, wo Oberleutnant Wentz mit der Stoppuhr stand. Der kurze Seitenblick auf den Divisionskommandeur ließ bei Otto den Eindruck entstehen, daß die demonstrierte Leistung vor den Augen des Oberleutnants wenig Gnade finden würde... Irgendetwas war also mal wieder schiefgelaufen ! Der Oberleutnant wollte gerade zur Manöverkritik ansetzen, oder besser, zum Verriss, wie es jeder der Offiziersanwärter an Bord nannte, aber er wurde durch das Erscheinen seines siamesischen Zwillings unterbrochen. Oberleutnant Bell war wohl einer der wenigen, die Wentz an Bord als Freund bezeichnen konnte, und die beiden waren selten weit voneinander entfernt. Bell winkte also ab, als Wentz etwas sagen wollte.

'Alle Mann an Deck !'

Die Leute sahen sich kurz verdutzt an, bevor sie begannen, der Anordnung Folge zu leisten. Oberleutnant Wentz würde seine Gelegenheit noch bekommen, aber im Moment galt: Gerettet durch den Gong, sozusagen. Auf dem Deck war bereits einiges der Zerstörerbesatzung versammelt, vor allem die Seeziegen, aber auch ein paar Funkemariechen und Tintenkleckser waren neben den Offizieren und Offiziersanwärtern zu sehen. Für den Rest unter Deck gab es ja die Bordsprechanlage ! Gespannt harrten sie dessen, was da kommen sollte, bis es schließlich losging.

Hannover, in einer Dienstwohnung

Wilhelmine von Eskens-Kalpenbach kam gerade vom Einkaufen zurück. Kartoffeln, Obst und Gemüse waren ja immerhin noch frei erhältlich. Trotzdem war sie beunruhigt. Die vor vier Tagen ausgegebenen Lebensmittelkarten erinnerten sie nicht von ungefähr an die Situation vor 25 Jahren zurück. Dazu noch die Gerüchteküche, was die Verhandlungen mit Polen anging ! Frau Maeger von schräg gegenüber hatte berichtet, daß ihre Söhne und ihr Mann am 26.8. abends noch ihren Gestellungsbefehl bekommen hatten und somit sozusagen wortwörtlich über Nacht eingerückt waren. Ihre Söhne waren bereits beim Militär, da erübrigte sich das ja ! Paul war ja als Beamter uk-gestellt und würde so schnell nicht wieder in eine Uniform kommen und selbst wenn... Er hatte ihr selber versichert, daß er für ein richtiges Kommando nicht mehr geeignet war und deshalb wohl keine wirklich gefährliche Stelle mehr bekommen würde. Das beruhigte etwas, aber ein ungutes Gefühl blieb... Sie setzte sich in die Küche und genehmigte sich einen Kaffee mit etwas Cognak. Unterdessen räumte Rudolf die Einkäufe weg.

"Rudolf, schalten Sie doch bitte einmal den Empfänger ein !"
'Sofort, gnädige Frau !'

Nach etwas Musik folgte eine Übertragung der anderen Art...

Auf dem Rhein, nahe Köln-Niehl

'Sehen Sie die Welle noch mal nach, nur um sicherzugehen !'
"Verstanden !" rief Günther Schröder und zwängte sich durch den schmalen Durchgang des Maschinenraums. Blödes Aas ! dachte er dabei. Mit der Welle war alles in Ordnung, das hörte doch ein Blinder mit Krückstock, aber von einem Milchbart der grade einmal sein Patent hatte, konnte man so eine Erkenntnis wohl nicht erwarten... Also machte der LI sich das Leben leicht und jagte seinen Vorgänger für jeden Mist in die Maschine, der würde das schon hinbekommen. Vielleicht auch, um ihm zu zeigen, wer hier jetzt das Sagen hatte, wer wußte das schon so genau ? Günther machte sich da keine großen Gedanken, immerhin hatte er trotz der Herabstufung noch einen halbwegs sicheren Job, das war dieser Tage mehr, als viele von sich sagen konnten und es brachte ja auch nichts, außer, daß man trübsinnig dabei wurde.

Als er mit dem kleinen Problem fertig war um den Erfolg beim LI zu melden, fand er die Besatzung auf der Brücke um den Volksempfänger versammelt. Sein Eintreten wurde zur Kenntnis genommen, die Meldung aber mit dem Hinweis auf den Empfänger abgewürgt.

'Der Führer spricht !'
Sollte er doch ! Was würde der diesmal schon groß zu sagen haben ?

Landjahr-Lager, in der Nähe von Angerburg

Clara war schon lange nicht mehr so schnell bei der Arbeit wie am Anfang. Sie war schon länger im Landjahr, aber trotzdem war sie die lange andauernde körperliche Arbeit nicht so gewohnt wie andere Frauen, die vom Land kamen oder eben in anderen Verhältnissen aufgewachsen waren. Trotzdem machte sie verbissen weiter. Als der Korb endlich wieder voller Bohnen war, streckte sie sich erst einmal und machte sich auf den Weg, ihn zur Sammelstelle zu bringen. Die körperliche Arbeit war etwas neues und machte ihr so gesehen auch schon Spaß, aber dazu würde sie sich erst einmal daran gewöhnen müssen... So wie es war, war es eine elende Schinderei und sie wäre froh, wenn das Landjahr vorbei war und sie endlich ihre Ausbildung anfangen konnte ! Nur die Aussicht, wieder in die Stadt zurückkehren zu müssen, schreckte sie noch etwas davon ab. Die waren ihr zu gedrängt und laut. Vielleicht würde es eine Möglichkeit geben, später auf dem Land zu arbeiten ?

Ihre Gedanken wurden von der Menschentraube an der Sammelstelle unterbrochen. Sie leerte den Korb in den Vorratskeller und versuchte, einen Blick über die Schultern der stehenden Frauen und Mädchen zu erhaschen. Dort stand ein Radio, soviel war klar, aber wegen des aufgeregten Getuschels konnte sie nicht richtig verstehen, was genau eigentlich gesagt wurde. Es drehte sich wohl mal wieder um die Polenkrise, soviel wurde ihr dann doch klar. Dann wurde es ruhig und die nächste Übertragung begann, deutlich verständlicher als die vorherige.

Hannover, Kriminalpolizeileitstelle - Abteilung für Kapitalverbrechen

Paul lehnte sich zurück und legte die Akte, die er bearbeitet hatte, zurück in den Aktenschrank. Es war ruhig im Raum, seit Kriminalkommissar Wilke vor drei Tagen Beurlaubung eingereicht hatte, um wieder zur Fahne zurückzukehren, wie er es nannte. Der Gestellungsbefehl hatte dabei wohl maßgeblich mitgeholfen, denn allzu scharf auf dieses Privileg war Rolf als alter Verdunkämpfer nicht gewesen. Er zündete seine Pfeife an und sah die große Karte an der Wand an. Er war davon überzeugt, daß er den Gestellungsbefehl nicht bekommen würde, zu alt, nach heutigen Maßstäben garantiert auch höchstens gv. Wirklich erschrecken tat ihn diese Aussicht aber nicht. Natürlich, die See fehlte ihm und er erinnerte sich gern an seine Marinezeit zurück, aber letztenendes war es egal, ob er hier oder in einem Flottenstab Papiere hin- und herschob. Immerhin war er jetzt seit fast 17 Jahren Polizist, hatte sich hochgearbeitet und leistete hier einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung. Sicher, es hatte eine Weile gedauert, bis er mit Dingen wie den übler zugerichteten Mordopfern richtig klarkam. Was das anging war er doch noch etwas zimperlicher als Wilke gewesen und war es noch.

Natürlich stellte sich die Frage wie es weitergehen würde. Würde Polen einen Wendepunkt darstellen ? Das würde sich vermutlich in diesen Tagen entscheiden, aber da mochten sich andere einen Kopf drüber machen. Er selber hatte mit solchen Fragen nichts mehr zu tun, hoffte aber natürlich, daß es friedlich abgehen würde. Beide Söhne als Berufssoldaten oder auf dem Weg dahin, da dachte man manchmal an die weltpolitische Lage und wünschte ihnen trotzdem oder gerade deshalb, daß sie ihre Karriere im Frieden würden verleben können. Die Tür wurde geöffnet und die ältliche Stenotypistin, Frau Leudolph, sah herein.

'Es gibt eine Durchsage im Radio, die sie hören sollten, Herr Kommissar !'

Er nickte, stand auf und rückte seine Krawatte zurecht. Hemdsärmelig, wie er war, ging er zum Pausenraum, wo er andere bereits sitzen sah. Düker trank grade etwas Kaffee. Schmitt und Pohlschröder tuschelten leise miteinander. Hinten in der Ecke lehnte Rehmel vom Dezernat zur Bekämpfung unzüchtiger Bilder, Schriften und Inserate, von allen ob seines Arbeitsgebietes hinter seinem Rücken nur 'Schmuddel-Dieter' genannt. Was den wohl hierher verschlagen hatte ? Er holte sich erst einmal einen Kaffee und setzte sich auf einen der freien Stühle. Dann kam die Durchsage, auf die alle gewartet hatten...


https://www.youtube.com/watch?v=unGF_L42eQg

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Wir möchten hiermit die werten Regenten zu unserem zweiten AAR-Projekt begrüßen, das eine Fortsetzung des ersten Teil darstellen soll. Ein sehr ehrgeiziges Projekt, aber wir hoffen, daß es gut läuft und bei der Leserschaft Anklang findet !

Wir werden Silent Hunter III mit dem GWX Mod spielen, plus eventuell noch einiger kleinerer Mods, die wir noch nicht endgültig zusammengestellt haben, sollte also einer der werten regenten noch Vorschläge haben, bitten wir, diese bekannt zu machen. Aufgrund einiger vorangegangener AARs, auf die wir uns gegebenenfalls zu beziehen planen und aus rein taktischen Überlegungen haben wir uns gegen einen AAR-Start im September 1939 entschieden, es wird also im Spiel noch etwas Zeit ins Land gehen, bevor es ans Eingemachte geht. Zeit, die wir hoffen, für eine weniger lehrreiche als vielmehr kontextualisierende und unterhaltsame Narration nutzen zu können.

Weitere technische Daten folgen, da wir erst einmal nur den Prolog als eine Art Teaser setzen wollten. Wie üblich wird der AAR nach verfügbarer Zeit weitergeführt, längere Pausen sind also durchaus möglich. Einen besonderen Wert für unsere Motivation, diesen AAR durchzuführen möchten wir neben den werten Regenten, die mit ihren hervorragenden AARs dazu beigetragen haben, auch an Lothar-Günther Buchheim zusprechen, dessen Werk 'Das Boot' wir in den letzten Wochen nach dem Film nun auch in Buchform rezipiert haben und das uns viele Anregungen gegeben hat !

Die Rede in der Kroll-Oper haben wir in ihrer vollen Länge gewählt, da eine Kurzform der historischen Situation unserer Ansicht nach nicht gerecht werden würde. Wir haben die Inhalte und Art der Präsentation jedenfalls sehr interessant gefunden und können ebenfalls auch im Hinblick auf heutige Verhältnisse nur dazu raten, sich das Dokument in voller Länge zu Gemüte zu führen. Wer dazu nicht bereit oder daran nicht interessiert ist, mag sich mit der allseits bekannten und oft zitierten Stelle begnügen und spule vor bis 19:54. Ebenfalls anbieten können wir das Transkript:

http://www.reichstagsprotokolle.de/Blatt2_n4_bsb00000613_00046.html

Aber genug der Vorrede !
Schauen wir, wohin dieser AAR führt. Wir wünschen den interessierten Regenten viel Freude und hoffen, die Leser sparen nicht mit konstruktiver Kritik !

Ritter Kunz
30.04.17, 18:12
Wir freuen uns, dass Ihr Euch entschlossen habt, einen Folge-AAR zu verfassen und werden auch diesen aufmerksam verfolgen. Immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!

Ritterliche Grüße

Azrael
01.05.17, 21:26
Immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel wünsch ich euch, direkt ein Abo hinterlassen!

Voetmann
01.05.17, 23:20
Immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel, werter DerGraf! Warum nutzt Ihr GWX und nicht LSH 2015? Ist zwar Eure Sache, doch Letzterer ist - um es mit einem Wort zu sagen - "Bombe!" :D

Wir lesen gespannt mit! :)

DerGraf
02.05.17, 00:19
Vielen Dank, werte Regenten !

Zu eurer frage, werter Voetmann:
LSH 2015 stemmt unser Rechenknecht nicht. GWX funktionierte da anstandsloser, deshalb GWX.
Bislang gefällt uns dieser Mod ganz gut, wenn wir auch bereits einmal kurz davor waren, mit dem Beil den Turm aufzuentern und die Funkantenne abzuhacken, weil der großdeutsdche Rundfunk teilweise doch stark mit Bagatellen nervt ! Aber das ist ja Geschnmackssache...

Li Shunchen
02.05.17, 00:37
Viel Erfolg, Herr Kaleun!
Da wir SH3 nur in Vanilla kennen, würden wir uns über kurze Erklärungen, was die Mods machen, freuen.

DerGraf
02.05.17, 01:57
Hm, ist recht umfangreich, eine kurze Aufführung einiger features ist hier zu finden:

http://www.thegreywolves.com/gwx3/legacy.php

DerGraf
04.05.17, 02:01
Sonntag, 3. September 1939

U-13 machte gut Fahrt und hatte den Ausgang des Skagerrak erreicht. Gestern hatte der Kapitänleutnant uns die Missionsbefehle eröffnet: Patrouille in AN 47, sozusagen einen Katzensprung vor Aberdeen. Angesichts der Lage in der Ostsee ging es mit dem Einbaum eigentlich nicht weiter ab vom Schuß, aber mit der unklaren Lage die Weststaaten betreffend hatte Kölmel wohl recht, wenn er Disziplin anmahnte. Trotzdem gab es Stimmen, die befürchteten, der Zwischenfall wäre vorbei, bevor wir zum Schuß kämen. Die Aufkeimende Diskussion an Bord war von Kölmel mit dem Hinweis beendet worden, dies wäre immerhin ein U-Boot der Kriegsmarine und kein Butterfahrtsdampfer, also würden die Befehle befolgt. Wenn das hieße Nordsee, dann hieß das eben Nordsee ! Ich war gerade dabei, einige Worte mit Leutnant Becker zu wechseln, der mich ablöste, als Obermaat Albrecht, der Bordfunker, mit einem Zettel zu uns trat.

'Offiziersspruch, gerade hereingekommen, Herr Oberleutnant !' Becker sah mich an und ich winkte ab. "Ich mach das schon !" Immerhin war ich auch mal IIWO gewesen und hatte den einen oder anderen Spruch entschlüsselt. Während also Becker mit der Seewache aufzog, pellte ich mich aus dem U-Bootpäckchen, das einer der anderen abziehenden Seewächter flugs zum Dieselraum brachte, wo wir die Sachen einigermaßen trocknen konnten. Mit der Enigmamaschine zog ich mich auf die Koje des LI zurück, die tagsüber als Sitzmöbel für die Offiziersmesse diente, und begann mit den Schlüsselbüchern, den Spruch durch die Maschine zu tippen. Als ich fertig war, sah der Spruch fast genauso aus wie vorher. Nur ein einziges Wort mehr war in Klartext sichtbar: KOMMANDANT

Also reichte ich die Enigmamaschine an den Kapitänleutnant weiter, der am Kartentisch mit Steuermann Vollmer am Kurs und der Tagesleistung des Bootes knobelte.
"M-Spruch, Herr Kapitänleutnant !" Kölmel runzelte die Stirn und setzte sich etwa abseits in sein Schapp, um den Spruch in den Klartext zu bekommen. Er wirkte angespannt, und als er fertig war, war deutlich, daß es in ihm arbeitete. Er gab mir die Enigma, die ich zur Funkbude zurückbrachte. Dann hörte ich bereits das Knacken der Bordsprechanlage.

'Das OKM hat bekanntgegeben, daß Frankreich und England dem Deutschen Reich heute den Krieg erklärt haben ! Damit ist nach den stehenden Befehlen umgehend Gefechtsbereitschaft herzustellen. Die Patrouille auf befohlenes Zielgebiet wird kriegsmarschmäßig fortgesetzt, mit Feindkontakt ist von nun an stets zu rechnen. Kommandant Ende !'

Meine Gedanken rasten... Tatsächlich Krieg ! Man redete darüber, aber jetzt, wo es wirklich soweit war, fühlte es sich... merkwürdig an. Ein bißchen wie ein Spiel, aus dem Ernst geworden war. Würden wir dieser Probe gewachsen sein ? Ich lauschte in mich hinein. Ja, war ich bald überzeugt, das wären wir. Diesmal würden wir den Briten eine Blockade zu schmecken geben ! Ich konnte mich an die Zeit nicht mehr bewußt erinnern, dazu war ich damals zu jung gewesen, aber ich hatte viel darüber gehört und was ich gehört hatte bestärkte mich darin, daß so etwas nicht noch einmal geschehen durfte. Die Kriegserklärung und die fortlaufend einlaufenden Erfolgsnachrichten aus Polen beschäftigten die Männer an Bord noch den ganzen Tag über. Sollte es wirklich einen neuen Weltkrieg geben ?

Sechs Stunden später waren wir offiziell mit Frankreich im Krieg. Ein weiterer Marinebefehl verbot es, französische Einheiten zu attackieren, Selbstverteidigung sollte aber weiterhin erlaubt bleiben. Ein Versuch, zu vermitteln ? Keiner wußte es. Eigentlich war ich an das Rollen und Schlingern des Bootes und den Lärm der Diesel gewöhnt, aber in dieser Nacht schlief ich schlecht. War es Angst ? Aufregung ?

Drei ereignislose Tage lang stampfte das Boot durch die Nordsee auf das Zielgebiet zu. Das Wetter war schlecht, die Sicht gering, Kontakte gab es nicht, weder visuell noch akustisch. Das Meer wirkte schmutziggrau und die Wellenkronen stürzten sich wie gierige Möwen auf die Seewache herunter, die keinen Raum zu Ausweichen hatte. Vollmer hatte Schwierigkeiten, unsere Position mitzukoppeln und mußte die Versetzung durch den Sturm schätzen. Das gefiel weder ihm noch dem Kommandanten sonderlich gut, aber bei dem Wetter war ein ordentliches Besteck eben nicht möglich und damit mußte dann eben gearbeitet werden !

Im Zielgebiet angekommen trafen wir mehrere dicke Frachter, bei denen es sich aber um Norweger handelte, die wir ziehen lassen mußten. Erst kurz vor Mitternacht entdeckte der Matrosenobergefreite Frohnert einen Kontakt, der sich trotz des Sturmes als feindlich identifizieren ließ. Der erste Torpedo ging daneben, ob ich die Werte falsch berechnet hatte oder ob der Versatz durch das Wetter zu groß war, war nicht herauszufinden.

'Schiff funkt SSS ! Ist SS Angele Mabro.'

Hatten die tatsächlich die Blasenbahn in diesem Sauwetter gesehen ? Kölmel ließ Rohr 2 bewässern. Diesmal rechnete ich alles zweimal durch und griff danach zum Schiffsregister. SS Angele Mabro, Schüttgutfrachter, 2338 BRT. kein sonderlich dicker Brocken, gerade für 2 Torpedos, aber irgendwo mußte man anfangen und eine erfolgreiche erste Feindfahrt war doch schon etwas wert, nicht ?

Am 6.9. um 23 Uhr 38 zerriß die Explosion des zweiten Torpedos die Angele Mabro.

Folgedetonationen kündeten vom Ende des Schiffes. Die erste Versenkung des Bootes wurde mit Jubel aufgenommen. Ob es ein gutes Zeichen für eine glückhafte Fahrt war ? Aber die Versenkung blieb ein Einzelereignis. Nur ein weiterer Norweger begegnete uns während der Patrouille im Zielgebiet. Also formulierte Kölmel einen gewagten Plan: Da wir noch 3 Torpedos hatten, wollte er sich im Firth of Forth auf die Lauer legen und sehen, was vorbeikam. Wenn das Wetter mitspielte, könnte man sogar versuchen, in den Hafen von Rosyth einzudringen, um den Briten die Überlegenheit der deutschen Unterseeboote klar zu machen ! Mit Unterseebootnetzen war nicht zu rechnen und an den Bewachern sollte man vorbeikommen können. Der Kriegshafen würde größere Probleme verursachen können, aber das war Kölmel zu riskant und lohnte für drei Torpedos das Risiko auch nicht. Der Plan war riskant, aber das gefiel mir daran, es hatte etwas von dem Abenteuertum, der Initiative und der Verwegenheit, die bei den U-Booten immer mitschwang !

In der Tat war der Firth of Forth gut bewacht. Der Hydrophonposten, Funkmaat Seitz, zählte drei Zerstörer und zwei Trawler oder Torpedoboote. So weit wie möglich drangen wir im Schutz der Dunkelheit in den Fjord ein. Nur wenn die Bewacher zu nahe kamen, befahl Kölmel zu tauchen. Er wollte so dicht wie möglich heran, bevor wir uns verstecken mußten. Die Ruhe im Boot war gespenstisch. Tagsüber bewegten wir uns quälend langsam mit Schleichfahrt auf den Hafen zu, während über uns die Bewacher ihre Kreise zogen. Als die Akkumulatoren nichts mehr hergaben und Oberleutnant Börner den Kommandant vor der Gefahr einer Tiefenentladung der Batterien warnte, legte Kölmel das Boot nahe der Küste knapp über Grund, um die Dunkelheit abzuwarten.

Je mehr die Zeit verstich, desto stickiger wurde die Luft und desto nervöser wurden die Männer. Vollmers Tabellen waren alles, was wir hatten um zu wissen, wann es draußen dunkelte, und Kölmel würde das Boot nicht riskieren, indem er das Sehrohr am Tag benutzte. Also warten ! Schlafen wurde empfohlen, aber viele der Männer konnten das ob der Aufregung nicht und so beschäftigte man sich leise. manche schrieben Briefe, andere starrten an die Wände, andere wiederum schafften es, zu schlafen. Diese Männer beneidete ich insgeheim am meisten. Erst nach fast 10 Stunden auf dem Boden des Gewässers, die uns wie Tage vorkamen, ließ Kölmel auf Sehrohrtiefe gehen und schließlich als die Luft rein war, auftauchen. Die frische Luft strömte in das Boot als dieses durchgelüftet wurde und Vollmer zog mit der Seewache auf. Mit Marschfahrt schlich U-13 an der Küste entlang auf den Hafen zu. Das Jagdfieber hatte alle gepackt, nur LI Börner sah beunruhigt aus, als er über seinen Tabellen brütete und die Trimmung durchrechnete. Ob es um den Treibstoff ging ? Fragen wollte ich ihn nicht.

Um 3 Uhr morgens tauchte das Boot, um in Angriffsposition zu gehen. An den Anlegern waren verschiedene Einheiten, darunter ein Zerstörer, ein bewaffneter Trawler, zwei Frachter und etwas abseits etwas, das wie ein U-Boot aussah ! Durch das Sehrohr sah der Kapitänleutnant den Zerstörer abmarschieren, vermutlich um einen der Bewacher abzulösen. Auf den sich bewegenden Zerstörer wollte er nicht schießen, also blieben die beiden Frachter, ein Kleinfrachter und ein Küstenfrachter von jeweils vielleicht 2000 BRT. Der erste Torpedo versagte !

Der zweite zerriß den Frachter, der ahnungslos an der Kaimauer gelegen hatte. Um 3 Uhr 6 Minuten versank er brennend im Hafenbecken. Kölmel rochierte und brachte das Boot erneut in Position. Unser letzter Torpedo riß das Heck des Küstenfrachters ab, der um 3 Uhr 25 gurgelnd in den Fluten verschwand. Kölmel grinste triumphierend, als er das Sehrohr einzog.

'Kurs 90, Tiefe 16 Meter. Kleine Fahrt voraus, auf Schleichfahrt gehen. Empfehlen wir uns, bevor die Herren ungemütlich werden !' Aber wir kamen nicht weit, denn gegen 3 Uhr 40 drang die Meldung des Maaten am Hydrophon in die Zentrale.

'Schnelle Schraubengeräusche, vermutlich Zerstörer ! Schnell näherkommend !' Ich sah zu Kölmel. Wir hatten nur etwa 10 Meter Wasser unter dem Rumpf. Ausweichen konnten wir kaum. Es gab also nur eins, die schmale Silhouette weiterhin zeigen und dann zu zacken, wenn der Zerstörer über uns war. Wenn er überhaupt von uns wußte, was ja nicht gesichert war. Die Zweifel sollten aber schnell beseitigt werden.

'Zerstörer läuft an !'

Ich spürte, wie mein Mund trocken wurde. Das einzige, was uns den Hals retten konnte, war die Einstellung der Wasserbomben, da sich der Zerstörer ja nicht selbst versenken wollte. Aber würden wir so viel Glück haben, oder würde alles bereits hier und jetzt enden ? Viele kleine und große Dinge, die ich immer vor mir hergeschoben hatte schossen mir durch den Kopf. Kölmel wollte gerade die Kurskorrektur durchgeben, als das Boot bereits wie von einer Gigantenfaust gepackt und durchgeschüttelt wurde. Ich hörte Männer schreien, loses Zeug durch das Boot rumpeln, Glass brechen und Rohrleitungen und Ventile platzen. Weitere Detonationen schleuderten mich gegen etwas, was ich für den Kartentisch hielt, denn ich spürte, wie mein Fall mindestens zwei Männer umsäbelte.

'Boot macht stark Wasser, Herr Kaleun ! Hauptlenzpumpe unklar, können die Tiefe nicht halten !'

Als U-13 auf dem Boden des Fjords aufschlug, verlor ich das Bewußtsein...
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OOC: Bilder gibt es für diese Feindfahrt leider nicht, das Bildprogramm hat Probleme mit SH III, aber wir versuchen es weiter !
Angaben zum Realismus und andere technische Details folgen !

Azrael
04.05.17, 10:14
Ohje! Ist jetzt der AAR schon nach einem Post beendet oder springt ihr einfach zu einem anderem U-Boot?

DerGraf
04.05.17, 13:11
Nun, werter Azrael, das ist einer der Gründe, warum wir mehrere Eisen im Feuer haben. Wer sich den Titel des Threads genau ansieht, wird bemerken, daß es dort einen Plural gibt, denn während es in Vorgänger-AAR streng genommen nur einen grafen gab, sind es jetzt deren 3. Eine maßnahme, zu der wir uns entschieden haben, eben weil wir im Falle früher Verluste eine taktische Reserve haben wollten !

Li Shunchen
04.05.17, 14:16
Wir können die Buchstaben R und S nicht auseinanderhalten und haben den Plural deshalb nicht bemerkt :P
Schade, dass die mutigen Männer schon so früh... mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben...

DerGraf
05.05.17, 00:08
Als ich wieder aufwachte, war nur noch die Notbeleuchtung an. Das fahle, blaue Licht leuchtete die Zentrale aus und ich konnte schemenhaft die arbeitenden Männer erkennen. Also hatten wir es durch den ersten Wasserbombenhagel geschafft ! Im Augenblick war kein Ping zu hören und auch im Funkschapp war nichts von anlaufenden Zerstörern zu hören. Allgemein war es von den Geräuschen der Arbeitenden abgesehen völlig ruhig. Ich raffte mich von der Koje des LI auf und stolperte zum Kartentisch, wo ich Kapitänleutnant Kölmel, Oberleutnant Börner, Leutnant Becker und Steuermann Vollmer stehen und auf den Tisch herunterblicken sah. Man machte mir bereitwillig Platz, ich quetschte mich dazwischen und sah auf den Plan des Bootes herunter, auf dem Börner mit dem Bleistift verschiedene Abteilungen markiert hatte.

'Die Lecks sind soweit abgedichtet, Druckkörper und Außenverschlüsse machen kein Wasser mehr. Hauptlenzpumpe ist klar, der Großteil des Wassers ist gelenzt. Batterien sind klar, Steuerborddiesel ist klar, Kompressor ist klar.' Er runzelte die Stirn. 'Beide Sehrohre sind unklar, die Funkantenne ist demzufolge wohl auch beschädigt, wenn sie überhaupt noch da ist. Funkgerät ist unklar, kriegen wir aber wieder hin. Das Hydrophon ist unklar, der Schaden ist auf See nicht zu reparieren, dafür müßten wir ins Trockendock. Der Backborddiesel ist ebenfalls schwer beschädigt, mit Bordmitteln ist da nichts mehr zu machen. Für den Rückweg haben wir also nur einen Diesel.'

Er sah zu Vollmer hinüber, dessen Gesicht im blauen Licht fahl und ausgezehrt wirkte. Der Steuermann sah auf einmal aus wie 50, als er sich mit der Hand durchs Gesicht fuhr und das Wort ergriff.

'Ich habe die Treibstoffvorräte dreimal durchgerechnet, Herr Kaleun. Bis Kiel werden wir es auf keinen Fall mehr schaffen. Wenn wir aus dem Fjord heraus sind, sehe ich nur eine Möglichkeit, das Boot nicht aufgeben zu müssen.'

Er schlug seinen Finger auf einen kleinen Punkt auf der Karte. Kölmel streckte sich und folgte dem Finger mit seinem Blick.

'Also Helgoland. Reicht der Treibstoff bis zur Insel ?'

Vollmer sah auf die Karte und beugte sich etwas weiter herunter. Als er der Meinung war, daß die Zentralebesatzung ihn nicht sehen oder hören konnte, fuhr er leiser fort.

'Nein, Herr Kaleun ! Wir müssen einfach sehen, wie weit wir kommen und dann hoffen, daß die Sicherungskräfte uns einschleppen können.'

Also war es noch nicht ausgestanden ! Wir würden den Heimweg blind, taub und halblahm zurückkriechen müssen, zu einer Basis, auf der es außer den U-Boot Bunkern nicht viel Kriegsmarinepräsenz gab. Aber dafür mußten wir erst einmal aus dem Firth of Forth entkommen... Also blind und taub nach Karte navigieren und dann bei Dunkelheit auftauchen und an der Küste entlang zum offenen Meer ! Das gefiel mir nicht. Gar nicht ! Aber dann, was war die Alternative ? Ausblasen und das Boot aufgeben ? Gefangenschaft ? Dann doch lieber wenigstens versuchen zu entkommen, egal wie die Chancen standen. Die anderen Offiziere sahen ebenso entschlossen in die Runde. Aufgeben kam auch für sie nicht in Frage. Ich sah zum gesprungenen Tiefenmesser hinüber: 21 Meter unter der Wasseroberfläche. Meine Uhr war stehengeblieben, wie lange hatte ich sie nicht mehr aufgezogen ?

Kapitänleutnant Kölmel schickte mich nach achtern, wo die Maschinenmannschaft den Diesel noch einmal überprüfte. Der Backborddiesel sah übel aus, aber die Mannschaft hatte ihn regelrecht ausgeschlachtet und alle noch brauchbaren Teile ausgebaut. Das Funkschapp war leer gewesen, ebenso wie die Kabine mit den Resten des Hydrophons. Erst allmählich erfuhr ich, daß sowohl Obermaat Albrecht als auch der Sonarmaat Seitz ganz am Anfang des Wasserbombenbombardements auf ihren Positionen getötet worden waren. Auch der Mechanikergefreite Wölfl war als Teil eines Leckwehrtrupps während der Erstreparaturen von austretender Batteriesäure schwer verletzt worden und war kurz darauf ebenfalls gestorben. Nun hatten wir drei Tote an Bord, die im Bugtorpedoraum lagen, aber zum Glück keine weiteren Verletzten. Als ich Meldung machte, nickte der Kommandant nur.

'Auf 15 Meter gehen !'

Quälend langsam hob sich U-13 vom Boden des Gewässers. Die Spanten ächzten, daß man Angst bekommen konnte, sie würden nicht halten, aber sie taten es. Börner pendelte das Boot ein. '85 Grad, Schleichfahrt !'

Die Batterien waren noch zu etwa 60 % geladen. Mit 2 Knoten schlichen wir nach Osten, der Ausfahrt des Fjords entgegen, die noch so weit entfernt war.
Würden wir es schaffen ?

DerGraf
07.05.17, 01:16
Jede unnötige Bewegung war verboten worden. Die meisten Besatzungsmitglieder verbrachten ihre Freiwache damit, mit der Kalipatrone in ihren Kojen zu liegen. Einige schliefen, andere dämmerten einfach nur vor sich hin. Natürlich war der Sauerstoff nicht so kritisch, aber Kölmel sah es als das beste Mittel, die Besatzung möglichst ruhig zu halten, denn Börner war sich sicher, daß wir noch so eine Verfolgung nicht ohne weiteres überstehen würden. Als die Batterien fast leergefahren waren, trennten uns noch etwa 120 Minuten vom Einbruch der Dunkelheit. Ich versuchte, mich mit einem Buch aus dem Regal abzulenken, konnte mich aber nicht auf die Buchstaben konzentrieren und erwischte mich dabei, wie ich ständig auf die Uhr sah. Als Folge schlich der Zeiger förmlich über das Ziffernblatt... Der Zustand des Bootes war natürlich der Hauptpunkt. Hatten die Schwarzfüße den Diesel gründlich genug überprüft ? Würde er durchhalten ? Rundhorchen konnten wir nicht. Die Oberfläche absuchen konnten wir nicht. Wir mußten einfach auftauchen und das Beste hoffen !

'Erste Seewache sich klarmachen !'

Der Befehl schreckte mich auf und ich warf mich schnell in das klamme Ölzeug. In der Zentrale hatte man bereits auf Rotlicht umgeschaltet und die vier Männer der Seewache standen an der Leiter bereit. ich fuhr noch einmal mit einem Lappen über die Linsen des Fernglases, dann stieg das Boot langsam weiter auf. Ich stieg die Leiter hinauf und als das Boot die Wasseroberfläche durchbrach und ich das Turmluk öffnen konnte, strömte die frische Luft in das Boot und verdrängte den Geruch, der sich im Inneren angesammelt hatte. So betrat ich die Brücke und sah mich in dem um, was noch übrig war. Das Schanzkleid war von der Druckwelle eines Nahtreffers leicht eingedrückt, beide Sehrohre waren anscheinend in den Schächten verklemmt und die Prismenspiegel waren wohl auch kaputt. Die Funkantenne war abgeknickt und die obere Hälfte fehlte, aber das war nichts, was nicht mit Bordmitteln wieder hinzubiegen wäre, zumindest Funk hätten wir wohl irgendwann wieder !

Angespannt ließen wir unseren Blick über den jeweiligen Sektor wandern. Gerade wegen des anliegenden Tempos mußten wir jedes sich nähernde Bewacherschiff schnellstmöglich entdecken ! Tatsächlich waren mehrere Zerstörer zu sehen, die aber recht großzügige Runden fuhren, weshalb wir an Südufer entlangfahrend ihnen einigermaßen ausweichen konnten. Vollmer und ich mußten uns die Seewachen teilen, da Becker im Dieselraum mit anpackte, um sicherzugehen, daß der Diesel nicht schlappmachte. In dieser Nacht und dem folgenden Tag brachten wir etwa 40 % der Strecke hinter uns, wenn wir Glück hatten, wären wir bald aus dem Firth of Forth hinaus !

Der Tag verlief ähnlich ereignislos wie der letzte, und das war das Schlimmste. Gammel, ohne daß man etwas tun konnte. Man hörte die Bewacher fernab nicht, man sah nichts, alles was man tun konnte, war leise die Zeit totschlagen und blind und taub den Kurs humpeln, bis es wieder ans Auftauchen ging. Als ich an diesem Abend aus dem Turm kletterte, fiel mein Blick zunächst auf die Behelfsantenne, die Oberleutnant Börners Leute angebracht hatten, sodaß wir wenigstens wieder mit Meldungen versorgt wurden und auch selber mitteilen konnten, daß wir noch am Leben waren. Die Erlaubnis zum Rückmarsch hatte der Kaleun schon eingeholt. Als ich das nächste Mal auf die Uhr sah, war es bereits 25 vor voll, aber dann machte mich der Gefreite Krüger auf eine Bewegung aufmerksam. Schnell richtete ich selbst das Fernglas auf die angezeigte Stelle.

Ein Torpedoboot !

Ich hatte es zuerst nicht bemerkt, aber dann schnitt es etwa 70 Meter vor dem Boot unseren Kurs. Instinktiv duckte ich mich hinter das Schanzkleid, aber anscheinend hatten sie uns nicht gehört oder gar gesehen, was ich schon fast als Wunder zu verbuchen bereit war... Erschrocken, aber auch mit wachsender Erleichterung sah ich dem Boot nach, das jetzt wieder in der Dunkelheit verschwand. Die Zerstörer zu umgehen war deutlich leichter und als wir es endlich ins offene Meer geschafft hatten, atmeten alle befreit auf. Die Männer außerhalb des Dieselraumes wußten ja nicht, wie es um den Treibstoff stand, also hieß es bei den Offizieren gute Miene zum bösen Spiel machen. Als ich abgelöst war, sah ich den Kommandanten und den LI miteinander tuscheln. Anscheinend hatten sie einen Plan, denn sie waren tief über die Karte gebeugt und rechneten anscheinend einige Angaben ein paarmal durch.

'Könnte klappen, Herr Kaleun !'
'Wir versuchen es, Börner !'

Also tauchte das Boot wieder und lief mit Marschfahrt Kurs Helgoland. Aufgetaucht wurde nur, um die Akkumulatoren aufzuladen. Kapitänleutnant Kölmel hoffte, so genug Reichweite aus den Batterien herauszuholen, um die fehlende Distanz nach Helgoland zu überbrücken.

"Meinen Sie, das klappt, Herr Börner ?" fragte ich den LI. Der zuckte mit den Schultern. 'Das hängt vom Diesel ab. Solange er einen Rest Treibstoff bekommt, schon. Kritisch wird es, sobald die Tanks fast leer sind. Wenn er dann Luft statt Treibstoff zieht und verreckt, kriegen wir ihn nicht mehr in Gang und müssen mit dem auskommen, was die Batterie an dem Punkt intus hat. Das kann reichen, muß aber nicht.' Er wischte sich die Hände an einem Lappen ab. 'Ist in jedem Fall teuflisch knapp kalkuliert, warten wirs also ab und hoffen das Beste.'

Die Situation blieb angespannt. Vollmer koppelte die Position regelmäßig mit und verfolgte unseren Kurs auf der Karte. Schließlich war es soweit: Oberleutnant Börner meldete den Dieseltreibstoff als verbraucht. Es war nur noch das da, was sich in den Leitungen befand, zuzüglich einiger schwarzer Reserven, die wohl jeder LI in irgendeiner Form anlegte. Der Kalender zeigte den 14. September, als ein Läufer mich und den Kommandanten auf die Brücke bat. Als wir aufenterten, deutete Becker auf einen kleinen Punkt am Horizont.

Helgoland !

Den Rest der Fahrt verbrachte ich auf der Brücke und beschäftigte mich mit wenig anderem, als dem kleinen Punkt an der Kimm beim größer werden zuzusehen. Je näher wir kamen, desto größer wurde die Erleichterung. Wenn der Motor jetzt absoff, würde man uns schnell finden und helfen. Bald waren wir nah genug, um die Lange Anna zu erkennen, auf der sich die Baßtölpel, Möwen und anderen Vögel tummelten. Auch die Anleger wurden erkennbar und immer größer. Als uns dann kurz vor der Zufahrt der Diesel abstarb, zog man uns kurzerhand mit einem Marineschlepper hinein und so machten wir am 14. September um 17:34 Uhr wieder in einem befreundeten Hafen fest. Wir übergaben das Boot an die Werftdivision des Stützpunktes und folgten dem Bootsmann, der uns einige Quartiere zuwies. Dort würden wir uns etwas erholen können, während man das Boot wieder einigermaßen in Schuß brachte.

Azrael
07.05.17, 10:33
Glückwunsch zur heilen Rückkehr :)

DerGraf
07.05.17, 16:28
Vielen Dank, werter Azrael !

Da wir nun die erste Fahrt soweit mit einem blauen Auge überstanden haben, wollen wir einmal zum Technischen kommen.

Zunächst spielen wir Silent Hunter GWX, an sich keine Überraschung.
Schwierigkeit / Realismus: 74 %

Generell gilt, daß passiert, was passiert, besonders, da ich ja schon ein gewisses Sicherheitsnetz eingebaut habe. Gesichert wird nur, für den Fall, daß das Programm Schwierigkeiten macht, geladen nur, wenn es wirklich unglücklich oder dumm zugeht.

Das ist für uns erst einmal das wichtigste, Fragen der werten Regenten beantworten wir aber weiterhin gern.
Die Bilder zum Schwierigkeitgrad fügen wir heute Abend ein, derzeit vertragen sich wohl Photobucket und unser Browser nicht, sodaß wir gegenwärtig keine Fotos hochladen können.

Ansosnten hoffen wir, daß wir die zeit bis zum eigenen Kommando einigermaßen glücklich herumbekommen und die nächsten Fahrten etwas erfolgreicher verlaufen. :D

Hohenlohe
07.05.17, 20:41
Wir sind schon sehr gespannt, wie es denn mit dem neuen AAR weitergeht...!! :ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*

DerGraf
08.05.17, 14:40
Hier noch einmal die passenden Bilder, um es deutlicher zu machen !

http://i1296.photobucket.com/albums/ag12/DerGraf/Screenshot%205_zps9afdxevc.png

http://i1296.photobucket.com/albums/ag12/DerGraf/Screenshot%207_zpse0jav2bv.png

http://i1296.photobucket.com/albums/ag12/DerGraf/Screenshot%206_zpst4lfxzvy.png

DerGraf
10.05.17, 21:01
Freitag, 6. Oktober 1939 - Marinebasis Helgoland

Als die traurige Pflicht, unsere gefallenen Kameraden zur letzten Ruhe zu geleiten vollzogen war, dauerte es nicht langem bis der Dienstbetrieb uns wieder eingeholt hatte. Wenn es eines gab, das Kölmel um jeden Preis verhindern wollte, dann war das, daß die Mannschaft Moos ansetzte oder anderweitig den Schlendrian einreißen ließ. Also gab es Sport und Formaldienst, bis keiner mehr konnte. Der Stützpunkt Helgoland war an sich nicht (mehr) für eine ordnungsgemäße Reparatur des Bootes ausgerüstet, aber das focht die Kriegsmarine nicht an. Sie schickten einen Versorger, der die benötigten Teile brachte, dazu allerdings auch eine volle Torpedozuladung und ein paar leute vom Fach sowie einen Marineingenieur, Kapitänleutnant (Ing.) Kuhlmann. Dieser hatte bereits den Bericht Börners erhalten und turnte auf dem Turm herum um die Schäden zu begutachten, bevor er sich daran machte, das Innere des Bootes zu besichtigen.

'Wird nicht einfach, aber einfach kann jeder, Herr Kapitänleutnant ! Wenn nichts schiefgeht, kriegen wir den Pott rechtzeitig wieder hin !'

Ebenfalls an Bord des Schiffes waren die Ersatzleute für unsere gefallenen Kameraden und die Ergänzungsleute, um die Mannschaft auf volle Stärke zu bringen. Diese meldeten sich bei mir und ich sah sie mir kurz an. Reinhard Richter, Mechanikermaat, verstärkte die Torpedowaffe an Bord. Rolf Vogel und Edgar Wissmann, die Ersatzleute für unsere toten Signalemaate, wurden sofort von Leutnant Becker in Beschlag genommen, der gleich ihre Nachrichtenschulausbildung auslotete und die Männer in den folgenden Tage an ihre Grenzen trieb. Die Gefreiten Dobbert, Massmann, Zimmermann und Falke wurden ebenfalls sofort eingereiht und in den Dienstplan miteinbezogen.

Ich selber verbrachte meine spärliche Freizeit damit, etwas auf den Spuren meines Vaters zu wandeln, der hier ja vor gut 22 Jahren stationiert gewesen war. Das war an sich nicht gut möglich, weil es auf der Insel ja wie im letzten Krieg rein militärisch zuging und die Bewohner evakuiert worden waren. In einem Lokal auf dem Stützpunkt fand ich allerdings an einer Wand einige alte Photographien aus dem Krieg. Eine davon erwies sich als Treffer. Das Bild war nicht datiert, aber ich erkannte einige der Männer darauf.

In der Mitte der Gruppe in einem Korbsessel saß Korvettenkapitän von Rahden, dicht daneben stand sein Adjutant, Oberleutnant Grau. Um die beiden herum die Kommandanten der Boote. Die Namen unter dem Bild waren leicht verblaßt, aber noch gut lesbar. Jaedicke, Kapitänleutnant. Hansen, Oberleutnant zur See. Von Müller, Oberleutnant zur See. Von Eskens-Kalpenbach, Oberleutnant zur See. Auf der linken Seite des Bildes schlossen sich die Wachoffiziere an. Von Wiedau, Oberleutnant zur See. Ruschdahl, Oberleutnant zur See. Schulte, Oberleutnant zur See. Rohlfes, Oberleutnant zur See. Rechts, etwas versetzt und abgesondert, die Ingenieure. Sie waren ja erst 1920 den Seeoffizieren formell gleichgestellt worden und hatten bis dahin gewissermaßen ein Dasein zweiter Klasse geführt. Einen erkannte ich sofort. Schröder, Marineingenieur. Daneben Petermann, Marineoberingenieur. Lange, Marineingenieur. Klausen, Marineingenieur.

Schröder und Schulte waren gute Freunde meines Vaters und gehörten fast zur Familie. Sie waren nach dem Krieg oft bei uns ein- und ausgegangen. Jaedicke war meines Wissens 1919 aus der marine ausgeschieden und war irgendwo in Mecklenburg Syndikus einer größeren Firma. Hansen fuhr immer noch zur See, heute allerdings für den Norddeutschen Lloyd, trotz seines Wissens um die Gefahren da draußen, speziell im Krieg. Von Müller war vor zwei Jahren an Lungenkrebs gestorben. Manche sagten, die Dreckschleudern, die man damals Unterseeboote nannte, hätten daran eine Mitschuld gehabt. Bewiesen worden war das nie. Mein Vater war Kriminalist geworden. Ruschdahl, Schulte und Rohlfes waren E-Offiziere und wieder bei der Marine. Von Wiedau war, wenn ich mich recht entsann, Anfang 1918 auf See geblieben, aber da war ich nicht sicher. Den Verbleib der Marineingenieure außer Schröder und Graus kannte ich nicht. Schröder war wohl auf einem Flußschiff. Einerseits erfreulich, daß er noch eine Stellung hatte, aber andererseits ? Korvettenkapitän von Rahden war 1919 mit einem Freikorps in das Baltikum gezogen und dort 1920 während Kampfhandlungen getötet worden. Mein Vater war damals wohl auch dabei gewesen, aber er sprach nie über diese Zeit. Alles, was ich darüber weiß, einschließlich der Tatsache, daß er damals dort mitgemacht hat, haben mir viel später Schulte und Ruschdahl erzählt, die ebenfalls mitgezogen waren.

In der Tat brachte Kuhlmann das Boot wieder in einen brauchbaren Zustand und wir warteten weiter auf den nächsten Auslauftermin und schlugen irgendwie die Zeit tot. Am 28. September war die polnische Regierung geflohen und Polen effektiv besiegt worden. Aber der Krieg gegen England, seine Dominions und Frankreich ging weiter ! Aber auch die Berichte über andere Vorfälle erreichten uns: So hatte U-24 unter Oberleutnant Wolfgang Peters am 12. September bereits einen leichten Kreuzer versenkt. Am 18. war Oberleutnant Günther Paulsen in Scapa Flow eingedrungen und hatte ein Schlachtschiff beschädigt und einen Träger versenkt. beide erhielten das EK II und schon bald sollten sich unsere wagemutigen Kapitäne in Scapa Flow die Klinke in die Hand geben, aber das wußten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht !

Heute war nun die Nachricht durchgedrungen, daß Oberleutnant Voetmann auf U-48 in einem weiteren Einbruch in die Flottenbasis einen Zerstörer, einen Träger und ein Schlachtschiff versenkt hatte und entkommen war ! Dies und die Ankündigung, daß er dafür wohl als einer der ersten Bootskommandanten das neue Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes erhalten sollte, schlugen in Helgoland ein wie eine Bombe. Bei solchen Meldungen war es klar, daß die Zufriedenheit mit den eigenen Leistungen weiter abnahm. Überlebt zu haben war zwar ein großes Plus, aber dafür, daß wir nur etwa 6.000 Tonnen versenkt hatten, war dieses Plus deutlich zu teuer bezahlt worden. Auch war natürlich klar, daß einige dieser Erfolge mit Booten errungen worden waren, die unserem Einbaum klar überlegen waren... Trotzdem breitete sich die Entschlossenheit aus, es beim nächsten Mal besser zu machen.

Kapitänleutnant Kölmel hatte daher bereits einen Operationsplan ausgearbeitet. Zwar sollten wir eigentlich nur das Boot zurück nach Kiel überführen, aber der Kaleun wertete die Torpedos die wir bekommen hatten als implizite Erlaubnis, die Überführungsfahrt etwas auszudehnen. Also hatten er und Vollmer einen Kurs abgesteckt, der von Helgoland nach Lowestoft führte, dann von dort aus die englische und schottische Küste hinauf und schließlich vor Aberdeen der Knick nach Osten und direkter Kurs auf den Skagerrak. So wir etwas Glück hatten, sollte uns da das eine oder andere vor die Rohre laufen.

Also stand ich um 6 Uhr morgens in der Zentrale und bereitete mich auf das Auslaufen vor. Im Ölzeug für die Seewache steckte ich bereits, ein großes Abschiedstrara würden wir wohl nicht bekommen, aber das war auch gut so. Vollmer und sein Steuermannsgast putzten die Sextanten und reinigten das übrige Besteck. Der Alte war schon oben auf der Brücke, Becker irgendwo am Bug und Oberleutnant Börner saß auf seiner Koje und las eine Zeitung. Die Helgoländer hatten uns einen ganzen Stapel davon überlassen. Nicht mehr ganz neu, aber immer noch nütze, hatten sie gesagt. Wenigstens hatten sie die Kreuzworträtsel nicht angerührt !

'Leinen los !' erahnte ich mehr, als daß ich es hörte. 'Beide Diesel halbe Fahrt !'

Mit den folgenden Ruderbefehlen machten wir los und verließen bald den Anleger von Helgoland für unsere zweite Feindfahrt. Noch wußten wir nicht, was uns erwartete !

Voetmann
10.05.17, 21:25
Haha! Nett hier mal wieder Unsere Erfolge zu sehen! Sehr schön, werter Graf! Wir sind mal gespannt, was man sich für Euch Schönes ausgedacht hat. :)

Azrael
10.05.17, 23:19
Sehr schön, dass ihr eure AAR's und auch noch die AAR's anderer Kaleuns hier so verknüpft, gefällt mir, schafft zusätzliche Atmosphäre :)

DerGraf
12.05.17, 01:53
Dienstag, 10. Oktober 1939 - Planquadrat AN 81, englische Küste vor Lowestoft

Eigentlich begann meine Seewache erst um 18 Uhr, aber es gehörte zum guten Ton, die Leute 10 Minuten früher abzulösen, auch wenn das Wetter uns ziemlich gewogen war und die See glatt vor uns lag. Nach einigem Herumkarriolen in der Nordsee hatten wir das Etappenziel Lowestoft fast erreicht. Börner hatte einige Tests und Tauchversuche gemacht, um sicherzugehen, daß das Boot auch wirklich kampftauglich war. Immerhin war Kuhlmann nicht gezwungen, mit der Röhre wieder rauszufahren, nicht ? Alles war jedoch zur vollen Zufriedenheit unseres LI verlaufen. Die neuen Männer fügten sich gut ein und auch Beckers Extratouren mit den Funkmaaten machten sich bezahlt. ich wischte mit einem Tuch kurz über die Okulare der Ferngläser, dann bezogen die Männer Posten und ich beaufsichtigte das Ganze zusammen mit dem Bootsmannsmaat.

'Rauchsäulen am Horizont, Herr Oberleutnant ! 344 Grad !'

Herr Oberleutnant ? Richtig, meine etatmäßige Beförderung zum Oberleutnant war ja am 1.10. ergangen. In der ganzen Monotonie hatte ich das vollkommen vergessen ! Ich folgte dem Arm, der die Richtung anzeigte und richtete das Fernglas auf die bezeichnete Richtung. ich mußte meine Augen etwas anstrengen, aber dann sah ich sie ! Schiffe, die näherkamen. Drei, vier, fünf ! Große in der Mitte, dazu ein kleineres Schiff backbord, etwa auf unserer Höhe sowie zwei auf Steuerbord.

"Kommandant auf Brücke !" rief ich das Luk hinunter und wartete, bis Kapitänleutnant Kölmel aufenterte. 'Was gibt es, IWO ?' Ich zeigte ihm die Richtung und wies ihn kurz ein. Der Alte richtete das Glas aus und pfiff durch die Zähne. Auch ich sah erneut hinüber, wo sich die Feindschiffe mit großen Bugwellen, die fast wie silberne Schnurrbärte aussahen näherschoben.

'Der einzelne auf Backbord, was denken sie ?' Ich sah genauer hin. "Zerstörer, wenn sie mich fragen, Herr Kaleun. Die beiden an Steuerbord auch. Klasse auf diese Entfernung nicht sauber zu bestimmen." Kölmel nickte und schob die Mütze tiefer ins Genick. 'Die beiden, die da schön mittig in Kiellinie auf uns zukommen, wonach sieht das für sie aus ?' ich überlegte und ging die Silhouetten durch, an die ich mich erinnerte, aber da kam wenig brauchbares. Kein Schlachtschiff, zu groß für Zerstörer, zu klein für schwere Kreuzer... "Zwei leichte Kreuzer, Herr Kaleun, Klasse ebenfalls nicht einwandfrei festzustellen." Kölmel gab bereits die Kurskorrektur durch.

'Kurs 93, Volle Fahrt zurück ! Sehrohrtiefe.' Er stieß mich an. 'Lassen wir die Lords etwas näher kommen, dann werden wir ja sehen, was das ist ! Einen von den großen Pötten schaffen wir ja wohl, was ? Alles einsteigen !'

Eine Einsatzgruppe also, auf die wir hier mehr durch Zufall gestoßen waren ! Ob das gut oder schlecht war, ließ sich noch nicht sagen. Kölmel wollte die Briten sozusagen en Passant erwischen und legte das Boot passend zurecht, wenn sie nicht zackten und das Sehrohr nicht entdeckten, wäre das fast wie Scheibenschießen ! Sechs Minuten warteten wir, im Boot war abgesehen von den fortlaufenden Meldungen des Maates am Hydrophon Totenstille. Kölmel fuhr das Sehrohr aus und grinste. wie lange würden sie uns diesmal wohl beharken ? Er ließ mich durch das Sehrohr sehen, dann hieß es, schnell den Schiffstyp im Register nachzuschlagen. nach etwa zwei Minuten hatte ich gefunden, was ich für den gesichteten Schiffstyp hielt.

http://i1296.photobucket.com/albums/ag12/DerGraf/vlcsnap-2017-05-11-23h30m46s137_zpsihtvayas.png

"Leichte Kreuzer Southampton-Klasse, Herr Kaleun. Knapp 11.000 Tonnen, Besatzung 1100 Mann."

Kölmel visierte den ersten Kreuzer an. Wir hatten nur den einen Versuch, ein Dreierfächer und dann weg, zum Nachladen wäre keine Zeit. Also hieß es besonders gut zielen und dann auf das Glück und die eigenen Fähigkeiten hoffen !

'Entfernung 900 Meter. Geschwindigkeit 25 Knoten. Lagewinkel 39, Lage laufend folgen !'
'Eingestellt !'
'Rohre 1 bis 3, Mündungsklappen öffnen.'
'Rohre 1 bis 3 klar zum Unterwasserangriff !'
'Rohr 1 bis 3... los !'

Die Torpedos schoben sich aus den Rohren und schossen dem Kreuzer entgegen. 36 Sekunden etwa zeigten die Uhren an, die ich in den Händen hielt. Nicht lange, um auszuweichen oder eine Blasenspur zu entdecken ! Langsam tickten die Sekunden herunter, als der Kreuzer zu drehen begann. Ein reguläres Manöver ? Oder hatten sie etwas bemerkt ? Einerlei, die Laufzeit war um ! Die Einschläge hörten wir auch so. Zwei der drei Torpedos trafen und als mich Kölmel durch das Sehrohr schauen ließ, zerrissen bereits Folgeexplosionen die Decks.

http://i1296.photobucket.com/albums/ag12/DerGraf/vlcsnap-2017-05-11-23h58m00s261_zpsukoqqhry.png

'Kreuzer sinkt !' kam es aus dem Funkschapp, während Kölmel mich das Sehrohr einziehen ließ. Der leise Jubel im Boot wurde durch die Dienstgrade schnell unterbunden. Es waren Ruhe und Geschwindigkeit gefragt !

'Tiefe unter Kiel, Vollmer ?'
'27 Meter, Herr Kaleun !'
'Auf 24 Meter gehen, Kurs 90, beide Diesel 50 Umdrehungen.'

Jetzt würde es also psychologisch werden !

Voetmann
12.05.17, 09:11
Uh, na da habt Ihr ja schon mal was Vernünftiges vor Euren Rohren. :top:
Wir wünschen viel Glück beim Angriff und dem Entkommen! :top:
Glückwunsch! :prost:

Azrael
12.05.17, 10:32
Da wird der Tommy sauer sein!

Hohenlohe
12.05.17, 11:35
Werter Graf, wir wünschen euch weiterhin viel Glück und viele Erfolge...!! :reiter: Hoffentlich könnt ihr den feindlichen Zerstörern auch noch gut entkommen...!! :ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

DerGraf
12.05.17, 12:14
Asche über unser Haupt, werter Zardoz !
Wir haben noch einmal nachgesehen, die Besatzung beträgt in der Tat nur 800, woher wir die 1100 haben können wir gar nicht mehr so genau sagen !

Edith sagt, die Zahl wurde vom SH Commander ausgespuckt, nach dem wir uns da richten. Wir haben die 1098 einfach mal gerundet, aber ja, ist ne Masse Holz für einen Town-Klasse Kreuzer. Werden wir aber wohl weiter mit arbeiten, vielleicht haben die Lords drüben das Ding ja aufgerüstet und modernisiert ?

DerGraf
13.05.17, 03:04
'Schnelle Schraubengeräusche aus 221 Grad, Herr Kaleun ! Kurze Entfernung, kommen näher !'

Der zweite Kreuzer oder ein Zerstörer ! Das würde sich in Kürze zeigen, aber nett würde es in keinem Fall werden. Vollmer spitzte seine Bleistifte demostrativ, aber aus meinem Blickwinkel konnte ich seine Hände leicht zittern sehen. Ich hielt mich an der Leiter in den Turm fest. Kölmel stand bei Oberleutnant Börner und die beiden tuschelten miteinander, nicht ohne ein Auge nach oben zu haben. Ich sah auf den Tiefenmesser, wo gerade die 20 Meter durchgegangen waren, aber noch war nichts von Ortung zu hören. Tatsächlich entfernten sich die Horchkontakte und nach zwanzig Minuten ließ Kölmel auf Sehrohrtiefe gehen. Ich vermutete schon halb, daß dort oben einer oder zwei der Bewacher auf genau das warteten.

Tatsächlich war noch einer der Zerstörer da, lief aber langsam ab, vermutlich fischten sie immer noch Schiffbrüchige auf. Kölmel befahl Kurs Südwest, um wieder auf Operationskurs zu kommen. Den Zerstörer würde er nicht angreifen. Er zog das Sehrohr wieder ein.

'Funkspruch vom OKM, Herr Kaleun !' 'Geben sie her !' Der Kaleun las den Spruch, runzelte die Stirn und legte das Papier weg.

'Meine Herren, Polen hat kapituliert ! Polnische Fahrzeuge sind aber weiterhin als feindlich zu behandeln.'

Das war es also ! Ein Monat und Polen war geschlagen. Ich war sicher, daß Frankreich und England nicht so leicht von der Hand gehen würden, aber das wollte ich in der allgemeinen Hochstimmung nicht verbreiten. Wir würden es ja erleben !

Um 19 Uhr 45 tauchte das Boot auf. Draußen war es bereits dunkel. Die Briten hatten uns nicht gefunden, Vollmer meinte, sie hätten uns nicht mal richtig gesucht. Er zog mit der Seewache auf, wir anderen aßen zu Abend. Bei Rollmops und belegtem Dosenbrot wurde es bald politisch.

'Die Deutschen in den ehemaligen Ostgebieten sind damit wieder heim im Reich ! Der Führer hat ja bereits klargestellt, daß es keine Gebietsforderungen an den Westen geben wird. Vielleicht ist 1940 schon wieder Frieden !' meinte Oberleutnant Börner kauend. 'Polnische Übergriffe hin oder her, denken sie wirklich, man hätte dem Reich so schnell den Krieg erklärt, wenn man das nicht auch ernst meinte, Herr Börner ? Glauben sie an einen Alibikrieg ?' wollte der Kaleun wissen. Börner schüttelte den Kopf. 'Signalwirkung vielleicht. Die Tschechen haben sie ja auch trotz aller Zusagen nicht unterstützt. Von daher wäre Polen ein interessanter Punkt, jetzt auf eine Linie im Sand zu ziehen, oder nicht ?' "Bedenken sie die Westfront !" warf ich ein "Da ist nichts passiert, bis jetzt. Wenn die Franzosen wirklich wollten, könnten sie doch jetzt, wo der Großteil des Heeres in Polen ist, schon versuchen, am Rhein stehen. Zumindest hätten sie es doch versucht, außer sie hecken eine Schweinerei aus." 'Zum Beispiel ?' fragte Kölmel. Ich zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung, ein britisches Expeditionskorps vielleicht ?" 'Möglich.' meinte Kölmel. 'Da wird den schlauen Herren im OKW auch noch was einfallen, hoffen wir mal. Also ich hätte nichts gegen einen Frieden 1940. Warten wir es ab, meine Herren !'

Das Gespräch ebbte bald wieder in unpolitischere Gefilde. Später würde Becker Vollmer ablösen. Ich hatte mal wieder die Hundewache erwischt... Der Kaleun hatte sich schon schlafen gelegt, mit dem verweis, die nächsten Stunden wollte er nur in dringenden Fällen gestört werden. In den meisten Fällen wüßte ich ja, was zu tun sei. Damit war das Boot wieder einmal, wenn auch nur für kurze Zeit, mein Kommando !

"Mann auf Brücke ?"
'Jawohl !'

Ich enterte auf und sog die frische Luft ein.

"Alles klar hier oben ?"
'Jawoll, Herr Kaleun !' grinste Becker. 'Melde gehorsamst: Dunkel wie im Bärenarsch, keine besonderen Vorkommnisse !'
Ich grinste zurück.
"Gut so, weitermachen, Leutnant !"

Becker hatte recht, es war in der Tat ziemlich dunkel. Zum Glück hatten wir Nachtgläser dabei. Nicht zwingend das Beste, aber immerhin etwas !

'Schatten Steuerbord voraus, Herr Oberleutnant ! Peilung 40.' meldete sich der für den entsprechenden Sektor zuständige Ausguck, Matrosenhauptgefreiter Wolf.
'Stimmt, da bewegt sich was !' bestätigte Oberbootsmann Puhse.
Ich sah auf die Uhr. Kurz nach 23 Uhr. Wer trieb sich denn um diese Zeit noch auf See herum ? Es gab nur einen Weg, das herauszufinden.

"Beide Maschinen AK, Kurs 30 ! Die Brüder sehen wir uns genauer an."

Wolf war wieder zu seinem Sektor zurückgekehrt, aber Puhse behielt das Schiff im Auge. Wir waren bald dicht genug dran, um es als einen kleinen Küstenfrachter identifizieren zu können. Nicht das großartigste Ziel, aber immerhin etwas ! Um 23 Uhr 15 gab ich den Befehl zum Tauchen.

Hohenlohe
13.05.17, 07:02
Wir freuen uns nach dem letzten Cliffhanger die Mannschaft und das Boot wohlauf zu sehen...:ph: Ansonsten wünschen wir weiterhin viel Glück und viele Erfolge...!! :top:

herzliche grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*

Voetmann
13.05.17, 09:36
Sehr schön, werter Graf! Glückwunsch zur Versenkung des Kreuzers und dem erfolgreichen Entkommen! :top:
Nun sind Wir gespannt, was als Nächstes passiert. :)

DerGraf
19.05.17, 04:44
Unter Wasser pendelte Börner das Boot ein und die Kleinarbeit begann... Das Boot so auszurichten, daß ein optimaler Schußwinkel dabei herauskam. In unterschiedlichen Kurs- und Fahrtstufen ließ ich das Boot laufen, bis die gewünschte Position erreicht war. Es lief immer noch halbe Fahrt zurück, als der Frachter in die Nähe kam. Ich beobachtete den Briten mit scharfem Blick durch das Sehrohr.

"Rohr 1 - Mündungsklappe öffnen !"
'Mündungsklappe geöffnet !'
"Entfernung zum Ziel 650 Meter. Zielfahrt 4 Knoten. Lagewinkel 86 Grad."
'Eingestellt !'

Der Engländer oben schien immer noch nichts zu ahnen. Arglos lief er näher und näher.

http://i1296.photobucket.com/albums/ag12/DerGraf/vlcsnap-2017-05-19-02h22m55s508_zpsegpkoloh.png

"Rohr 1... los !"
'Rohr 1 abgefeuert !'

Etwa 40 Sekunden Laufzeit... Nicht eben viel, aber so ein Küstenfrachter war auch ein kleines, wendiges Ding, an dem nicht viel dran war. Kein Zeichen einer irgendwie gearteten Alarmierung. Zehn Sekunden liefen durch... Zwanzig Sekunden liefen durch... Dreißig...

Hinter mir sagte der Zentralemaat die fünfunddreißig Sekunden an. Dann die Vierzig. Jetzt mußte es bald passieren !

http://i1296.photobucket.com/albums/ag12/DerGraf/vlcsnap-2017-05-19-02h34m37s831_zps34r3nay4.png

Treffer !

Die Explosion und die Wassersäule ließen wenig Zweifel am Schicksal des kleinen Frachters. Aus dem Funkschapp hörte ich den diensthabenden Funker.

'Schiff funkt, Herr Oberleutnant ! SS Aegir, 1869 Bruttoregistertonnen.'

Ich ließ auftauchen und Kurs 310 anlegen. Einen Torpedo hatten wir ja noch und so hieß es weiter die Küste entlang, bevor es dann gen Heimat gehen würde. Tatsächlich lief U-13 die Strecke ohne weitere Begegnungen oder Zwischenfälle. Nicht einmal Neutrale ließen sich sehen ! Würden wir also die 12.000 Tonnen nach Hause bringen ? Und was würde uns dort erwarten ?

Kapitänleutnant Kölmel ließ Heimatkurs anlegen. Den Torpedo sparten wir für Notfälle. Wie üblich war es immerhin der Treibstoff, der uns zur Umkehr zwang, und nicht die Munition. Am 9. kam die Bestätigung, daß Kapitänleutnant Tom Voetmann als einem der ersten U-Bootkommandanten das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen worden war. Erneut etwas, daß Anlaß zur Freude gab, aber uns auch die 'nur' 12.000 Tonnen etwas mies machte. Den Kaleun focht das nicht an, also uns auch nicht, oder zumindest taten wir so.

Am Morgen des 13.10. 1939 lief U-13 wieder in Kiel ein. Einen Heldenempfang bekamen wir nicht, aber ein paar Leute waren doch zusammengekommen. Das Boot würde wohl etwas länger in der Werft bleiben müssen, das hieß entweder Urlaubschancen oder aber stumpfen Dienst an Land ! Ich hoffte auf Ersteres...

Aber es sollten noch weitere Nachrichten folgen, die mich und Kölmels Boot betrafen !

Hohenlohe
19.05.17, 14:47
Kleinvieh macht ja bekanntlich auch Mist...!! Darunter fällt auch die Torpedierung eines kleinen Küstenfrachters wie der SS Aegir...*seufz* Aber was für Nachrichten sollten das Boot bzw. den Protagonisten betreffen...??
Wir sind schon sehr gespannt...:top:

herzliche grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
19.05.17, 15:47
Am Abend gab es eine kleine Feier, nicht nur wegen der Versenkungen, sondern weil das wohl meine letzte Fahrt mit U-13 gewesen war. Es hing zwar vor allem vom nächsten Auslauftermin ab, aber Kapitänleutnant Kölmel hatte bereits durchblicken lassen, daß er der Meinung war, daß die Liegezeit für U-13 zu lang wäre, um eine weitere Patrouille zu fahren. Demzufolge hielt ich bald neben dem Urlaubsschein den langersehnten Zettel in der Hand: Marschbefehl zum Kommandantenschießlehrgang XI/39 bei der 24. Flottille in Danzig zum 01.11.1939. Die Altersgrenze hatte ich bereits erreicht, da bestand also kein Problem. Wenn alles gutging, würde ich also in etwa zwei Monaten mein eigenes Boot haben... Kapitänleutnant Kölmel hatte bereits vom Flottillenchef für die Versenkung des leichten Kreuzers das EK I bekommen, blank und neu glänzte es an der Uniformjacke, die über seinem Stuhl im Kasino hing.

'Das bißchen Ausbildungsbetrieb überstehen Sie ja wohl auch noch. Wenn sie nur zur Hälfte der Sohn ihres Vaters sind, dann sitzen sie den Lehrgang auf einer Backe ab und bekommen ihr Kommando schneller, als ihnen lieb ist. Villeicht ist ja sogar eins von diesen VIIer Booten drin, aber da müßten sie sich wohl doch etwas anstrengen...'

Er grinste vielsagend und nahm einen Schluck aus seinem Bier.

'Ich habe sie jedenfalls empfohlen, also machen sie mir und ihrem Herrn Vater keine Schande, Oberleutnant !'

"Werde ich nicht, Herr Kapitänleutnant !"

'Ich weiß, wollte ich nur nochmal klar stellen. Man wird hohe Erwartungen an sie haben, und ich erwarte, daß sie diese erfüllen ! Wenn sie da werken wie 'Fahrkarten-Johnny' Dreier, dann sorge ich dafür, daß sie wieder auf mein Boot kommen und zieh ihnen die Hammelbeine lang ! Was macht ihr Vater eigentlich diese Tage ?'

"Er ist Kriminalkommissar."

'Hm, interessant ! Warum ist er eigentlich nicht bei der Marine geblieben, da könnte er sich doch jetzt bald Chnacen auf einen Admiralsposten machen ?'

"Weiß ich nicht, Herr Kaleu. Das fällt in eine Zeit über die er nicht gerne redet. Eigentlich überhaupt nicht."

Kölmel wirkte nachdenklich.

'Verstehe. Naja, wie gesagt, auf den Lehrgang ! Zeigen sie es denen so richtig !'

"Das werde ich, Herr Kaleun !"

Aber erstmal würde es wohl nach Hause gehen... Ich freute mich schon darauf, wieder von den Leuten zu hören und die neuesten Nachrichten zu erfahren. Wirklich viel bekam man hier draußen ja nicht mit, besonders postalisch hielten meine Eltern sich bedeckt. Ob das an den Erinnerungen an die Zensur im letzten Krieg lag ? Nun, ich würde es ja herausfinden ! Etwas Dienst war noch, aber dann hatte ich fast zwei Wochen, die ich daheim verbringen konnte, bevor es nach Danzig gehen würde. Die Stadt, in der der ganze Krieg angefangen hatte... Ich war sehr gespannt, wie diese Stadt wohl aussah !

Ich meldete mich ab und begab mich in mein Quartier zurück, um den Dienstplan für die nächste Woche zu lesen. Immerhin war ich noch hier, und da würde Kölmel das auch ausnutzen !

Hohenlohe
19.05.17, 21:40
Also darf des Grafen Sohnemann auf Lehrgang gehen und schon mal das Schiffeversenken üben...*grins* Wir drücken dem jungen Oberleutnant mal die Daumen...!! :top:

herzliche grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
21.05.17, 07:23
Freitag, 1. Dezember 1939 - Hannover

In der kleinen Dienstwohnung saßen die Männer zu dritt in der beengten Stube um den Tisch und tranken Kaffee. Der alte Graf trug immer noch Weste und Langbinder, saß aber ansonsten hemdsärmelig am Tisch und zog an seiner Pfeife. Er sah ernst in die Runde. Rechts neben ihm saß Korvettenkapitän Theodor Schulte, entgegen dem, was wer ihn kannte, von ihm zu erwarten gewohnt war, ebenfalls in Zivil. Er tippte den Überschuß Asche von der Spitze seiner Zigarette ab. Links neben dem Hausherren hatte sich dessen jüngster Sohn, Otto, niedergelassen. Er trug seine Marineuniform und sah auch sonst reichtlich adrett aus, besonders im Vergleich mit den beiden älteren Männern. Er tolerierte Tabakrauch zwar, war aber selber diesem ordinären Laster nicht besonders zugetan.

"...und jetzt hat man den Ostjuden im Generalgouvernement einen gelben Stern verordnet, um sie jederzeit kenntlich zu machen. Praktisch, da müssen wir nicht mal mehr ihre Kennkarte kontrollieren !" Paul bemühte sich, gleichgültig zu klingen, aber es glückte nicht ganz. "Da kann man sich gleich wieder wie im Mittelalter fühlen, aber nach außen bezeichnet man sich als Kulturvolk !" 'Naja, aber wie du sagtest, das sind ja nur die Ostjuden, Paul... Das ist ja nochmal eine ganz andere Kiste mit denen im Reich.' "Wirklich ? Bürger- und Ehrenrechte haben sie bereits verloren, die Erlaubnis zur freien Ausübung der meisten Berufe auch. Streng genommen unterscheiden sie sich von den Ostjuden... worin ? Sprache ? Kultur ? Man wird das Niveau solange weiter absenken, bis man sie alle aus dem Land getrieben hat." 'Besser so als verbrennen, oder ?' "Natürlich, aber trotzdem, Theo... Als wir endlich was in die Hand bekamen, um gegen die Ringvereine und andere Berufsverbrecher vorzugehen, war ich ganz vorne mit dabei, aber jetzt... ? Geradezu barbarisch..."

Ja, es hatte etwas für sich gehabt, dem organisierten Verbrechen auf den Zahn zu fühlen, nachdem man ihnen in den 20ern größtenteils hilflos gegenübergestanden hatte. So klein mit Hut waren sie auf einmal gewesen ! Aber jetzt, wo er sozusagen an der Quelle saß, und die Gesetzgebung zeitnah mitbekam, fragte er sich doch, was noch passieren würde. Es beunruhigte ihn, wie man Schritt für Schritt eine ganze Volksgruppe absonderte und nach und nach entrechtete. Wie leicht das zu sein schien. Pauls Vater hatte die Juden nicht gemocht und das auch an seine Kinder mehr oder weniger weitergegeben. Für Paul war das seit dem Krieg einfacher. Diese Leute waren gut genug gewesen im Weltkrieg mit ihnen gemeinsam zu kämpfen und zu bluten, also hatten sie auch das Recht, gemeinsam mit ihnen in diesem Land zu leben, zumindest, wenn es nach ihm ging. Aber selbst wenn das Ganze 'erfolgreich' ablief würde das einen Präzedenzfall liefern, um mit den nächsten weiterzumachen. Der Kirchenkampf war ihm noch in guter Erinnerung... Aber das waren Dinge, die er nicht vollständig vor den Anwesenden auszubreiten gedachte, weshalb er den Satz offen ließ.

Den jungen Offiziersanwärter neben sich hatten die Männer fast vergessen. Otto machte ihnen das aber auch leicht. Er hielt sich vornehm zurück, redete nur, wenn es angemessen schien und runzelte nur hier und da etwas die Stirn. Mit einigen Ansichten seines Vaters war er nicht ganz einverstanden, behandelte ihn aber eher wie einen Vorgesetzten woraus für ihn resultierte, daß es ihm nicht zustand, diesem allzu offen zu widersprechen oder ihn gar öffentlich zu kritisieren. Als sie das Feld der Politik verließen, begann das Gespräch wieder dahinzuplätschern.

In der Küche saßen unterdessen die Gräfin und Frau Schulte und unterhielten sich angeregt bei einem Tee über die wirklich dringenden Dinge des Familienlebens.

Freitag, 1. Dezember 1939 - Danzig

Vöhringer und Hardorff wechselten verwunderte Blicke und konnten sich nicht einmal auf die Damen an ihrer Seite konzentrieren. Bell und Tebben gelang das deutlich besser, aber bei deren Begleitung war das auch kein Wunder. Ich selber bemühte mich natürlich, meiner Abendbegleitung die angebrachte Aufmerksamkeit zu zollen. Immerhin hatte ich sie schön öfter ausgeführt und beabsichtigte, das auch weiterhin so zu halten, wenigstens für die Dauer des Lehrgangs. Aber so wenig ich doch gewillt war, mich von ihr zu lösen, so wollte ich doch sehen, was Fabian und Georg derart beschäftigte. Unauffällig linste ich daher zur Tür, wo ich sogleich das Problem erkannte. Dort waren nämlich drei Offiziere von den ansässigen Ersatztruppenteilen und einer von der SS erschienen. Alle vier schon etwas angeheitert, alle vier natürlich mit weiblicher Begleitung. Alle vier in diesem Lokal fatal fehl am Platze... ! Schon bald hörte ich Kunze neben mir grölen.

'Was wollen denn die Plattfußindianer hier ? HE, NUR FREIKORPS RAEDER ! FIGUREN WIE EUCH MÖGEN WIR HIER NICHT !'

Das sicherte den vier deutlich mehr Aufmerksamkeit von den Seelords im Raum. Die Stimmung würde wohl kippen, wenn die nichts begriffen, und zwar bald. Fabian warf mir einen fragenden Blick zu, ich nickte. Vielleicht konnten wir es raus schaffen, bevor es häßlich wurde. Zumindest die Mädchen in Sicherheit bringen. Also lotste ich Anna dezent in Richtung Hinterausgang, während es vorne immer lauter wurde. Es waren wohl noch mehr Heeresleute aufgetaucht... Hardorff gab mir Deckung, damit Kunze mein Fehlen nicht bemerkte. Er nahm es leicht krumm, wenn man ihn in solchen Situationen hängen ließ, die er sich und denen um ihn herum einzubrocken pflegte. Hinter dem Lokal waren so ich, Hardorff, Tebben, der sich ebenfalls losgeeist hatte, und die Damen, die einer schnöden Lokalauseinandersetzung nicht viel abgewinnen konnten und sichtlich verärgert waren, wegen einer Schlägerei versetzt zu werden.

Also teilten wir uns auf, als drinnen der erste Stuhl zu Bruch ging: Anna und ich zogen uns in ein anderes Lokal zurück. Hardorff strebte mit einem Mädchen an jedem Arm einer mir unbekannten Lokalität zu und die übrigen gingen sich anderweitig amüsieren. Als Kunze drinnen nach uns drei rief, zögerte Tebben, zuckte resigniert mit den Schultern und lief zurück, um Kunze, Vöhringer und Bell gegen die Staubschlucker zu helfen. Vermutlich würde man später versuchen, mir ein schlechtes Gewissen zu machen, aber das war mir im Moment ziemlich egal. Immerhin hatte ich noch einen langen Abend vor mir und die anderen konnten ihre Suppe auch mal alleine auslöffeln.

Hohenlohe
21.05.17, 14:29
Sososo, ganz galant sich mit der weiblichen Begleitung zu verdrücken, während drinnen im Lokal die Kameraden in heftige Auseinandersetzungen mit Heeresvertretern verwickelt werden...:D Aber macht nix, nicht dabei gewesen zu sein, bringt auch Vorteile, nämlich eine saubere Weste...*grins*

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
22.05.17, 19:38
Samstag, 23.12.1939 - Oldenburg

Weihnachten stand vor der Tür, und so hatten wir auf dem Lehrgang Urlaub bekommen. Obwohl Kriegsweihnacht war und die Rationierung auf Lebensmittelkarten Dinge nicht einfacher machte, hatten meine Eltern beschlossen, die Feier aufs Land in das große Geburtshaus meines Vaters zu verlegen, das ja auch mein Geburtshaus war. Es würde also wie jedes Jahr eine größere Feier werden, je nachdem, wer Zeit und Gelegenheit hatte, teilzunehmen. Viele der Gäste waren tatsächlich bereits angereist, als ich ankam. Interessanterweise trugen fast alle Anwesenden zivil.

Da war Onkel Max, Ergänzungsoffizier bei der Luftwaffe, seit die Wehrmacht wieder eine hatte. Er war Hauptmann und befehligte eine bespannte Luftwaffenversorgungskompanie am Westwall. Neben ihm auf der Veranda saß Tante Amalie. Ihr Sohn, mein Vetter Rudolf, war wie sein Vater früher Jagdflieger und lag ebenfalls im Westen. Er würde wohl erst morgen ankommen, wenn ich es richtig verstand. Mutter war erstaunlich geschäftig in der Küche, wo sie am weitesten von der Veranda weg war. Vater hatte Tante Amalie und Rudolf während des Krieges bei uns untergebracht, als Onkel Max noch als vermißt gegolten hatte, obwohl Mutter dagegen gewesen war. Normalerweise konnte er ihr wenig abschlagen, aber damals war er hart geblieben und hatte es über ihren Kopf hinweg entschieden. Das hatte sie ihm noch lange nachgetragen. Nein, Mutter und Tante Amalie mochten sich nicht besonders... Im Flur war Onkel Bert zu sehen. Er war nach dem Krieg in der Reichswehr geblieben und inzwischen Oberstleutnant und Bataillonskommandeur. Seine Frau, Tante Sophie, glaubte ich bei der Küche gesehen zu haben, wo sich wohl die meisten Damen befanden. Die beiden hatten vier Töchter, von denen drei mit angereist waren. Die vierte war verheiratet und feierte wohl mit ihrer Familie. Otto hatte mal den Fehler gemacht, Onkel Berthold auf seinen bedauerlichen Mangel an Söhnen anzusprechen. 'Ist ganz gut so' hatte dieser gesagt 'Mädchen müssen später nicht in den Dreck und haben auch sonst mehr vom Leben.' Damit hatte er Otto einfach stehen lassen und war lachend seiner Wege gezogen.

Onkel Philipp, der jüngste Bruder meines Vaters, war Junggeselle und ebenfalls aktiver Soldat. Er war Major in einer Aufklärungsabteilung und hatte noch in Polen das EK II erhalten. Er war etwas außenstehend, weil man viel von unehelichen Kindern und irgendwelchen Weibergeschichten munkelte, aber eben nichts Substanzielles hörte. Er kommentierte diese Gerüchte jedenfalls nicht oder wenn, dann nur mit einem Augenzwinkern. Mochte man davon halten, was man wollte ! Ich hatte ihn kurz mit meinem Bruder im Garten gesehen, wo sie sich angeregt über etwas unterhielten, wahrscheinlich eins von Onkel Philipps Husarenstückchen oder so etwas. Knapp daneben standen Figuren, die ich erst auf den zweiten Blick erkannte. Onkel Dieter, Onkel Friedrich und Onkel Oskar. So nannte ich sie jedenfalls, aber wirklich viel mit ihnen zu tun hatte ich nicht und könnte ihren Anhang auch nicht benennen. Sie waren manchmal zu Gast und Vettern meines Vaters, viel mehr wüßte ich nicht über sie zu sagen. Etwas abseits, nahe der Laube im Schatten der Bäume sah ich Clara und Tante Viktoria, Vaters Schwester, mit Großtante Katharina sitzen, die kurz zu der Dreiergruppe hinübersah. Onkel Friedrich und Onkel Oskar waren ja ihre Söhne, Onkel Dieter ihr Neffe. Allgemein fiel mir auf, daß viel besonders des weiblichen Anhangs entweder fehlte, oder zumindest außer Sicht war, ob die sich alle in der Küche drängten ?

Auf dem Gang rannten mich fast drei Kinder um. Zwei davon, Johanna und Friederike, gehörten ziemlich sicher zu meiner Base Gerda, da war ich sicher. Der dritte im Bunde, Adolf, schlug eher nach meinem Vetter Erich, aber sicher konnte man da nie sein. ich hatte es nie geschafft, einen guten Überblick über meine fast zwei Dutzend Vettern und Basen zu bekommen, dazu sah man sich einfach zu selten. Kurz darauf hörte ich Stimmen im Korridor. Waren die Kinder davor 'geflohen' ?

'... Brüder leisten immerhin noch einen wichtigen Beitrag für das Reich. Hast du nie darüber nachgedacht, selber wieder zur Fahne zu gehen, Neffe ?'

Zusammen mit dem Klicken des Gehstocks auf den Fliesen war es nicht schwer, den Urheber dieser Worte zu erkennen. Es mußte Großtante Katharinas Mann sein, der da sprach. Großonkel Friedrich, der letzte noch lebende Bruder meines Großvaters. Er war mittlerweile 74 Jahre alt, aber noch immer so rege wie ein Fünfzigjähriger.

'Nachgedacht schon. Aber mit meinem Auge und in meinem Alter würde ich wenig mehr tun, als Papier hin- und herzuschieben. Das könnte ich nicht. Ich muß etwas zu tun haben, Leute führen. Etwas bewegen. Papierkrieg ist nichts für mich !'

'Papperlapapp ! Der Platz eines Mannes ist da, wo sein Land ihn braucht. Marine oder nicht, du bist der Sohn deines Vaters, und der hat keine Schlappmänner hervorgebracht, die sich vor der Pflicht drücken, nur weil das 'nichts für sie ist'. Du wirst irgendwann wieder zum Militär gehen wollen, das weiß ich, und dann wirst du deine Pflicht tun, das weiß ich auch, also laß das Geschwätz !'

'Natürlich, Onkel Friedrich !'

'Wenn ich noch so könnte, wie ich wollte, bei Gott, nichts würde mich in der Heimat halten ! Wieder draußen sein, ein Pferd unterm Hintern, im Feindesland recognízieren, ohne entdeckt zu werden, kleinere Scharmützel liefern oder im verdeckten Feuerkampf mit dem Feind... Ach, nur daran zu denken macht mich ganz kribbelig ! Stellen sich deine Kinder genauso an wie du ?'

'Selbstverständlich nicht, Onkel Friedrich ! Paul ist auf Lehrgang und wird wohl im Februar sein erstes Kommando bekommen. Er hat sich für heute angesagt, kommt also wohl noch. Otto wird im Mai seine Seeoffiziershauptprüfung ablegen, was danach kommt, weiß ich nicht. Vielleicht hält es ihn ja bei den Überwasserschiffen.'

'Hrmpf.' machte Onkel Friedrich. Auch wenn er die Leistungen der Männer dort anerkannte, hielt er von der Marine im Allgemeinen doch nicht viel. 'Ist Clara noch im Landjahr ?'

'Ja, Onkel. Das ist aber bald vorbei.'

'Und dann ? Hat sie schon einen jungen Mann gefunden ?'

'Nein. Aber dafür ist ja noch Zeit. Sie hat begonnen, sich für Medizin zu interessieren und möchte wohl Krankenschwester oder Ärztin werden.'

'HAH ! Eine Studierte in unserer Familie, das fehlte grade noch ! Eine Frau gehört ins Heim zu ihrer Familie und nicht in den Hörsaal, Neffe ! Dein Vater würde sich im Grabe umdrehen, wenn er sehen könnte, was für Flausen du deinen Kindern durchgehen läßt... Man muß dich ja nur reden hören, um zu merken, wie prinzipienlos und weich dich diese Ausbildung gemacht hat. Im Heer hat es das nicht gegeben, da waren noch Zucht und Ordnung. Ich sage dir, einen wie diesen Hitler hätten wir schon vor Jahren gebraucht, der treibt das ganze Pack mit dem eisernen Besen aus dem Land.'

'Wie du meinst, Onkel.'

Für mich war leicht zu hören, daß Vater mit Onkel Friedrichs Worten nicht einverstanden war, ihnen allerdings nicht offen widersprechen oder Onkel Friedrich das merken lassen würde. Ich wollte nicht wirklich mitbekommen, wie es weitergehen würde oder den beiden gar in die Arme laufen, also begab ich mich schnell wieder nach draußen, wo ich eine Gestalt traf, die ich so gar nicht erwartet hatte.

"Günther, was treibt dich denn hierher ?"

Günther Schröder hatte schon vor langer Zeit festgesetzt, daß er von uns nicht gesiezt werden wollte. Das war gerade am Anfang noch sehr gewöhnungsbedürftig gewesen, aber inzwischen ging es tatsächlich.

'Paul hat mich eingeladen, was wohl sonst ? Wie ist es in Danzig ? Alles im Lack ?'

"Ich kann nicht klagen. Die Stadt ist schön, die Mädchen auch. Auf dem Lehrgang läßt es sich aushalten. Alles in allem könnte es deutlich schlimmer sein !'

Ich ließ die etwas persönlicheren Dinge aus. Wie sehr es mich ärgerte, auf dem Trockenen zu sitzen, während andere draußen sein und die Akkoladen ernten konnten, die sie zu Helden machten ! Leutnant Endelmann, der in Scapa Flow eingebrochen war und noch im Oktober das Ritterkreuz erhalten hatte. Günther Prien, der ebenfalls dort schwer gewütet hatte. Die drei Schlachtschiffe, die von Wolfgang Peters und Maximilian Winterstein versenkt worden waren... All das bekam man zu hören und konnte doch nichts tun. Schlimmer noch, es war, als würde der krieg enden, bevor man selber überhaupt randurfte !

'Haha, war ja klar ! Gleich die Damenwelt abgeklopft, wie es sich für einen schneidigen Seeoffizier gehört ! Weiterführende Pläne im Operationsgebiet, Herr Oberleutnant ?'

Ich grinste und zwinkerte ihm zu.

"Geheime Kommandosache, Herr Marineoberingenieur ! Möglicherweise zeichnet sich was ab."

'Immer ran, wer weiß wie wie die Zukunft wird ! Ist Paul da ?'

"Er ist grade mit Großonkel Friedrich im Haus. Soll ich ihm was ausrichten ?"

'Ich warte im Garten auf ihn.'

Damit ging er. Günther Schröder und Großonkel Friedrich waren sich nicht grün, seit sie vor einigen Jahren hart aneinandergeraten waren. Günther ließ es bisweilen etwas am Respekt mangeln, von dem Onkel Friedrich meinte, daß er ihm zustünde. Onkel Friedrich hingegen war nur auf weniges so schlecht zu sprechen wie auf Liberale, Sozis und teilweise Juden, und das waren, wie er sie nannte 'Papisten'. Das wiederum schmeckte Günther nicht, der trotz seiner wenig frömmelnden Art stockkatholisch war. Nun, ich fragte mich, was Vater sich dabei gedacht hatte, diese beiden ins selbe Haus zu holen...

Das konnte noch was werden !

Ritter Kunz
22.05.17, 20:06
Wie immer eine sehr anschauliche Lektüre! Man könnte meinen, man stünde daneben, wenn Großonkel Friedrich lospoltert ;)
Weiter so! :top:

Voetmann
22.05.17, 22:15
Sehr gut geschrieben, werter Graf! Kann mich dem werten Ritter Kunz nur anschließen! :top:
Weiter so! :)

Hohenlohe
22.05.17, 23:59
Man fühlt sich mitten ins Gespräch versetzt und glaubt voll dabei zu sein, wenn der Großonkel lospalavert...;)

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
28.05.17, 21:59
Weitere Personen waren am nächsten Tag angekommen, darunter Rudolf und auch zwei Brüder meiner Mutter mit ihren Frauen. Das Haus war entsprechend voll und die Tafel entsprechend lang und dicht besetzt. Von Politik war nicht viel zu hören, Mutter und Großtante Katharina verstanden es meisterhaft, das Thema zu marginalisieren, zu umschiffen oder eben schnell zu wechseln. An der Weihnachtstafel war ihrer Meinung für sowas kein Platz, aber natürlich würde es später aufkommen, wenn die Männer unter sich waren, das war jedem klar. Trotzdem war die Stimmung gut. Einige hatten es nicht geschafft, aber es wurde dennoch eine Photographie von allen Anwesenden gemacht.

Am 27. 12 waren die ersten schon wieder abgereist. Ich kehrte gerade mit Otto und Clara aus dem Garten zurück, als die Stimmen aus dem Salon an unser Ohr drangen. Anscheinend ein lautstarker Streit zwischen mindestens zwei Männern. Nun, es war nicht schwierig zu erraten, um wen es sich dabei handelte, also sprintete ich zur Tür, die halb offen stand, und spähte hindurch. Kein besonders offizierhaftes Verhalten, aber ich wollte da nicht mit hineingezogen werden, bevor ich nicht wußte, worum es ging.

'...natürlich, der Führer ist eine ganz große Leuchte, da können Papst Pius und sein Arbeitgeber nicht gegen anfunzeln. ich sage ihnen was, Hitler kann nicht mal rechts von links unterscheiden. Wenn sie der Meinung sind, daß der das Reich zu neuem Glanz führen wird, dann haben sie ihren Kopf derart tief in wahlweise Hitlers oder ihrem eigenen Arsch, daß sie mir leidtun !'

Onkel Friedrich schnappte hörbar nach Luft.

'Das ist ja... Das ist... Sie wagen es, derart... Wie können Sie... Nehmen Sie das zurück, sie Anarchist !'

'Das werde ich nicht !'

Ich hörte, wie ein Stuhl nach hinten gerissen wurde und auf den Teppich fiel.

'Sie beteuern ihre Vaterlandsliebe, aber wenn es darauf ankommt, dann sehen Sie nicht nach Berlin, sondern nach Rom ! Sie ziehen eine moralisch bankrotte und korrupte Institution der Regierung der nationalen Erneuerung vor und schaden denen, die sie als ihre Landsleute ansehen, während sie gleichzeitig alle Annehmlichkeiten genießen, die Deutschland ihnen bietet ! Jeder anständige Mensch müßte doch unter dieser Heuchelei zerbrechen, aber sie sind ja nichts als ein feiges, opportunistisches Subjekt !'

Ein weiterer Stuhl wurde nach hinten gerissen und fiel auf den Boden.

'ICH HABE NICHT FÜR DIESES LAND MEINEN KOPF HINGEHALTEN, UM MICH JETZT ALS FEIGE BESCHIMPFEN ZU LASSEN ! NEHMEN SIE DAS AUF DER STELLE ZURÜCK, HERR !'

'DAS WERDE ICH NICHT TUN, SIE CHARAKTERLOSER PAPIST !'

'LIEBER PAPIST UND CHARAKTERLOS ALS GENAUSO BORNIERT WIE IHR HERR HITLER UND SEINE SCHWEINSKÖPFE ! LASSEN SIE SICH DOCH MIT DENEN ZUSAMMEN EINKÜMMELN, SIE FOSSIL !'

Totenstille fiel über den Raum. Jedem war klar, daß in diesem Moment eine Grenze überschritten worden war. Ich schaffte gerade noch einen Ausfallschritt in die Ecke neben der Tür, als diese vollends aufgerissen wurde und Schröder wutentbrannt an mir vorbeischoß. Dem Nachspiel des Ganzen wollte ich dann nicht beiwohnen und entfernte mich wieder leise, vor allem, da ich ja auch bald wieder abreisen mußte, um mich auf die schriftlichen und vor allem praktischen Prüfungen vorzubereiten.

Der Januar flog dahin. Clara schrieb, daß es zuhause wohl ein großes Donnerwetter gegeben hatte, aber ließ mich im Unklaren, was Vater bewogen hatte, sich derart deutlich gegen Onkel Friedrich zu stellen, von dem er ja wußte, daß dieser es ihm sehr übel nehmen würde. Irgendetwas mußte passiert sein, daß ihn seine Zurückhaltung und politische Nichteinmischung hatte vergessen lassen ! So genau wollte ich das aber dann auch gar nicht wissen und die weiteren Briefe blieben oberflächlich und belanglos was Politik anging. Die schriftlichen Prüfungen waren recht unproblematisch und auch die praktischen Übungen verliefen größtenteils gut.

"Bestnoten in allen Gebieten, nur mit der Torpedowaffe durchschnittlich, und trotzdem ! Vöhringer kommt zur 7., Bell und Kunze zur 2.. Das sind schonmal drei VIIer, mal eben so. Und dann machen die sowas ! Ist schon erster April ?"

Ich saß im Kasino und machte meinem Ärger Luft. Mit mir am Tisch saßen Fabian Hardorff und Bernd Tebben, die ebenso wie ich zur 1. Flottille kommandiert waren. 1. Flottille war das Todesurteil jeder Ambition, denn 1. Flottille hieß:

Einbaum fahren !

Hardorff zuckte mit den Schultern. 'Sieh's positiv, Paul ! Typ II heißt die Boote sind älteres Modell. Mit Glück kommen wir einen ganzen Monat früher raus als der Rest, die erstmal die volle Baubelehrung mitmachen und sich auch noch an die neuen Boote gewöhnen müssen. Auf den IIern sind wir ja nun alle schon eine Weile gefahren.' Tebben seufzte. 'Das wärs mir wert... 14 Torpedos, Deckgeschütz, höhere Marschgeschwindigkeit und Reichweite, uneingeschränkt hochseetauglich... Das neueste vom neuen, nicht so wie unsere Küsteneimer.' "Nicht hilfreich, Bernd !"

Ich nahm noch einen Schluck Bier und zog an der Zigarette. Als mein Blick auf die Uhr fiel, fiel mir wieder siedendheiß ein, daß ich Anna ja versprochen hatte, sie auszuführen ! Ich hatte auch noch keine Ahnung, wie es mit uns weiter gehen würde, wenn ich Danzig in ein paar Tagen verließ um in Kiel mein Kommando anzutreten... Einerseits, andererseits... Aber das würde sich finden, beschloß ich, kam Zeit, kam Rat ! ich drückte die Zigarette aus, trank das Bier aus, zahlte und verließ das Kasino, um mich ausgehfein zu machen.

Immerhin ließ man eine Dame nicht warten, und so eine schon gar nicht ! Als ich an Anna dachte, wurde meine Laune gleich besser und auch der in Kiel auf mich wartende Einbaum war aufg einmal gar nicht mehr so schlimm. Aber eine Überraschung würde es für mich ja dann doch noch geben.

Voetmann
28.05.17, 22:31
Auf einem Einbaum? :eek:
Heidenei, da hat man Euch was vor die Nase gesetzt... :uhoh:

Wie immer sehr schön geschrieben, werter Graf! Nur weiter so! :top:

Hohenlohe
28.05.17, 23:51
Halleluja, ein handfester Krach im Haus des Grafen zwischen zwei Männern, die anscheinend für ihre Überzeugungen einstehen. Ansonsten leider nur eine Versetzung auf einen Einbaum für den Spross des alten Grafen...:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*

DerGraf
29.05.17, 01:10
Dienstag, 30. Januar 1940 - Kiel

Ich hatte es tatsächlich zuerst für einen Scherz gehalten, aber als ich am Anleger stand, erkannte ich, daß dem mitnichten so war. Das Boot, das da am Anleger lag und im Wasser vor sich hindümpelte, war tatsächlich U-13... Ein unverhofftes Wiedersehen ! Der Anblick erfüllte mich tatsächlich mit Zuversicht. U-13 war ein recht glückhaftes Boot gewesen, von der ersten Kriegspatrouille einmal abgesehen. ich fragte mich, ob Kölmel die Fäden gezogen hatte, mir das Boot zuzuspielen, oder nicht, aber das war eigentlich nicht so wichtig. Die Mannschaft war größtenteils grün und frisch von der Marineschule oder den Stammabteilungen. Ich ließ meinen Blick über die angetretene Mannschaft schweifen und rekapitulierte die Namen, die ich ja durch die Akte kannte. ich hatte mir Mühe gegeben, sie so schnell wie möglich zu lernen. Wenig ließ Männer sich nicht respektiert fühlen, als wenn man ihre Namen nicht kannte !

Da war Oberleutnant zur See (Ing.) Wilhelm Kern, unser LI. Kein Mann vieler Worte, aber verläßlich und gewissenhaft. Leutnant zur See Georg Hupperich, der IWO aus Württemberg, bei dem ich mich ernsthaft fragte, wie einer von da unten zur Marine kam. Daneben Leutnant zur See Helmut Hamann, der IIWO. Meine Wachoffiziere kamen beide von den Überwasserschiffen, dies war ihr erstes Kommando auf einem U-Boot, daß Feindfahrten einschloß.

Auf der anderen Seite die Feldwebel: Steuermann Ernst Kühne, Navigator und IIIWO. Bootsmann Martin Wizuy, Rheinländer und meine seemännische Nummer Eins. Daneben die Obermaschinisten Herbert Jänicke und Horst Barthold. Barthold hatte bereits drei Feindfahrten als Dieselobermaschinist auf einem anderen Frontboot hinter sich, bevor er zu U-13 gekommen war. Ich freute mich umso mehr, daß die Maschinenmannschaft von seiner Erfahrung profitieren konnte !

Die Seeziegen und designierte Geschützmannschaft: Der Matrosenobergefreite Wilhelm Reichert, der wohl vor seiner Versetzung einen Posten in der Artillerieausbildung gehabt hatte. Dies würde seine erste Feindfahrt werden. Der Matrosengefreite Wolfgang Grätz, der bereits 4 Feindfahrten und das EK II hatte. Zuletzt Matrosenhauptgefreiter Bernhard Eisermann, bereits 5 Feindfahrten auf einem Frontboot und ebenfalls das EK II.

Am Funkgerät würde der Funkmaat Karl Rave sitzen. Er hatte ebenfalls 5 Feindfahrten hinter sich und war vorher zusammen mit Eisermann gefahren. Der Mann für das Hydrophon, Funkmaat August Herrmann, war frisch von der Nachrichtenschule. Ich würde Hamann und Rave auf ihn ansetzen, um ihn auf den Prüfstand zu stellen.

Die Maschinenobergefreiten Franz Schmitz und Johann Bolzenhagen sowie der Maschinengefreite Peter Schneider stellten das Maschinenpersonal. Alle frisch von der Schule, außer Schneider, der mit Barthold zusammen zum Boot gekommen war und ebenfalls bereits drei Feindfahrten mitgemacht hatte. Ich war der Meinung, daß wir verdammt wenig Ölfüße hatten, aber mit dem kleinen Boot mochte das noch angehen... Trotzdem würde ich wohl ein paar Leute hin- und herschicken müssen, wenn es eng wurde ! Die Marinebehörden mochten sich schon was dabei gedacht haben.

Zentralemaat Joachim Walter und seine beiden Untergebenen, der Matrosenhauptgefreite Hermann Streichele und der Matrosengefreite Ernst Schäfer waren ebenfalls völlig neu. Wenn ich mich recht entsann, war Schäfer Kühne's Steuermannsgast und half ihm bei den verschiedenen Aufgaben und Pflichten.

Das restliche Drittel der Mannschaft hatte die Marinebürokratie mit den Torpedomechanikern aufgefüllt. Zumindest dort waren wir also gut versorgt. 'Bugraumpräsident' war der Torpedomechanikermaat Egon Foppen, ein verläßlicher und erfahrener Mann mit einigen Dienstjahren auf Torpedobooten, der inzwischen 6 Feindfahrten auf U-Booten absolviert hatte. Unterstützt wurde er von seinen qualifizierten, aber unerfahrenen Kameraden, den Maaten Alfred Triller und Erich Richter. Auch die restlichen Männer der Torpedoabteilung waren frisch aus der Ausbildung. Dies waren der Torpedomechanikerhauptgefreite Gerhard Huttelmaier, der stets betonte, ein Franke und nicht etwa Bayer zu sein, der Torpedomechanikerobergefreite Alfred Hornbostel sowie die Torpedomechanikergefreiten Robert Bahn, Alexander Hansen, Dieter Rausch und Otto Kaufmann.

Alles in allem also nicht optimal, aber es hätte weit schlimmer sein können ! Ich hatte in so ziemlich jeder Abteilung irgendwo mindestens einen erfahrenen Mann, der den Frischlingen zeigen würde, wo es langgeht und wie sie es am besten anpacken sollten, da konnte ich mich wahrlich nicht beschweren. Daß mein IWO keine Fronterfahrung hatte, war mir ein Rätsel, aber die Bürokraten sollte man nicht zu verstehen versuchen, das ging eh meistens in die Hose. Dazu ein Boot, daß ich aus dem Effeff kannte und das vollständig überholt worden war...

Gute Leute mußte man eben haben !

Natürlich würde ich sie scharf herannehmen müssen, um sie an ihre Grenzen zu bringen, aber allgemein blickte ich der ersten Feindfahrt, die bereits für übermorgen (!) angesetzt worden war, relativ gelassen entgegen. In den nächsten zwei Tagen würden wir die Männer aber noch einmal ordentlich zum Schwitzen bringen, denn danach würde es todernst werden. Ich übergab die Männer den Offizieren und stieg in die Röhre, in der ich ja bereits einige Monate verbracht hatte. Viel hatte sich nicht verändert. Einige Kleinigkeiten fehlten, die Effekte eines Mannschaftsmitgliedes gewesen waren, aber ansonsten war das Boot vertraut wie eh und je. Eine beruhigende Tatsache ! Ich setzte mich ins Kommandantenschapp und ließ den Eindruck des vollkommen leeren Bootes auf mich wirken.

Mein erstes eigenes Kommando !

So ganz konnte ich immer noch nicht glauben, daß es nun endlich so weit war... Bald würde es in diesem Bootskörper wieder dicht gedrängt und eng zugehen, man mochte es fast nicht glauben, wenn man das nackte Boot sah, in dem es soviel Platz zu geben schien.

'Herr Oberleutnant ?'

Ich konnte die Stimme erst nicht einordnen, dann erkannte ich sie. Steuermann Kühne !

"Komme !"

Ich stemmte mich aus dem kleinen 'Raum' und betrat die Zentrale. Kühne und Schäfer hatten mehrere Kisten auf und neben dem Kartentisch und sortierten das Material ein. Ich sah Navigationsbesteck, einige Bücher, sowie die nautischen Tafeln und Logarithmus-Tafeln. Schäfer hantierte mit den drei Sextanten und einer Kiste voller Ferngläser.

"Haben sie schon die Seekarten empfangen, Herr Kühne ?"

Immerhin konnte man dadurch oft abschätzen, wohin die Reise ungefähr gehen sollte. Auch wenn das bei einem Einbaum eher schwer war, da die Reichweite der Anzahl an Patrouillengebieten arge Grenzen setzte.

'Nein, Herr Oberleutnant ! Die Kartenstelle wollte sie noch nicht rausrücken, sie haben gesagt, ich soll morgen wiederkommen.'

"Hrm, na gut. Sonst alles klar ?"

'Alles klar, Herr Oberleutnant ! Bis auf die Karten haben wir alles bekommen, sogar noch ein extra Nachtglas, nur für alle Fälle !'

"Gut, gut. Weitermachen !"

Ich hatte etwas Zeit allein auf dem Boot verbringen wollen, sozusagen ein Wiedersehen unter alten Bekannten, aber das hatten Kühne und Schäfer mir ein wenig verleidet, auch wenn sie dafür natürlich nichts konnten... Ich verließ das Boot daher und ging nach dem Rest der Mannschaft sehen. Vielleicht würde ich später noch einmal wiederkommen können... Anna wollte ich ja auch noch schreiben.

Voetmann
29.05.17, 09:56
Wir sind gespannt, wohin die erste Reise unter Eurem eigenen Kommando geht! :top:
Gute Jagd! :fecht:

Hohenlohe
29.05.17, 10:22
Auch wir sind gespannt, wie sich der Protagonist auf seinem ersten alleinigen Bootskommando so macht. Viel Glück dabei...!! :ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *Gute Fahrt und Gute Jagd!!*

DerGraf
04.06.17, 17:00
Donnerstag, 1. Februar 1940

Ich stand auf dem Turm und sah auf das Treiben am Kai herunter, wo sich eine veritable Masse an Menschen gesammelt hatte, um uns zu verabschieden. Besonders bei einer Jungfernfahrt war das immerhin immer recht nett, und da nahm ich mich nicht von aus ! Die Männer hatten gegen die Marinekapelle bestimmt nichts einzuwenden, noch weniger natürlich gegen die holde Weiblichkeit, die ebenfalls dort versammelt war. Krankenschwestern, Marinehelferinnen, aber eben auch andere Frauen jüngeren und jungen Jahrgangs, die es auf den Stützpunkt geschafft hatten und jetzt einfach bloß winkten, oder aber das Boot mit Blumen oder anderen kleinen Gaben bedachten. Ich hatte auch schon einen kleinen Blumenstrauß in der Hand, den mir eine jüngere Dame auf dem Weg zum Boot kredenzt hatte. Ein Blick auf die Uhr, es wurde Zeit. Offiziere und Feldwebel, aber eben auch einige Mannschafter waren auf der Brücke oder auf Deck, um sich die Veranstaltung anzusehen und sich gebührend von der Heimat verabschieden zu können. Streichele und Reichert standen am Heck bzw. am Bug und erwarteten die Kommandos. Die Leute wollten was sehen, also sollten sie auch was zu sehen bekommen !

"Klar zum Eindampfen in Vorspring !"
'Ist klar, Herr Oberleutnant !'

"Vor- und Achterleine los ! Achterspring los !"

Streichele und Reichert begannen unter den wachsamen Augen der Schaulustigen, die befohlenen Manöver durchzuführen. natürlich hätte ich die erfahrenen Fahrensleute an die Leinen stellen können, aber das wäre Theater gewesen, und in der Marine sollte jeder in der Lage sein, eine Leine zu lösen, nicht ? Außerdem konnten da die jüngeren zeigen, was sie konnten, das wußte ich bei den erfahrenen Männern ja schon !

'Vorleine los, Herr Oberleutnant !' meldete Reichert.
'Achterleine los, Herr Oberleutnant ! Achterspring los !' kam es von hinten.

Ja, da kam etwas mehr Bewegung ins Boot ! Aber das sollte ja so sein. ich griff zum Sprachrohr, das mich mit dem Dieselraum verband.
"Beide Diesel, kleine Fahrt voraus, 50 Umdrehungen !"

Der Maschinentelegraph bestätigte und die schweren Schiffsdiesel erwachten zum Leben und langsam begann sich der Bug auf den Steg zuzuschieben. Das war ja gewollt und brachte das Heck frei. Der Winkel den Bootsrumpf und Steg bildeten vergrößerte sich langsam. Ich wartete auf den richtigen Moment, wenn dieser Winkel etwa 45 Grad betrug.

"Beide Diesel, kleine Fahrt zurück, 50 Umdrehungen !" Wieder klingelte der Maschinetelegraph. Das Boot wurde langsamer und begann dann, sich langsam nach achtern zu bewegen. Angespannt beobachtete ich die Vorderspring, die jetzt an Spannung verlor. Reichert wartete bereits auf das nächste Kommando, das konnte ich sehen. Nun, bis jetzt war ja alles gutgegangen ! Nichts wäre peinlicher als hier und jetzt etwas anderes als ein erfolgreiches Manöver vorzuführen !

"Vorspring los !"
Reichert machte sich an der Vorspring zu schaffen und vermeldete wenig später laut und deutlich 'Vorspring ist los, Herr Oberleutnant !'

Damit war eigentlich alles gelöst, um meine erste große Prüfung als Kommandant war erfolgreich bewältigt ! Die nächsten zwei bis drei Bootslängen konnten wir uns in der Bewunderung und dem Jubel der Menge sonnen.

"Beide Diesel 1/3 Fahrt voraus !"
Damit begann nun unsere 'richtige' Ausfahrt und das Boot schob sich langsam vom Anleger weg. Immer noch flogen hier und da einige Blumen, Briefe oder andere Dinge auf das Boot, die von Land aus geworfen wurden. Streichele und Reichert versuchten, so viele wie möglich vor dem Wasser zu retten, schafften es aber nicht immer. Höhere Offiziere der Dienststelle waren merkwürdigerweise nicht zu sehen, nur zwei winkende Gestalten in Offizierskluft fielen mir auf.

Tebben und Hardorff !

Sie würden erst morgen auslaufen, hatten sie mir erzählt, also waren sie zur Verabschiedung gekommen, was ich als mächtig feinen Zug ansah. Ich winkte also zurück. Als das Boot Stunden später die Ausfahrt aus den Kaiser-Wilhelm-Kanal erreicht hatte und wir ins offene Meer kamen, konnte ich beobachten, wie Bootsmann Wizuy mit einer Pütz hinten auf dem Deck erschien und den Inhalt dem Meer übergab. Zuerst dachte ich, ich sähe nicht richtig, aber es waren tatsächlich Geldstücke, die da im Wasser verschwanden. Jeder an Bord hatte etwas Geld gegeben, ohne zu wissen, wofür, auch ich und die anderen Offiziere.

"Wizuy, was machen sie da ?"

'Gibt Glück für die Feindfahrt, Herr Oberleutnant !' grinste er und verschwand wieder unter Deck.

http://i1296.photobucket.com/albums/ag12/DerGraf/vlcsnap-2017-06-04-14h39m22s151_zpsyikb7qwg.png

Naja, was sollte man da schon zu sagen ? Schaden konnte es ja wohl nicht ! Also sah ich über das Schanzkleid auf das Meer, das vor uns lag und blickte der Feindfahrt weiterhin frohen Mutes entgegen !

http://i1296.photobucket.com/albums/ag12/DerGraf/DG_zpsrcr59d4b.png

Hohenlohe
04.06.17, 19:26
Wir wünschen euch für diese Jungfernfahrt viel Glück, gutes Gelingen und viele Erfolge...!! :ph: :top:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

Azrael
04.06.17, 19:28
Dem schließe ich mich an, immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!

DerGraf
05.06.17, 00:20
Als Operationsgebiet war uns das Planquadrat AN 14 zugewiesen worden, das zwischen Orkneys und Shetlands lag und damit genau vor der Haustür von Scapa Flow. Kühne hatte bereits einen Kurs berechnet.

'731 Seemeilen, Herr Oberleutnant ! Bei Marschgeschwindigkeit müßten wir das Operationsgebiet in 75 1/2 Stunden erreicht haben.'

"Gut, leiten sie alles in die Wege, Herr Kühne !"

Etwas mehr als drei Tage auf See... Wenn die Fliegergefahr gering und es allgemein ruhig blieb eine gute erste Übung zum Reinschnuppern für die neuen an Bord. Die Bordroutine fand sich allmählich ein und auch die eingeübten Gefechtsrollen klappten an sich schon ganz gut. Den ersten Tag über geschah wenig und ich konnte die Crew beim arbeiten beobachten. Alles in allem war ich durchaus zufrieden. Ich besprach gerade den Kurs und unsere Position nach der letzten Koppelung, als oben in der Luke der Kopf des IWO sichtbar wurde.

'ALAAARM !'

So schnell hatte ich nicht damit gerechnet ! Die Alarmglocke schrillte und die Männer stürzten von überallher auf ihre Gefechtspositionen. In Windeseile wurden die Tauchzellen geflutet, vor dem Feind waren die Entlüftungen ja sowieso geöffnet, um schneller tauchen zu können. Bald schnitt das Boot unter und verschwand unter der Wasseroberfläche. Die meisten der Leute waren im Bugtorpedoraum gedrängt, um dem Boot mehr Buglastigkeit zu geben.

50 Meter gingen durch...

60 Meter gingen durch...

70 Meter gingen durch...

80 Meter gingen durch...

Auf 100 Meter ließ ich einpendeln. 10 Meter unterhalb der Werftgarantie... Die Spanten ächzten und ein markerschütterndes Knarren ging durch den Bootskörper. Alle lauschten den Geräuschen. Ich sah rundherum in angespannte Gesichter. ich sah zu Kern, dessen Blick an der Tiefenanzeige klebte.

"Gut, das sollte reichen, Herr Kern ! Auftauchen !"

Die Männer sahen sich unschlüssig an.

'Die Flieger, Herr Oberleutnant ?'

Ich grinste.

"Was für Flieger ?"

Hohenlohe
05.06.17, 08:24
Das zehrt ganz schön an den Nerven der Männer und sollte nicht über Gebühr zu oft betrieben werden, damit die Männer dem Kaleun weiterhin Vertrauen können...:D

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*

DerGraf
05.06.17, 16:51
'Funkspruch, Herr Oberleutnant !'

Rave reichte mir den Zettel, dessen Inhalt er wohl bereits in die Funkkladde übertragen hatte. Nur wenig interessantes war dort zu finden. U-25 meldete die Versenkung eines 6000 Tonnen-Frachters, aber sonst ? Nichts. Einmal mehr schien es, als drängte sich die Frage auf: Wann war es soweit ? Wann waren wir endlich dran ? 15 1/2 Stunden trennten uns noch vom Operationsgebiet. Vom Feind weiterhin nichts zu sehen... Als ich den Zettel las, hellte sich meine Miene auf. Eine Kontaktmeldung !

Einsatzgruppe unbekannter Stärke in Planquadrat AN 13. Geschwindigkeit 8 Knoten, Kurs ONO.

Da hatten wir genau die richtige Kombination aus Position und Zeit erwischt. Wenn wir direkten Kurs auf die Durchfahrt hielten, würden sie uns glatt in die Arme laufen !

"An alle: Boot operiert auf Einsatzgruppe. Zusammentreffen in 14 Stunden erwartet. Kommandant Ende !"

An Bord brach daraufhin rege Geschäftigkeit aus. Nicht groß, weil 14 Stunden schon eine Ansage waren, aber trotzdem gab es viel zu tun. Torpedozünder wollten kontrolliert sein, die Torpedos einsatzbereit, die Maschinenanlage vollkommen klar, Preßluftvorrat aufgefüllt... Gerade bei einer Einsatzgruppe mußten wir sichergehen und jeden Vorteil nutzen, den wir bekommen konnten. Rave und Kühne behielten ein scharfes Auge auf die Kontaktmeldungen, so daß der Kurs immer wieder angepaßt werden konnte und auch mußte.

"Was denken Sie, Hammann ?"

Er sah auf die Uhr und spähte erneut durch das Nachtglas. Die kalte Luft zerrte an unseren Mützen, konnte sie uns aber nicht entreißen. 'Das Zusammentreffen ist später geworden, aber es ist jetzt derart stockdunkel, daß wir sie vielleicht verpassen, besonders bei der Beleuchtung !'

Innerlich gab ich ihm recht. Die Dunkelheit war zwar normalerweise unser Verbündeter, aber im Moment war es derart stockfinster, daß wir die Einsatzgruppe durchaus verpassen konnten, wenn sie verdunkelt unterwegs war. Längst waren die 14 Stunden um, und wir zackten zwischen Scapa Flow und Aberdeen, um die Schiffe doch noch zu erwischen, aber Fehlanzeige ! Meine Stimmung war entsprechend nicht die beste, ich wollte nichtmal daran denken, wieviel Diesel wir sinnlos verjuckelt hatten, wenn hier keiner durchkam... Inzwischen war der fünfte Februar etwa zehn Minuten alt. Eigentlich wären wir jetzt im Zielgebiet schon mit der Patrouille fertig.

"Mal sehen, wir warten noch. Wenn sie gezackt haben, kommen sie vielleicht später."

Eine fromme Hoffnung, aber daß ich daran selber nicht glaubte, wollte ich ihm nicht auf die Nase binden. Also noch etwa zwei Stunden Suchkurs, dann würde ich diese Scharade beenden und wieder zum Operationsgebiet laufen lassen. Da hörte ich Reicherts Stimme, ganz leise nur.

'Kontakt Steuerbord achteraus, Herr Oberleutnant !'
"Die Einsatzgruppe ?" wollte ich wissen. Ich selber konnte absolut nichts erkennen !

'Einzelfahrer, Herr Oberleutnant ! Nationalität auf diese Entfernung nicht zu erkennen.'

Wäre das ein neutraler wäre es ein noch herberer Schlag, aber da ich die Einsatzgruppe bereits abgeschrieben hatte, befahl ich, dem (für mich) unsichtbaren Einzelfahrer zu folgen. Vielleicht konnten wir ja heute Nacht doch noch zu einem Erfolg kommen !

Hohenlohe
05.06.17, 17:49
Na dann mal viel Glück...!! :ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

Voetmann
06.06.17, 19:18
Wir wünschen Euch viel Glück, werter Graf! :top:
Auch was die Einsatzgruppe angeht. :top: :fecht:

DerGraf
09.06.17, 16:23
5. Februar 1940 - Planquadrat AN 18

Ich konnte durchs Fernglas starren wie ich wollte, ich konnte einfach nichts erkennen ! Gut, daß Leute wie Reichert anscheinend derart gute Augen hatten... Die Aussicht, hier ohne Erfolg wegzukommen behagte mir noch weniger als die, mich auf die Augen eines Matrosen verlassen zu müssen und ihm in jedem Sinn des Wortes blind zu vertrauen. Vor allem seerechlich konnte da einiges ins Auge gehen ! Aber gut, was half es ? Ich wollte meinen Erfolg !

"Kurs 15 ! Lage ?"

'51 Grad, Entfernung etwa 2000 Meter. Kleine Fahrt !'

Ich ließ mir diese Angaben deshalb groß noch einmal von Herrmann bestätigen. Ganz blind schießen wollte ich dann doch nicht ! Als die Bestätigung kam, holte ich das UZO auf die Brücke und visierte dorthin, wo das Schiff sein mußte. Ein ziemlich komisches Gefühl !

"Lage 51, 2000 Meter Entfernung. Gegnerfahrt etwa 4 Knoten."
'Eingestellt !'

"Rohr 1 los !"
'Rohr 1 abgefeuert !"

Zwei Minuten hatte der Torpedo zu laufen, keine Kleinigkeit ! Hammann behielt das Glas etwa auf die Stelle gerichtet, wo das Schiff sein mußte, die anderen Seewachen blieben starr auf ihren Sektoren.

'Meinen Sie, der trifft, Herr Oberleutnant ?'
"Sollte er, wenn alle Angaben richtig waren. Bei der Waschküche kann ich das nicht sagen, ist ja dunkel wie im Bärenarsch !"

Wir zuckten zusammen, als es drüben knallte und die Wasserfontäne in die Höhe schoß.

http://i1296.photobucket.com/albums/ag12/DerGraf/vlcsnap-2017-06-09-14h09m55s258_zps41xromgl.png

'Torpedotreffer !'

Von unten hörte ich den Zentralemaat rufen:
'Schiff funkt, Herr Oberleutnant ! SS Sheaf Mead, Frachtdampfer unter englischer Flagge, 4710 Tonnen.'

Also alles gut gegangen ! Ich peilte das Schiff grob über den Feuerschein an. Es war schon verflucht nah, aber es müßte eigentlich passen...

"Rohr 2... los !"
'Rohr 2 abgefeuert !'

Aber nach über einer Minute war immer noch nichts zu hören.

'Torpedoversager !' zischte Hammann gallig.

"Volle Fahrt zurück !"

Dann also mit etwas mehr Abstand nochmal ! Auf etwa 370 Meter versuchte ich es erneut.

"Lage 100, Entfernung 370, Geschwindigkeit 4 Knoten."
'Eingestellt !'
"Rohr 3 los !"
'Rohr 3 abgefeuert !'

http://i1296.photobucket.com/albums/ag12/DerGraf/vlcsnap-2017-06-09-14h43m06s332_zpsfzkevcot.png

Mit einer Laufzeit von 22 Sekunden wäre dieser Torpedo wohl der, der das Schiff entgültig erledigte. Der Versager des 2. war ärgerlich, aber das hatte der Mannschaft etwas Zeit verschafft. Eventuellen Flugzeugen natürlich auch...

http://i1296.photobucket.com/albums/ag12/DerGraf/vlcsnap-2017-06-09-14h44m18s090_zpst7csxcr9.png

Dieser Torpedo detonierte zuverlässig und das Schiff begann schnell zu sinken, mehrere Explosionen begleiteten das Ganze. Im Feuerschein war ein einzelnes Rettungsboot auszumachen, das langsam in Richtung schottische Küste hielt. Es waren acht Mann an Bord. Ich stieg wieder in die Zentrale herab und ließ Kühne wieder auf Kurs die Küste hinunter gehen. Wenn die Einsatzgruppe tatsächlich an uns vorbei geschlüpft war, konnten wir sie vielleicht am Firth of Forth wieder einholen.

http://i1296.photobucket.com/albums/ag12/DerGraf/vlcsnap-2017-06-09-15h19m58s147_zpsn4ja29gp.png

Eine sehr kleine Chance, aber dort war auch sonst einiges an Schiffsverkehr zu finden. Ich beschloß, mich hinzulegen, während Kühne sich bereits ins Ölzeug packte, um mit seiner Wache Hammann abzulösen.

[OOC: Photobucket zeigt sich erneut von seiner bockigen Seite, daher müssen wir die Bilder erneut nachträglich hochladen. Für diese Umstände entschuldigen wir uns !]

Azrael
09.06.17, 18:14
OOC: Photobucket zeigt sich erneut von seiner bockigen Seite, daher müssen wir die Bilder erneut nachträglich hochladen. Für diese Umstände entschuldigen wir uns !

Das ist doch kein Problem und da könnt ihr ja nichts dafür, zumal ihr es so anschaulich beschreibt, dass man es sich auch so vorstellen kann ;)

Voetmann
09.06.17, 18:37
Dieses Problem mit dem Bilder hochladen hatten Wir in letzter Zeit auch. Nun geht es wieder, weshalb das nächste Update heute Abend noch kommt. :top:
Glückwunsch zur Versenkung des Frachters, werter Graf! :top:

Hohenlohe
09.06.17, 19:07
Muss man bei photobucket eigentlich nicht zahlen...??! Wir haben vor ewigen Zeiten mal einen Account bei denen gehabt, aber finden leider die Daten nicht mehr...*seufz*

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

Azrael
09.06.17, 19:38
Werter Graf und andere Kundige,

wisst ihr, ob SH3 bzw. die Steam-Version unter Win7 problemlos läuft? Sind solche Großmods wie GWX kompatibel mit der Steamversion?

Voetmann
09.06.17, 21:33
Muss man bei photobucket eigentlich nicht zahlen...??! Wir haben vor ewigen Zeiten mal einen Account bei denen gehabt, aber finden leider die Daten nicht mehr...*seufz*

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

Wir nutzen directupload - das ist kostenlos. :)


Werter Graf und andere Kundige,

wisst ihr, ob SH3 bzw. die Steam-Version unter Win7 problemlos läuft? Sind solche Großmods wie GWX kompatibel mit der Steamversion?

Wir haben SH3 mit GWX auf Win7 genutzt und tun dies nunmehr auch mit LSH 2015. Läuft einwandfrei! :top:

DerGraf
09.06.17, 22:49
So, die Bilder sind jetzt auch dabei ! Directupload werden wir uns definitiv ansehen, auch wenn wir da skeptisch sind, was Firefox angeht, der zickt gerne bei https, im Moment. Bei photobucket zahlen wir aber im Moment so weit wir wissen nichts.

Azrael
10.06.17, 00:35
Wir haben SH3 mit GWX auf Win7 genutzt und tun dies nunmehr auch mit LSH 2015. Läuft einwandfrei! :top:

Danke für eure Auskunft, dann werde ich das mal ausprobieren, obs bei mir läuft, seitdem ich ein Cold Waters LP verfolge und hier wieder verstärkt U-Boot-AAR's sehe, kommt da wieder ein bissl die Lust auf ;)

DerGraf
17.06.17, 18:22
5. Februar 1940 - Britische Ostküste

12 Stunden später war klar, daß wir die Feindschiffe verloren hatten. ich hatte vorgehabt, ihnen in der Zufahrt des Firth of Forth aufzulauern, aber dort war nichts mehr angekommen. Der diensthabende Funker hatte einen Konvoi gemeldet, der sich von Newcastle aus die englische Küste herunterschob, aber ich war schwer versucht, ihn laufenzulassen. Mit nur noch zwei Torpedos lohnte ein Angriff auf einen Konvoi eigentlich kaum... Letztendlich ließ ich aber doch Kurs die Küste hinunter setzen. Vielleicht schafften wir es, einen Nachzügler zu erwischen oder so etwas !

http://i1296.photobucket.com/albums/ag12/DerGraf/vlcsnap-2017-06-17-13h05m38s067_zpsgwleq7uv.png

'Schiff gesichtet auf 287, Herr Oberleutnant ! Große Entfernung.'

Ich enterte auf die Brücke und besah mir das angegebene Ziel. Schornstein, Ladebäume... Nicht besonders groß. Ein Frachter wahrscheinlich ! Auf die Entfernung war nicht zu erkennen, unter welcher Flagge das Schiff fuhr, aber da es Edinburgh ansteuerte, hatte ich theoretisch das Recht, es als feindlich zu behandeln. Ich wollte mir das aber trotzdem aus der Nähe ansehen und gab den Befehl für Abfangkurs.

"Kurs 180 !"

http://i1296.photobucket.com/albums/ag12/DerGraf/vlcsnap-2017-06-17-13h06m31s245_zpsi6qs1ub1.png

Als uns noch 3400 Meter vom Ziel trennten, ließ ich auf Sehrohrtiefe gehen. Der Frachter begann, den Kurs zu ändern. Hatte er uns entdeckt ? Schwer zu sagen ! Die Maschinen stoppten und wir ließen den Briten (denn um einen solchen handelte es sich) in die Zieloptik laufen. Das Sehrohr wurde immer wieder überspült, aber das änderte nichts.

"Achtung an Rohr 2 !"
'Rohr 2 feuerbereit !'
"Entfernung zum Ziel 726 Meter. Zielgeschwindigkeit 5 Knoten. Lagewinkel 88. Eigene Geschwindigkeit 0 Knoten."
'Eingestellt !'
"Rohr 2... los !"
'Rohr 2 abgefeuert !'

Mit dem vertrauten Tritt verließ der Torpedo das Boot und lief dem Briten entgegen. 90 Sekunden Laufzeit galt es jetzt zu überstehen. Hammann sah auf die Uhr in seiner Hand und gab laufend die verbliebene Zeit durch.

http://i1296.photobucket.com/albums/ag12/DerGraf/vlcsnap-2017-06-17-15h48m40s665_zps0pmmzhal.png

'Torpedotreffer, Herr Oberleutnant !'

Das Schiff war getroffen, sank aber noch nicht. Das hatte ich auch nicht erwartet, aber es wäre doch eine nette Abwechslung gewesen...

'Schiff funkt, Herr Oberleutnant ! Ist SS Sixten.'

Mit dieser Angabe ließ sich etwas anfangen. Hupperich konnte das Schiff dann auch schnell im Register finden.

'Frachtdampfer aus Glasgow, Herr Oberleutnant. 2243 Tonnen !'

Nun, kein Vorzeigefang aber für die erste Feindfahrt nicht schlecht. Das Heck des Dampfers brannte und die 'Sixten' verlor schnell an Fahrt. Vielleicht würden sie uns den Gefallen tun, zu sinken, aber das glaubte ich nicht, also würden wir wohl den Fangschuß setzen müssen.

"Kleine Fahrt voraus !"

Langsam gewann das Boot an Fahrt. Der Brite lag mittlerweile bewegungslos auf dem Wasser. Also ließ ich das Boot wieder stoppen, als uns noch etwa 700 Meter trennten.

"Auftauchen !" befahl ich und zog das Periskop ein. Auf der brücke war die Bescherung gut zu sehen. Das Heck des Schiffes wurde bereits überspült und das Schiff hatte dazu bereits Schlagseite, aber der Kahn weigerte sich unterzugehen ! Eine halbe Stunde warteten wir, aber dann wurde es mir zu bunt. Wenn sie Holz geladen hatten, konnten sie es möglicherweise doch noch nach Edinburgh schaffen. Eine Sache des Prinzips, sozusagen.

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"UZO auf Brücke !"

Hupperich visierte an und gab die Werte durch. Eigentlich konnten wir gar nicht verfehlen... Dann der Befehl zum Feuern.

Treffer ! Die Detonation schoß mittschiffs in die Höhe und riß das Schiff aus dem Wasser hervor. Die Rettungsboote waren bereits ein gutes Stück entfernt und hielten Kurs auf die Küste. Ein Überblick zeigte, daß es etwa zwei Dutzend Männer waren. Während Hupperich das UZO abbaute und ins Boot stieg, wandte ich mich an Kühne.

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"Kurs Heimat, Herr Kühne !"

'Jawohl, Herr Oberleutnant !'

http://i1296.photobucket.com/albums/ag12/DerGraf/vlcsnap-2017-06-17-16h06m39s665_zpslhun2qgq.png

Die nächsten 5 Tage war uns das Wetter nicht voll gewogen und eine leichte Unwetterfront erschwerte den Weg über die Nordsee. Aber das focht uns nach dem Anfangserfolg nicht an. Mit fast 7000 Tonnen konnte sich die Patrouille durchaus sehen lassen. Keine weiteren Schiffe oder Flieger erschwerten das Fortkommen und so liefen wir am 10. Februar um 4 Uhr 06 morgens in den Hafen von Kiel ein.

http://i1296.photobucket.com/albums/ag12/DerGraf/vlcsnap-2017-06-17-16h07m18s591_zpsdsvowaar.png

Die erste Feindfahrt war überstanden !

Das Boot wurde festgemacht und die Mannschaft trat an Land noch einmal an. Ursprünglich wollte ich eine kleine Ansprache halten, überlegte es mir aber dann doch noch einmal anders.

"Das Reich ! Das Boot ! Die Heimat ! Ein dreifaches"

'Hurra ! Hurra ! Hurra !'

"Dienstbeginn morgen um 12 Uhr, Männer. Wegtreten !"

Schnell waren die Männer verschwunden. Schlafen konnte ich noch nicht, also wertete ich das KTB aus und schrieb meinen Feindfahrtbericht für die Flottille. Innerlich bereitete ich mich bereits auf die Zeit zwischen den Feindfahrten vor, die ich je nach Urlaubsmöglichkeit bei Anna in Danzig verbringen wollte. Aber da machte mir der Flottillenchef 5 Stunden später einen Strich durch die Rechnung, nachdem er mir gratuliert hatte.

'Nein, Oberleutnant, man muß das Eisen schmieden, solange es heiß ist ! Sie laufen in 6 Tagen wieder aus. Amüsieren sie sich in Kiel wenn sie müssen, aber Urlaub lohnt sich nicht ! Draußen wird jetzt jedes Boot gebraucht !'

War es ein Wunder, daß ich um 12 bei Dienstbeginn keine gute Laune hatte ?

Hohenlohe
17.06.17, 22:06
Tja, wer bei den U-Booten Dienst tut, sieht oft mehr vom Feind als die restliche Kriegsmarine...:ph:

herzliche grüsse und viel Glück beim nächsten Mal...

Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*

Azrael
17.06.17, 22:10
Immerhin, 6 Tage, besser als gar nichts! ;)

Mr_Rossi
17.06.17, 22:15
spannend und lesenswert...

DerGraf
18.06.17, 02:55
Freitag, 16. Februar 1940 - Kiel

Als ich am Freitag früh morgens meine Operationsbefehle holen wollte, wartete eine böse Überraschung auf mich, die ich selbst kaum fassen konnte. Ungläubig starrte ich auf die Urlaubsscheine, die mir der Schreibstubenfeldwebel soeben ausgehändigt hatte. Die gesamte Mannschaft stand abfahrbereit und klarte das Boot auf und hier zuckte der Feldwebel mit den Schultern und meinte, für die Fehler seiner Vorgesetzten könne er nichts, heute würde jedenfalls kein Boot auslaufen ! Schwarz auf weiß stand es auf dem Schein:

Nächster Auslauftermin: 3. März 1940, 9 Uhr 25.

Ich konnte so nicht arbeiten ! Also kehrten wir zum Dienst nach Vorschrift zurück und die Männer konnten sich in Kiel amüsieren gehen. Mir war nicht danach zumute. Also saß ich bald darauf mit Tebben und Hardorff im Casino. Hardorff hatte auf seiner Patrouille einen 9.000 Tonnen Frachter erwischt, Tebben immerhin noch einen mit 2.500 Tonnen.

"Hast du was von den anderen gehört, Fabian ?"
'Nö, die stecken noch in der Baubelehrung ihrer Wunderboote. Vor April kommen sie nicht raus, also schaffen wir noch mindestens eine Feindfahrt, um ordentlich vorzulegen. Kunze beißt sich bestimmt in den Arsch, daß er immer noch an Land sitzt, höhö !'
'Dafür haben sie in den VIIern genug Material für das Äquivalent von fast 3 Feindfahrten auf unseren Pötten.' gab Bernd zu bedenken. 'Man darf also gespannt sein.'

Das durfte man in der Tat. Ich ärgerte mich immer noch über die Blödheit des Barras und spülte meinen Ärger mit einem kühlen Blonden herunter. Anna hatte das Ganze deutlich lustiger gefunden und sich über das Unvermögen der Militärbürokratie köstlich amüsiert. naja, sie war ja auch etwas weiter weg und mußte sich mit denen nicht rumschlagen ! Nun, Kiel hatte im Moment seine Anziehungskraft auf mich verloren, also blieb, die Zeit bis zum nächsten Einsatz totzuschlagen. Fabian ging zur Theke und lieh ein Kartenspiel aus, das er Bernd zuschob. Der Nachmittag würde wohl noch lang werden !

Freitag, 16. Februar 1940 - Kiel

Die Wachen wunderten sich nicht schlecht, als sie eine jener seltenen Gestalten sahen, die es hier nicht oft zu sehen gab, zumindest nicht so. Sie waren aber als Stabsangehörige schnell genug, die Knochen noch rechtzeitig zusammenzureißen und die angemessene Ehrenbezeugung zu bauen. Der ältere Korvettenkapitän schritt an ihnen vorbei als wären sie Luft und verschwand den Gang hinunter, sodaß die beiden Soldaten aufatmen konnten. Anscheinend wollte er zu Schulte... Wie der Mann aussah, hatte Schulte wohl ein krummes Ding am Hals, oder hier ging etwas vor. Aber das war zum Glück nicht ihr Problem...

Korvettenkapitän Schulte sollte das auch bald erfahren. Als es an seine Tür klopfte, legte er gerade eine Akte in einem Ordner ab und schloß diesen.

'Herein !'

Auf das, was dann kam, war er aber auch nicht gefaßt. Immerhin erkannte er seinen Besucher dann doch recht schnell, was natürlich vor allem am Pour le Merite am Kragen lag, denn viele Korvettenkapitäne mit diesem Orden gab es diese Tage nicht mehr. Als der Mann die Mütze abzog, wurde die charakteristische Augenklappe sichtbar, die er wieder zu tragen begonnen hatte. Er nahm mustergültig Haltung an und salutierte.

'Korvettenkapitän Graf von Eskens-Kalpenbach zur Stelle, Herr Korvettenkapitän !'

Schulte mußte dann doch lachen und bot seinem Gast einen Stuhl und einen Cognak an.

'Was machst du hier und wie siehst du überhaupt aus, Paul ?'

'Nun, wie es aussieht, bin ich der angekündigte neue zbV-Offizier, Theodor !'

'Hast du endlich genug von der Polizei oder was hat dich zurück in die Uniform getrieben ? Mine war nicht begeistert, oder ?'

Paul verzog den Mundwinkel zu einem schmerzlichen Lächeln.

'Das sagt sie mir vielleicht, sobald sie wieder mit mir redet, Theo. Sagen wir einfach, ich hatte nach Weihnachten ein paar Probleme in der Dienststelle und auch sonst ein paar unangenehme Sachen am Hals, die mich überzeugt haben, daß die Uniform doch nicht so schlecht ist.'

'Puh, ich hoffe, das geht gut aus. ich meine, du und Akten sortieren und bearbeiten...'

'Ich weiß, Theo... Ich weiß...'

Beide tranken ihren Cognak schweigend in der Stille, die über das Dienstzimmer gefallen war. Schließlich raffte Schulte sich auf.

'Wie dem auch sei... Ich zeige dir nachher alles. Das Gulasch des Kochs im Casino ist hervorragend und es gibt da dieses Lokal, die haben eine sehr gute Hausmarke.'

Er streckte seine Hand aus, die von seinem Gegenüber ergriffen wurde.

'Willkommen bei der 1. Flottille, Paul !'

Voetmann
18.06.17, 09:33
Uh, Papa zurück an der Front. :D
Wir sind gespannt wie es weitergeht. :)

Hohenlohe
18.06.17, 15:19
Wie wird das der Sohnemann aufnehmen...?? Wir sind schon sehr gespannt. Hat dies etwas mit dem ollen regimegläubigen Onkel zu tun...??

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

DerGraf
11.07.17, 05:26
3. März 1940, Kiel

9 Uhr 15. Der Auslauftermin war fast gekommen und die Männer waren unter Hammanns Aufsicht dabei, das Boot klar zu machen. Das Verabschiedungskomitee versammelte sich langsam. Wieder einmal war der Mädchenanteil hoch, was den Männern natürlich gut gefiel ! Bernd Tebben war mit U-60 bereits vor 5 Tagen ausgelaufen und trieb sich irgendwo in der Nordsee herum. Fabian war am 15. wieder fällig. Er wirkte schon etwas ungeduldig, endlich wieder rauszukommen. Mir selber war nicht ganz so wohl dabei, besonders seit die Briten letzten Monat die Altmark aufgebracht hatten... Es fühlte sich ein bißchen so an, als würde man den Seekrieg langsam seiner Regeln und Konventionen entkleiden. Wo sollte das noch enden ? Schweigend rauchten wir unsere Zigaretten und sahen nachdenklich auf das Wasser, das sich sanft in der Dünung kräuselte. Wie war es Bernd wohl bisher ergangen ? Viel wußte man beim Stab nicht, beziehungsweise wollte es uns nicht sagen. Nicht ungewöhnlich, aber eben doch auch nicht beruhigend. Mein Blick wanderte zum Boot, wo die kleinen Gestalten über das Deck wuselten. Ich hörte Schritte hinter uns, dachte mir aber nichts dabei. Erst als ich aus dem Augenwinkel sah, daß Fabian sich abrupt bewegte, wußte ich, daß etwas im Busch war.

'Guten Morgen, Herr Korvettenkapitän !' kam es wie aus der Pistole geschossen, ebensoschnell wie die Antwort. 'Guten Morgen, Oberleutnant. Weitermachen !' Natürlich erkannte ich die Stimme sofort. Überrascht war ich eigentlich nicht. Eine Gestalt im langen Marinemantel trat neben mich, soviel konnte ich aus den Augenwinkeln erkennen, aber auch behielt meine Augen auf dem Boot. Der altbekannte Geruch von Pfeifentabak kitzelte mich in der Nase.

'Ein gutes Boot, Oberleutnant ?'
"Jawohl, Herr Korvettenkapitän, dazu noch mit einer guten und willigen Mannschaft. Glückhaft dazu. ich sehe der Feindfahrt zuversichtlich entgegen."
'Das Operationsgebiet steht schon fest ?'
"Vermutlich, aber den Umschlag mit den Befehlen darf ich ja noch nicht öffnen, also kann ich Herrn Korvettenkapitän nichts näheres sagen. Ich vermute wieder britische Insel."
Der Mann neben mir schmunzelte.
'Manche Dinge ändern sich eben nie... Britische Insel liegt aber nahe, ja. Bist du mit Boot und Mannschaft soweit zufrieden, Paul ?'
"Nun, ein Einbaum ist ein Einbaum, aber unter den gegebenen Umständen im Großen und Ganzen schon. Das Boot kenne ich ja wenigstens schon ganz gut und die Mannschaft ist willig und gut führbar. Die meisten sind von der Schule, aber einige alte Hasen habe ich auch. Auf der letzten Feindfahrt haben sie sich gut geschlagen und ich denke, das wird sich weiter fortsetzen, während sie Erfahrung sammeln. Ein VIIer wäre schön, aber man soll nehmen, was man kriegt."
Ein zustimmendes Brummen war die Antwort.
"Aber ich nehme nicht an, die generelle Neugier hat Sie hergeführt, Vater ?"
'Nicht nur, aber auch. Ich hörte, ihr lauft heute aus und wollte mir das aus der Nähe ansehen. Es ist eine Weile her, seit ich beim Auslaufen eines Bootes dabei war.'
"Etwas Zeit ist noch, möchten Sie, daß ich Sie mit meinen Offizieren bekannt mache ?" wollte ich wissen. Mein Vater wehrte ab. 'Ein andermal vielleicht. Aber da ist noch etwas.'
Nun war ich aber doch neugierig. Er reichte mir einen kleinen Kasten. Als ich ihn aufmachte, fand ich darin eine alte silberne Taschenuhr.
"Ist das... ?"
'Großvaters Uhr. Er bekam sie von seinem Vater, als es 1866 gegen die Preußen ging und sie hat ihn auch sicher durch den Einigungskrieg gebracht. Vater hat sie von ihm geerbt und sie an mich weitergegeben, als ich deine Mutter geheiratet habe. Ich hatte gehofft, das ebenso halten zu können, aber jetzt sieht es nicht so aus, als ob du in absehbarer Zeit heiraten wirst. Aber auf Feindfahrt kannst du ein bißchen Glück sicher brauchen, dachte ich. Da wo ich jetzt bin, brauche ich sie nicht, außerdem ist es an der Zeit, sie weiterzugeben. Deshalb möchte ich, daß du sie hast. Ist fast so gut wie eine Lebensversicherung.'
"Das kann ich nicht annehmen..."
'Oh doch, du kannst. Wenn du sie wirklich nicht willst, gib sie mir nach Kriegsende wieder zurück. Aber nicht vorher, verstanden ?'

Nun, was sollte ich darauf noch sagen ? Ich wog das Kästchen unschlüssig in der Hand.
"Verstanden."

Er lächelte und sah auf seine Armbanduhr..
'Es wird Zeit. Mach uns da draußen keine Schande.'
"Das werde ich nicht."
'Ich weiß. Viel Glück !'
Er reichte mir die Hand und wir schüttelten uns die Hände. Als ich mich umdrehte um dem Boot zuzustreben, hörte ich seine Stimme noch einmal hinter mir.

'Und Paul... !'
"Ja ?"
'Ich würde mich freuen, wenn du mir deine Anna bei Gelegenheit einmal vorstellen würdest."

Ich konnte nicht besonders geistreich ausgesehen haben. Während ich mich noch fragte, woher er von Anna wußte, hatte er bereits schmunzelnd die Pfeife ausgeklopft und schritt langsam zu den anderen Schaulustigen hinüber. Ratlos ging ich zum Boot und enterte auf. Im Turmluk saß bereits Wizuy mit dem Eimer. Ich warf zwei Mark hinein und während er im Innern des Bootes verschwand, gab ich den Befehl zum Ablegen, überließ den Kleinkram allerdings diesmal Leutnant Hupperich. Als wir den Hafen verließen, zerstreute sich die Menge langsam. Aber die einsame Gestalt am Ende des Anlegers, die uns hinterher sah, war durch das Fernglas noch eine Weile zu erkennen. Ein wenig schwermütig wurde ich dann doch. Würde es später für mich genauso sein ? Sich daran zu erinnern, wie es sich angefühlt hatte, mit dem eigenen Boot draußen zu sein. Zuzusehen, wie die jungen Leute ausfuhren, während man selber ans Land gekettet war ?

'Alles in Ordnung, Herr Oberleutnant ?'

Ich brauchte kurz, bis ich bemerkte, daß Hammann mit mir gesprochen hatte.

"Ja, natürlich, Hammann. Ich war nur in Gedanken..."

Als wir das offene Meer erreichten, kippte Wizuy den Inhalt seiner Pütz über Bord und beobachtete, wie die Münzen in den Fluten verschwanden, als könnte er etwas aus den Blasen und Spritzern lesen.

"Alles klar, Wizuy ?"
'Jawohl, Herr Oberleutnant ! Das wird eine gute Fahrt, das hab ich in den Knochen !'

Nun, immerhin ein Grund, zuversichtlich zu sein, nicht ? Die silberne Uhr lag schwer in meiner Jacke.
Was würde auf dieser Fahrt da draußen auf uns warten ?

Hohenlohe
11.07.17, 17:05
Werter Graf, wie immer eine schöne Story...!! Wir freuen uns schon sehr auf eure neue Feindfahrt.

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

Azrael
11.07.17, 17:54
Ich kann mich dem werten Hohenlohe nur vollumfänglich anschließen, auch ich bin gespannt auf die nächste Fahrt :)

DerGraf
22.07.17, 16:36
Und es geht weiter !

Allerdings haben Wir jüngst festgestellt, daß Photobucket wohl derzeit das dritthosten der Bilder eingestellt hat, um Werbung für einen neuen Tarif zu machen bei dem das weiterhin geht...
Wir fühlen uns da ein wenig verschaukelt bzw. erpreßt und suchen derzeit nach Alternativen, die sich nicht mit unseren Browsern beißen (die ständig meckern, wenn eine Seite nicht https ist, es leben automatische Updates !)

Insofern werden wir entweder warten, bis sich eine tragfähige Alternative findet, oder hier bis Wir eine Alternative finden in reiner Textform weitermachen und die Bilder nachreichen.

Was ist den werten Regenten lieber ?

Azrael
22.07.17, 17:25
Ich hätte kein Problem mit der reinen Textform, die Phantasie wird schon bei der Verbildlichung im eigenen Kopf helfen :)

Hohenlohe
22.07.17, 17:51
Ich hätte kein Problem mit der reinen Textform, die Phantasie wird schon bei der Verbildlichung im eigenen Kopf helfen :)

Ich schliesse mich dem werten Azrael an...:)

herzliche grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
23.07.17, 01:28
Freitag, 8. März 1940 - Planquadrat AN 14, zwischen Shetlands und Orkneys

"Mann auf Brücke ?"
'Jawohl !'

Die Antwort kam etwas zögerlich, sodaß ich mich daran erinnerte, daß ich als Kommandant der einzige an Bord war, der ohne zu fragen auf die Brücke durfte. Ganz hatte ich mich daran aber noch nicht gewöhnt. Steuermann Kühne stand zwischen den Brückenwachen und sah mich mit fragendem Gesichtsausdruck an. U-13 war im Begriff, die Engstelle zwischen Orkneys und Shetlands zu passieren und noch etwa 84 Seemeilen vom Einsatzgebiet, dem Planquadrat AN 11, entfernt. Eine Einsatzgruppe war gemeldet gewesen, aber wir hatten vor wenigen Stunden die Fühlung verloren und kreuzten seitdem im Planquadrat, um sie wiederzufinden. Inzwischen war es fast 2 Uhr und es wurde klar, daß die Briten uns wohl abgehängt hatten. Also hatte der Rudergänger wieder auf Einsatzkurs geschwenkt und das Boot stampfte durch die leicht unruhige See seinem Ziel entgegen und der Mond leuchtete fahl auf das dunkle Wasser.

"Kontakte, Kühne ?"
'Keine, Herr Oberleutnant ! Nichts das geringste.'
"Hoffen wir, daß sich das noch ändert. Was macht die Heimat ?"
'Man fragt sich, wann der Krieg vorbei ist. Die Finnen verhandeln ja jetzt schon seit fast 2 Wochen mit den Sowjets, da denkt man zuhause natürlich auch wieder an Frieden. Vor allem meine Frau ist ja auch bald dran und ich wäre schon gerne rechtzeitig zurück.'

Ich nickte. Kühne's drittes, wenn ich mich recht erinnerte. Ein wenig neidisch konnte man fast sein, auch wenn man von der Familie nunmal nichts hatte, wenn man immer nur draußen rumkrebste oder auf dem Stützpunkt war.

"An mir solls nicht liegen, Kühne ! Nur die Tommies müssen sich da noch etwas entgegenkommender zeigen."
'Ihr Wort in Gottes Ohr, Herr Oberleutnant. Ich hätte nichts dagegen !'

Und zum Zug kommen wollte ich unbedingt ! Bernd hatte vor zwei Tagen die Versenkung eines Kleinfrachters gemeldet, Fabian war noch in Kiel. Bei uns war bisher Flaute gewesen. Dafür waren wir aber auch von Flugzeugen und Kriegsschiffen verschont geblieben. Ich kratzte mich genüßlich hinter dem Ohr und setzte das Schiffchen wieder auf. Es war zwar nicht ganz so kleidsam wie die Schirmmütze, aber eben auch etwas praktischer, wenn man keinen Südwester brauchte. Außerdem hatte es keinen weißen Überzug, der des Nachts gesehen werden konnte.

"Ich werde dem Schmutt sagen, er soll ein paar Kaffee klarmachen und mit dem Backschafter hochschicken."
'Verbindlichsten Dank, Herr Oberleutnant !'

Ich kletterte wieder zurück in das Boot und nahm meinen Platz in der Zentrale wieder ein. Ich hatte dort einen recht bequemen Kartoffelsack, den ich als Sitzmöbel benutzte. Ich wollte mich gerade setzen, als ich sah, wie Funkmaat Rave sich bemerkbar machte. Am Funkschapp angekommen, lehnte ich mich hinein.

'Schwache Schraubengeräusche, Herr Oberleutnant. Werden langsam lauter.'

Er drehte an den Kontrollen des Hydrophons und lauschte angestrengt.

'Einzelfahrer. Nicht schnell genug für ein Kriegsschiff. Peilung... 336.'

Ich gab diese Information an Kühne weiter und trug Rave auf, der Peilung laufend zu folgen. Draußen angekommen bewaffnete ich mich mit einem Nachtglas und spähte in die Dunkelheit. Eisermann entdeckte das Schiff kurz vor mir, als es sich über einen Wellenberg schob und sich dunkel gegen den Horizont abzeichnete. Ich mußte Rave recht geben, das Schiff war zu langsam für ein Kriegsschiff und auch deutlich zu groß. ich erkannte einen einzelnen, großen Schornstein und fast ein Dutzend Ladebäume. Ein bißchen Mathematik mit Hilfe der Strichplatte des Nachtglases gab dem Gegner ein paar mehr Bezeichnungen. Ich schätzte den Frachter auf etwa 9.000 Tonnen, vielleicht etwas weniger. Entfernung etwa 6000 Meter.

"Da haben sie ihre entgegenkommenden Tommies, Kühne !" grinste ich und spähte wieder zum Briten hinüber, denn um einen solchen mußte es sich handeln. "Rudergänger, Kurs 270. Beide Diesel AK !"

Der Befehl wurde quittiert und das Boot legte sich leicht gegen die Dünung als der Kompaß begann, die Kursänderung zu dokumentieren. Ich ließ die Seewache einsteigen und befahl Seerohrtiefe. Der Kurs würde uns im rechten Winkel zum Kurs des Schiffes setzen, wenn der sich nicht mehr änderte. nach 20 Minuten fuhr ich vorsichtig das Sehrohr aus, um zu schauen, ob die Lords von drüben noch auf Kurs waren. Ich fluchte. Das Wetter wurde schlechter, sodaß das Sehrohr ständig unterschnitt. So konnte ich den Frachter nicht finden !

"Auftauchen. Gefechtsbereitschaft Torpedoraum ! Dritte Seewache sich klarmachen !"

Die waren gerade aus ihrem Gummizeug heraus und quetschten sich jetzt fluchend wieder hinein während sich im Vorschiff die Torpedomixer klarmachten, und ihres Einsatzes harrten. Geschäftigkeit allenthalben, auch in der Zentrale stieg die Spannung. Um 2 Uhr 31 durchbricht U-13 die Wasseroberfläche. ich kletterte gleich hinter Kühne auf die Brücke. Da war er ! Noch etwa 3500 Meter entfernt dümpelte er mit niedriger 4 oder 5 Knoten weiterhin ahnungslos gen Süden.

"Sehrohrtiefe, beide Diesel 1/3 Fahrt voraus !"

Hinter mir hörte ich jemanden leise fluchen.

'Rin inne Kartoffeln, raus ausse Kartoffeln, rin inne Kartoffeln...'

Ich mußte grinsen, sagte aber nicht weiter dazu. Die nächsten Minuten war es totenstill im Boot, bis sich Rave wieder zu Wort meldete. 'Langsame Schraubengeräusche in 044, Herr Oberleutnant. Mittlere Entfernung, werden lauter.' Nach 5 Minuten war es laut meiner Schätzung genug.

"Alle Maschinen stoppen. Kontaktlage laufend folgen, Rave !"

Ich fuhr das Sehrohr wieder aus. Etwa 1800 Meter trennten uns noch, ich schätzte den Lagewinkel auf 45 Grad. Also Sehrohr etwas runter und abwarten. ich wollte keine Torpedo sinnlos verpusten, also würde ich auf den Blattschuß warten !
1400 Meter, 34 Grad...
1200 Meter, 24 Grad...

"Fächerschaltung für Rohr 1 und 2, Mündungsklappen öffnen ! Streuungswinkel 5 Grad. Zielentfernung 1180 Meter, Lagewinkel 61 Grad. Zielfahrt 2 Knoten, eigene Fahrt 0 Knoten. Bereit bei Rohr 1 und 2 !"
'Rohr 1 und 2 fertig !'
"Rohr 1 und 2... los !"

Zischend schossen die beiden Aale kurz hintereinander aus den Rohren dem Briten entgegen. Ich schätzte die Laufzeit auf etwa 70 Sekunden und klebte am Sehrohr, während sich erwartungsvolle Stille über das Boot legte. ich konnte hören, wie sich einige der wachfreien Männer an den Kugelschotts der Zentrale drängten, um nur ja mitzubekommen, was passieren würde.

20 Sekunden...
15...
10...
5...
4...
3...

Eine Detonation grollte über das Wasser und vor dem Schornstein stieg eine Wassersäule in die Höhe als 450 kg TNT unter dem Schiff detonierten. Aber die zweiter... blieb aus !

'Zeit um für zweiten Torpedo, Herr Oberleutnant !' paraphrasierte Hupperich das Offensichtliche. Fehlschuß also ! Vermutlich waren 5 Grad Winkel einfach zuviel gewesen auf die Entfernung ? ich würde mich damit später auseinandersetzen. Zuerst galt es, dieses Schiff zu versenken.

1090 Meter trennten uns laut Entfernungsmesser noch und der Engländer begann, seinen Kurs langsam zu ändern. Um 3 Uhr 1 feuerte U-13 den dritten Torpedo auf den Frachter, der sich als SS City of Canterbury im Funkverkehr zu erkennen gab. Hupperich fand die du Page schnell im Lloyd's... Ein Großfrachter, Heimathafen Liverpool, 11422 Bruttoregistertonnen. 66 Mann Besatzung.

Um 3 Uhr 3 schlug der Torpedo auf Höhe des Schornsteins ein und man konnte kurz darauf die Kessel detonieren hören.

'Wir haben ihn, der ist fertig !' freute sich Zentralemaat Walter und schlug dem Zentralegast Schäfer auf die Schulter. Ich fuhr das Periskop ein.

"Auftauchen !"

20 Minuten beobachteten wir, wie sich die du Page langsam auf die Seite legte und wie die Besatzung eilig in die Boote ging. Die Seelords pullten wie die Wahnsinnigen. Im Schein der Varta-Lampe ließ ich eine der herumtreibenden Frachtkisten, die gegen das Boot schlug, inspizieren. In der Masse aus Glas und Flüssigkeit konnten wir immerhin noch 6 Flaschen Krimsekt finden. 'Leck mich am Arsch, liefern die uns doch glatt die Versenkungsfeier mit !' hörte ich Wizuy hinter mir. ich erlaubte den Männern, noch etwas Treibgut aufzufischen, was uns zusätzlich einige Flaschen amerikanischen Whiskey einbrachte. Die erbeuteten Spirituosen wurden sicher weggeschlossen, nachdem ich für die Versenkung des Frachters eine Sonderration von 1 cl Schnaps pro Mann genehmigt hatte, Offiziere und Seewache natürlich ausgenommen.

11 Stunden später erreichten wir das Einsatzgebiet und begannen den geplanten Suchkurs im Zickzackmuster zu fahren. Die See erwies sich als glatt, der Wind war schwach und die Sonne schien auf die Brückenwache herab. An sich gar nicht so schlecht !

Was würden wir sonst noch aufstöbern ?

Hohenlohe
23.07.17, 03:04
Ein guter Einstand, wie es sich gehört...:ph: Wir wünschen weiterhin viel Glück...:)

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*

DerGraf
23.07.17, 04:59
Die Patrouille im Operationsgebiet verlief ruhig. Zu ruhig für meinen Geschmack, immerhin war diese Gegend das Nadelöhr für den Schiffsverkehr zur britischen Ostküste. Am 10. März hatten wir die 24-stündige Patrouille abgeschlossen und LI kern meldete, daß wir noch 50 Prozent der Betriebsstoffzuladung hatten. Eine Kontaktmeldung vom Vortag hatte eine große Einsatzgruppe angekündigt, die sich gegenwärtig aber erst zwischen Irland und Schottland befand, also zu weit weg, außerdem hatte U-13 auch nur noch 2 Torpedos. Das würde für alles, was größer als ein leichter Kreuzer war, nicht mehr reichen und noch zwei Tage herumzudümpeln wollte ich der Mannschaft nicht zumuten. Also ließ ich Ostkurs setzen. Ein kleiner Umweg war noch drin, und so errechnete Kühne uns einen Kurs, der uns die britische Ostküste herunter führte. Sollten wir unsere Torpedos da nicht loswerden, würden wir direkt von Kent aus durch die Doggerbank nach Hause fahren.

Am 10. März wurde ich von Leutnant Hammann geweckt.

'Kommandantenspruch, Herr Oberleutnant !'
"Geben Sie mal her !"

Der entschlüsselte Spruch lautete wie folgt:

Alle Kommandanten öffnen versiegelten Umschlag betreffend Operation Hartmut.
Befehlshaber der U-Boote
gez. Konteradmiral Karl Dönitz

Was zum Teufel war Operation Hartmut ? Ich fand tatsächlich einen versiegelten Umschlag unter den Papieren, der mir wohl entgangen war und öffnete ihn. Die Befehle wiesen einen Patrouillenraum vor der norwegischen Küste aus, aber da ich diesen mit dem vorhandenen Brennstoff nicht mehr sicher erreichen konnte, ließ ich einen entsprechenden Funkspruch absetzen und nahm den Kurs wieder auf. Am 11. März um 5 Uhr morgens passierten wir die Versenkungsstelle der SS City of Canterbury und waren wieder zurück in der Nordsee. Laut einer eintrudelnden Kontaktmeldung war das feindliche Geleit inzwischen auf Höhe Stornoway, aber das ging uns nichts mehr an... Am 12. März gegen 22 Uhr passierten wir Aberdeen, immer noch ohne Feindberührung.

Am Folgetag bezogen wir Position vor dem Firth of Forth und warteten. Wenn schon keine Einsatzgruppe, so konnten wir hier wenigstens ein Schiff abfangen, daß nach Edinburgh wollte. Zumindest hoffte ich das. Zwei kleine Trawler und einen Zerstörer mußten wir durchlassen, die ersteren, weil sich ein Torpedoangriff nicht lohnte, den letzteren, weil ich so dicht vor Rosyth kein Gefecht wollte. Nein, ein Handelsschiff sollte es sein ! Das lange Warten setzte sich fort. Am 14. März saß ich mit Hammann und Hupperich gerade beim Mittagessen, als Rave einen Kontakt meldete.

'Schraubengeräusche, Herr Oberleutnant ! Mittelschnell, kommen näher. Peilung 345.'

Etwas Zeit war also noch, daher bestrich ich den Kartoffelpuffer vor mir mit Apfelmus und aß genüßlich fertig, bevor ich mir das mal ansehen ging. Kurz das Sehrohr zu lupfen war zwar am hellichten Tag nicht ungefährlich, aber ich beschloß, es zu riskieren. Das Ziel entpuppte sich als mittelgroßer Frachter, ich erkannte 4 große Ladebäume und den einzelnen Schornstein. Entfernung etwa 3000 Meter. Ein guter Fang für den Abschluß !

"Kurs 270, beide Maschinen 1/3 Fahrt voraus."

Langsam schlich das Boot in Abschußposition. Als ich das nächste mal durch das Sehrohr sah, trennten uns noch 800 Meter, ideale Schußdistanz. Allerdings war auf 800 Meter auch die Fahne des Frachters besser zu erkennen.

Ein Norweger !

Fluchend fuhr ich das Sehrohr wieder ein. So eine verdammte Pleite ! Die Spannung an Bord verpuffte zusehends, als sich herumsprach, was wir da an der Leine gehabt hatten. Kühne schob die Stoppuhren wieder an ihren Platz und Hupperich war dabei, Entwarnung zu geben, als Rave zusammenzuckte und förmlich in das Hydrophon hineinkroch.

'Schraubengeräusche auf Peilung 93, Herr Oberleutnant. Mittelschnell, werden lauter.'

Noch ein Norweger ? Ich war bereit es darauf ankommen zu lassen... Während ich den Kurs korrigierte und langsam auf Fahrt gehen ließ, drehte Rave weiter an den Kontrollen.

Ich ließ auf Gegenkurs gehen und mit äußerster Geschwindigkeit laufen, um mich an der Route des Schiffes zu postieren. Als das Sehrohr die Oberfläche durchbrach, trennten uns noch etwa 650 Meter. ich konnte nicht nur den Red Ensign erkennen, sondern auch den Namen des Schiffes auf der Bordwand lesen. Es war die SS Port Adalaide. Ein Erzfrachter aus Glasgow. Besatzung von 65 Mann, 7099 Bruttoregistertonnen, wie Hammann schnell herausfand.

"Entfernung zum Ziel 625 Meter, Zielfahrt 8 Knoten. Eigene Fahrt 0 Knoten. Lage 51 Grad Backbord."
'Eingestellt !'
"Klar bei Rohr 1 und 2 zum Fächerschuß. Mündungsklappen öffnen."
'Rohr 1 und 2 klar !'
"Rohr 1 und 2... los !"

Auf diese Entfernung war die Streuung hoffentlich nicht zu groß. Nun, wir würden sehen. Die Laufzeit der Torpedos belief sich immerhin auf lediglich 29 Sekunden. Sofern keine Frühdetonierer dabei waren, sollte das Schiff keine Chance haben ! Hammann sah auf die beiden Uhren, die die Laufzeiten der Torpedos verkündeten und zählte herunter, während ich durch das Sehrohr den Frachter beobachtete. Würden die Aale treffen ?

Sie trafen !

Zwei Detonationen erschütterten das Schiff auf Höhe der Brücke, aber der Brite gab nicht auf. Das Schiff neigte sich zur Seite, strebte aber immer noch dem Hafen zu. Ungläubig verfolgte ich, wie es immer weiter auf den Firth of Forth zulief. Nach 8 Minuten lief das Schiff immer noch, obwohl der vordere Ladekran zu einem Drittel im Wasser verschwunden war, die Basis der Brücke bei der Deckneigung von mittlerweile fast 30 Grad bereits Wasserkontakt hatte und das Vorderdeck komplett unter Wasser war. Aber die Schrauben waren noch im Wasser und so lief die City of Adalaide einfach weiter !

'Das ist Seemannschaft, wenn ich je welche gesehen habe !' meinte Hupperich nach einem Blick durch Sehrohr. Mangels Munition waren wir ja nun unfähig, weiter einzugreifen, aber beinahe wünschten wir den zähen Briten dann doch, daß er es schaffte... Aber das sollte nicht sein. Nach 20 Minuten begann das Schiff, über den Bug zu sinken und die Mannschaft ging in die Boote. Bis zum rettenden Festland hatten sie es ja nun nicht mehr weit. Wir zogen den Hut vor den Sailors und machten uns auf den Heimweg, um den zerstörern zu entgehen, die vielleicht sogar schon auf dem Weg waren.

Nach fünf ereignislosen Seetagen erreichten wir am 20. März 1940, dem Karmittwoch, wieder Kiel, wo wir mit zwei Versenkungswimpeln und einer Tonnage von insgesamt 18.500 Tonnen einliefen und bereits von einer Schar an Jubilanten emfangen wurden. Hamman winkte ein paar gutaussehenden Marinehelferinnen zu. 'So laß ich mir das gefallen !' Hupperich ließ das unkommentiert und fing ein kleines Sträußchen, das auf den letzten Metern auf den Turm geworfen wurde. ich war mir sicher, daß einiger der an Deck angetretenen Männer ähnlich dachten wie der IIWO, aber ich gönnte ihnen ihr bißchen Heldenverehrung.

Nachdem die Gangway das Boot mit dem Anleger verband, kam auch gleich eine kleine Gruppe Offiziere an Bord. Die meisten erkannte ich nicht, und ich war auch sicher, daß unser Flottillenkommandeur, Korvettenkapitän Eckermann, nicht darunter war, aber den Führer der Gruppe erkannte ich doch. Ich salutierte ordnungsgemäß.

"Melde U-13 mit 4 Offizieren, 10 Unteroffizieren und 14 Mannschaften von Feindfahrt zurück, Herr Korvettenkapitän ! Melde weiterhin zwei feindliche Schiffe mit 18.500 Bruttoregistertonnen versenkt."

Korvettenkapitän Schulte grüßte zurück und schüttelte mir die Hand.

'Gute Arbeit, Oberleutnant ! Willkommen zurück in der Heimat.'

Ich wußte ja, daß er nicht viele Worte machte, aber das war sogar für seine Begriffe wenig. Das Reden für die Wochenschau übernahmen dann auch andere und ich und meine Leute eisten uns schnell los und verschwanden in die Unterkünfte, wo die Betten nicht schwankten, die Luft sauber und die Zimmer ruhig waren. Aber einschlafen konnten wir trotzdem !

Als Lohn der Mühen gab es schließlich noch das Kriegsabzeichen für sämtliche Offiziere und Unteroffiziere, die es noch nicht hatten, sowie den Befehl, sich nach Ostern (nein, es gab keinen Heimaturlaub) beim Stab zu melden.

DerGraf
23.07.17, 08:58
Mittwoch 27. März 1940 - Kiel

Paul von Eskens-Kalpenbach und Theodor Schulte standen vor der großen Wandkarte, auf der die Operationspläne eingezeichnet waren und folgten den Pfeilen und eingezeichneten Symbolen. beide sahen nicht so aus, als ob sie völlig von dem überzeugt waren, was sie da sahen. Ein Hasardspiel, bei dem viel gewonnen, aber auch viel verloren werden konnte. Alles hing von der Überraschung und dem gelungenen Erstschlag ab, soviel war klar ! Ihre besondere Aufmerksamkeit galt den acht U-Boot Gruppen, die den verschiedenen Frontabschnitten zugeteilt worden waren.

Gruppe Eins (Narvik, Harstad, Westfjord, Vagsfjord)
U-13, unter Oberleutnant Paul von Eskens-Kalpenbach, ein II A Boot.
U-46 unter Kapitänleutnant Herbert Sohler, ein VII B Boot.
U-51 unter Kapitänleutnant Dietrich Knorr, ein VII B Boot.
U-64 unter Kapitänleutnant Georg-Wilhelm Schulz, ein IX B Boot.
U-65 unter Korvettenkapitän Hans-Gerrit von Stockhausen, ein IX B Boot.
U-101 unter Oberleutnant Josef Bell, ein VII B Boot.

Gruppe Zwei (Trondheim, Namsos, Romsdalsfjord)
U-30 unter Kapitänleutnant Fritz-Julius Lemp, ein VII A.
U-34, ein VII A, Kapitänleutnant Wilhelm Rollmann, eines der beiden alten Spanienboote der Kriegsmarine

Gruppe Drei (Bergen, Aalesund, Shetlands)
U-9, Oberleutnant zur See Wolfgang Lüth, ein IIB.
U-15, Oberleutnant Herbert Wohlfahrt, ebenfalls ein IIB.
U-56, Oberleutnant Otto Harms, ein II C.
U-60, Oberleutnant Bernd Tebben, ein II A.
U-62, Kapitänleutnant Hans-Bernhard Michaelowski, ein II C.

Gruppe Vier (Stavanger)
U-1, Korvettenkapitän Jürgen Deecke, ein reaktiviertes Schulboot, II A.
U-4, Oberleutnant Hans-Peter Hinsch, ebenfalls ein reaktiviertes Schulboot, II A.

Gruppe Fünf (Östlich der Shetlands, Vagsfjord, Trondheim)
U-37, Korvettenkapitän Werner Hartmann, IX A
U-38, Kapitänleutnant Heinrich Liebe, IX A.
U-47, Kapitänleutnant Günther Prien, VII B.
U-48, Kapitänleutnant Herbert Schultze, VII B.
U-49, Kapitänleutnant Kurt von Goßler, VII B.
U-50, Kapitänleutnant Max-Hermann Bauer, VII B.

Gruppe Sechs (Pentland, Orkneys, Shetlands)
U-25, Korvettenkapitän Viktor Schütze, ein I A.
U-45, Oberleutnant Richard Kunze, ein VII B.
U-57, Oberleutnant Claus Korth, II C.
U-58, Kapitänleutnant Herbert Kuppisch, II C.
U-59, Kapitänleutnant Harald Jürst, II C.

Gruppe Acht (Lindesnes, Egernsund) (reaktivierte Trainingsboote)
U-2, Kapitänleutnant Helmut Rosenbaum, II A.
U-3, Kapitänleutnant Gerd Schreiber, II A.
U-5, Kapitänleutnant Heinrich Lehmann-Willenbrock, II A.
U-6, Oberleutnant Adalbert Schnee, II A.

Gruppe Neun (Bergen, Shetlands; Südwestlich der norwegischen Küste)
U-7, Kapitänleutnant Karl Schrott, II B.
U-10, Oberleutnant Joachim Preuss, II B.
U-19, Kapitänleutnant Joachim Schepke, II B.

Dazu kamen noch einige nicht zugeteilte Boote und die Boote, die gerade nicht oder nicht mehr einsatzbereit waren.

Besonders über die Verteilung der Boote machten die beiden sich Gedanken. Einige hervorragende Kommandeure waren gesetzt, aber andere Boote fehlten völlig. Wo waren Winterstein, Willhelm und Günther Paulsen, Johann Dreier, Wolfgang Peters, Thomas Voetmann oder Horst Endelmann ? Hielt der BdU sie bewußt zurück oder waren es sozusagen freischwebende Elemente ? Hatten sie gar Sonderaufträge ? Wer wußte das schon so genau...

Am meisten hatten die beiden sich über die Zuteilung von U-13 zur Gruppe Eins echauffiert. Nicht, weil sie den Kommandanten gut kannten, sondern weil die Zuteilung das Boot einem erheblichen Risiko aussetzte. Die VIIer und IXer mochten keine Probleme bekommen, aber ein kleines II A kratzte mit dieser Reise schon hart an der eisernen Reserve. Würde man noch patrouillieren oder kämpfen, würde es mit der Rückfahrt verdammt eng werden ! Beim Stab hatte man diese Bedenken abgebügelt, man würde halt nach der Einnahme Narviks dort nachbunkern müssen, aber Treibstoff für ein popeliges U-Boot hätten die Zerstörerversorger ja wohl übrig... Die beiden waren immer noch nicht überzeugt, aber der Stab hatte eben das letzte Wort und damit war das Thema durch.

Also blieb ihnen nur, abzuwarten, Cognak zu trinken und zu hoffen, daß die Marine das schon irgendwie schaukelte und die Royal Navy die Kriegsmarine nicht einschloß und am ausgestreckten Arm verhungern ließ... Was verteufelt schwer fiel, denn diese Fjorde waren zwar leicht zu verteidigen, aber wie eine alte U-Bootfahrer Weisheit sagte: Je schwerer man es denen machte, reinzukommen, umso schwerer kam man selber wieder raus !

Hohenlohe
23.07.17, 17:32
Narvik als Einsatzgebiet, wenn dies mal gut geht...?! Wir wünschen euch dafür alles Gute...!! :ph:

herzliche grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

DerGraf
24.07.17, 04:06
Vielen Dank, werter Hohenlohe !
Wir werden sehen, was sich machen läßt, wir sind auf das Ergebnis der feindfahrt ebenso gespannt !

DerGraf
28.07.17, 04:33
Sonntag, 31. März 1940, Kiel, 14 Uhr

Eine halbe Stunde vor dem Auslauftermin hatte ich noch eine kleine private Unterredung mit Korvettenkapitän Schulte gehabt, der mich kurz über mehrere Dinge aufgeklärt hatte, die meine nächste Mission betrafen. Inoffiziell hatte ich einige Details bekommen, was meine nächste Mission anging. Details die ich eigentlich gar nicht wissen durfte, aber das schien Theodor egal zu sein und das beunruhigte mich am meisten, Planung hin oder her. Ebenso hatte man mich mit einem Mann bekannt gemacht, der mir bereits angekündigt worden war, den ich aber im Eifer des Gefechts komplett vergessen hatte... Nun, man hatte das wohl bemerkt und so hatte ich ihn kurz am vorigen Abend mit den Offizieren bekannt machen dürfen. Nun schritt er neben mir in Richtung des Bootes.

Reserveleutnant zur See Friedrich Möller hatte wohl nach der Reichspresseschule einige Zeit bei einem Magdeburger Tagesblatt gearbeitet, bevor er nach Kriegsausbruch zur Gruppe III des Amtes für Wehrmachtspropaganda gekommen war. Ich schätzte ihn auf etwa 23 Jahre. Physisch entsprach er durchaus dem Ideal des schneidigen Herrn Leutnant, nur der allzu offensichtliche Drang, dabei zu sein und sich beweisen zu können, fiel auf. Andererseits, wer mochte es ihm verdenken ? Der Krieg lief ausnehmend passabel und wer wußte, wie lange England und Frankreich das noch mitmachen würden... Besah man sich die Männer, die U-13 bemannten, einige mit U-Boot-Kriegsspangen oder gar dem EK II, konnte man natürlich nachvollziehen, daß der Leutnant sich im Hintertreffen fühlte und etwas auf dem Tuch haben wollte, um nicht zurückzustehen. Selbst mich hatte er mit meiner Dienstauszeichnung und dem Spanienkreuz, das ich damals noch als Leutnant auf der 'Deutschland' bekommen hatte, ehrfürchtig angesehen, und ich hatte bloß 1937 ein paar Monate in spanischen Gewässern verbracht und meine vier Jahre in der Wehrmacht vor dem Verleihungsstop der Dienstauszeichnung vollgehabt. Nichts wirklich heldenhaftes, aber es war wohl besser als nichts... Jedenfalls erwies Leutnant Möller sich als neugieriger Gesprächspartner mit einer guten Auffassungsgabe und als guter Unterhalter. Einzig vom Politischen mußte man ihn bisweilen ein wenig wegsteuern, aber wenn man das schaffte, konnte man es mit ihm gut aushalten. Ich fand, ich hätte es deutlich schlimmer treffen können. Der einzige Dämpfer war, daß er bisher nur auf Minensuchern und Torpedobooten gefahren war, aber wir würden sehen, wie ihm die offene See bekam !

Die Auslauftermine, die man so mitbekam, spiegelten wieder, daß ein größerer Schlag in der Luft lag, ebenso wie die Präsenz des Kriegsberichters. Wir würden als eines der ersten Boote auslaufen, danach die anderen in Gruppen. Bell, Kunze und Vöhringer würden am 1. April folgen, Tebben am 2. April und die großen Einheiten und Zerstörer am 6. April. Hardorff war bereits seit 10 Tagen wieder draußen und würde wohl außen vor bleiben. Kapitänleutnant Kölmel hatten die Tommies im Februar das Boot übel zusammengeschmissen, es würde nicht mehr rechtzeitig seeklar werden, wie er gemeint hatte. Aber das schien ihn oder Becker andererseits auch nicht besonders zu stören.

Als wir ablegten, verschwand Leutnant Möller jedenfalls schnell unter Deck, um sich von Wizuy herumführen zu lassen. Natürlich mußte auch er den obligatorischen Auslaufzoll zahlen und wirkte ebenso unverständig wie ich beim ersten Mal, als Wizuy die Münzen in der See versenkte. Diesmal allerdings stimmte etwas nicht: ich sah wie Wizuy sich kurz bückte, etwas aufhob, ausspuckte und was auch immer es war ins Wasser warf.

"Was machen Sie da, Wizuy ?"
'Treibgut auf dem Boot, Herr Oberleutnant. Den Schlendrian darf man gar nicht erst einreißen lassen !'

Ich gab mich mit dieser Erklärung vordergründig zufrieden, aber als er im Boot verschwand, meinte ich zu erkennen, daß etwas nicht in Ordnung war.
Aber was ?

Hohenlohe
28.07.17, 16:47
Wir nehmen an, dass Wizuy abergläubisch ist oder von politisch beeinflussten Pressefritzen nix hält. Wir übrigens auch nicht, da es nur Unruhe im Boot verursacht...*seufz* Trotzdem wünschen wir U-13 eine erfolgreiche Fahrt...:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*

DerGraf
07.08.17, 22:23
Sonnabend, 6. April 1940, Vor der schottischen Küste

Die bisherige Feindfahrt war unergiebig geblieben. Es war, als ob die Briten ihre Schiffe zurückgepfiffen hatten oder sie aus anderen Gründen im Hafen blieben. Ob das was mit der anlaufenden Operation zu tun hatte ? Wer wußte das schon so genau ? Wizuy sah skeptisch an die Kimm, als Hammann von unten durch das Turmluk rief.

Funkspruch, Herr Oberleutnant ! "Weserübung" ist angelaufen !'

Da hatten wir es ! Damit galt der Operationsbefehl im versiegelten Umschlag, den ich zum Glück nicht mehr öffnen brauchte, ich wußte ja, was drinstand. Ich kletterte also durch das Luk in die Zentrale hinab.

"Kurs 'Weserübung', Kühne !"
'Verstanden, Herr Oberleutnant !'

Kühne hatte den entsprechenden Operationskurs penibel vorbereitet und mußte jetzt nur noch den Anschluß errechnen. Wie ich ihn kannte, hatte er sich dafür bestimmt eine Tabelle angelegt... Aber er begann, ein paar Zahlenkolonnen auf einem Zettel zu notieren und mit dem Besteck zu hantieren, bevor er anfing, Kursänderungen an den Rudergänger weiterzugeben, der im Turm saß. Dieser bestätigte. Nachdenklich kratzte ich mich am Kinn. Wenn das Wasser weiter derart feindfrei blieb, würden wir gut vorankommen, auch wenn Kühne gemeint hatte, es würde wohl noch stürmisch werden, wenn wir weiter nach Norden kamen... Nicht gut, aber nicht zu ändern. ich verfolgte die dünnen Bleistiftlinien auf der Karte.

"Wie lange, bis wir ankommen, Kühne ?"
'Bei Marschfahrt...Vier oder fünf Tage, Herr Oberleutnant. je nachdem, wie das Wetter mitspielt !'

Wir würden also kurz nach den Zerstörern einlaufen. An sich nicht schlecht... Zumindest solange wir den Briten zuvorkommen konnten, denn die hatten laut dem Nachrichtendienst ganz ähnliche Operationen, die unser Unternehmen erst nötig gemacht hatten. In jedem Fall war vor Norwegen in den nächsten Tagen deutlich stärker mit Kriegsschiffen und Fliegern zu rechnen. Ob es eine erste Seeschlacht geben würde wie seinerzeit anno 1914 ? Gespannt waren an Bord wohl alle, was das anging, vor allem Leutnant Möller, der gerade unter Deck war. Er ging heute zur Abwechslung einmal eine Wache im Diesel-Maschinenraum, um die er mich gebeten hatte. Nicht ganz sein Fachgebiet, aber ich sah keinen Grund, ihm das zu verweigern. Ich war neugierig was er so alles zu erzählen haben würde, wenn er da unten fertig war. Und natürlich darauf, wie er sich angestellt hatte.

Oberleutnant (Ing.) Kern verschwand gerade durch das Kugelschott achteraus und ich folgte, um mich in mein Kabuff zu begeben. Gegenüber saß Funkmaat Rave und blätterte in einer abgegriffenen Zeitung.

"Was gibt's Neues, Rave ?"
'Nicht viel, Herr Oberleutnant ! Der Funkenpuster ist ruhig soweit.' Er streckte sich etwas und gähnte. Ich nickte und nahm das als Stichwort, mich ein wenig hinzulegen, Hupperich wußte ja Bescheid...

Sonnabend, 6. April 1940 - Swinemünde

Gustav Fuchs spuckte über die Gangway als er das Festland hinter sich ließ und langsam und fast schon etwas mißtrauisch auf den großen Block Metall zuging, der für die nächsten Tage seine Heimat werden sollte. Nach Polen hatte man sie zunächst zurückgehalten, aber jetzt ging es wohl wieder in die Berge. Das störte ihn an sich nicht besonders, aber die Verlastung auf Schiffe sehr wohl. Er mochte Schiffe und die Aussicht, sich tagelang nur auf dem Wasser aufzuhalten nicht, immerhin hatte es mehrere Gründe, warum er nicht bei der Marine war ! Er begutachtete die Mariner, die den Soldaten ihre Quartiere zuwiesen, blieb aber noch an Deck, um auf den Hauptmann zu warten. Der ließ aber auf sich warten. Stattdessen traf er nur auf einen jüngeren Soldaten, der wohl auch eine Art Einweiserrolle hatte. Mit den Ärmelabzeichen der Marine kannte Fuchs sich nicht aus, aber die Herren trugen zum Glück ab einer bestimmten Besoldungsgruppe ja auch Schulterklappen, mit denen der Oberfeldwebel deutlich mehr anfangen konnte ! So hatte er recht schnell heraus, daß er einen Oberfähnrich vor sich hatte, der hier für die Gebirgsjäger den Einweiser machte.

'Und ihr Eimer bringt uns gefahrlos nach Norwegen ?' wollte er von dem Oberfähnrich wissen, der sich als irgendein Graf mit einem komplizierten Nacnamen vorstellte, den Fuchs sich nicht merkte. War doch bei den Norddeutschen immer dasselbe, da lobte er sich die Verhältnisse bei sich zuhause ! 'Gefahrlos ist übertrieben, immerhin müssen wir an den norwegischen Marinekräften vorbei, aber solange es draußen nicht mit den schlimmsten bedingungen zugeht, haben wir eigentlich nichts zu befürchten, Oberfeldwebel.' Otto behielt lieber für sich, daß da natürlich immer noch die Gefahr war, britischen Streitkräften zu begegnen. Die Kriegsschiffgruppe 2 hatte zwar nur vier Zerstörer, aber dafür wenigstens noch den Schweren Kreuzer 'Hipper' dabei... Hier bei der Kriegsschiffgruppe 1 hatten sie nur 10 Zerstörer, wenn da schwere britische Einheiten auf die Bühne kamen, wäre sehr schnell Schluß mit lustig ! Nur ihre überlegene Geschwindigkeit würde sie schützen können, aber dazu durfte das Wetter nicht zu schlecht werden, denn ab einem bestimmten Seegang waren die Zerstörer nur noch eingeschränkt hochseetauglich. Während er sich also weiter mit dem Österreicher über dieses und jenes unterhielt, wanderte der Blick des Oberfähnrichs immer wieder in Richtung Horizont, wie um abzuschätzen, was das Wetter ihnen wohl bringen würde. Er konnte sich nicht helfen, die Vorstellung dessen, was sie da erwarten konnte, behagte ihm nicht besonders. Nein, ein freund von diesen Nacht- und nebel-Aktionen würde er wohl nicht werden !

Sonnabend, 6. April 1940, Westerland (Sylt)

'Ob's jetzt wohl bald endlich losgeht, Rudi ?' Unteroffizier Bermann saß auf der Tragfläche der Bf 109 E und sah auf die Dünen hinaus. Zwei Wochen saßen sie jetzt schon hier und warteten nur noch auf den Einsatzbefehl, der sie zur Jagdsicherung des bevorstehenden Unternehmens machen würde. Neben ihm fischte Leutnant Rudolf von Eskens-Kalpenbach eine Zigarette aus der Lederjacke und zündete sie bedächtig an. "Denk schon. Ich bin froh wenns endlich wieder losgeht, diesen eintönigen Bodendrill kann man ja bald nicht mehr ertragen. Mit den Dänen werden wir wohl schnell fertig und die Norweger... haben die überhaupt eine Luftwaffe ? Ich bin gespannt, ob die Briten sich dicht genug rantrauen, daß wir mal sehen können, wie gut sie wirklich sind !" Bermann zuckte nur mit den Schultern. Ihm wars eigentlich egal, obwohl ihm die Vorstellung, sich bald ein paar Orden zu verdienen auch gefiel. Die Flugzeugführer der II/JG 77 hatten zwar britischen Angriffe auf Deutschland im Dezember 1939 zurückgeschlagen, waren über Polen aber nicht mit dabeigewesen und hofften jetzt, sich endlich bewähren zu können. Schweigend rauchten die beiden Piloten, während sie weiter auf den ersten größeren scharfen Einsatz warteten.

Hohenlohe
08.08.17, 00:26
Uff, drei Stories auf einmal...:) Scheint so, als wäre des Grafen Familie vollständig bei der Wehrmacht vertreten...:D Wir lesen weiterhin gespannt mit...:)

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
08.08.17, 00:32
In der Tat, aber das ist ja bei Familien mit Militärtradition durchaus üblich, einen guten Einblick bietet da da ja der erste AAR. ^^

DerGraf
14.08.17, 03:11
Sonntag 7. April 1940 - Nordsee

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U-13 stampfte beharrlich durch die See. Gerade hatte das Boot die Linie Bergen passiert und kämpfte sich durch den schweren Sturm nach Nordosten, dem gewiesenen Operationsgebiet entgegen. Leutnant Möller wirkte beim Frühstück etwas beunruhigt ob des schwankenden Bootes. Er war es wohl nicht gewöhnt, daß die Viktualien über den Tisch rollten, wie sie es gerade taten, aber was sollte man erwarten ? Er hatte wohl seine Offiziersausbildung auf Zerstörern abgedient, und das waren ja bekanntlich ausgemachte Schönwetterfahrer... Hupperich beschwichtigte den Schreiberling.

'...tiefer Schwerpunkt und ein massiver Stahlkiel, Herr Möller. Solange wir nicht auf Minen oder Feinde treffen oder der Allmächtige höchstselbst beschließt, uns mit einem gekonnten Tritt aus der Brühe zu fischen, ist unser Boot unsinkbar. Kentern können wir nicht und mal eben so vollaufen auch nicht. Solange die Lenzpumpe Bilgenwasser, Essensreste und Kotze noch außenbords bekommt, droht also keinerlei Gefahr !'

Hupperich grinste hinterhältig und schob sich genüßlich ein Butterbrot in den Mund. Möller sah nicht sehr beruhigt aus und war wohl auch so etwas blaß um die Nase, nickte aber stumm, bevor er sich wieder Rollmops auf dem hin und her rutschenden Teller vor sich zuwandte. Er wirkte nicht besonders hungrig, aber wollte wohl auch kein Ansehen unter uns verlieren und bemühte sich, den Sturm irgendwie durchzustehen. Das imponierte mir durchaus und verschaffte dem Leutnant ein paar Pluspunkte. Ich wandte mich in Richtung des Kartentisches.

"Wie sieht es mit dem Versatz durch den Sturm aus, Kühne ?"
'Ich denke, soweit im Rahmen, Herr Oberleutnant ! Zehn Meilen, vielleicht fünfzehn. Genaueres kann ich erst nach dem nächsten Besteck sagen...'

Kühne beugte sich wieder über die Karte und zeichnete ein paar dünne Linien mit dem Bleistift ein.

Dienstag, 9. April 1940 - Norwegische Küste

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Die Funksprüche waren reihenweise eingegangen und hatten sich beinahe überschlagen. Dänemark war besetzt und die Landungen in Norwegen standen kurz bevor. U-13 hatte Namsos passiert und war nach Kühne's Berechnungen noch etwas mehr als zwei Tage vom Zielgebiet entfernt. Kontaktmeldungen riefen die Bilder von großen deutschen wie britischen Einsatzgruppen und Konvois vor Augen, die um Norwegen aktiv waren und das Meer wie einen Hexenkessel wirken ließen. Nun, wir hatten noch keine gegnerischen Schiffe zu sehen bekommen. Ganz im Gegenteil, wenn Kühne, den Kontakten folgend die entsprechenden Datails in die Karte eintrug, konnte einem fast Angst werden, daß die britischen Kräfte es schafften, den Ofotfjord vor uns zu erreichen. Aber viel mehr als mit voller Leistung der Küstenlinie zu folgen konnten wir eben nicht tun... Blieb nur zu hoffen, daß wir dieses Rennen gewinnen würden ! Es würde knapp werden. Auch wenn das Wetter zerstörern nicht allzu sehr entgegenkam, machten diese das mit ihrer höheren Geschwindigkeit wieder wett. Wizuy wirkte immer noch beunruhigt. Auf den Schreiberling konnte ich es nicht mehr schieben, der hatte sich recht gut eingelebt und machte sich nützlich. Je dichter wir an das Operationsgebiet kamen, desto mehr zeigten sich die Zeichen für Unruhe und Nervosität, wenn man wußte, worauf man zu achten hatte. Also ließ ich ihn in mein Schapp kommen.

"Wizuy, irgendetwas ist nicht in Ordnung und ich will nicht, daß sie mir die Mannschaft anstecken. Also, was ist los ?"
Der Bootsmann druckste noch etwas herum, es war ihm wohl unangenehm, darüber zu sprechen. Ich ließ ihn schmoren, so leicht würde er mir nicht davonkommen. Schließlich resignierte er und begann.
'Erinnern sie sich an den Beginn der Feindfahrt, Herr Oberleutnant ? Das Auslaufritual ?'
"Sicher, sie sagten wir hätten noch Treibgut auf dem Boot, aber nichts, worum man sich sorgen müßte."
'Nun, das war nicht die volle Wahrheit, Herr Oberleutnant.' Der alte Fahrensmann sah sich kurz um, als ob er Lauscher befürchtete. 'Die Feindfahrt steht unter keinem guten Vorzeichen, etwas wird passieren. Etwas Schlimmes...' fuhr er leiser fort.

"Warum haben sie nichts gesagt, Wizuy ?"
'Ich wollte die Mannschaft nicht kopfscheu machen, Herr Oberleutnant. Außerdem wußte ich, daß sie die Feindfahrt wegen so etwas nicht abbrechen würden. Es hätte also ohnehin nichts genutzt.'
"Einerlei, das nächste Mal erwarte ich, über solche Dinge informiert zu werden. Es kann immerhin nicht schaden, vorsichtig zu sein, richtig ?"

Wizuy sah ich mit einem Blick an, den ich nicht recht zu deuten wußte, sagte aber nichts. Das beunruhigte mich.

"Sie können wegtreten, Bootsmann !"
'Jawohl, Herr Oberleutnant !'

Damit verschwand er. Ich blieb etwas ratlos zurück. Es schadete zwar nicht, gewisse Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, aber ich war nicht sicher, was ich von dieser Entwicklung halten sollte. Dinge wie Aberglaube konnten Männer bei der Stange halten, aber sie eben auch zermürben und in Krisensituationen versagen lassen. Ich beschloß, ein Auge auf den Bootsmann zu haben und während des Einsatzes Vorsicht walten zu lassen.

Wie gut ich daran tat und was es im Endeffekt nützte, sollte sich bald genug zeigen.

Hohenlohe
14.08.17, 15:03
Wir hoffen mal das Beste für die Mannschaft und das Boot...:) Wir glauben an die Fähigkeiten des Kaleun mit jeder Situation klarzukommen...:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

DerGraf
15.08.17, 03:02
Donnerstag, 11. April 1940 - Narvik

Oberfähnrich zur See Graf von Eskens-Kalpenbach stand an der Reling, sah in das dichter werdende Schneetreiben und rauchte. Er hatte Freiwache und konnte das kleine Husarenstückchen noch gar nicht so recht begreifen... Ganze zwei Küstenmonitore hatten sie vorgestern versenken müssen, mehr hatte sich ihnen nicht in den Weg gestellt. Narvik hatte kapituliert und die Gebirgsjäger waren befehlsgemäß an Land gegangen. Aber wer hätte gedacht, daß sich die Treibstoffübernahme verzögern würde ? So hatten sie noch im Hafen gesessen, als die Briten mit sechs Zerstörern in den Ofotfjord gelaufen waren. Zwar hatten sie den Seelords ordentlich eingeschenkt, aber Z2 hatte sieben Treffer erhalten und der Status der anderen Einheiten war auch nicht rosig. 'Wilhelm Heidkamp' war zerstört und hing an einem schwedischen Dampfer, noch eben so schwimmfähig. Der Kommodore und etwa 80 Mann waren angeblich gefallen, genaues wußte aber noch keiner. Auch 'Anton Schmitt' war verloren, glaubte man den Latrinenparolen hatten hier immerhin 270 der 320 Männer an Bord überlebt. 'Diether von Roeder' war schwer beschädigt auch wenn es so aussah als ob sich das Schiff eventuell doch noch halten ließ, hatte man bereits gestern begonnen, die Funkstation auszubauen und sämtliche nutzbaren Gerätschaften an Land zu bringen, für den Fall, daß der Zerstörer doch noch sank. 'Bernd von Arnim', 'Hermann Künne', 'Hans Lüdemann', und sein eigenes Schiff, 'Georg Thiele' hatten leichte Schäden davongetragen und waren zur Not noch einsatzbereit, auch wenn die Brennstoffreserven in Narvik wohl langsam knapp wurden. Nur 'Erich Giese', 'Erich Koellner' und 'Wolfgang Zenker' waren noch unbeschädigt.

Er blies eine Rauchwolke in die kalte Aprilluft und sah ihr nach, während sie sich verflüchtigte. Würden die schweren Einheiten ihnen zu Hilfe kommen ? Würden die U-Boote eingreifen können ? Denn daß die Briten beim nächsten Mal nicht nur mit 6 Zerstörern kommen würden war ebenso klar, wie daß sie hier festsaßen, bis Entsatz kam. Daß es dazu noch geradezu viehisch kalt war, machte die Sache nicht grade angenehmer... Er erwiderte den Salut des an ihm vorbeieilenden Obermaates Hartmann und blickte wieder hinaus in den Fjord, wo sich irgendwo die Felsen teilten und die Nordsee begann und wo die Briten lauerten. Er fühlte sich allein und ein wenig verloren in dieser unwirtlichen Gegend. Er schnippte die aufgerauchte Zigarette über Bord und verschwand im Niedergang. Noch wollte er die Möglichkeit, daß sie völlig auf sich selber gestellt waren nicht ernsthaft in Betracht ziehen. Man konnte sie ja hier nicht mit dem Stolz der deutschen Zerstörerwaffe sang- und klanglos verrecken lassen !

Oder doch ?

Samstag, 13. April 1940, 1 Uhr 30 - Ofotfjord

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Sanft dümpelte U-13 in der Dünung des Ofotfjords. Das Boot hatte sein Einsatzgebiet erreicht und ich hatte beschlossen, es nahe der Mitte des Fjords zu postieren, da ein gegnerischer Einsatzverband mit hoher Geschwindigkeit auf die Einfahrt des Fjordes zuhielt. Hammann war mit der zweiten Seewache oben und alle anderen Offiziere waren in der O-Messe versammelt. Ich saß auf der Koje des LI, neben mir Oberleutnant Kern. Auf der Koje des IWO drängten sich Leutnant Hupperich und Leutnant Möller, an der Ecke des kleinen Tisches Steuermann Kühne. Auf dem Tisch lagen die Funkmeldungen, die von Funkmaat Rave ständig aktualisiert wurden, sowie eine topographische Karte des Ofotfjords. Die einkommende Kampfgruppe war mit 20 Knoten unterwegs, wir würden nur eine Gelegenheit haben, sie anzugreifen und so viel Schaden wie möglich anzurichten, bevor es dann mit den Wasserbomben losging. Weglaufen konnten wir ihnen ja auch nicht, aber der Fjord war an dieser Stelle 184 Meter tief. Dumm nur, daß niemand eine Ahnung hatte, was genau da auf uns zukam.

'Wofür bezahlen wir den B-Dienst eigentlich ?' fluchte Hupperich. 'Das ist wie mit einem Kleinkalibergewehr in den Wald zu gehen und nicht zu wissen, ob man Rebhühner oder eine Rotte Wildschweine findet !' Ich konnte seinen Unmut verstehen, aber es war eben nicht zu ändern. Aber ein paar Zerstörer oder einen leichten Kreuzer würden wir wohl schaffen... Kern hatte gerade vorgerechnet, wie es mit der Brennstoffsituation aussah: Er schätzte den Bestand anhand der Messungen und der Trimmung des Bootes auf etwa 15 %. Für die 115 Seemeilen nach Narvik würde das wohl noch reichen, aber sonst ? Betrachtete man, wo deutsche Truppen gelandet waren, wäre Trondheim die letzte Ausweichdestination, wenn wir hier abbrechen mußten. Und selbst dann würden wir die letzten Tropfen Sprit mit Spucke strecken und alle Fetzen in den Wind hängen müssen, wie Hupperich hinzufügte. Wie ich es mir bereits gedacht hatte, war das Schicksal des Bootes unrettbar mit der Operation auf Narvik verbunden. Sieg oder Gefangenschaft, wenn nicht gar Tod, das war alles, was es hier für uns noch zu holen gab. Jeder der hier Versammelten wußte das. Hupperich kaute auf einer Zitronenspalte und fixierte irgendeinen Punkt auf der Karte, die den Tisch zierte. Oberleutnant Kern kritzelte etwas in seine Trimmungstabelle und schien nur halb anwesend zu sein. Kühne fuhr sich mit der Hand über das Kinn, er wirkte nachdenklich. Leutnant Möller war sehr bleich und still auf seiner Ecke der Koje. Er war mit all dem ganz klar überfordert und auch kein Teil der Maschine, die die Besatzung des Bootes darstellte. Aus dem Turm hörte ich die Stimme des Gefechtsrudergängers, der die Kunde von der Brücke weiterrreichte.

'Schiff auf 272 Grad, große Entfernung, schnell näherkommend. Vermuten Zerstörer Tribal-Klasse !'

Ich überschlug die Entfernung. Die letzte Kontaktmeldung war 15 Minuten alt, 20 Knoten klangen also konstant. Jedenfalls wurde es jetzt ernst und so hob ich die Versammlung kurzerhand auf.

"Seewache einsteigen. Herr Kern, bringen Sie das Boot auf Sehrohrtiefe." 'Jawohl, Herr Oberleutnant !'

Hammann kam als letzter ins Innere des Bootes und schloß das Turmluk. In der Zentrale angekommen meldete er zwei weitere Zerstörer, ebenfalls Tribal Klasse, wenn er sich nicht irrte. Damit waren es also schon drei ! Alle hielten mit Ostkurs auf unsere Position zu...

"Kurs 180, kleine Fahrt ! Hermann, besondere Vorsicht am Hydrophon."
Der Funkmaat nickte und lauschte angestrengt, während ich zur Bordsprechanlage griff.

"U-13 operiert ab sofort auf britische Einsatzgruppe. Alle Mann Gefechtsstationen einnehmen und Boot klar zum Gefecht. Kommandant, Ende !"

Man hörte, wie sich die Torpedomixer sich auf ihre Positionen begaben und kurz darauf meldete Hupperich Gefechtsbereitschaft. Ich blickte immer noch zu Maat Hermann, der an seinen Kopfhörern zu kleben schien. Er schüttelte nur kurz den Kopf, stutzte dann aber und lauschte erneut.

'Drei Kontakte, immer noch auf uns zulaufend, Herr Oberleutnant.' ich wollte mich gerade wegdrehen und ans Sehrohr treten, als er eine kurze Geste machte. 'Vier Kontakte. Fünf... Sechs ! Fünf Zerstörer und eine größere Einheit, möglicherweise schwerer Kreuzer... Kurs Ost, Entfernung schnell abnehmend.'

Ich schob die Mütze in den Nacken und trat ans Sehrohr, daß sich aufreizend langsam durch die Wasseroberfläche nach oben schob. Draußen war es dunkel und man konnte die Silhouetten der Schiffe grob erahnen, wenn man wußte, wo man suchen mußte. Hinter mir schnappte Hermann hörbar nach Luft. 'Jetzt insgesamt 9 Zerstörer, Herr Oberleutnant !' Zentralemaat Walther ließ nur ein kurzes Schnauben hören, aber ich konnte mir vorstellen, was in ihm und den anderen vorging. Neun Zerstörer waren kein Pappenstiel, bei weitem nicht. Also faßte ich den einfachsten Plan... Alles was ging auf das Dickschiff und dann nichts wie weg !

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"1/3 Fahrt voraus, Torpedorohre klarmachen zum Unterwasserangriff !"

Ich klebte förmlich am Angriffssehrohr, mit einem Ohr den Angaben Hermanns lauschend, während ich versuchte, die Angriffswerte zu ermitteln, damit Hupperich eine Schußlösung erstellen konnte.

"Schaltung Rohr 1 und 2... Lage 47 Grad. Entfernung 1000. Eigene Fahrt 2 Knoten, Gegnerfahrt 10 Knoten."
'Eingestellt !'
"Fächerwinkel 1°, Lauftiefe 6 Meter, 30 Knoten."
'Steht !'
"Rohr 1 und 2... los !"
'Rohr 1 und 2 abgefeuert !'

Gespannt wartete ich auf die Detonation, die hoffentlich genug Licht bringen würde, um eine grobe Identifizierung zu unternehmen, in den momentanen Verhältnissen war eine Bestimmung nach Sicht nicht möglich. Hinter mir hantierte Hammann mit den Uhren für die Laufzeit, während Hupperich bereits mit dem Schiffsregister bereitstand, um das Ziel schnell zu identifizieren. Als die beiden Detonationen ertönten, wurde es draußen Tag, als 10 Kriegsschiffe ihre Scheinwerfer anschalteten und die Leuchtfinger anfingen, über die See zu geistern, um das Sehrohr oder einen anderen Teil den Bootes in ihren tödlichen Griff zu bekommen.

http://up.picr.de/30077423na.png

Hupperich brauchte nicht lange, um das Schiff zu identifizieren.

'Ziel ist Schlachtschiff Nelson-Klasse, Herr Oberleutnant. Geschätzt 36.000 Tonnen. Macht weiter unvermindert Fahrt auf Ostkurs !'
Es mußte die 'Rodney' sein, die 'Nelson' war ja zusammen mit der 'Revenge' schon am 1. Dezember 1939 von Max Winterstein versenkt worden, der sich damit beide Eisernen Kreuze auf einmal verdient hatte...

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Das Schlachtschiff alleine konnte den Kräften in Narvik, die ja nur aus Zerstörern bestand, übel einheizen und hatte bereits 1450 Mann Besatzung... Ich wollte nicht wissen, wieviele Soldaten man in ein solches Schiff quetschen konnte, wenn nötig. Daß die Briten dazu imstande waren, bezweifelte ich keine Sekunde. Das würde ein übles Gemetzel werden, egal was geschah, also mußte das Schiff weg ! Gleichzeitig wußte ich recht gut, wie unsere Chancen standen, 9 Zerstörern im engen Fjord entkommen zu können. Je länger wir hier blieben, desto gefährlicher wurde es für uns. Ein Teufelskreis !

"Alle Maschinen stop ! Klar bei Rohr 3 !"
'Rohr 3 klar !'
"Entfernung 670, Lage 60. Geschwindigkeit 10, eigene Geschwindigkeit 0."
'Eingestellt !'
"Rohr 3... los ! Schleichfahrt, auf 60 Meter gehen !"
'Rohr 3 abgefeuert !'
'Schleichfahrt, 60 Meter !'

Ich zog das Sehrohr ein, während Kern das Boot auf Tiefe brachte. 37 Sekunden später erscholl die dritte Detonation, aber das Schiff sank nicht ! U-13 trat seine Flucht in die Tiefe an während die Zerstörer die See nach dem Jäger durchsuchten, der nun zum Gejagten geworden war.

http://up.picr.de/30077424uu.png

Die ersten ekelhaft trockenen 'Pings' schallten durch das Wasser. Als gäbe es dort etwas zu sehen, sahen viele in der Zentrale zur Decke. Schließelich verkürzten sich die Abstände und die Signale wurden lauter.


https://www.youtube.com/watch?v=o6o7GhMd3wE

'Der Feind hat uns in der Ortung, Herr Oberleutnant !' keuchte Hermann.
"Kleine Fahrt zurück !"
'20 Meter gehen durch Herr Oberleutnant !' meldete Kern.

'Erster Zerstörer läuft an... !' ließ sich Hermann wieder vernehmen.

Dann begann es.

Azrael
15.08.17, 10:26
Was für eine Lichtshow da über der Oberfläche!

Ihr habt also mit allen 3 Torpedos die Rodney getroffen? Vielleicht sinkt sie ja noch wegen Wassereinbruch, ein Schlachtschiff mag ja viel aushalten aber 3 Torpedos? Allenfalls nen vierten, aber dann sollte es ja wirklich gut sein ;)

DerGraf
15.08.17, 12:01
Das ist richtig, werter Azrael, drei akustisch bestätigte Volltreffer unter der Wasserlinie... Allerdings sind wir ja momentan abgetaucht und wegen der Schleichfahrt werden die Torpedorohre nicht nachgeladen. Wegen der immer noch recht hohen Geschwindigkeit der 'Rodney' ist eine erfolgreiche Verfolgung und ein Fangschuß nicht sehr realistisch, da müssen wir also bei mit dem, was wir haben auf das Beste hoffen.

Die Lichtshow fanden wir auch sehr beeindruckend, nur eben leider nicht so gut, weil sie ja gegen uns arbeitet !

Hohenlohe
15.08.17, 17:41
Werter Graf, wir wünschen euch schon mal viel Glück und gutes Gelingen beim Entkommen, da es im Fjord nicht so einfach ist, aber wir glauben fest daran, dass euer Boot es wohlbehalten übersteht...:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

DerGraf
16.08.17, 18:06
Samstag, 13. April 1940 - Im Ofotfjord

Die ersten Wasserbomben waren ungenau gezielt und verschwanden in der Tiefe. Defekt ? Zu tief eingestellt ? Keiner wußte es, aber da wir keinen direkten Treffer abbekamen, geschah uns erst einmal nichts, während U-13 in die Tiefe rauschte.

'30 Meter gehen durch, Herr Oberleutnant !' meldete Kern, drei Minuten später folgten die 40 Meter. Da die Pumpen wegen der Schleichfahrt nicht benutzt werden konnten, hatte ich auf Alarmtauchen verzichtet. Das mochte uns einen kleinen Vorteil bringen, wenn man uns tiefer schätzte als wir waren. Die Pings echoten von den Felswänden des Fjords, aber sie schienen das Boot verloren zu haben. Die Minuten tröpfelten wie Stunden dahin, aber nachdem die Wasserbombendetonationen auswanderten (Walther hatter 38 gezählt bisher) und wir der Nordküste nahe gekommen waren, befahl ich, weiter in den Fjord zu fahren.

"1/3 Fahrt voraus, Kurs 93."

Ein Wagnis, aber eine gute Chance, näher an die Felsen zu kommen, die uns vor dem ASDIC abschirmen konnten. Aber viele Jäger waren noch immer des Hasen Tod, und das Glück blieb uns nicht hold.

'Feind hat uns in der Ortung, Herr Oberleutnant ! Zerstörer läuft an !'
"Kleine Fahrt voraus. Kurs 30 !"

Es nützte wenig, kurz darauf waren die Nahdetonationen zu hören und das Boot wurde kräftig durchgeschüttelt. Man hörte Rohre platzen und Schadensmeldungen gellten durch das Boot.

'Außenbordverschlüsse im Bugraum machen Wasser !' 'Wassereinbruch im Bugtorpedoraum !' 'Buglenzpumpe unklar !' Ein zweiter Schlag erschütterte das Boot. ich flog von meinem Platz am Sehrohr auf den Kartoffelsack in der Zentrale. Auch im Funkschapp ging es drunter und drüber. 'Hydrophon ist beschädigt, Herr Oberleutnant !' 'Zylinderlaufbuchsen 2 und 3 im Backborddiesel gerissen !' kam es vom Heck in die Zentrale.

Schwankend kam ich wieder auf die Beine. Betriebsamkeit war ausgebrochen, größere Reparaturen waren nicht möglich, solange weiterhin Schleichfahrt befohlen war, aber kleinere Maßnahmen wurden selbstständig getroffen. ich war mit meiner Mannschaft sehr zufrieden ! Hermann meldete 8 Zerstörer über Wasser, die 'Nelson' war inzwischen weiter nach Osten abgelaufen, wo die nichtsahnenden Kameraden in Narvik saßen... Wo war der neunte ? Er konnte es mir nicht sagen und das beunruhigte mich am meisten.

"Tiefe 80 Meter, alle Maschinen stopp !"

Hermann winkte mich näher heran.

'Sinkgeräusche, Herr Oberleutnant !'

Er bot mir seinen Hörer an. Das Geräusch war schwach und die Schäden am GHG taten ihr übriges, aber was man da hörte klang sehr nach den Sinkgeräuschen eines großen Schiffes. Ich zollte den Sailors und natürlich auch den Herren bei Cammall, Laird und Co. in Birkenhead angemessenen Respekt. 50 Minuten hatte die Rodney durchgehalten, bevor sie den Beschädigungen doch noch erlegen war. Auch die Pings und die Zerstörer entfernten sich. Entweder setzten die Zerstörer den Angriff alleine fort oder sie fischten auf, wen es aufzufischen gab. So oder so eine ersehnte Ruhepause !

Erst nach einer Stunde ließ ich das Boot auftauchen und die Schäden beheben. Von den Briten war nichts mehr zu sehen. Gegen 4 Uhr wurde das Boot wieder klar gemeldet. 114 Seemeilen trennten uns von Narvik. 212 lächerliche Kilometer... Kein Problem mit den Dieselvorräten, nur die neun Zerstörer machten mir Sorgen. Ob wir eine weitere Begegnung auch noch derart glimpflich überstehen würden ? Ich bezweifelte es. Für jeden an Bord gab es daher erst einmal ein kräftiges Frühstück und Kaffee.

"Kurs 40, 7 Knoten !" befahl ich. Immerhin hatten wir keine Zeit zu verschenken. Rave hatte die Versenkung der Rodney bereits weitergemeldet, aber der BdU hatte noch nichts von sich hören lassen. Seltsam !
Morgennebel lag über dem Wasser, als gegen 7:50 Uhr die erste Seewache aufzog. Ich war gerade an der Turmleiter, als Hupperich zu brüllen anfing.

'ALAAAARM ! Feindschiff backbord voraus ! Alle Mann sofort rein !'

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Ich schnellte bereits die Leiter herunter, als es draußen trocken knallte. Die Detonationen im Wasser waren gut zu hören, als ich plötzlich wie von der Faust eines Giganten gepackt gegen die Leiter geschlagen wurde und in die Zentrale herunterfiel. Noch etwas benommen rollte ich mich beiseite, als da, wo jetzt nur noch meine Mütze lag, bereits der Hauptgefreite Eisermann auf den Boden schlug. Draußen schrie jemand unverständliches. So schnell sie eben konnten, kletterten Wizuy und der Obergefreite Reichert die Leiter herab, zwischen sich den stark blutenden Matrosengefreiten Grätz.

Was genau passiert war, wußte ich nicht, aber das Knacken im Gebälk hatte ich gehört. Ein Artillerieeinschlag in nächster Nähe vermutlich. Zu laut und dumpf für 6 Zoll-Geschütze, also keine Mittelartillerie... Das ließ nur eine weitere schwere Einheit übrig !

"FLUTEN, Kern ! Bringen sie uns runter, aber sofort !"
'Das Wasser ist nur 17 Meter tief und der Boden felsig, Herr Oberleutnant !'
"Das weiß ich, tun sie's einfach ! Maschinen 1/3 Fahrt zurück !"

'Was ist los, Herr Oberleutnant ?' wollte Leutnant Möller wissen, der sich aus dem Kugelschott schälte.
"Feindkontakt !" Ich wollte noch etwas sagen, aber da wurde das Boot förmlich auf die Seite geworfen und sämtliches loses Gut verteilte sich auf den Durchgängen. Männer purzelten durcheinander und Dinge gingen zu Bruch. Das Licht flackerte und verlosch.
Jemand, ich nahm an, es wäre Zentralemaat Walter, schaltete geistesgegenwärtig auf Rotlicht. Während das Boot von der Wasseroberfläche verschwand, drangen die ersten Meldungen auf die Zentrale ein.

'Backbord E-Maschine zerstört ! 'Batteriezellen gerissen, Säure in der Bilge !' 'Backbord-Diesel aus Verankerung gerissen !' 'Schwerer Wassereinbruch im Heckraum' 'Außenverschlüsse machen stark Wasser !' 'Sani-Kasten in den Bugraum, schnell !'

Grätz war wohl sofort tot gewesen, Obergefreiter Reichert und Funkmaat Rave waren verwundet. Leutnant Möller assistierte Funkmaat Hermann bei der Behandlung der Verwundeten. Glas lag auf dem Boden der Zentrale, viele Anzeigen waren gesplittert.

'Wo bleibt der Sani-Kasten, verdammt ?' tobte vorne einer, ich glaubte, es sei Hermann gewesen.

Schäfer hatte ihn in dem Chaos endlich gefunden und raste in den Bugraum. Ein weiterer Schlag erschütterte das Boot und riß Männer von den Beinen, die gerade wieder auf selbige gefunden hatten. Kern deutete auf eine der Anzeigen.

'Die Betriebsstoffbunker sind aufgerissen, Herr Oberleutnant ! Wir verlieren Diesel !'

'Schwerer Wassereinbruch im Dieselmaschinenraum !' 'Bug-Batterien beschädigt !' 'Funk unklar !' 'Buglenzpumpe unklar !' 'Kompressor unklar !'

Kern riß den Spind mit den Papieren auf und bedeckte die Back mit Bau- und Schaltplänen. Hier schmiedete er die Pläne, die das Boot retten sollten, wozu er die Torpedomannschaft in die Zentrale zitierte und unter Führung der Mechanikermaate in Leckwehrtrupps einteilte, die die Wassereinbrüche bekämpfen sollten. Er selber meldete sich kurz darauf ab und turnte heckwärts, um zusammen mit Jänicke und Barthold die Schäden in der Maschinenanlage zu begutachten. Hupperich koordinierte Reparaturmaßnahmen im Vorschiff und Hammann würde in der Zentrale die Stellung halten. Ich selber wollte die Lage im Bugraum inspizieren.

Ich fand ein heilloses Durcheinander vor. Die Habseligkeiten der Männer waren genauso willkürlich über den Raum verstreut wie verschiedenen Ausrüstungs- und Ersatzteile. Grätz hatte man in eine der Kojen verfrachtet und zusammen mit einem weiteren Körper abgedeckt. Funkmaat Hermann lag mit verbundenem Arm auf einer weiteren und wirkte nur noch halb bei Bewußtsein. Schäfer und Leutnant Möller waren gerade damit fertig geworden, Reichert ebenfalls auf eine der Liegen zu bugsieren und ihn dort zu sichern.

"Wie sieht es aus, Herr Möller ?"
'Nicht gut, Herr Oberleutnant. Für Rave konnten wir nichts mehr tun und Reichert... Gott alleine weiß, wie lange er noch durchhalten kann. Er muß dringend in ein richtiges Lazarett' Möller wirkte bleich und erschöpft und wischte sich mit einer zitternden Hand fahrig über die Stirn. Ein weiterer Einschlag nahe am Boot warf mich gegen eine der Kojen. Als ich wieder aufstand, lief mir etwas warmes, klebriges über das Gesicht. Langsam tastete ich mich wieder zurück in die Vertikale. Stiefel trippelten über die Metallgrätings und kamen näher. Ich konnte nur einen kurzen Blick auf die beiden Verwundeten werfen, die hereingebracht wurden, dann rief Hamann mich in die Zentrale. Ich erkannte Oberbootsmann Wizuy und den Maschinengefreiten Peter Schneider... In der Zentrale erwarteten mich Hupperich, Hamann und Oberleutnant Kern bereits.

"Was gibt es, Herr Kern ?"
'Melde Herrn Oberleutnant gehorsamst: Wassereinbrüche gestoppt. Buglenzpumpe klar. Kompressor klar. Außenbordverschlüsse sind abgedichtet. Boot kann angeblasen werden. Das sind die guten Neuigkeiten.'
"Und die schlechten ?"
'Backbord E-Maschine und beide Diesel sind mit Bordmitteln nicht zu reparieren. Macht aber nichts, denn wir haben sowieso keinen Betriebsstoff mehr an Bord, schwimmt alles im Fjord... Steuerbord E-Maschine begrenzt lauffähig, kann nicht sagen, wie lange noch. Hydrophon ist unklar, ebenso die Funkanlage. Beide Sehrohre ebenfalls unklar, damit vermutlich auch die Funkantenne.'
"Bringen sie uns auf 15 Meter. Kurs 87, E-Maschine kleine Fahrt voraus."
'Jawohl, Herr Oberleutnant ! 15 Meter, Kurs 87, kleine Fahrt.'

Ich wollte nicht blind und taub durch den Fjord schippern, aber aufzutauchen wagte ich noch nicht. Wenn der Brite noch da war, und davon ging ich aus, dann würde er sein Zerstörungswerk vermutlich vollenden können. Andererseits wußte ich ebenfalls, daß wir mit einem Elekromotor keine 115 Seemeilen schaffen konnten. Vertrackt ! Also zurück zu Möller und den Verwundeten !

"Bericht, Herr Möller !"
'Der Gefreite Schneider ist eben gestorben, Herr Oberleutnant. Der Obergefreite Reichert und Oberbootsmann Wizuy sind schwer verwundet, aber für den Moment wohl sicher. Maat Hermann, nun, weiß ich nicht so recht. Wir haben getan, was ging, jetzt müssen wir warten.'
Drei Mann tot und drei verwundet. Das rief unangenehme Erinnerungen an die Zeit auf dem Grund des Firth of Forth wach. Leise setzte die E-Maschine ein, nur um kurz darauf mit einem ohrenbetäubenden Kreischen wieder zu verstummen. ich nickte Möller zu und stürzte in die Zentrale, wo Hammann ebenso erschreckt und ahnungslos wirkte wie ich. Als Oberleutnant Kern wieder in die Zentrale kam, wirkte er gleichmütig, aber es war zu spüren, daß er aufgewühlt war.

'Die Steuerbord-E-Maschine ist verreckt, Herr Oberleutnant. Mit Bordmitteln nichts mehr zu machen.'

Da hatten wir es ! Manövrierunfähig im Fjord, irgendwo zwischen Briten und Deutschen. An Land dazu noch die Norweger... An Bord hatten wir nur Seekarten, die Verpflegung würde zum Aussitzen wohl kaum reichen und die Bewaffnung des Bootes ? Eine 2 cm-Flak, 2 verbliebene Torpedos, dazu im Boot selbst noch die vorgeschriebenen Infanteriewaffen: zwei Karabiner 98k und sechs Pistolen Kaliber 7,65 mm. Nichts, mit dem man groß Staat machen konnte ! Nach einer Weile faßte ich meinen Entschluß.

"Funkbücher und Geheimpapiere vernichten, Enigma-Maschine unbrauchbar machen, danach die gesamte Mannschaft klar bei Tauchretter ! In 15 Minuten tauchen wir auf."

Doch als wir auftauchten, war von den Briten nichts zu sehen ! Einzig die Schäden an Boot und Mannschaft bewiesen, daß hier vor kurzem noch ein Dickschiff gewesen war... Gut, weil wir damit nicht zwangsläufig in Gefangenschaft gerieten, aber schlecht, weil das hieß, daß wir weiter im Ungewissen waren, was nun geschehen würde. Herumsitzen und warten wollte ich nicht, gerade auch, weil unklar war, ob und wann die Briten wiederkommen würden und auch, weil es der Moral der Männer schaden würde. Niemals das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lassen ! Die Boote wurden beladen und wir ruderten hinaus, wo das Wasser tiefer war. Aufgrund der besonderen Lage verzichtete ich auf den Einsatz der Reichskriegsflagge und eine Bibel hatte keiner an Bord gehabt, also mußte ich improvisieren.

"... Denn keiner unser lebt sich selber, oder stirbt sich selber. Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Darum, wir leben oder sterben, so sind wir des Herren. Wir gedenken der Kameraden, die wir am heutigen Tage verloren haben.

Martin Wizuy, Oberbootsmann, Karl Rave, Funkmaat, Bernd Eisermann, Matrosenhauptgefreiter, Wilhelm Reichert, Matrosenobergefreiter, Wolfram Grätz, Matrosengefreiter, Peter Schneider, Maschinengefreiter.

Niemand kann den Schmerz ermessen, den ihre Väter und Mütter, aber auch Geschwister und Kinder zu erleiden haben und auch wir werden sie als gute und zuverlässige Kameraden in Erinnerung behalten und tragen schwer an diesem Verlust, der auch unserer ist. Die See war im Leben ihre Heimat und soll es nun auch im Tode sein. Wir übergeben ihre Körper der See, damit sie dort ruhen können, bis das Meer einst seine Toten freigibt und sie am jüngsten Tage vor den Herren treten. Wir empfehlen ihren Geist in deine Hände, Herr, und bitten dich, ihren Hinterbliebenen Trost und Kraft in ihrer schwersten Stunde zu schenken. Wir tun dies mit den Worten, die dein Sohn uns gelehrt hat."

Nachdem das Vaterunser verklungen war, übergaben wir die Gefallenen einen nach dem anderen dem Meer und ruderten zum Boot zurück. ich war zwar regelmäßiger Kirchgänger gewesen und hatte an einigen Landbeerdigungen teilgenommen, aber ich hoffte, ich hatte trotzdem nicht zu dick aufgetragen. Die Stimmung an Bord war gedrückt und es war nicht schwer zu verstehen warum. Niemand wollte hier auf die Gefangenschaft warten, besonders nach dem Erfolg am frühen Morgen. Als ich also meinen Plan vorschlug, meldeten sich alle freiwillig, selbst der verwundete Hermann, denn befehlen wollte ich die Teilnahme an diesem Unternehmen nicht. Also ließ ich alles verwertbare Material, das wir brauchen können würden, in die Boote bringen und die Handwaffen ausgeben. Kern und Hupperich bereiteten unterdessen im Boot alles vor. Um 10 Uhr gingen wir in die Boote. Um 10 Uhr 5 ertönten die dumpfen Detonationen im Bootsinneren. Wir salutierten, während das Boot, das uns und vor allem auch mir lange eine Heimat gewesen war, sich langsam auf die Seite legte und im Wasser verschwand. Der Vergleich hinkte natürlich auf beiden Beinen, aber ich glaubte, zu einem Teil verstehen zu können, wie sich Pizarros Männer nach der Schiffsverbrennung gefühlt haben mußten...

Ich rückte die Mütze mit dem weißen Überzug zurecht und rieb mir fröstelnd die Hände. Richtige Winterkleidung für norwegische Verhältnisse hatten wir ja nicht, es würde auch so gehen müssen. Die Männer fingen an zu rudern und die Boote nahmen Kurs Ost, wo wir Deutsche, aber auch Briten und Norweger wußten. Vielleicht trafen wir auf befreundete Einheiten oder Einheimische oder fanden eine Landestelle, von wo wir versuchen konnten, uns zu den eigenen Linien durchzuschlagen. Vielleicht würde nie wieder jemand etwas von und hören oder die Briten griffen uns auf. Es war ein Risiko mit verteufelt hohem Einsatz, aber wir hatten uns entschieden und es gab keinen Weg zurück mehr.

Eines nach dem anderen ruderten die Boote dicht hintereinander tiefer in den Fjord, als leichtes Schneetreiben einsetzte.

Hohenlohe
16.08.17, 18:20
Werter Graf, dies ist wohl eine schwerwiegende Erfahrung für die Mannschaft. Jetzt kann man nur hoffen, dass die eigenen Truppen relativ nahe sind, sonst heisst es Gefangenschaft...:(

herzliche grüsse

Hohenlohe...:top:

Azrael
16.08.17, 20:12
Das ist heftig... Wie geht es nun weiter?

In Cold Waters, einem relativ neuem U-Bootspiel, hat man ja daran gedacht, dass man abundzu, wenn man das Boot aufgeben muss, tatsächlich eine neue Chance auf einem neuen Boot kriegt, weil ein Großteil der Männer gerettet werden könnte.

Aber gibt es sowas in dem Mod? In Vanilla SH 4 und SH 5 zumindest gab es ja nichts dergleichen.

DerGraf
16.08.17, 20:43
Werter Azrael !

Das ist nicht implementiert, nein. Wie bereits mit Rängen und teilweise Orden nehmen wir uns hier eine gewisse narrative Freiheit heraus, Dinge freier auszugestalten, wenn es dramaturgisch besser paßt oder aber unserem Sinn für Realismus eher entspricht als die Standardlösungen des Spiels. Sollte der Protagonist also davonkommen, hat er für das Spiel immer noch dasselbe Boot, auch wenn das rein technisch und realistisch nicht möglich sein sollte. Einer der Faktoren, bei denen wir gern im Sinne des Realismus sanft korrigierend eingreifen. Ebenso verhält es sich mit Ingame Spielgeschehen, wie ja etwa bei dem Feuerüberfall auf das Boot zu sehen ist, der einem bekannten und beschriebenen Bug anzulasten ist, den wir aber interessant fanden und deshalb annahmen.

Hohenlohe
16.08.17, 23:24
Wir hoffen auf baldige Fortsetzung des AAR, ansonsten lesen wir das halt einfach später nach...:)

herzliche grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
16.08.17, 23:40
Montag, 15. April 1940 - Narvik

Die Munition war restlos verschossen gewesen, der letzte Torpedo hatte noch einem britischen Zerstörer das Vorschiff abgerissen. Otto selber hatte als überzählige Nummer damit nicht viel zu tun gehabt sondern als Geschützführer einer 2-cm Flak gedient, nachdem der eigentliche Geschützführer ausgefallen war. Aber das war genauso Geschichte, wie ihr Schiff. Kapitän Wolff hatte Z 2 vor zwei Tagen während der Endschlacht auf die Felsen gesetzt und sie hatten das Schiff evakuiert... Jetzt saß er mit einer finnischen Maschinenpistole aus norwegischen Beständen in einem Fuchsloch und war Führer eines Zuges Seeleute, die man mit norwegischen Gewehren ausgerüstet und in die Verteidigung der Stadt eingereiht hatte. Zum Glück war die infanteristische Ausbildung noch nicht so lange her und generell war es ja noch recht ruhig. Eine Kompanie Gebirgsjäger hatte die Männer sozusagen 'adoptiert' und so bekam er einige seiner ehemaligen Fahrgäste öfter zu sehen, vor allem Oberfeldwebel Fuchs, aber eben auch den Kompaniechef, Hauptmann Mühlbauer. Er kratzte sich am Kinn, wo sich die ersten Stoppeln bemerkbar machten. Er mochte das Gefühl nicht, aber zum Rasieren hatte er wenig Zeit gehabt, ganz zu schweigen davon, daß der Großteil seines Zeugs auf dem Boden des Rombakfjords lag.

Aber wenigstens war von gegnerischen Landstreitkräften nichts zu sehen und ohne die würde man sie schwer hier herausbekommen, solange sie Nachschub und Verstärkung bekamen. Ein schwacher Trost, aber immerhin ! Trotzdem war es natürlich ein Fanal, nicht nur für den Durchhaltewillen der Soldaten. 10 Zerstörer der Kriegsmarine, die Hälfte des gesamten Bestandes, waren zerstört, die Männer festgenagelt und die Briten sperrten die Zufahrt. Natürlich ging er davon aus, sich hier eine ganze Weile halten zu können, aber das würde auch nötig sein ! Die Verstärkung würde über den Landweg kommen müssen, und das würde eine Zeit dauern. Er löffelte den Rest eines Fisches aus der Dose vor sich und sah wieder in Richtung der Berge, hinter denen er irgendwo die Einfahrt zum Fjord wußte. Wann würden die Engländer wiederkommen, und was würden sie mitbringen ? Wo waren die Norweger und was war von ihnen zu erwarten ? Er wußte ja noch nicht mal, ob man sie in der Heimat schon abgeschrieben hatte, oder nicht. Nun, immerhin lebten sie noch... Aber wie lange ?

Dienstag, 16. April 1940 - Kiel

Korvettenkapitän Theodor Schulte ging über den Flur zu seinem Arbeitszimmer. Die Mappe, die er dabei unter seinem Arm hielt, enthielt die bisher bekannten Informationen über die gegenwärtige Operation. Dafür war er eigentlich nicht ganz zuständig, hatte aber ein paar Kontakte spielen lassen, um Einsicht zu erhalten und einen Gefallen einzufordern. Der Inhalt der Mappe war durchwachsen. Die Erfolge der Landungs- und Heereskräfte wurden durchweg eingehend beschrieben, aber die Kriegsmarine hatte eben auch herbe Verluste zu verzeichnen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt waren 10 Zerstörer der Gruppe Narvik versenkt worden, dazu der schwere Kreuzer 'Blücher', die leichten Kreuzer 'Königsberg' und 'Karlsruhe', das Hilfsschiff 'Koblenz', das Torpedoboot 'Albatros', das Räumboote R 17. Dazu kamen die weiteren Verluste: Die Tanker Skagerrak, Moonsund und Stedingen. Von 8 Frachtern mit dem schweren Gerät und Munition hatte nur einer sein Ziel erreicht, die anderen waren versenkt worden. Von den 16 Frachtern der 1. Seetransportstaffel waren nur 12 durchgekommen, von den 11 der 2. Staffel hatten die Briten 2 versenkt. Weiterhin waren 3 U-Boote mit Meldungen überfällig: U 1 (Korvettenkapitän Jürgen Deecke) seit 8 Tagen, U 50 (Kapitänleutnant Max-Hermann Bauer) seit 10 Tagen und U 13 (Oberleutnant Paul von Eskens-Kalpenbach) seit 3 Tagen. Weiterhin war U 64 (Kapitänleutnant Georg-Wilhelm Schulz) vor 5 Tagen in Narvik versenkt worden. Die Briten hatten bereits verkündet, daß sie im Ofotfjord ein Unterseeboot des Typs II versenkt hatten, aber es war unklar, ob es sich dabei um U 1 oder U 13 gehandelt hatte. Schulte hatte einen Verdacht, aber dem wollte er noch nicht voll nachgehen.

Demgegenüber standen die Verluste der Royal Navy: Das U-Boot HMS Thistle, 6 Schiffe mit 30690 BRT, drei Zerstörer, ebenso die Schlachtschiffe 'Rodney' und 'Warspite'*.

Begleitet von den zahlreichen Flüchen über defekte Torpedos oder Stimmen, die gar Sabotage vermuteten, war das nach Schultes konservativen (aber eben leider auch unmaßgeblichen) Auffassung ein eher dürftiges Ergebnis, wenn man das Risiko, das man eingegangen war, mit einbezog. Nachdenklich kratzte er sich im Nacken, als er sich hinter den Schreibtisch setzte und seine Aufzeichnungen hervorholte, mit denen er sich bis morgen noch beschäftigen mußte. Er versuchte gar nicht erst, sich vorzustellen, wie es sein mußte, zwei Kinder in der Operation zu wissen, deren Verbleib derzeit unklar war. In jedem Fall fragte er sich, wie es jetzt wohl weitergehen würde mit der Kriegsmarine nach diesen Verlusten.

*Die Versenkung der Warspite entspringt einer weiteren Kampagne von Uns, was wir einfach mal für Uns reklamiert haben, da wir nicht zu sicher sind, ob das Schiff bereits in einem anderen AAR versenkt wurde.

Hohenlohe
17.08.17, 15:31
Wir hoffen mal das Beste für die Kriegsmarine und auch für die Story...:ph:

herzliche grüsse

Hohenlohe...:top:

edit: wir melden uns mal für unbestimmte Zeit ab...:)

DerGraf
06.09.17, 01:12
Sonnabend, 22. Juni 1940 - Hannover

Paul fühlte sich nicht recht wohl in der kleinen Wohnung, gerade weil er die Bewohner nicht besonders gut kannte. So saß er nun hier mit Mina, seinem ehemaligen Kollegen, dem jetzigen Major Rolf Wilke und dessen Frau am Tisch, während Wilke's Schwägerin Kaffee nachschenkte. Er hatte von Rolf mehr durch Zufall gehört und hatte sich an seinem dienstfreien Wochenende dazu entschlossen, der Einladung nach Hannover zu folgen. Rolfs Bruder Heinrich war Stabsarzt bei den Fallschirmjägern, ein ruhiger Posten, der dem langen, schmächtigen Mann mit den zurückgekämmten Haaren und der Nickelbrille sehr zugesagt hatte. So erfuhr Paul sozusagen durch die Hintertür und quasi nebenbei, daß Heinrich Wilke bereits vor etwa sechs Wochen bei Dordrecht in Holland gefallen war. Früher hatte man an sowas nicht gedacht, aber wenn er sich ansah, wie es hier immer noch zuging. Marlene Wilke war immer noch ein Schatten ihrer selbst und das Kind... Die Kleine mußte jetzt sechs oder sieben sein und war bei ihren Großeltern untergekommen. Nein, schön war das Ganze nicht und Paul sah, daß auch Mine nicht mochte, wie der Krieg sich langsam wieder in den Alltag drängte, wie um sie daran zu erinnern, daß der Sitzkrieg zuende gewesen war. Aber jetzt saß man wohl angeblich wieder beisammen, um eine erneute Kapitulation Frankreichs in die Wege zu leiten. Das Gespräch zeichnete sich an diesem Abend vor allem durch die weitestgehende Vermeidung des Themas Krieg aus, auch wenn es dadurch zeitweise etwas unbehaglich wurde, die Frauen unterhielten sich über Kinder und Familie, Paul und Rolf rekapitulierten, wenn sie nicht gerade von den Damen in Beschlag genommen wurden, alte Ermittlungen und Anekdoten aus ihrer Polizeizeit...


Donnerstag, 28. Juni 1940 - Swinemünde

Polen besiegt. Dänemark besiegt. Norwegen besiegt. Holland, Belgien besiegt. Frankreich besiegt. Otto fühlte seine Zeit bei der 'Gebirgsmarine' immer noch in den Knochen, aber jetzt ? Er fühlte sich beschwingt, was nicht nur an Bad und Rasur lag. Den Krieg gegen England führten derzeit andere, aber ihm war, als hätte er endlich seinen Beitrag geleistet ! Und nun war er wieder in Deutschland. Endlich zum Leutnant befördert und für seine Tapferkeit ausgezeichnet, zunächst einem Landkommando zugewiesen, bis er entweder sein neues Seekommando bekam oder sein Versetzungsgesuch zur U-Bootwaffe durchkam. Mehr als genug Zeit, um nach den Entbehrungen im Eis mal wieder richtig die Sau rauszulassen. Immerhin war er im Moment Adjutant eines Stabes, das war nicht wirklich aufregend. Im Grunde wußte er natürlich, daß es noch mindestens zwei Jahre dauern würde, bis er ein irgendwie geartetes eigenes Kommando bekommen konnte, eher noch drei. Aber im Moment focht ihn das nicht an. Mit einer jungen Frau im Arm betrat der schneidige Herr Leutnant das Lokal und bereitete sich auf einen unterhaltsamen Abend vor.


Freitag, 29. Juni 1940 - Kiel

Viel Wasser war den Rhein heruntergeflossen, während meine Mannschaft und ich in Norwegen gewesen waren... Winterstein war weiter ausgezeichnet worden, ebenso hatten inzwischen auch 'Teddy' Suhren und Friedrich Porten das Ritterkreuz bekommen. Auch Willhelm Paulsen hatte mit der Versenkung zweier Kreuzer wieder einmal auf sich aufmerksam gemacht, nachdem er davor bereits ebenfalls in Scapa Flow eingefallen war. Wenn man diese Nachrichten hörte, war klar, daß die Royal Navy wohl bald aus dem letzten Loch pfiff, wenn sie nicht gerade Schiffe aus dem Ärmel zaubern konnten. Immerhin waren die Briten der letzte noch in Europa verbliebene Gegner nach dem Sieg über Frankreich. Zumindest für und Ubootfahrer würde also zunächst alles beim Alten bleiben... Der BdU hatte mir ein neues Boot zugesagt, ebenso Ersatzmänner für die Verluste, die wir im Ofotfjord gehabt hatten. Auf beides wartete ich noch. Das pressierte mich besonders, weil der neue Auslauftermin für den 4. Juli festgelegt worden war. Natürlich hatte Norwegen noch andere Folgen gehabt. So hatte man mir das EK I verliehen und Leutnant Möllers Bericht hatte mich wohl auch bei höheren Stellen einigermaßen bekannt gemacht. jedenfalls war mir der Flottillenchef sehr zuvorkommend gegenübergetreten und hatte im begrenzten Rahmen seiner Möglichkeiten auch für den Verlust des Bootes fast so etwas wie Verständnis gezeigt.

Das konnte man von meinem alten Bekannten, dem Ingenieuroffizier Kuhlmann, nicht gerade sagen. Seine Schimpftiraden hatte ich immer noch im Ohr, nach der Geschichte auf Helgoland hatte ich sein Wohlwollen wohl verspielt und jetzt hatte ich meinen Ruf weg, zumindest in seiner Abteilung. Aber das focht mich nicht an. Ich würde den kurzen Heimaturlaub nutzen, um nach Danzig zu fahren, und mit Anna ein paar Tage zu verbringen. Krieg war noch lange genug und weglaufen würde er immerhin auch nicht !

Hohenlohe
06.09.17, 15:38
Werter Graf, wir freuen uns, von euch wieder zu lesen und sind gespannt, wie es weitergeht. Wir hoffen, ihr hattet einen schönen Urlaub.

herzliche grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
10.09.17, 22:52
Montag, 2. Juli 1940 - Kiel

'Norwegen oder nicht, jetzt sind sie wieder bei der Marine, also bewegen sie endlich ihren Arsch, bevor ich sie auf ihre Station trete, sie Wurzelsau !'

Der nahende Auslauftermin war festgeschrieben und unverrückbar. Entsprechend knapp war die Zeit, die wir zum Üben hatten, bemessen bis es wieder auf Fahrt ging. Die Ersatzmänner waren eingetrofen und versuchten, sich zwischen den 'alten' Fahrensmännern einzuleben. Zumindest in einer Hinsicht gelang das ganz gut, denn der neue Bootsmann, Stabsbootsmann Wittenberg, kam aus der Marinegrundausbildung und entsprechend trat er den Männern gegenüber zumindest an Land auch auf und war so bald bei Alten wie Neuen wenig wohl gelitten. Der neue Funkmaat, Volkmar Kettner, war eher ein ruhigerer Typ. Es war mir etwas unangenehm, daß ich ihn am Anfang ein paar mal als 'Rave' angeredet hatte, aber das hatte sich mittlerweile gelegt und anscheinend auch wenig negative Folgen gezeitigt. Zumindest gab es bei ihm keine größeren Integrationsprobleme, auch wenn kleinere Reibereien vorprogrammiert waren, aber sich recht schnell legten oder zumindest nicht zu einem Ausmaß kamen, das ein Einschreiten erforderte. Ich traute den Männern und Unteroffizieren zu, das ohne Offiziere zu klären. Die anderen Ersatzmänner zeigten sich ebenfalls als recht unproblematisch. Es waren dies der Matrosengefreite August Hauber, der Matrosengefreite Gottfried Ganzer, der Matrosengefreite Albrecht Euler und der Maschinengefreite Richard Schendel. Ich hoffte, daß sie sich auf ihrer ersten Feindfahrt gut schlagen würden !

Die Kriegsmarine hatte das zugesagte Boot tatsächlich geliefert. U-120 war ein II B von der U-Bootschulflottille, die damit mit einem Boot weniger nach Pillau verlegt hatte, wo sie nun 24. Unterseebootsflottille hieß. Oberleutnant zur See Ernst Bauer, der Kommandant, hatte noch einige gute Ratschläge zur Behandlung des Bootes geliefert und uns alles Gute gewünscht, bevor auch er nach Pillau aufgebrochen war. Er hatte gemeint, er würde sich freuen, wenn er sein Boot einigermaßen am Stück zurückbekäme und wäre bereit, dafür auch einen springen zu lassen. Würden wir das Boot auch schrottreif bekommen, müßten wir ihn und seine Besatzung aushalten. Das klang mehr als fair, also nahm ich mir vor, darauf etwas acht zu geben.

Im Kasino war es ruhig an diesem Abend. Bernd und Josef waren schon seit mehreren Tagen wieder draußen. Vöhringer war gerade von einer Fahrt zurück und auf Heimaturlaub. Ich hatte erst jetzt erfahren, daß U-19 schon Ende April von den Briten versenkt worden war. Hardorff und einige Männer seiner Besatzung waren von den Tommies aufgefischt worden und angeblich in einem Gefangenenlager in Schottland untergebracht. Nicht schön, dachte ich dabei, aber immer noch besser so als elendig abgesoffen ! Wo Kunze steckte, wußte ich nicht. Deshalb saß ich mit Kapitänleutnant Kölmel am Tisch, der wieder einmal verlängerten Landgang hatte, weil die Briten ihm mal wieder das Boot ramponiert hatten. Ich hatte Hupperich und Hammann mitgebracht (Kern hatte sich entschuldigen lassen), von U-315 war neben dem Kapitänleutnant noch Oberleutnant (Ing.) Kühne anwesend, dazu Oberleutnant Friedrichs, der neue IWO und der IIWO, Oberleutnant Hofer. Eigentlich hatte ich mich darauf gefreut, Becker mal wiederzusehen, aber der hatte inzwischen wohl ein eigenes Kommando und war auf dem Marsch nach draußen. Pech, nächstes Mal vielleicht ! Der Kapitänleutnant war gut gelaunt denn er hatte auf der letzten Feindfahrt so viel Tonnage versenkt wie vorher auf keiner Feindfahrt und war mehr als zuversichtlich, daß man ihn fürs Ritterkreuz eingereicht hatte.

'100.000 Tonnen, das muß man sich mal vorstellen. Wenn man das mal hochrechnet, habe die Tommies bislang ganz schön geblutet. Da stehen ein paar Lords harte Zeiten ins Haus, besonders wenn die Parolen stimmen und wir nach Frankreich kommen. Dann können wir die Briten einkreisen und völlig blockieren und müssen nicht jedes Mal durch den Kanal oder um Schottland herum.' freute er sich. Die Gefährlichkeit des Kanals war ja allen Versammelten hinlänglich bekannt. Aber zunächst blieben wir ja in Kiel und würden weiter die Ochsentour fahren müssen, bis klar war, ob es Basen in Frankreich geben würde. Norwegen hatte ja bereits erste Basen eingerichtet. Kölmel gab noch eine Runde Bier aus und nach zwei weiteren Stunden löste sich die Tischgesellschaft auf und wir gingen wieder unserer Wege.

Hohenlohe
11.09.17, 00:24
Netter Ton vom neuen Bootsmann. Den Tonfall sollte er sich lieber abschminken, sonst leidet die Kampfmoral der Besatzung...*seufz* Ansonsten sind wir schon mal gespannt, wie die nächste Feindfahrt verläuft auf dem Einbaum...:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

DerGraf
14.10.17, 23:51
So. Hier soll es nach den Ferien und verschiedenen Praktika etc. auch bald weitergehen !
Wir entschuldigen uns für die lange Pause.

Hohenlohe
15.10.17, 01:08
Werter Graf, RL geht immer vor. Aber wir freuen uns schon auf das kommende Update...:)

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
16.11.17, 19:53
Donnerstag, 5 Juli 1940 - Deutsche Bucht

http://up.picr.de/30967131xr.jpg

'Was ist das wieder für eine Sauerei ? Schreiben die die Befehle, tüten sie ein und verteilen sie dann wild auf die Boote, in der Hoffnung, daß das schon passen wird ?'

Hupperich schlug mit der Faust auf den Tisch in der O-Messe, um seiner Empörung weiter Ausdruck zu verleihen. Kern wirkte nicht sonderlich begeistert, ließ sich das aber nicht so deutlich anmerken wie der IWO. Kühne war am Kartentisch zugange und hantierte mit den Trimmrechnungen des LI und seinen Tabellen. Aber wir wußten alle, was dabei herauskommen würde... Und das war ja schließlich der Grund für die schlechte Stimmung an Bord.

'Ich habs nochmal durchgerechnet. Herr Oberleutnant. Operieren wir mit diesem Boot tatsächlich auf GC 85 und fahren nicht durch den Kanal, schaffen wir es auf keinen Fall wieder zurück. Sogar einfach nach Frankreich zu fahren könnte verflucht eng werden.'

Kurz gesagt, man hatte einem Einbaum einen Operationsbefehl gegeben, der wohl zu einem VIIer Boot gehörte. Das kam nicht besonders oft vor und warf auch ein schlechtes Licht auf die Operationsabteilung, aber nun, da der Befehl vorlag, war er natürlich verbindlich. Ich rückte meine Mütze zurecht.

"Der Befehl wird ausgeführt. Wir werden auf dem erstellten Anmarschkurs ins Zielgebiet vordringen und sehen, was uns erwartet. idealerweise fangen wir bereits vor England ein paar Einzelfahrer und können die Patrouille vorzeitig abbrechen. Ansonsten behalte ich mir vor, das Vordringen vom Betriebsstoffvorat abhängig zu machen. Also, meine Herren, alle Mann auf ihre Posten !"

Die Verlangsamung des Bootes durch das Wetter mußte ja ebenso berücksichtigt werden. Je weiter U-120 sich der Nordsee näherte, desto schlechter wurde das Wetter. Bald war das Boot zum Tauchen gezwungen, da an der Oberfläche keine Seewache aufrechtzuerhalten war.

http://up.picr.de/30967139ln.jpg

Gerade die Ersatzleute hatten mit dem Wetter hart zu kämpfen und bekamen deshalb erst einmal Freiwache. Wittenberg und Kettner hatten um Befreiung davon nachgesucht und diese auch erhalten, so daß sie auf ihren Posten blieben. Da es aber nicht zu viel zu tun gab, saßen beide mit Herrmann im Funkschapp und spielten Skat. Bislang hatten sich die Ersatzmänner gut gehalten und das Wetter, so schlecht es auch war, hielt uns wenigstens die Flieger vom Hals. Von denen war U-13 bislang verschont geblieben, und auch U-120 hatte noch keinen gesehen, aber das konnte sich schneller ändern, als einem lieb war !


Samstag, 7. Juli 1940 - Planquadrat AN 14

Kühne hatte Seewache und ich war wieder einmal mit auf der Brücke. Frische Luft schnappen und aus dem Kabuff heraus ! Ich zog an der Pfeife und spähte zur Kimm hinüber.

"Wie geht's Frau und Kindern, Kühne ?"
'Soweit gut, danke der Nachfrage, Herr Oberleutnant ! Sie ist nach der Geburt schnell wieder auf die Beine gekommen und erholt sich prächtig. Meine Schwägerin muß ihr noch einiges abnehmen, aber es wird langsam wieder. Die Kinder, nun, die machen sich prächtig. ich würde sogar sagen es ist nicht übertrieben zu sa-'

'Rauchfahne am Horizont, Herr Oberleutnant ! 323, Backbord voraus !'

Kühne und ich nahmen die Unterhaltung nicht wieder auf sondern setzten die Gläser an und sahen in die angegebene Richtung. Tatsächlich, der junge Gefreite hatte sich nicht geirrt !

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"Holen Sie den Schiffsregister !" rief ich in den Turm hinab. Bald wurde mir das Gewünschte ausgehändigt und ich blätterte darin, bis ich den gesuchten Eintrag fand.

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Schnell rutschte ich in die Zentrale hinab.

"Auf Rotlicht umschalten. Wittenberg: Gefechtsbereitschaft aller Stationen herstellen ! Volle Kraft voraus !"
Alarmierte Mannschaften hetzten von ihren Unteroffizieren angetrieben durch das Boot ihren Gefechtsstationen zu. Es sah ganz so aus, als wären Boot und Mannschaft wieder im Geschäft. Die schweren Schiffsdiesel heulten auf, als sich die Drehzahl erhöhte und das Boot Fahrt aufnahm.

'Fängt gut an !' grinste Hammann. Hupperich nickte und rieb sich die Hände. 'Holen wir ihn uns !'

Hohenlohe
16.11.17, 20:57
Super, es geht weiter. Wir sind gespannt...:)

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*

DerGraf
17.11.17, 00:34
Samstag, 7. Juli 1940 - Planquadrat AN 14

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"Fluten !"

Die Verfolgungsjagd war eine ungleiche, gegen die starken Maschinen des U-Bootes hatte der Frachter wenig Chancen, solange er ahnungslos vor sich hindümpelte. Bald hatte U-120 aufgeholt... ich hing bereits am Periskop und gab die Angaben an den Torpedoraum weiter.

"Torpedos 40 Knoten. Aufschlagzünder, Lauftiefe 6,5 Meter. Streuwinkel 0,7."
'Eingestellt !'
"Rohr 1 und 2 fertigmachen zum Unterwasserangriff. Mündungsklappen öffnen !"
'Rohr 1 und 2 fertig !'

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"Entfernung 5300 Meter. Lage: 125. Gegnerfahrt: 7 Knoten. Eigene Fahrt: 7 Knoten. Eigener Kurs: 3."
'Steht !'
"Rohr 1 und 2... los !"
'Rohr 1 und 2 abgefeuert !'

Ich hatte mich entschieden, auf diese große Distanz zu feuern, weil ich noch ein Sicherungsfahrzeug ausgemacht hatte, das allerdings nicht zu identifizieren war. Wahrscheinlich ein Trawler oder Torpedoboot, aber gerade hier konnte es durchaus auch ein Zerstörer sein, mit dem ich mich nicht ohne Not anlegen wollte, gerade bei unklaren Sichtverhältnissen ! Auch auf die Gefahr hin, beide Torpedos danebenzuschießen. Die Laufzeit betrug 270 Sekunden, die sich zogen wie eine Ewigkeit... Ich zog den Spargel wieder ein, um die Entdeckungschance zu minimieren und alles starrte gebannt auf Hermann, der am Horchgerät saß und angestrengt horchte.

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'Torpedotreffer !'

Auch ohne das Horchgerät war die Detonation zu hören, wenn man sich anstrengte. Allerdings blieb es bei dieser, die zweite erfolgte nicht, so gespannt wir auch warteten.

'Zeit um für zweiten Torpedo.'
"Mist !"
'Ziel funkt ! 'SS Empire Morn', Herr Oberleutnant !'

Hammann hatte das Schiff schnell im Register gefunden.
'5823 Tonnen, nicht schlecht für den Anfang...'

Es war absehbar gewesen aber eben trotzdem ärgerlich. Half ja nichts, also mußte der dritte Aal es richten ! Doch zuerst hieß das, sich den Vogel richtig vorzulegen.

"Seewache sich klarmachen ! Diesel klar für volle Fahrt voraus ! Klar zum Auftauchen."

Hupperich erklomm schon einmal die Leiter, und als das Boot die Oberfläche durchbrach und der Druckausgleich hergestellt war, öffnete er das Luk, während wir den Frachter und seinen Bewacher zu umfahren trachteten. Die Dunkelheit half uns dabei.
'Rohr 1 nachgeladen, Herr Oberleutnant !'
'Rohr 2 nachgeladen, Herr Oberleutnant !'

Es war 23:35, als wir den zweiten Angriff fuhren.

"Entfernung zum Ziel 2900 Meter. Torpedo 44 Knoten, Tiefe 6 Meter. Gegnerfahrt: 0 Knoten, eigene Fahrt 7 Knoten. Lagewinkel: 122."
'Eingestellt !'
"Rohr 3 klar zum Unterwasserabschuß !"
'Rohr 3 ist klar !'

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Allerdings wurde die See wieder unruhiger und das Sehrohr unterschnitt, so daß die freie Sicht nicht mehr gewährleistet war. Also ließ ich auftauchen, auch auf die Gefahr des Begleiters hin. Der erste Blitz zuckte vom Himmel und machte klar, daß es hier sehr ungemütlich werden würde !

"UZO auf Brücke !"

Ich befestigte die UZO auf der Halterung und ließ Hupperich die Daten neu ermitteln und durchgeben.

'Rohr 3... los !'
'Rohr 3 abgefeuert !'

'Torpedotreffer !'

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Langsam und majestätisch legte sich der Frachter auf die Seite und verschwand in der See. Die Briten schienen es eilig zu haben von Bord zu kommen, als wir abliefen. Erst später erfuhren wir, daß das Schiff Sprengstoff geladen hatte ! Dieser war aber nicht detoniert, wahrscheinlich unser Glück...

Obwohl das Wetter schlechter wurde, ging es also weiter in Richtung Spaniens, das Ziel, das wir nicht erreichen würden, aber das wußte der BdU ja noch nicht ! Auch am 8. Juli blieb das Wetter denkbar ungünstig, aber das hielt uns nicht von unserer Pflicht ab. Die neuen gewöhnten sich langsam an das Geschaukel und bewährten sich recht gut und so waren wir guter Dinge.

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Trotz des Scheißwetters !

DerGraf
17.11.17, 02:22
Mittwoch, 11. Juli 1940 - Irische Westküste

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'Betriebsstoffreserve liegt jetzt noch bei 50 %, Herr Oberleutnant !'
"Danke, Herr Kern !"

Damit war der Wendepunkt erreicht. Umdrehen oder Fortfahren ? Zwei Geleitmeldungen hatten wir bereits ignoriert, nicht, weil wir außer Reichweite waren, sondern weil es sich nicht lohnte, einen Konvoi mit 2 Torpedos und einem Einbaum anzugehen. Die Entscheidung fiel mir nicht schwer.

"Kühne, wir kehren zum Stützpunkt zurück !"
'Jawohl, Herr Oberleutnant !'

Natürlich war es nicht ehrenrührig, zwei Torpedos wieder mit nach Hause zu bringen, aber ich hoffte, daß die britischen Home Waters noch etwas für uns bereithielten. Tatsächlich mußten wir nicht einmal so weit fahren, um wieder auf Feindkräfte zu stoßen... In der Abteilung, die wir großkotzig O-Messe nannten, wurden aber andere Dinge diskutiert, jetzt, da es wieder in Richtung Heimat ging: Hupperich war nun langsam reif für sein eigenes Kommando und auch bei Hammann war noch nicht klar, ob er an Bord blieb und aufrückte, oder ob ich zwei völlig neue Wachoffiziere bekommen würde. Hupperich freute sich bereits auf ein eigenes Kommando, Hammann wäre gerne an Bord geblieben, aber das hatten wir ja nicht zu entscheiden. In jedem Fall mußte ich wohl nach der Feindfahrt allmählich die weiterführenden Beurteilungen schreiben und sehen, ob es neue Informationen aus eingeweihten Kreisen gab... Gerade mit der am Vortag über Kommandantenspruch eingeleiteten Schlacht um den Ärmelkanal, die die erste Phase von 'Seelöwe' einleiten sollte, gab es wohl genug zu tun. Wir würden uns mangels Brennstoff in diese Schlacht nicht mehr einklinken können, aber das war vermutlich auch besser so. Nun, wir würden sehen, welche Befehle es gab.

Die Offiziere waren jedenfalls geteilter Meinung darüber, wie das Ganze wohl ausgehen würde. Hupperich und Kern hielten den Kanal für eine Todesfalle für die Boote und waren froh, wenn U-120 diese Aufgabe erspart blieb. Hammann war eher dafür zu begeistern und Kühne hielt sich heraus. Mir sagte die Aussicht, im schwer verminten Kanal gegen die Home Fleet anzutreten auch nicht sonderlich zu, aber bevor man England invadieren konnte, mußte sie nunmal weg ! Wenn England aufgab, wäre wohl wieder Frieden in Europa, was an sich ja auch nicht verkehrt war, vielleicht Ende 1941, Anfang 1942. An einen Blitzkrieg wie in Polen oder Frankreich glaubte keiner, dafür hatten wir Zuviel Respekt vor den Briten...

Sonnabend, 14. Juli 1940

Der Plan hatte sich geändert. Nach Kiel schafften wir es wohl nicht mehr, also hatte ich befohlen, Wilhelmshaven anzulaufen, da der Brennstoffvorrat noch bei 25 % lag. Und auch das würde knapp werden. ich war gerade dabei, im Logbuch einige Eintragungen zu machen, als ich auf die Brücke gerufen wurde, wo Hupperich mir etwas zeigen wollte. Ich enterte rasch auf.

"Was gibt es, Herr Hupperich ?"
'Schauen sie mal nach 105 Grad, Herr Oberleutnant !'

Ich tat wie mir geheißen und fand das kleine Fahrzeug relativ schnell.

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"Ziemlich klein und tief im Wasser, Hupperich... Was halten Sie davon ?"
'Vermute es ist ein U-Boot, Herr Oberleutnant !'

Ich peilte noch einmal hinüber. Turm gut erkennbar, Linienführung etwas unkonventionell, aber klar. In der Tat ein U-Boot ! So weit draußen ? Es gab zwei Möglichkeiten... Ein deutsches Boot auf dem Anmarsch oder ein britisches auf Patrouille. ich kaute nachdenklich auf meiner Unterlippe und sah noch einmal hinüber.

"Meinen Sie, das ist ein britisches Boot, Hupperich ?"
'Das war mein Verdacht. Die Linienführung weist darauf hin, es ist kein Einbaum, nicht klobig genug für ein IXer und ein VIIer... ? Ich weiß nicht, das wäre schon ein toller Zufall. Jedenfalls werden sie uns bald bemerken, wenn wir näher heranfahren.'
"Das mag stimmen... Das mag stimmen..." gab ich zurück. "Sehen wir uns das doch aus der Nähe an. Alle Mann einsteigen !"

In der Zentrale angekommen ließ ich Gefechtsbereitschaft herstellen.

"Auf Abfangkurs gehen ! Herr Kern, bringen sie das Boot auf Sehrohrtiefe, beide Schrauben 50 Umdrehungen. Ruhe im Boot !"

Auf Schleichfahrt sollten wir dicht genug herankommen können, um uns Gewißheit zu verschaffen und dann würden wir weitersehen. Den Horchkontaken folgend gingen wir näher. Schließlich fuhr ich das Sehrohr wieder aus.

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"Sie hatten recht, Hupperich, das ist definitiv kein deutsches Boot !"
'Was machen wir jetzt, Herr Oberleutnant ? Sollen wir angreifen ?'

Eine schwere Entscheidung. Würde das Boot entkommen, konnte es haarig werden, vor allem, da wir nur noch zwei Aale hatten... Aber noch hatten wir immerhin den Überraschungsvorteil, zumindest vermutete ich das, weil es drüben keine Kurs- oder Fahrtveränderung gegeben hatte... Dieses Boot konnte uns den Rückweg ziemlich vermiesen und sei es nur, weil sie Verstärkung holten. Oder wir mit Aalen um die Wette tauchen mußten. Ich sah mich um, studierte die Gesichter in der Zentrale um mich herum. Dann nickte ich.

"Wir greifen an !"

DerGraf
17.11.17, 10:30
Sonnabend, 14. Juli 1940

"Rohr 1 fertigmachen zum Unterwasserangriff. Mündungsklappe öffnen."
'Mündungsklappe geöffnet !'
"Entfernung 2600 Meter, Gegnerfahrt 9 Knoten, eigene Fahrt 2 Knoten. eigener Kurs 4 Grad, Lage 22."
'Eingestellt !'
"Rohr 1... los !"
'Rohr 1 abgefeuert !'

Ich zog das Sehrohr wieder ein. 2 Minuten Laufzeit, und jeder in der Zentrale war gespannt wie ein Flitzebogen. Wir kannten unser Boot gut genug und hatten eine Vorstellung, was 450 kg TNT mit dem Briten machen würden. Aber dazu mußte der Torpedo erst einmal treffen ! Hammann sah auf die Uhr und verfolgte die Laufzeit. Kühne spitzte einen seiner Bleistifte, wo Kern war, wußte ich nicht.

Der IIWO durchbrach die Stille.

'Zeit um für Torpedo !'

Fehlschuß also ! Das war ärgerlich, denn wenn die Tommies nicht auf ihren Ohren saßen, waren sie jetzt gewarnt und würden aktiv nach Feinden suchen... Kurs und Geschwindigkeit änderten sich aber erstmal nicht.

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Was half es ? Der zweite und letzte Torpedo folgte und verfehlte ebenfalls !

Der Brite begann jetzt, Ausweichmanöver zu fahren und versuchte, Distanz zu gewinnen. Das durfte ihm nicht gelingen, wenn wir nicht Gefahr laufen wollten, einen Torpedo zu fangen, also hieß es... dranbleiben ! Ich ließ Wittenberg kommen.

'Herr Oberleutnant ?'
"Wie schnell war die Geschützmannschaft der Flak bei der letzten Bereitschaftsübung ?"
'Ganz in Ordnung, bißchen lahm, aber für Manöverbedingungen annehmbar.'
"Trefferlage ?"
'Ziemlich ordentlich.'
"Trauen sie sich und den Männern das unter Gefechtsbedingungen zu ?"
'Sie meinen... ?'
"Ganz genau !"

Der Bootsmann schluckt kurz, aber dann deutet sich ein kurzes Grinsen an.

'Könnte klappen, Herr Oberleutnant. Versuchen wir's !'

Das wollte ich hören.

"Kühne, halten sie das Boot in Bewegung, der Brite darf keine klare Schußlinie bekommen. Wenn die drehen, drehen sie mit."
'Verstanden, Herr Oberleutnant !'

So entstand in Windeseile der Plan. Alle nicht benötigten Männer würden auf Gefechtsstation bleiben. Kern würde mit den Torpedomixern Leckwehrtrupps bilden, aber wir hofften, daß die nicht nötig werden würden. Wittenberg und seine Männer würden die Flak besetzen, auf der Brücke würden nur ich, Kühne und Hupperich stehen, im Turm der Gefechtsrudergänger. Es wäre immer noch sehr gefährlich, aber besser, etwas riskieren als die Alternative.

"Beide Maschinen volle Kraft ! Herr Kern... auftauchen !"
'Anblasen !'

Das Boot wurde angehoben und durchbrach die Wasseroberfläche. Wittenberg stand bereits oben auf der Leiter, hinter sich die Männer der Flak, dahinter Kühne, Hupperich und ich. Sobald der Druckausgleich stattgefunden hatte, riß der Bootsmann das Luk auf und stürmte über die Brücke. neben dem Boot schlugen die ersten Geschosse ins Wasser und Splitter klingelten gegen das Schanzkleid.

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Schnell hatte der Bootsmann die Flak klargemacht und die ersten Geschosse flogen zurück. Trotzdem war das britische Boot mit seinem 10,2 cm Deckgeschütz natürlich entschieden im Vorteil, aber für einen Rückzieher war es jetzt zu spät... Ein Nahtreffer schüttelte das Boot. Innen entstand Hektik, ein Wassereinbruch im Bugtorpedoraum, vermutete ich. Aber darauf konnten wir keine Rücksicht nehmen, Kern würde das schon hinbekommen. Inzhwischen mußten auch die Briten einstecken und wir sahen, wie das gegnerische Sehrohr durch einen Treffer geköpft wurde und weitere Geschosse gut deckend in Turm und Deck einschlugen.

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Aber noch wehrten die Lords sich und die Matrosen mannten Munition wie die Verrückten. Schließlich war das Duell entschieden: Ein Feuerball schoß aus der Basis des Turms und wirbelte Geschützteile und Menschen durch die Luft. Um 19:04 Uhr stellte Wittenberg das Feuer ein, da sich das Boot immer weiter auf die Seite legte. Wie gebannt sahen wir den Briten beim Aussteigen zu.

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"Gut gemacht, Wittenberg !" rief ich und stieg in die Zentrale, wo der LI bereits am machen und tun war.

'Melde leichte Schäden in Bugraum und Torpedoraum, alles mit Bordmitteln behebbar. Lecks sind abgedichtet. Boot uneingeschränkt tauchklar, Herr Oberleutnant !'
"Danke, Herr Kern !"

Ich enterte wieder auf die Brücke. Im Wasser konnten wir etwa ein Dutzend Gestalten schwimmen sehen. Genausogut könnten wir jetzt dort schwimmen ! Ich ließ die Männer auffischen und zwei Schlauchboote für sie vorbereiten und ausrüsten. Zugegebenermaßen in dieser Gegend nicht ungefährlich, aber bei U-Bootleuten war das immer etwas anderes, da es ja gewissermaßen Kameraden von drüben waren, die genauso arme Schweine waren wie wir... Das versenkte Boot, die HMS 'Tarn' war, wie der Name schon sagte, ein Unterseeboot der T-Klasse, das gerade zu einer Patrouille ausgelaufen war. An Deck hatten sich die Überlebenden des Kampfes versammelt: Der Bootsmann, der Andrews hieß, ein Maat namens Raggett, 4 Matrosen und 6 Maschinisten. Auf der Brücke saß ich mit den überlebenden Offizieren der 'Tarn', Oberleutnant Brown und Leutnant Tomlinson. Die beiden waren, soweit ich sie verstand, wohl Wachoffiziere gewesen. Die beiden Ingenieure an Bord hatten es ebensowenig aus dem Boot geschafft wie der Kommandant, sein IWO und 32 weitere Seelords, die ihren Stahlsarg nicht mehr rechtzeitig hatten verlasen können und elendig abgesoffen waren. Eine Mahnung und gleichzeitig das Menetekel der Seefahrt in Zeiten des Krieges !

Trotz der zurückliegenden Ereignisse fand ich die Offiziere höchst liebenswürdig und höflich. Nach einem kurzen Plausch über Belanglosigkeiten bei Kaffee und Zigaretten waren unten die Vorbereitungen beendet und bald darauf ruderten die Briten nach einer knappen Verabschiedung in den Booten in Richtung ihrer Insel während wir den Rückmarsch wieder aufnahmen und weiter in Richtung deutsche Bucht stampften. Richtige Siegesstimmung wollte aber nicht aufkommen, zu frisch war die Versenkung des gegnerischen U-Bootes im Gedächtnis und so mancher mochte sich fragen, wer wohl Glück haben würde, wenn unser Boot sein Glück überreizte, und wer nicht...

Am 18. Juli 1940 liefen wir wieder in Kiel ein. Mit der Tonnagezahl von 7.000 Tonnen lockten wir nicht viel hinter dem Ofen vor, einzig Kuhlmann ereiferte sich über den leichtfertigen Umgang mit dem Boot. Das Oberkommando genehmigte 6 U-Bootkriegsabzeichen, die ich an die neuen Besatzungsmitglieder aushändigte, sodaß wieder jeder an Bord eines trug. Die Episode mit dem T-Klasse Boot mußte ich noch ein paar Mal erzählen, aber auch andere Entwicklungen brachen sich Bahn. Während wir uns von der Feindfahrt erholten, erzwang die Sowjetunion Gebietsabtretungen in Bessarabien, ein Schritt, der viele in arge Sorgen stürzte, befürchtete man doch ein Übergreifen des Kommunismus gemäß der parole, wenn die kommunistische Walze erst rolle, rolle sie bis zum Atlantik... Jeder hoffte, daß es soweit nicht kommen würde ! Aber auch Glückwünsche waren angebracht, als andere Kommandanten sich Auszeichnungen erarbeiteten. Am 23. Juli hatte Kapitänleutnant Kölmel das ihm zustehende Ritterkreuz endlich erhalten. Am 26. bekam es auch ein weiterer U-Bootkommandant, Oberleutnant Reinhard Suhren. Der Kapitänleutnant jedenfalls ließ sich nicht lumpen und gab einige Lokalrunden in der Wirtschaft.

Azrael
17.11.17, 10:48
Wo habt ihr denn das britische U-Boot aufgegriffen?

DerGraf
17.11.17, 15:21
AN-14, da wo es zwischen Scapa Flow und Lerwick durchgeht, ziemlich genau da, wo wir auf dem Hinweg die 'Empire Morn' erwischt haben, ein My weiter nach Osten.

Hohenlohe
17.11.17, 18:41
Werter Graf, wir gratulieren euch zu euren Versenkungen, auch wenn es nur 7000 BRT waren. Das mit dem britischen U-Boot ging ja gut für euch aus...:top:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*

DerGraf
26.11.17, 11:55
Freitag, 16. August 1940 - Aalborg

'Und dann ?'
'Ich bin also gerade runter und hab die Motorgondel erledigt. Der Flächentank hat Feuer gefangen und er ist abgekippt." Der Erzähler untermalte die Beschreibung mit entsprechenden Handbewegungen. "Als ich wieder hochgezogen habe, hatte sich die Formation schon fast aufgelöst. Dann merke ich, daß einer der anderen Tommies mich beschießt, ziehe in eine Messerkurve und ZACK ! Kurzer Prozeß. Die Salve ist über den halben Rumpf gegangen, hat die Luftschraube nur knapp verfehlt, aber dafür die Kanzel voll erwischt..'

Leutnant Rudolf von Eskens-Kalpenbach hatte die Geschichte, wie er vor zwei Tagen die beiden Blenheim-Bomber abgeschossen hatte, schon mehrfach erzählt, aber begierige Zuhörer fanden sich immer. Gerade saß er mit einer Zigarette in der Linken auf einer Munitionskiste, umgeben von einem halben Dutzend junger Flaksoldaten und einigen Mechanikern der Bodenmannschaft. Wie zur Bestätigung nickte er zur Halle hinüber, in der seine BF 109 E mit den beiden frischen Abschußmarkierungen am Leitwerk abgestellt war. Heute waren sie wieder in Richtung England unterwegs gewesen, aber die Briten hatten sich wohl auf die Insel beschränkt und so war über der Nordsee nichts losgewesen. Selbstzufrieden und wohl auch etwas Bewunderung heischend sah er in die Runde und bemerkte mehr aus dem Augenwinkel die Gestalt, die ihm aus der Entfernung zuwinkte.

'Ah, die Pflicht ruft, Kameraden !'

Er stand auf, streckte sich etwas und ging zur Kasinotür, wo sich die Person als Leutnant Berg entpuppte, ein weiterer Flugzeugführer der Staffel, der sich eine Zigarette ansteckte und eine kleine blaue Wolke ausstieß.

'Der Alte will dich sehen, Rudi... Der Spieß sucht dich schon überall."
'Ahnung, warum ?'
'Keinen Schimmer.'
'Na dann wollen wir ihn mal nicht warten lassen, hm ?'

Sonntag, 25. August 1940 - Kiel

Inzwischen herrschte in der Kriegsmarine allgemeine Alarmbereitschaft und besonders in Frankreich wartete man wohl nur noch darauf, daß die Luftwaffe die RAF niederkämpfte, um die Schlacht um England auch in den Kanal zu tragen um so die Landung zu ermöglichen. Natürlich erwarteten auch wir in Kiel, damit verstärkt zu tun zu bekommen, aber das schien sich zunächst nicht zu bewahrheiten. In der Tat waren wir einmal mehr berufen, vor der spanischen Küste Patrouille zu fahren und dort auf den Gibraltarrouten zu lauern. Kein besonders beliebter Befehl, aber Befehl war eben Befehl und diesmal würde wenigstens der Treibstoff reichen ! Nach der letzten Feindfahrt war es wieder etwas ruhiger geworden. Ich hatte keine Zeit gehabt, mich viel mit außerdienstlichen Dingen zu beschäftigen und so hatte ich auch nur ein paar Briefe nach Danzig schreiben können. Auch hatte die Militärbürokratie mich inzwischen mit einigen Interna gesegnet, die mir zugespielt worden waren. Demnach würden Hupperich und Hammann wohl spätestens im November von Bord gehen. Hupperich, um den Kommandantenlehrgang zu besuchen, Hammann, um als IWO auf einem anderen Boot Erfahrungen zu sammeln. Vermutlich würde ich da auch gleich noch ein paar erfahrene Männer abgeben dürfen... Das und die Aussicht auf vermutlich unerfahrene Offiziere erfreute mich nun nicht sonderlich. Besonders ärgerte mich, daß trotz alledem bislang die meisten meiner anderweitigen Personalia wenig Berücksichtigung gefunden hatten.

Aber das ließ sich nunmal nicht ändern. Ebensowenig wie der festgesetzte Auslauftermin, der auf den heutigen Tag um 22 Uhr festgesetzt war. Die Mannschaft war unter der Aufsicht der Wachoffiziere dabei gewesen, Auslaufbereitschaft herzustellen. Nun stand ich auf der Brücke und sah noch einmal über den Hafen. Um diese Zeit war es ziemlich leer, kein Verabschiedungskommando, nur hier und da eine Wache die verstohlen die arbeitenden Männer beobachtete, wenn sie am Anleger vorbeikam. Eine Ausfahrt mit vollem Programm hätten viele der Männer sich wohl gut gefallen lassen, aber so war mir das auch ganz recht. Ich übergab Hupperich das Kommando und zog mich in mein Quartier zurück, wo ich mit Kern und Kühne den Weg ins Operationsgebiet besprach.

Um 22 Uhr legte U-120 zu seiner 2. Feindfahrt ab und ließ den Kieler Hafen hinter sich.

Hohenlohe
26.11.17, 12:27
Werter Graf, wir lesen weiterhin interessiert mit, obwohl uns der Augenarzt gebeten hat, weniger Zeit am Bildschirm zu verbringen...*grins*

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
26.11.17, 19:10
Dienstag 27. August 1940 - Nordsee, Planquadrat AN 81

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Das Wetter ließ sich am Besten mit grau und diesig beschreiben. Die Wellen griffen ab und an nach dem Schanzkleid und den Personen dahinter. Kein Spaß für die Seewache und erst recht für etwaige Schönwetterfahrer ! Ich saß in der Zentrale und studierte mit Kühne die karten und das letzte Besteck. Wir waren zuversichtlich, daß der Versatz durch das Unwetter nicht allzu groß wäre, aber trotzdem zehrte der Marsch natürlich am Dieselvorrat. Funkmaat Kettner machte mich mit einer schnellen Bewegung auf sich aufmerksam.

'Kontaktmeldung, Herr Oberleutnant !'

Ich griff mir den dargebotenen Papierschnipsel und las die Meldung darauf. Meine Miene hellte sich schlagartig auf, als ich wieder an die Karte trat und die Markierung anpeilte, die die gegenwärtige Position des Bootes anzeigte. Die gemeldete Position des Geleitzugs war nicht nur in Schlagreichweite, mit Kurs NO kamen sie uns auch noch entgegen. Ich jonglierte ein paar Zahlen... Vermutlich würden sie uns in der Gegend um Lowestoft begegnen, wenn wir auf Abfangkurs gingen. FAst wie im Lehrbuch... Von der Eskorte überrollen lassen oder sie ausmanövrieren, Ziele angreifen und zurückziehen. Wenn wir alle Torpedos anbringen konnten... Man mochte kaum daran denken !

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Das scharfe Knacken der Bordsprechanlage riß die Aufmerksamkeit der Mannschaft schnell an sich.

"U 120 operiert auf britischen Geleitszug. Mit Zusammentreffen ist in wenigen Stunden zu rechnen. Vorbereitungen für Gefechtsbereitschaft sind auf allen Stationen zu treffen. Kommandant Ende !"

Geschäftigkeit breitete sich in den Tiefen unserer Stahlröhre aus, während wir dem errechneten Treffpunkt näherkamen. In den Gesichtern der Männer in der Zentrale sowie der Offiziere war das Jagdfieber klar zu erkennen. Den Tommies wollten wir es jetzt mal so richtig zeigen.

"Kurs 210, Herr Kühne. Volle Kraft voraus !"
'210, Volle Kraft, Herr Oberleutnant !' quittierte der Rudergänger, Kühne nahm die Anweisungen nickend zur Kenntnis und reichte sie weiter.

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Tatsächlich dauerte es nur gut 30 Minuten, bis sich Hermann vernehmen ließ.

'Kontakt Steuerbord voraus, Herr Oberleutnant ! Schnelle Schraubengeräusche. Mehrere Fahrzeuge, kommen näher !'
"Seerohrtiefe ! Boot einpendeln !"

Kern brachte das Boot schnell und routiniert auf die gewünschte Tiefe und pendelte das Boot ein. ich fuhr das Sehrohr aus, um mir die von Herrmann beschriebene Malhalla mal anzusehen.

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Bislang nur ein Tanker zu sehen, dazu zwei Kontakte zu hören. Herrmann vermutete einen bewaffneten Trawler und ein Torpedoboot. Ich zog den Spargel wieder ein.

"1/3 Fahrt voraus. Frage: Wasser unter Kiel ?"
'Wassertiefe unter Kiel 13 Meter, Herr Oberleutnant.'

Verflucht flach ! Aber gut. In diesem Unwetter mochte das reichen.

"Auf 20 Meter gehen !"

Waren wir doch tatsächlich an einen bewachten Einzelfahrer geraten ! Weil ich auf das Geleit spekulierte, hatte ich nicht sofort auf den Tanker geschossen, das bereute ich jetzt. Der Trawler kam immer näher an das Boot heran, bis schließlich die allzu vertrauten Geräusche zu hören waren.

'Wasserbomben !'
"Kurs 222, beide Schrauben 50 Umdrehungen. Ruhe im Boot !"

Zuerst warf der Bewacher noch querab, arbeitete sich aber schnell dichter heran. Die nächsten Würfe lagen dichter und schließlich wurde das Boot von den Druckwellen erfaßt und umhergeschleudert. Wer konnte, hielt sich irgendwo fest, aber trotzdem wurden Männer durcheinandergeworfen, Ausrüstung flog durch das Boot und Glas ging zu Bruch. Einige Leitungen rissen und auf dem Boden der Zentrale sammelte sich rasch Wasser.

'Wassereinbruch in der Zentrale !' 'Funkgerät unklar !' 'Hydrophon unklar' 'Außenbordverschlüsse im Dieselmaschinenraum machen Wasser !' 'Die Diesel sind beschädigt, Herr Oberleutnant !'

Der Zentralemaat und seine Mannschaft legten die Zentrale schnell wieder trocken und auch die Hauptlenzpumpe war bald wieder klar. Während ich mir das Wasser aus dem Gesicht wischte, kämpften Kern und seine Männer hinten im Dieselraum gegen das eindringende Wasser. Dann ging ein Ruck durchs Boot und ein metallisches Scharren war zu hören. Grundberührung !

"Alle Maschinen stopp !"

Das hielt den Briten nicht vom weiteren Wurf ab, verstand sich... Die Bomben fielen ein gutes Stück entfernt, aber die Druckwelle richtete trotzdem Schäden an.

'Beide Diesel beschädigt ! Kompressor unklar ! Brennstoffbunker leckgeschlagen !' schallte es durchs Boot. Allerdings gab es auch gute Neuigkeiten, die Minuten später gemeldet wurden. 'Brennstoffbunker abgedichtet !' 'Diesel und Kompressor klar !' 'Wassereinbruch im Dieselmaschinenraum gestoppt !' 'Hydrophon klar !' 'Vordere Batteriezellen klar !'

Der Brite gab nicht auf und warf weiter, wanderte allerdings aus. Er hatte unsere Spur verloren ! ich gab ihm 15 Minuten und als dieser um waren, wollte ich es wagen.

"Auf 17 Meter gehen. Kleine Fahrt voraus !"

Langsam wurde der Brite leiser. Um 17 Uhr 25 befahl ich 1/3 Fahrt und neuen Kurs 241. Das Geleit hatte ich noch nicht aufgegeben ! Die Männer machten inzwischen klar Schiff... Knapp war es schon gewesen, aber wir waren im Großen und Ganzen heil davongekommen ! Alle Schäden waren mit Bordmitteln zu beheben gewesen und die Kampf- und Tauchfähigkeit des Bootes waren nicht eingeschränkt. Trotzdem ließ ich erst nach drei Stunden auftauchen, damit die Sehrohre kontrolliert werden konnten und Herrmann in der Lage war, die Funkantenne auszubessern.

Um 20:52 meldete Herrmann Horchkontakte.
Ein Sicherungsfahrzeug und zunächst drei Schiffe. Kurs 328, 7 Knoten...

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"Alle Stationen Gefechtsbereitschaft herstellen und melden !"

Die hier würden uns nicht entkommen !

Hohenlohe
26.11.17, 21:45
Das mit den Wasserbomben in den flachen Gewässern war ja sehr knapp. Wir wünschen euch mit dem Geleitzug mehr Glück und Erfolg...:fecht:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*

DerGraf
28.11.17, 10:53
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'12 Schiffe mit 2 Begleitzerstörern, Herr Oberleutnant ! Kein schlechter Fang...' meinte Kühne oben auf der Brücke. "Tja, jetzt müssen wir nur noch herankommen, Kühne ! Kurs 224, Kleine Fahrt voraus ! Sehrohrtiefe !"

Der Rudergänger bestätigte den Befehl, ebenso der Maschinentelegraph. Als erster glitt ich die Leiter hinunter in die vom Rotlicht erhellte Zentrale.

'Frachter kommen näher !' meldete Kettner aus dem Funkschapp.

"Torpedoraumwache auf ihre Plätze !"

Vorne im Bugraum entstand Unruhe, als die Torpedomixer sich auf ihre Positionen begaben. Durch das Sehrohr waren die Umrisse der Ziele nur schemenhaft zu sehen. Trotzdem konnte ich mehrere geeignete Ziele ausmachen und entschloß mich, auf Abstand zu bleiben, um die Entdeckungsgefahr gering zu halten. Es würde etwas Glück brauchen, um sie auf diese Entfernung zu erwischen, aber solange das geleit nicht zackte, sah ich dem zuversichtlich entgegen.

http://up.picr.de/31075036hc.jpg

"Entfernung 3750 Meter, Lauftiefe 5 Meter, 35 Knoten. Zielgeschwindigkeit 7 Knoten, Eigenfahrt 2 Knoten. Eigener Kurs 224. Lagewinkel 53."
'Eingestellt !'
"Salvenschaltung Rohr 1 und 2 !"
'Steht !'
"Rohr 1 und 2... los !"
'Rohr 1 und 2 abgefeuert !'

4 Minuten Laufzeit waren eine lange Zeit, aber ich hatte vor, sie zu nutzen. Ich schwenkte also das Sehrohr weiter, während Hammann hinten die Uhren im Auge behielt.

http://up.picr.de/31075130ti.jpg

"Achtung bei Rohr 3 !"
'Rohr 3 fertig !'
"Entfernung 2960 Meter, Lagewinkel 43."
'Eingestellt !'

Die anderen Eingaben stimmten ja immerhin noch.

"Rohr 3... los !"
'Rohr 3 abgefeuert !'

Rohr 1 wäre wohl erst in 11 Minuten wieder geladen, also zog ich das Sehrohr wieder ein, um die Entdeckungsgefahr zu verringern. Draußen war es zwar dunkel, aber sicher war sicher ! Dann knallte es draußen dumpf, dreimal hintereinander. Torpedotreffer ! Jetzt war es nur noch eine Frage der Zeit, bis draußen der Tanz losging ! Kurs und Geschwindigkeit wurden beibehalten. Bis das Rohr nachgeladen war, würde Kettner die Fühlung halten müssen. Angestrengt horchte er durch die Kopfhörer des Hydrophons nach draußen.

'Rohr 1 wieder feuerbereit, Herr Oberleutnant !'

Zehn Minuten und beide Schiffe schwammen noch... Das war Pech ! Ein Holzfrachter vielleicht ? Abwarten ! In jedem Fall konnte ich jetzt das Boot wieder ausrichten und erneut angreifen. Von den Geleitfahrzeugen war weiterhin nichts zu sehen.

"Kurz 270 !"
'Schnelle Schraubengeräusche in 334, Herr Oberleutnant ! Werden leiser !'

Soweit so gut ! Ich sah zu Kühne hinüber, der ebenso zu denken schien und grinsend seine Bleistifte spitzte. Also das Sehrohr wieder nach oben ! Der Groißfrachter war noch da, angeschlagen und mit langsamer Fahrt. In seiner Nähe war der Scheinwerfer des Geleitfahrzeugs zu sehen. ich entschied mich, den Fangschuß zu setzen.

http://up.picr.de/31075215ds.jpg

"Achtung bei Rohr 1 !"
'Rohr 1 ist klar !'
"Entfernung 2100, Geschwindigkeit 1 Knoten. Lage 119."
'Eingestellt !'
"Rohr 1... los !"

Kettner meldete 10 Schiffe und zwei Begleitfahrzeuge. Sie karrten durcheinander, anscheinend hatte der Angriff die Formation in Unordnung gebracht ! Nun, uns konnte dieses Chaos nur recht sein !

http://up.picr.de/31075244zn.jpg

Ich fuhr das Sehrohr wieder ein.

"Auf 13 Meter gehen !"
Bald darauf waren die Geräusche von draußen zu hören, die mir sagten, daß meine Ungeduld mich dazu getrieben hatte, einen Torpedo zu verschwenden. Auch ohne Kettners Hinweis war in unserer Röhre deutlich zu hören, wie draußen die Schotten von zwei Schiffen brachen.

'Wir haben sie !' ließ sich Zentralemaat Walter vernehmen. Auch aus dem Bugraum war Jubel zu hören, der aber schnell wieder abebbte. Ich ließ weiter den Kurs fahren, um am Geleit zu bleiben, für den Fall, daß der BdU forderte, wir sollten die Fühlung halten.

'Rohr 2 nachgeladen, Herr Oberleutnant !'

Draußen geisterten die Scheinwerferkegel umher. Die Sicherungsschiffe waren immer noch untätig. Also suchte ich mir ein lohnendes Ziel hinaus.

"Achtung bei Rohr 2 !"
'Rohr 2 fertig !'

http://up.picr.de/31075328pt.jpg

"Entfernung 990 Meter, Zielgeschwindigkeit 4 Knoten. Lage: 84."
'Eingestellt !'
"Rohr 2... los !"
'Rohr 2 abgefeuert !'

Damit waren wir hier fertig ! Ich beschloß, mich vom Geleit zu lösen und den Rückmarsch anzutreten. Ich nickte Kern zu.

"Kurs 145, beide Maschinen 50 Umdrehungen, auf 17 Meter gehen."
'Schleichfahrt, 17 Meter, Herr Oberleutnant !'

Ungestört liefen wir ab, die Sicherungsschiffe hinter uns lassend. Der Funkspruch vom BdU, der uns aufforderte, Fühlungshalter zu spielen erreichte uns erst 4 Stunden nachdem wir uns vom Geleit gelöst hatten, und wurde daher von mir ignoriert. Durch den feindlichen Funkverkehr hatten wir die torpedierten Schiffe identifizieren können. Es waren die SS Coolana, ein Frachter mit 2559 BRT und die SS Umtata, ebenfalls ein Frachter, aber mit 10.412 BRT. In jedem Fall eine erfolgreiche Fahrt !

Mit zwei Versenkungswimpeln am Boot liefen wir am Nachmittag des 31. August wieder in Kiel ein, wo wir bereits erwartet wurden. Am Anleger warteten bereits eine kleine Militärkapelle, ein Menschenauflauf sowie natürlich die obligatorischen Offiziere. Ich erkannte Bernd Tebben und Kapitänleutnant Kölmel unter den Anwesenden, ebenso Korvettenkapitän Schulte. Korvettenkapitän Eckermann, der Flottillenkommandeur, kam an Bord und wechselte einige Worte mit den Offizieren. Hammann und Kern zeichnete er mit dem EK II aus, Hupperich und Kühne bekamen das EK I.

'Gute Arbeit, Oberleutnant, ich gratuliere !'
"Danke, Herr Korvettenkapitän."

Wir schüttelten uns die Hände und wechselten noch ein paar belanglose Kleinigkeiten, während einige Wochenschaumänner und andere Pressefritzen ihre Aufnahmen machten. Danach war Ausgang für mich und die Mannschaft angesagt, nachdem wir das Boot übergeben hatten. Kern, Hupperich, Hammann und ich kehrten im Kasino ein, wo wir auf die erfolgreiche Feindfahrt anstießen. Wir rückten ein paar Tische zusammen, um noch Platz für Bernd, Oberleutnant Börner und Tebbens Wachoffiziere, Leutnant Karaski und Leutnant Heneka zu machen.

'Sieht so aus, als wirst du dir noch als erster Kommandant nur auf dem Einbaum das Ritterkreuz verdienen...' meinte Bernd zwischen zwei Bier. 'Nicht, daß da was gegen einzuwenden wäre, aber die meisten Einbäume sind inzwischen Schulboote, vielleicht will Oberleutnant Bauer seins ja auch langsam wieder... Hast du das Oberkommando mal nach einem größeren Boot gefragt ?' "Die haben gesagt 'Kein Kommentar', mehr nicht." 'Du bist schon eine arme Sau, Paul...' "Manchmal schon, aber man muß nehmen, was man kriegt." 'Auch wieder wahr. Also, auf die Behördenhengste beim OKM !' "Mögen sie langsam einer nach dem anderen an ihren Papieren ersticken, merkt ja doch keiner !" 'Amen !'

Azrael
28.11.17, 11:04
Ich denke in naher Zukunft werdet ihr ein größeres Boot bekommen, man wird euch ja nicht ewig mit dem Einbaum rumtuckern lassen :D

DerGraf
28.11.17, 11:06
Ich hoffe das ! 1941 wollte ich nicht mehr mit dem Winzkahn rumtuckern !

Hohenlohe
28.11.17, 13:14
Werter Graf, wir gratulieren euch zur erfolgreichen Feindfahrt mit eurem Einbaum. Hoffentlich bekommt ihr bald ein neues Boot, ein VII...:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *Gute Jagd!!*

DerGraf
29.11.17, 20:43
Es wird auf jeden Fall noch genug Anlaß zum Feiern und Fluchen geben, soviel sei hier schon einmal verraten !

DerGraf
26.12.17, 03:12
Kiel, 9. September 1940

Zwei Wochen an Land waren uns bis zum nächsten Einsatz verblieben. Ich ließ durchblicken, daß ich mit der Leistung der Neulinge sehr zufrieden war, aber da wir uns davon nichts kaufen konnten, setzte ich einige zusätzliche Übungseinheiten auf den Dienstplan. Ausgang war wieder mal nicht gewährt worden. Latrinenparolen machten die Runde. Gerüchteweise sollte die Flottille bald nach Frankreich verlegen. Auf Wein, Weib und französische Küche freuten sich die meisten bereits, aber wer wußte schon, wie lange die Bürokratie brauchen würde ? Bis es soweit war, saßen wir also weiterhin in Kiel, immerhin war das von den Annehmlichkeiten, wenn auch schon nicht von der Lage her, deutlich besser als 'Schlicktown'. Am 11. September sollte es also wieder nach draußen gehen. Abends natürlich, nicht, daß eine Feindfahrt sich negativ auf den Dienstbetrieb auswirkte ! Nun, was sollte man sagen ? Die Männer machten nach Dienstschluß die Stadt unsicher, wir Offiziere saßen im Casino und diskutierten verchiedenes. Die angeforderten Beurteilungen hatte ich mittlerweile fertig und auch bereits beim Flottillenkommandeur eingereicht. Nun hieß es warten, was davon wurde und wie sich die Dinge entwickelten. Ich wurde allmählich ungeduldig. Fast alle Einbäume waren inzwischen zu den Ausbildungseinheiten gekommen, aber auf die Idee, mir U-120 abzunehmen war immer noch keiner gekommen, obwohl wir mit U-120 und dem alten U-13 inzwischen etwas über 80.000 Tonnen versenkt hatten und, wenn dieses Glück in dieser Form anhalten sollte, noch vor dem Jahreswechsel die 100.000 Tonnen erreichen würden. Immerhin brachte mich das in eine Position unter den Erfolgreicheren Kommandanten, besonders, wenn man das Boot berücksichtigte... Nun, ich wollte mir darauf nicht zu viel einbilden. Natürlich war das Ritterkreuz eine hohe Auszeichnung, aber ich betrachtete Auszeichnungen nicht als Selbstzweck und ich hielt nichts davon, mir vorzurechnen, wie lange es wohl noch dauern würde, bis ich diesen oder jenen Orden erhalten würde oder auf bestimmte Auszeichnungen zu schielen.

Ich wandte mich wieder meinem Feierabendbier zu. Nein, mich trieben andere Dinge um. Ein Jahr waren wir jetzt schon im Krieg und keiner konnte sagen, wann wieder Frieden sein würde. Würde es wieder 4 Jahre dauern, oder würden wir auch England in einem Blitzkrieg niederwerfen, wie wir es bislang mit jedem Gegner getan hatten ? Vor einigen Tagen hatte die Luftwaffe die ersten Bombenangriffe auf London geflogen. Man hörte von Truppenbereitstellungen in der Normandie, die Luftwaffe müsste die Briten nur noch weichklopfen, dann würde die Wehrmacht rübermachen und noch vor Weihnachten wären wir auf der britischen Insel. Ich wußte nicht, was ich davon halten sollte... Immerhin war der Ärmelkanal immer noch mehr oder weniger Sperrgebiet und mit Minen geradezu verseucht. Vater hatte hervorgehoben, welchen Ärger er teilweise früher im Kanal gehabt hatte und auch ich wollte mir nicht vorstellen, wie es sein würde, mit Landungs- oder anderen Booten überzusetzen. Selbst ohne die Royal Navy wäre das wohl ein Wagnis. Aber die Sailors auch noch niederzukämpfen ? Ich hatte irgendwie meine Zweifel, daß das in 3 Monaten sauber zu schaffen war, besonders, wenn man die Blockade aufrechterhalten wollte. Auf Obermeiers Luftwaffe wollte ich nicht allzu stark setzen. Zu viele im Kasino erinnerten sich an Dünkirchen.

Nun, wir würden sehen ! Ich zahlte, verabschiedete mich von meinen Tischnachbarn und machte mich auf den Heimweg. Der Auslauftermin lag nahe und die Vorbereitungen und Aufgaben erledigten sich immer noch nicht von allein.

Kiel, 9. September 1940 - Dienstwohnung

Paul von Eskens-Kalpenbach d.Ä. stand am Fenster des kleinen Salons und sah hinaus auf die Stadt. Er zog an seiner Pfeife und langte nach dem Glas Kognak, das auf dem kleinen Beistelltisch stand. Seelöwe zog sich und man hörte immer weniger von der geplanten Landung. Er fragte sich, ob das Unternehmen wie geplant stattfinden würde oder ob man sie einfach langsam totschwieg. Die Luftwaffe kämpfte, sicher, aber von der Landung an sich sprach man nur noch selten. Dieses Jahr würde es wohl nichts mehr werden, schätzte er. Wenn überhaupt. Ein kleiner zbV einer Unterseebootsflottille war natürlich normalerweise nicht so weit informiert wie er es war, aber von seinem Standpunkt aus, war Seelöwe eine kritische Operation. Norwegen war letztendlich ein Erfolg gewesen, sicher, aber vereinfachend gesprochen hatte die Kriegsmarine gehörige Prügel bezogen und hatte die Verluste noch lange nicht wieder ausgeglichen. So wurde es in der Öffentlichkeit nicht dargestellt, aber wenn man die Verluste überblickte und die Royal Navy grob einschätzte... Konnte einem schon anders werden. Seit dem Abbruch des Z-Plans lag der Schwerpunkt der Kriegsmarine ja auf kleinen Einheiten und Unterseebooten... Die wenigen großen Einheiten würden die Home Fleet nicht schlagen können, wenn man nicht mit allen Kräften vorher schon zuschlug.

Wir suchen die Entscheidungsschlacht in der Nordsee. Stellen sie es sich vor... Die gesamte Hochseeflotte läuft gen England, alle Stationen und jedes verfügbare Schiff. Die Royal Navy wird den Verband natürlich stellen wollen...

Korvettenkapitän von Rahden war seit 21 Jahren tot, Paul wußte das, er hatte damals zum Begräbniskommando gehört, aber in diesem Moment konnte er die Stimme seines ehemaligen Vorgesetzten förmlich hören und einen Augenblick lang glaubte er, wenn er sich jetzt umdrehte, würde dieser drüben in einem der Sessel sitzen, ein Bein locker über das andere geschlagen, eine seiner parfümierten türkischen Zigaretten in der Hand, ein Glas Branntwein vor sich und ihn linkisch durch sein Monokel fixierend, wie er es früher oft getan hatte. Paul zwang sich zur Ruhe. Er war allein, niemand saß dort. Er widerstand dem Drang, sich zu vergewissern. Schlachten in der Nordsee und Bomben auf London... Aktiv vergessen hatte er das nie, aber er hatte solche und ähnliche Dinge verdrängt und abgeschoben und weitergemacht. Nach so langer Zeit kamen sie nun wieder zurück und suchten sich neue Kombattanten und neue Orte. Die alten Kämpfer von damals waren nicht mehr wichtig, der Jugend gehörte die Zukunft ! Alles was sie jetzt noch tun konnten, war zuzusehen, ihre Nebenrolle zu spielen und zuzusehen, wie die Generation, die sie geformt und erzogen hatten, sich entscheiden würde, genauso wie sie sich damals hatten entscheiden müssen.

Er trat vom Fenster weg und nahm das alte Photo neben dem Schreibtisch von der Wand. Junge und alte Männer blickten ihn an. Pflichtbewußt, ernst, abenteuerlustig. Keiner von ihnen hatte im Juli 1914 geahnt, was auf sie zukommen würde. Keiner von ihnen war im geringsten bereit gewesen oder hatte sich vorstellen können, was 'Weltkrieg' bedeutete. Seine Gedanken wanderten zurück zur Seeschlacht von Helgoland 1914 und zur Doggerbank 1915. Beide Gefechte hatten sie verloren, aber zu Land hatte es deutlich besser ausgesehen. Lüttich, Antwerpen, Lothringen, der Wettlauf zum Meer... Bis zur Marne waren sie von Sieg zu Sieg geeilt, hatten Angst gehabt, bis zum Sieg nicht mehr genug leisten zu können oder nicht mehr zum Einsatz zu kommen. Bis die Wende kam. Er hängte das Bild wieder auf und trank etwas Cognak. Damals hatten sie Frankreich nicht besiegt. Damals hatte es Polen noch nicht gegeben. Jetzt war es kein Zweifrontenkrieg, die Sowjetunion war neutral. Frankreich war besiegt. Nur England, die Freifranzosen und das Empire hielten noch aus. Heute war Italien kein Gegner. Die USA waren ebenfalls neutral, zumindest offiziell, aber würden sie nicht wieder den Isolationismus aufgeben ?

Fragen über Fragen. Damals hatten sie die Antworten auf diese Fragen ihrer damaligen Zeit nicht gehabt. Heute hatten sie sie auch nicht. Vor 22 Jahren, im September 1914, schien der Sieg zum Greifen nahe. An eine Wende hatte keiner geglaubt. Das wollte heute auch niemand. Die Soldaten wie die Zivilisten waren sieggewohnt und auch siegessicher. Diese hohe Siegesgewißheit hielt er für gefährlich. Norwegen hätte ein Dämpfer sein müssen, aber nun peilte man England an. Würde schon klappen, der deutsche Soldat wäre der beste der Welt, hieß es. Das stimmte auch. Nur hatte es 1914 auch schon gestimmt, und wohin hatte es sie gebracht ? Nein, der angedeutete Kurs gefiel ihm nicht !

Paul stellte das Glas ab, setzte sich in einen der Sessel und lehnte sich zurück, die Beine von sich streckend. Die vielen Gestalten der Photographien sahen ihn an. Er dachte an Friedrich Schreiber. Günther Schröder hatte ihm nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft vom letzten Einsatz des Bootes erzählt. Früher hatte er ein paar Mal darüber nachgedacht, was passiert wäre, wenn ein erfahrenerer Kommandant an jenem Tag das Boot befehligt hätte. Aber das tat er eigentlich nicht mehr, weshalb ihn diese Anwandlung verwunderte. Schreiber war ein hervorragender Kommandant gewesen, er hatte nur Pech gehabt. Nein, Paul hatte sich nichts vorzuwerfen. Minas Stimme unterbrach ihn. Sie saß im Sessel neben ihm und hatte seine Hand genommen, ohne, daß er es gemerkt hatte.

'Du siehst beunruhigt aus, Paul. Was beschäftigt dich ?'

Er zog an der Pfeife und blies die bläuliche Wolke an die Decke.

"Ich mußte an ein paar alte Geschichten denken... 1914. Wie es damals war. Und wie es heute ist."
'Dir ist bei dem Vergleich nicht wohl.'

Eine Feststellung, keine Frage. Mina war scharfsinnig und kannte Paul fast schon zu lange. Es gab wenig, was sie nicht über ihn wußte, und wenig, das er ihr aktiv verheimlichte. Sie hätte eine gute Kriminalerin abgegeben, pflegte er manchmal zu sagen.

"Nein. Ich erkenne Dinge wieder, die mir nicht gefallen. Nie gefallen haben. Erinnerst du dich an mein letztes Gespräch mit Korvettenkapitän von Rahden ?"
'Ja.'

Sie verzichtete darauf, zu fragen, da sie wußte, daß es schon von allein kommen würde. Von dem letzten Befehl, den er abgelehnt hatte, hatte Paul ihr erzählt und so baute er jetzt erneut seine Überlegungen auf, wenn auch um einige Dienstgeheimnisse ärmer. Während sie sich unterhielten, sah Paul herab auf seine und ihre Hand, die ihm welk, faltig und knochig vorkamen. Er fühlte sich alt. Ohnmächtig. Hilflos.

Er war müde.

Hohenlohe
26.12.17, 19:02
Werter DerGraf, wir bedanken uns für diese schöne Geschichte und hoffen auf mehr...:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
27.12.17, 18:11
Donnerstag, 19. September 1940 - Britische Ostküste

Seit 8 Tagen ruhige See und klares Wetter... Fliegerwetter eigentlich, aber von denen hatte sich noch keiner die Ehre gegeben, und wenn es nach mir ging, konnte es auch so bleiben ! In der Tat hatten wir seit dem Auslauftermin 7 1/2 Tage zugebracht, ohne eines einzigen Flugzeugs oder Schiffes ansichtig zu werden, also hatte ich nachdem wir das Zielgebiet vor Bergen patrouilliert hatten, Kurs auf die britische Insel nehmen lassen. Dort fand sich meistens etwas, wenn man sich von den Sicherungsfahrzeugen fernhielt. Kurz zuvor hatte die Seewache ein Feuerschiff gesichtet. weshalb ich beschlossen hatte, mir das aus dem Keller heraus anzusehen und daher in Sehrohrtiefe heranpirschte. In der Tat war recht bald ein weiterer dunkler Fleck neben dem Leuchtfeuer zu sehen.

http://up.picr.de/31352962wk.jpg

Also noch dichter heran ! An einem Feuerschiff herumzulungern war für beide Seiten riskant, natürlich, aber wenn sich eine solche Gelegenheit bot, wollte man sie immerhin nicht ungenutzt verstreichen lassen... Walter und Kühne wetteten bereits, ob es sich um ein feindliches oder ein neutrales Schiff handeln würde, wenn ich mit halbem Ohr richtig hinhörte, aber so genau wollte ich das auch gar nicht wissen.

"Denken Sie, unsere Flaute ist vorbei, Hammann ?" fragte ich.
'Ich hätte nichts dagegen, aber ich könnte auch damit leben, wenns nur ein Schwede ist, Herr Oberleutnant.'

Ja, die Schweden... Es kam immer wieder auf sie zurück, denn letztendlich waren sie die letzte verbliebene neutrale Kraft in der Nordsee. Amerikaner verirrten sich selten hierher, die Sowjets hatten mit den Engländern wenig zu schaffen und die Finnen waren nicht oft außerhalb der Ostsee unterwegs. Norwegen war besetzt, Polen war besetzt und aufgeteilt, wie es beinahe schon Tradition hatte, Dänemark war auch besetzt, ebenso Belgien, Holland und Frankreich. Iren hätte man eventuell noch zählen können, aber auch die kamen nicht oft auf diese Seite ihres großen Nachbarn. Also nickte ich nur, während wir weiter Stück um Stück näher heran gingen. Das Flaggentuch war schnell erkannt, es war rot. Es gab nicht viele rote Flaggen, die wir nicht angreifen durften, aller Wahrscheinlichkeit nach also der 'Red Ensign' der britischen Merchant Fleet. Die Torpedowache hatte den Bugraum schon aufgeklart und gefechtsbereit gemacht. Die Torpedofreiwache war ebenfalls bereits vorn. Je unwahrscheinlicher Entwarnung wurde, desto angespannter wurden die Männer, die endlich ihren Erfolg wollten.

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'Schüttgutfrachter, Herr Oberleutnant !' meldete Hammann nach einem Prüfblick durch das Sehrohr und einer schnellen Suche im Schiffsregister. 'Etwa 2000 Tonnen.'

Ich schätzte das Schiff eher auf 2.300, aber das blieb sich letztenendes gleich. Das Schiff war feindlich und durfte bekämpft werden, also würden wir genau das tun.

"Klar bei Rohr 1 !"
'Rohr 1 klar !'

Ich gab die weiteren Daten durch und wartete die Bestätigung ab, die prompt kam. Nach dem Öffnen der Mündungsklappen war alles bereit und die Torpedowaffe wartete auf den Befehl.

"Rohr 1 los !"
'Rohr 1 abgefeuert !'

Der Torpedo schoß dem Frachter entgegen. 62 Sekunden Laufzeit gaben den Briten nicht viel Zeit zum Reagieren. Nicht genug, um die Maschinen zu starten und auszuweichen. Ein sicherer Treffer wollte ich annehmen.

'TORPEDOTREFFER !'

http://up.picr.de/31353216jv.jpg

In die Explosion mischte sich das Geräusch brechender Schotten und in die Eingeweide des Schiffes dringenden Wassers. Während drüben Menschen über Bord sprangen oder in die Boote gingen, war jeden von uns klar, daß das Schiff erledigt war und wir die Gastfreundschaft dieses Ortes bereits überstrapaziert hatten. Der Weg die Küste herunter war noch weit, gerade mit noch 4 Torpedos im Boot. Die Torpedowache war bereits damit beschäftigt, das Torpedorohr nachzuladen, während ich noch unsere Versenkung ins KTB eintrug. Schüttgutfrachter SS Rolfsborg mit 2.372 BRT und einer Ladung Kohle vor dem Firth of Forth versenkt. Etwa zwei Dutzend Überlebende beobachtet.

"Kurs 135, 15 Meter. 1/3 Fahrt voraus !" wies ich LI und Rudergänger an.

Azrael
27.12.17, 18:34
Kleinvieh macht auch Mist :)

DerGraf
27.12.17, 22:37
Gnaaah, zu früh auf senden gedrückt, wir wollten ursprünglich nur eine Vorschau, nun, sei es wie es sei !

Sonnabend, 21. September 1940 - Englische Ostküste

U-120 hatte die nächsten beiden Tage damit verbracht, vor der Küste auf und ab zu kreuzen, aber ein weiterer Erfolg wollte sich nicht einstellen. Zwei Stunden lang hatte uns ein bewaffneter Trawler bedrängt, aber die Wasserbomben waren weitab gefallen und wir waren den Störenfried schnell wieder losgeworden. Die Seetüchtigkeit des Bootes war in keiner Form beeinträchtigt worden. Wieder einmal Glück für uns ! Allerdings neigte sich der Dieselvorrat schnell dem Ende zu und so waren wir technisch gesehen am Ende unserer Feindfahrt, da wir wohl spätestens am 22. den Rückmarsch antreten mußten.

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'Rauchsäulen am Horizont, Herr Oberleutnant !'

Ich enterte auf die Brücke und konnte der Seewache nur Recht geben... Mindestens vier Schiffe, ein kleiner Geleitzug, der auch noch grob in unsere Richtung hielt.

"Kurs 92, volle Fahrt zurück !"

Ich wollte sie von der Seite packen und auch nicht riskieren, blind in die Mahalla hineinzulaufen und einen Bewacher zu übersehen. Sollten sie doch kommen und sich aufreihen... Ich rief in die Zentrale herunter.

"Sichtmeldung an BdU, Geleitzug in AN 58 gesichtet. Generalkurs 309°, 11 Knoten Marschfahrt. Greifen an."

Der Spruch pflanzte sich fort und unten gab Hupperich Alarm und machte das Boot gefechtsbereit. Ein Geleit war Risiko und Chance zugleich, je nachdem, ob man noch Spielraum hatte, oder das Blatt schon überreizt war. Die Seewache machte noch einen Dampfer aus und ich ließ noch drei Minuten verstreichen, bevor ich den Befehl zum Einsteigen gab und kurz darauf Sehrohrtiefe und Stopp aller Maschinen anordnete. Das Boot war in Position, jetzt mußten wir nur noch warten.

'Schnelle Schraubengeräusche, kommen näher !'
"Auf 20 Meter gehen !"

Das war der Bewacher ! Wenn wir uns von ihm überlaufen ließen, hatten wir erst einmal die Masse des Geleits vor uns und in seinem Rücken würde er uns erst suchen, wenn die ersten Detonationen kamen. Alle hielten die Luft an, als der Zerstörer über das Boot lief. Wenn er jetzt Wasserbomben warf, waren wir alle erledigt, aber nichts dergleichen geschah. Während das Boot langsam wieder auf Sehrohrtiefe stieg, pickte Herrmann weitere Kontakte auf. Einen weiteren Bewacher und 10 Dampfer, die sich über uns im Wasser bewegten...

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"Große Fahrt zurück ! Hupperich, sie übernehmen den Torpedoraum. Die Aale müssen sitzen !"
'Zu Befehl, Herr Oberleutnant !'

An der Oberfläche waren tatsächlich bereits Lichtkegel dabei, über die Oberfläche zu wandern... Kein gutes Zeichen, aber ich wollte nicht weg, ohne ein paar lohnende Ziele angegriffen zu haben. Zwei weitere Ziele wurden vom Hydrophon erkannt. Zwölf Dampfer und zwei Bewacher war eine ernstzunehmende Hausnummer...

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Das Sehrohr zog ich vorsichtshalber ein. Der Seegang ließ das Boot stark stampfen und es war schwer, die Übersicht zu behalten, während das Periskop wild schwankte.

'Wasserbomben, Herr Oberleutnant !'

Tatsächlich, ich hörte es auch. Weitab zwar, aber trotzdem hörbar. Entweder vermuteten die Briten uns also weiter voraus, oder sie beharkten ein anderes Boot... Die Sichtmeldung war etwa 35 Minuten her, also hätte da schon jemand in der Nähe sein müssen, so kurz waren Anmarschwege meist nicht. Ich kratzte mich am Kopf und zuckte mit den Schultern. Half ja nichts ! Kurz darauf durchbrach das Sehrohr wieder die Oberfläche. Nach einer weiteren Lage Wasserbomben, die näher dran lag, pingte das gegnerische ASDIC durch das Wasser und erfaßte uns recht schnell...

'Feind hat uns in der Ortung !' warnte Herrmann. Ich nickte, als Zeichen, daß ich verstanden hatte. Etwas zeit blieb uns aber, wenn die Lords oben sich nicht über den Haufen karren wollten... Also kam der Spargel wieder nach oben. Dort tummelten sich eine Menge Schiffe in dem, was wie ein großes Durcheinander aussah.

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http://up.picr.de/31353962zh.jpg
http://up.picr.de/31353963so.jpg
http://up.picr.de/31353965rk.jpg

Alles gute und legitime Ziele, aber ich wollte etwas größeres. ich wußte, daß mindestens ein Großfrachter hier unterwegs war, und den wollte ich zumindest finden, bevor ich abschätzte, ob ich doch auf die kleinen schießen sollte...

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Der Zerstörer auf 650 Meter war ein Risiko, aber ich war bereit, unser Glück auszureizen und befahl Hupperich, einen Torpedo abzufeuern. Dieser gab die Werte durch, ließ sich alles vom Torpedomaat bestätigen und Augenblicke später war der erste Torpedo unterwegs zu seinem mehr oder weniger nichtsahnenden Ziel... Ob wir treffen würden ? ich schätzte die Chance als mittelmäßig ein, wenn der zerstörer zufällig zackte, würde der Torpedo ihn wohl nicht mehr erreichen... ich schwenkte das Sehrohr weiter.

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Der Großfrachter war so nahe, daß ich sogar mit ein wenig Mühe den Namen des Schiffes lesen konnte... SS Prince William. Hamann schlug nach und fand den Prinzen schnell. 7.631 BRT waren kein Pappenstiel und daher ließ ich beide verbleibenden Rohre auf den Frachter abfeuern. Rohr 1 benötigte noch 12 Minuten. Minuten von denen ich nicht sicher war, daß wir sie hatten...

"Kurs 33, kleine Fahrt voraus !"

Die Masse an Schiffen sollte die Ortung deutlich erschweren, außerdem spekulierte ich darauf, daß die Briten an dieser Seite etwas emsiger suchten als drüben... Hinter uns detonierten Wasserbomben, in die sich die beiden Trefferdetonationen mischten, aber der Prinz wollte nicht unter Wasser ! Auf 700 Meter feuerte ich schließlich auch noch Rohr 1 ab und zog das Sehrohr sofort wieder ein.

"Kurs 89, kleine Fahrt beibehalten !"

Um 23:25 Uhr schlug der dritte Torpedo ein und beendete den Todeskampf des Schiffes. U-120 konnte sich vom Geleit absetzen und hielt stur Kurs Ost, Wasserbomben und das verwirrte Geleit hinter sich lassend. Nochmal gutgegangen ! Das hätte auch anders ausgehen können ! Tatsächlich schafften wir es mit dem letzten Rest Sprit zurück und liefen am 24. September um 16 Uhr wieder in den Hafen von Kiel ein, wo wir bereits wie gewohnt empfangen wurden. Ein Berichterstatter stellte einige unbedeutende Fragen, mit denen ich mich nicht länger als nötig auseinandersetzen wollte, danach verschwand ich recht schnell im Stützpunkt.

Azrael
28.12.17, 00:21
Wie tief war denn die Nordsee dort? Englische Ostküste, da kann es ja schon flacher sein :/

DerGraf
28.12.17, 01:20
Im Kasino verhielt ich mich ruhig. Einige wollten mir vorrechnen, daß das Ritterkreuz in diesem Jahr eigentlich beschlossene Sache war, wenn man die bisherige Durchschnittstonnage ansah und dazuzählte, daß in diesem Jahr noch gut und gerne zwei Feindfahrten möglich waren, konservativ geschätzt, natürlich. Davon wollte ich nichts hören. Etwas derartig zu beschreien brachte Unglück und das konnte einem schnell einen Strich durch die Rechnung machen. Also sehen, was drin war und das beste draus machen. Vor allem, weil es meine letzte Fahrt mit den Wachoffizieren sein würde. Zwar hatte das bereits vorher festgestanden, aber jetzt hatte ich die Papiere bekommen, was es gewissermaßen amtlich machte. ich wußte, daß die beiden klarkommen würden, aber ich mochte die Aussicht nicht, mit etwas Pech zwei völlig unerfahrene Offiziere mühsam einarbeiten zu müssen. Sicher, erfahrene Kommandanten waren gesuchte Ausbilder, aber ein paar Leute mit einem Modikum an Erfahrung zu bekommen wäre ja auch schon ganz nett gewesen... Gut, egal, was ich darüber dachte, es würde nichts ändern, also bereitete ich alles für die nächste Fahrt vor und scheuchte die mißliebigen Gedanken beiseite !

Sonntag der 6. Oktober 1940 war der festgelegte Auslauftermin. Wir sollten das Planquadrat AM 87, also die Südwestspitze Irlands, patrouillieren und danach wieder zum Hafen zurückkehren. Also wieder äußerst sparsam kalkuliert vom BdU... Keiner von uns wußte zu diesem Zeitpunkt, daß es die bisher mit Abstand längste Feindfahrt werden sollte und als wir eine kleine Wolke aus Markstücken in der Nordsee verschwinden ließen, waren wir alle noch frohen Mutes. Einige Blumen hingen noch immer im und am Boot und die Menge im Hafen war besonders groß gewesen, fast so als ob man meinte, wir würden eine besonders erfolgreiche Fahrt unternehmen. Nun, diese Schafsköpfe mußten es ja nicht ausbaden, aber ich ließ ihnen ihren Spaß.

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Trotz der Dunkelheit trug uns das Boot sicher unserem Ziel entgegen. Ich stand auf der Brücke und unterhielt mich mit Hamann über seine neue Verwendung.

'U-120 ist ein gutes Boot, ich hätte gerne hier als IWO übernommen, aber seien wir mal ehrlich, es ist auch nicht schlecht, mal von den kleinen Eimern wegzukommen.' feixte er. 'Je nachdem, wie lange der Krieg noch dauert, bin ich schon froh, auch ein moderneres Boot mal aus der Nähe gesehen zu haben. Vielleicht wird ihnen das Glück ja auch zuteil, Herr Oberleutnant.'

"Schauen wir mal, Herr Hammann..." gab ich zurück. "zunächst bringen wir erstmal diese Fahrt hinter uns, danach können wir immer noch sehen, wie es dann weitergeht. Es könnte immerhin noch gut sein, daß wir alle noch vor Ende der Fahrt baden gehen. Ich hoffe es nicht, schon um Oberleutnant Bauers Willen, aber die Möglichkeit steht zumindest im Raum."

'Stimmt wohl. Aber ich denke lieber in abgesteckten Zeiträumen, damit ich etwas habe, worauf ich hinarbeiten kann. Wenn alles klappt, habe ich im Mai 1941 mein eigenes Boot. Das ist doch ein Wort, oder nicht ? Klar, Hupperich hat es besser, der kriegt vermutlich eins zum neuen Jahr, plusminus Baubelehrung... Aber mir reicht Mai auch völlig aus.'

"Hoffen wir das Beste und tun wir das Möglichste."

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14. Oktober 1940. Die See war immer noch glatt, die Luft klar. Seit 8 Tagen waren wir unterwegs und hatten gestern die Orkneys passiert. Es lag noch ein gutes Stück des Weges vor uns, aber bislang waren wir von Erfolg wie Ärger gleichermaßen verschont geblieben. Nun, da das Operationsgebiet langsam in Sicht kam, wuchs die Spannung an Bord. Wie würde es uns auf dieser Fahrt ergehen ? Ich saß mit Kern und Kühne beim Frühstück, als die Seewache Alarm gab.

'Schiff gesichtet in 356 ! Große Entfernung !'

Als ich auf die Brücke gekommen war, waren es schon zwei Schiffe geworden, die dort in Richtung britische Insel wollten.

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"Kurs 90, volle Kraft voraus !"
'Liegt an, Herr Oberleutnant !'

Die Jagd begann. Mit zwei Schiffen zusammenzutreffen war nicht unflott, besonders derart früh ! Also machten wir uns an die Verfolgung und holten auch Schritt für Schritt auf. Nach einer Stunde hatten wir uns soweit genähert, daß an einen Angriff zu denken war. Gesichtet hatte man uns anscheinend immer noch nicht, aber ich hatte schon vor 15 Minuten auf Sehrohrtiefe gehen lassen. Sicher war sicher ! Durch das Sehrohr beobachtete ich, wen wir da jetzt eigentlich genau hetzten...

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"Großfrachter, vermutlich um die 11.000 Tonnen. Entfernung 2900 Meter. 3 Knoten, Lage: 99."
'Eingestellt !'
"Achtung bei Torpedowaffe !"
'Torpedowaffe ist klar !'
"Rohr 1 und 2... los !"
'Rohr 1 und 2 abgefeuert !'

Ich schwenkte das Periskop weiter auf den Begleiter des Frachters. Ein gewöhnlicher Trampdampfer wie es schien. Deutlich kleiner und wendiger als sein Begleiter, aber ebenso ahnungslos !

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"Rohr 3, fertig zum Einzelschuß. Entfernung 2600 Meter, 4 Knoten, Lage 158."
'Steht !'
"Rohr 3... los !"
'Klappe für Rohr 3 ist gefallen !'

Damit waren die drei Torpedos unterwegs und wir konnten nur warten und beobachten. Und das tat ich auch, während sich die wachfreien Männer wieder einmal in der Nähe der Kugelschotts sammelten, um auch etwas von dem mitzubekommen, was hier geschah. Drei Minuten später konnten wir alle die beiden vertrauten dumpfen Schläge hören, die entstanden, wenn Torpedos sich in ein Schiff bohrten. Bald darauf hörte man die sicheren Zeichen des Todeskampfes des Giganten.

'Wir haben ihn !' Das war Walter gewesen. Auch Wittenberg und Hammann glaubte ich durch den Jubel hören zu können, den ich mit einer schnellen Handbewegung abschnitt, weil Hermann am Hydrophon sonst nichts hören konnte.

'Zeit um für dritten Torpedo, Herr Oberleutnant !' meinte Hupperich trocken. Aus der Funkbude meldete sich Kettner. 'Schiff funkt. SS Glenroy, 11.953 Tonnen.'

Ein dicker Brocken ! Das Schiff lag gestoppt und sank langsam. Trotzdem sah ich, wie die Mannschaft wie von Furien gehetzt in die Boote ging. Drei Dutzend Männer in sechs Booten mochten es sein, die beachtlich schnell losfierten und wie die Teufel vom Schiff wegruderten.

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"Lassen sie auftauchen, Herr Kern ! 1/3 Fahrt voraus !"

Rohr 2 war bald wieder geladen, aber ich wollte dem Schiff, so möglich, nicht noch einen Torpedo hinterherwerfen, also ließ ich Wittenberg die Flak besetzen. Munition war genug an Bord und gebraucht hatten wir sie bis jetzt auch noch nicht ! Um 9:24 Uhr, 20 Minuten nach der Versenkung der Glenroy, eröffnete Wittenberg das Feuer.

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8 Minuten lang feuerte der Bootsmann Munitionsrahmen und Munitionsrahmen in den Frachter, wobei er je nach Wellengang auf Wasserlinie oder Aufbauten schoß. bald brach Feuer auf dem Schiff aus, doch das beirrte ihn nicht. Als schließlich eine große Explosion über dem Schiff aufpilzte, stellte er das Feuer endlich ein und wischte sich mit einem Tuch den Schweiß unter dem Helmrand fort.

'Der hat genug, Herr Oberleutnant !'

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U-120 setzte also seinen Weg fort. gegen 16 Uhr besprach ich mich mit Kern und Kühne. Die Treibstoffreserven waren etwas über Hälfte abgefahren. Ich entschloss mich, die Patrouille abzubrechen und in Richtung Kiel zurückzulaufen. Vielleicht begegnete uns ja unterwegs noch der eine oder andere Engländer ? In der Tat sollte das nicht lange dauern, wenn auch nicht so, wie es uns lieb war ! Um 9 Uhr am 15. Oktober 1940 sichtete die Seewache Mastspitzen am Horizont, aus denen recht schnell ein ausgewachsener Geleitzug wurde ! ich war nicht sicher, ob ich mit 2 Torpedos einen derart großen Geleitzug angreifen sollte. Hermann kam zwischendurch auf etwa zwei Dutzend Schiffe, die da ihres Weges zogen. Auf 19 Meter und Schleichfahrt, wollte ich demnoch wagen, etwas näher heranzugehen, um eine anständige Kontaktmeldung absetzen zu können und eventuell in eine gute Schußposition kommen zu können...

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Aber wir hatten Pech: Um 9 Uhr 30 hatte einer der Zerstörer uns ausgemacht. Die erste Salve Wasserbomben schüttelte das Boot nur ordentlich durch, aber die zweite saß ! Glas splitterte, im Heck platzten Leitungen und Bolzen flogen durch die Luft. Fauchend zischte Wasser ins Boot. Kern gab einige kurze Anweisungen an die Zentralebesatzung. Er wirkte beunruhigt. Die Rückmeldungen schienen ihm etwas der Anspannung wieder zu nehmen, während von hinten bereits Meldungen eintrafen.

'Wassereinbruch im Heckraum !' 'Backbord-E-Maschine unklar !' Kompressor unklar !' 'Wassereinbruch im E-Raum !'

Kern turnte nach hinten um die Reparaturen zu überwachen, aber ich konnte mir langsam ein Bild machen. Die Tiefenruder funktionierten noch, das hatte Kern schnell überprüft. Was mit Hermann allerdings daraufhin bedeutete, war ein Problem... Die Schrauben schienen beschädigt zu sein. Das Boot verlor nicht nur Geschwindigkeit, es machte auch noch Lärm, den wir jetzt nicht gebrauchen konnten. Ich ließ das Boot stoppen. Vielleicht verschaffte uns das eine Atempause ? Die Reparaturen waren schnell durchgeführt. Nur die Backbordschraube machte Kern Sorgen. Sie schien zerstört zu sein, zumindest kam er nicht heran, um sie mit Bordmitteln zu reparieren, das ging nur in der Werft.

"Schleichfahrt, Kurs 180."

Während die nächste Lage Wasserbomben ins Meer klatschte, beschloß ich, zu verschwinden, solange das noch ging. Das Geleit war gemeldet und wir mußten sehen, daß wir den Zerstörer oben los wurden... Doch schon erfaßte eine neue Detonationswelle das Boot.

Ein feiner Nieselregen ging auf uns herab als mehrere Leitungen brachen und ihr Inhalt sich auf dem Boden der Zentrale sammelte. 'Hauptlenzpumpe unklar !' fluchte Walter und machte sich am Boden zu schaffen, um Zugang zur Pumpe zu erhalten. Auch im Funkschapp brach rege Betriebsamkeit aus. Hydrophon und Funk hatten einiges abbekommen und auch im Bugraum drang Wasser in den Druckkörper. Auch diese Schäden waren nach wenigen Minuten behoben, aber der Zerstörer hatte uns noch immer in der Peilung. Um 9 Uhr 46 hatten wir den Zerstörerschirm durchbrochen und obwohl wir noch immer verfolgt wurden, ließ ich auf Sehrohrtiefe gehen, um unsere Aale loszuwerden.

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"2400 Meter, Lagewinkel 66, 7 Knoten."
'Eingestellt !'
"Rohr 1 und 2... los !"
'Abgefeuert !'

"Schleichfahrt, auf 40 Meter gehen. Kurs: 30 !"

Vier Stunden dauerte das Bombardement, aber weitere Schäden gab es nicht mehr. Erst am Morgen des 16.10. konnten wir wieder auftauchen. Die Schäden waren schnell behoben aber der Treibstoffmangel war ein ernstes Problem geworden. Kern war der Ansicht, wenn Kühnes Berechnungen stimmten, würde es gerade so reichen, aber es kam auf jede Seemeile an... Mit kleinster Fahrt tuckerten wir dahin, scharf nach jeder Art Feind ausspähend. Am 24.10. hatten wir die Orkneys erreicht und hörten von den erfolgreichen Unternehmen gegen die Kanada-Geleitzüge, die 'Ajax' Bleichrodt das Ritterkreuz und Prien und Schepke das Eichenlaub eingebracht hatten. Am 4.11. knackte Kretschmer die 200.000 Tonnen-Marke, während wir die letzten 10 % unseres Treibstoffes anbrachen und noch 35 Stunden von Kiel entfernt waren. Kern und Kühne hatten ja gesagt, daß es knapp werden würde, nicht ?

"186 Seemeilen bis Kiel... Meinen Sie, wir müssen schwimmen und schieben ?"
'So schlimm wird's nicht, aber die Tanks werden knochentrocken sein, vermutlich muß das letzte Stück allein mit der E-Maschine zurückgelegt werden.'

Kern sollte recht behalten. 2 Kilometer vor der Hafeneinfahrt versagte der Diesel schließlich den Dienst. Anscheinend hatte ich ihn überstrapaziert und die letzten Reserven herausgefahren. Schlußendlich hatte er den im Tank befindlichen Dieselschlamm gezogen und war jämmerlich verreckt. 'Sagte ich ja' schien Kerns Gesichtsausdruck zu sagen. Wir legten also den letzten Rest auf der E-Maschine zurück und liefen nach 32 Seetagen am 6. November um 8 Uhr 35 wieder in Kiel ein.

- - - - - - - - - - AUTOMATISCHE ZUSAMMENFÜHRUNG - - - - - - - - - -

Das ist unterschiedlich, werter Azrael. Es gibt Stellen mit 120 Meten oder mehr, aber manchmal merkt man auch etwas entsetzt, daß einen nur 15 oder gar 10 Meter vom Boden trennen !

Azrael
28.12.17, 01:56
Hehe, ich kann mich noch erinnern, wie ich manchmal in SH IV mit nur einem halben Knoten mich zum nächsten Hafen schleppte, weil ich mich mit dem Treibstoff total verschätzt hatte :D

DerGraf
28.12.17, 02:05
Das hatte ich einmal in AoD... Beide Schrauben im Eimer, tauchunklar und nur noch ein Diesel. Ich mußte mich von der Strömung durch den Kanal ziehen lassen. Ich frag mich heute noch, wie ich das damals geschafft hab.Aber ja, das mit dem Treibstoff muß man lernen, da hab ich am Anfang in SH III auch ordentlich Lehrgeld gezahlt XD

DerGraf
28.12.17, 14:48
Mittwoch, 6. November 1940 - Kieler Kriegshafen

32 Tage waren verglichen mit den meisten anderen Patrouillen davor (Norwegen zählte ich da nicht) die längste Reise bisher und entsprechend sahen wir auch aus. Da ich ohnehin Bartträger war, viel es nicht so stark ins Gewicht, aber die anderen Offiziere und Mannschaften wirkten mit der ganzen Wolle im Gesicht ungewohnt alt. Der Anleger war voller Menschen. Eine Militärkapelle, Marinehelferinnen und Lazarettschwestern, einige Soldaten und so weiter. Während ich salutierend im Turm stand, dirigierte Hupperich das Boot zum Liegeplatz. Ich erkannte einige Gesichter wieder, die sich in der Menge befanden, doch meine Aufmerksamkeit wurde schnell von einer Gruppe Offiziere angezogen, die am Anleger wartete. ich erkannte Leutnant Möller, den Marineberichter. Korvettenkapitän Eckermann, den Flotillenkommandeur... Hammann stieß mich unauffällig an.

'Ist das neben Eckermann Dönitz ?'

Ich sah etwas genauer hin und was ich sah, beunruhigte mich. Es handelte sich in der Tat um den BdU, Vizeadmiral Karl Dönitz. ich konnte mir denken, was das und die Anwesenheit von Möller und seinen Kollegen bedeutete...

"Ist er. Ruhig bleiben und immer schön das Protokoll einhalten."

Als das Boot an der Leine lag, kamen die hohen Herren bereits die Gangway hoch.

"Melde Herrn Admiral U-120 nach 32 Seetagen von Feindfahrt zurück. Zwei feindliche Schiffe mit 13.000 Tonnen versenkt, keine besonderen Vorkommnisse !"

Was genau Dönitz antwortete und worüber wir uns im Anschluß kurz unterhielten, konnte ich danach gar nicht mehr sagen. Immerhin hatte man nicht jeden Tag mit einem Admiral zu tun, der einem dazu noch mit Handschlag gratulierte und sich auch für die Familie zumindest etwas zu interessieren schien. Dönitz und mein Vater waren ja zur selben Zeit bei der Marine gewesen, was ebenfalls eine Rolle gespielt haben konnte ? Ich wußte es nicht. Jedenfalls hinterließ der Admiral bei mir einen liebenswerten und korrekten Eindruck. Nachdem er auch mit den anderen Offizieren noch einige Worte gewechselt hatte, kamen er zu seinem Hauptanliegen, für das Hupperich ihm assistieren sollte.

'Oberleutnant, mit den 13.900 Tonnen ihrer letzten Feindfahrt haben Sie auf sechs Feindfahrten insgesamt elf Handelsschiffe und ein Kriegsschiff mit insgesamt 104.182 Bruttoregistertonnen versenkt. Für diese Leistung hat der Führer Ihnen das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen, mit dem ich Sie heute auszeichnen darf.'

Sprachs und so geschah es. Mit Hupperichs Hilfe hatte ich so nun recht schnell meine neue Auszeichnung um den Hals hängen und salutierte.

'Führer, Volk und Vaterland sind stolz auf Sie, Oberleutnant !'

Während der Ordensverleihung und auch jetzt klickten die Kameras. Jemand hatte mir einen kleinen Blumenstrauß in die Hand gedrückt, wie ich jetzt erst merkte, mit dem ich wohl auf dem Bild recht passend zur landläufigen Vorstellung eines gefeierten Helden paßte. Nun, sei's drum. ich spielte mit, beantwortete einige belanglose Fragen zur Kriegslage und dem Ubootkrieg so unverbindlich wie ich konnte und schaffte es, mich nach einer Weile langsam aus dem Hafen herauszuwinden. Früher hatte ich immer gesagt, ich wäre gerne mal selbst im Fernsehen, aber so hatte ich mir das nicht vorgestellt !

An den Rest des Tages hatte ich dank der Ritterkreuzfeier im Kasino keinerlei Erinnerung mehr... Angeblich hatte ich dem Alkohol etwas mehr als sonst üblich zugesprochen und war dann gegen zwei Uhr einfach umgefallen. Jeder, der sich an mehr erinnerte, also so ziemlich jeder, malte Schauerszenarien, was ich alles gesagt oder getan haben sollte, und auch wenn viele mich verladen wollten, fiel es mir lange schwer, herauszufinden, was davon der Wahrheit entsprochen hatte und was nicht... Am nächsten Morgen sah ich dann auch so fertig aus, wie ich mich fühlte, aber das konnte ich offiziell wohl noch auf die lange Feindfahrt schieben. Jedenfalls bekam ich am nächsten Tag meine Order, die mich eine Weile beschäftigen sollten.

Neben dem obligatorischen Glückwunsch des Korvettenkapitäns fand sich der Schein für vier Wochen Sonderurlaub, dazu die Marschpapiere zur 7. Flottille in St. Nazaire, bei der ich mich am 8. Dezember zu melden hatte und der Befehl, das Kommando über U-94, ein VIIC Boot, zu übernehmen. Ich überschlug grob, was ich wußte... Es würde viel zu tun geben, denn wenn ich nichts übersah, hatte sich die Mannschaft unter meinem Kommando soeben verdoppelt, und diese Männer mußten in die Mannschaft eingepaßt werden, wobei diese Arbeit mir zufiel, da Hupperich und Hammann Kiel in den nächsten Tagen verlassen würden. Am Abend nach Dienstschluß verabschiedeten sich Hammann und Hupperich in einer großen Sause von Kiel. Hammann kam nach Schlicktown zur 2., Hupperich nach Danzig und danach... ? Wer dachte jetzt schon an danach ? Andere bekannte Gesichter waren ebenso da, etwa Kapitänleutnant Kölmel, Tebben, Vöhringer ebenso wie Oberleutnant (Ing.) Börner, die Oberleutnants Heneka und Karaski, Leutnant Müller, die beiden Oberleutnants Lurz und Pauly, Oberleutnant Vowe, der neue IWO des Kapitänleutnants, aber auch Oberleutnant Ernst Bauer, der sein Boot nach Danzig überführen wollte, sobald es repariert war, und zu guter Letzt Kapitänleutnant (Ing.) Kuhlmann, der so wirkte, als wäre er froh, mich endlich los zu sein...

Kern blieb eher für sich. Er mochte den Rummel nicht besonders und beneidete mich daher nicht um meine neue Blechkrawatte... Für ihn gab es wohl bald die Beförderung zum Kapitänleutnant, und dann folgte wahrscheinlich ein Landkommando. Einerseits wollte er wohl gerne auf den Booten bleiben, aber andererseits... war ein Landkommando eben doch sicherer. Trotzdem wäre er lieber auf See geblieben, gute Lis seien wichtig für die Boote, meinte er. ich war geneigt, ihm zuzustimmen, aber wußte ja noch nichts über die Ersatzleute, war also vorsichtig optimistisch.

Ich verabschiedete die drei mit Handschlag.

"Machen Sie es gut, meine Herren ! Viel Glück und Erfolg mit ihren neuen Dienstposten. Ich erwarte nur Gutes über sie zu hören. Lassen Sie sich mal blicken, wenn sie können."
'Jawohl Herr Oberleutnant ! Viel Glück mit dem neuen Boot !' 'Danke, Herr Oberleutnant, vielleicht sehen wir uns in Frankreich !' 'Wird sehen, was sich machen läßt, Herr Oberleutnant !'

Eine gefährliche Kombination aus Bier, Sekt und Schnaps ließ auch diesen Abend zunehmend verschwimmen. Am nächsten Tag saß ich mittags in dem Zug, der mich zunächst nach Hause und dann nach Danzig bringen würde...

Hohenlohe
28.12.17, 17:39
Meinen Glückwunsch zu dieser erfolgreichen, aber auch riskanten Feindfahrt sowie zum frisch erworbenen Lametta...:) Viel Glück mit dem neuen Boot in St. Nazaire...!! :ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

Azrael
28.12.17, 23:27
Glückwunsch zum neuen Boot!

DerGraf
12.01.18, 10:12
Vielen Dank, werte Regenten, wir werden sehen, wie es weitergeht !

Hohenlohe
12.01.18, 20:10
Wir wollen ja nicht drängeln, aber wir hoffen auf eine baldige Fortsetzung des AARs...:)

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
14.01.18, 18:58
Freitag, 22. Oktober 1940 - Danzig

Gerade hatte ich die beiden Eintrittskarten in der Hand und wollte holte meine Börse schon heraus, aber der Kassierer hinter der Scheibe winkte ab.

'Das geht schon so in Ordnung, Herr Oberleutnant.'

Das fand ich nicht, aber die lange Schlange hinter mir und Anna neben mir ließen längere Diskussionen meiner Meinung nicht wirklich zu oder auch nur statthaft erscheinen. Vielleicht hätte ich mir da schon denken können, was vor mir lag, aber das tat ich natürlich nicht. Also betraten wir das Gebäude und nahmen auf unseren Plätzen Platz. Im Vorübergehen glaubte ich, einige andere Besucher des Lichtspielhauses zu mir herübersehen zu sehen oder bildete mir ein, daß ein paar zwischendurch miteinander tuschelten. Das Verhalten der Angestellten erschien mir auch seltsam, normalerweise dürfte ein Marineoffizier mit Begleitung hier nicht besonders auffallen, immerhin war ja die Ausbildungsflottille ganz in der Nähe. Nun, so blieb mir nichts übrig, als der Dinge zu harren, die da kamen. Ursprünglich hatte ich vorgehabt, mit Anna entweder in die 'Geierwally' zu gehen oder 'Friedrich Schiller – Der Triumph eines Genies' zu sehen. Das hatte sich allerdings zerschlagen, als ich die Vorstellungen durchgesehen hatte. Da ich wußte, daß Anna (ähnlich wie meine Mutter und viele Frauen die ich kannte) eine große Verehrerin von Ferdinand Marian war, blieben nur zwei Filme übrig. 'Der Fuchs von Glenarvon' kannte sie allerdings bereits. Zwar wäre sie grundsätzlich bereit gewesen, ihn noch einmal anzusehen, da sie wußte, daß ich ihn noch nicht gesehen hatte, allerdings gab es ja noch den anderen Film.

Ich hatte bereits von 'Jud Süß' gehört. Der Film war in der Presse sehr positiv aufgenommen und beurteilt worden, nicht nur in Deutschland sondern wohl auch in Italien. Verschiedene Personen hatten mir überhin erzählt, wie eindrucksvoll und mitreißend der Film sei und daß es eigens Sondervorstellungen gebe, damit mehr Leute ihn sehen konnten. Obwohl die Premiere erst zweieinhalb Monate her war, war der Film bereits außerordentlich erfolgreich. Weitere Überlegungen wurden allerdings nicht nur von dem liebreizenden Geschöpf neben mir sondern auch von den sich langsam verdunkelnden Lichtern unterbrochen. Die ersten Töne leiteten die Wochenschau ein.


https://www.youtube.com/watch?v=A_QZQ33gQ0c

Einer der Berichte der Wochenschau ließ mich aufhorchen, da ich den Kieler Kriegshafen erkannte und nach einem kurzen Schwenk über Dönitz und einige Leute sah, wie ein Boot in den Brennpunkt der Kamera kam. Ich erkannte es schnell als Einbaum, und wußte schnell, was kommen würde. Die Angestellten des Kinos hatten diese Wochenschau ja schon zwei Tage lang gesehen, kein Wunder also ! Die Kamera, die über die Seite des Bootes fuhr und den Totenkopf am Turm zeigte, machte jeden weiteren Zweifel überflüssig. Die Tonspur verkündete dazu:

'Das Unterseeboot des Oberleutnants Graf von Eskens-Kalpenbach läuft ein. Er versenkte auf dieser Fahrt 13.900 Bruttoregistertonnen.'

Kurz darauf waren Dönitz, Hupperich und ich im Bild.

'Vizeadmiral Dönitz überreicht dem erfolgreichen Kommandanten das Ritterkreuz.'

Die Kamera verharrte noch eine Weile auf uns und vor allem auf mir mit dem dämlichen kleinen Sträußchen in der Hand, wie ich vor dem Vizeadmiral salutierte. ich fühlte mich angestarrt, von hinten, aber auch von der Seite, aber ich tat so, als bemerkte ich das nicht. Natürlich hatte ich dämlicher Hund das Ritterkreuz nicht umgehabt. Jetzt wußte Anna es jedenfalls, und ich hoffte, es würde kein allzu langer Abend werden, je nachdem, wie sie es aufgenommen hatte. ich rückte etwas näher an sie heran als die Lichter ganz ausgingen. Zumindest würde ich dann wenn ich in den nächsten Tagen ihren Eltern meine förmliche Aufwartung machte etwas zu erzählen haben !

Dann begann der Hauptfilm.

Hohenlohe
14.01.18, 20:27
Tja, die Wochenschau..., reinste Propaganda wie sie im Buche steht. Die Todesängste eines U-Bootfahrers vor explodierenden Wasserbomben werden nie angesprochen. Nur der Heldenmut der U-Bootleute, was ja so gesehen berechtigt ist. Uns würden keine zehn Pferde in so eine Blechdose reinbringen. Wir haben uns im Deutschen Museum mal ein Boot von innen angesehen und wollten sofort wieder raus.

Aber nun zum Film selbst. Dieser Film verbreitet Lügen ohne Ende und diente eigentlich zur Rechtfertigung des erfolgten Massenmordes und zu nichts anderem. Leider fielen die damaligen Bürger Deutschlands reihenweise darauf rein. Schliesslich war ja der "GRÖFAZ" für sie ein Held, der im WKI das EKI erworben hatte, wenn wir uns nicht sehr irren.
Wir wollen euch keinen Vorwurf machen, was eure Story beinhaltet, aber wir sind auf die Fortsetzung sehr gespannt...

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
15.01.18, 01:44
Wir finden diese Blechdosen höchst interessant, haben es aber tatsächlich noch nicht ein einziges Mal nach Laboe geschafft. Das einzige U-Boot, in dem wir je gewesen sind war ein Exemplar aus dem Kalten Krieg (HMS Ocelot), das wir während unserer Zeit in England im Chatham Dockyard besichtigt haben (auch wenn wir nicht viel gesehen haben, da wir a) erst kurz vor Schließzeit noch reingekommen sind und daher nur die kurze Tour bekommen haben und b) schnell zurückgefallen sind, weil wir es für schlau hielten zusätzlich zu unserer eigenen ergonomischen Tropfenform auch noch einen 65-Liter Rucksack mitzunehmen... Da wurden die Schotts sehr schnell sehr eng !). Als Ausgleich waren wir dafür auch noch auf dem Zerstörer HMS Cavalier, der 1944 in Dienst gestellt wurde und noch auf den arktischen Geleitzugrouten gefahren ist. Wir schweifen ab, aber können den geschichtsinteressierten Regenten einen Besuch in Chatham nur empfehlen.

Daß besagter Film ein niederträchtiges (wenn auch technisch nach damaligen Standards wohl gut gemachtes) Stück Haßpropaganda ist, braucht (so denken wir) nicht gesondert erwähnt zu werden und sollte allgemeiner Konsens sein.

In jedem Fall versuchen wir daran zu arbeiten, daß es jetzt wieder etwas regelmäßiger weitergeht !

Hjalfnar
15.01.18, 08:50
Sehr schönes atmosphärisches Kapitel. Wir wollen ja mal sehen, ob Wir es dieses Jahr nicht mal nach Laboe oder zumindest nach Hamburg auf das einzige Typ XXI schaffen. Im Übrigen halten Wir es für eine Riesenschande, dass SH niemals fortgesetzt wurde seit SH5. Wir hoffen noch auf die Macher von Atlantic Fleet und Cold Waters. Wir wollen endlich ein Typ XXI spielen können...

Azrael
15.01.18, 10:16
Tja, Ubisoft halt, wollen zu wenig Geld reinstecken, produzieren Mistspiele, kriegen das Echo und wollen es nicht mehr probieren.
So sind die großen Publisher...

Hjalfnar
15.01.18, 15:35
Naja, nach Rainbow Six Vegas 2 haben sie es auch nochmal gewagt. Cold Waters hat gezeigt, man kann ein erfolgreiches U-Boot-Spiel rausbringen. Mal sehen, wie gut UBOOT ankommt. Könnte sein, dass Ubisoft jetzt dann doch mal die Lizenz ausbuddelt.

Hohenlohe
15.01.18, 17:43
Wir haben zwar SHIII, aber wir sind oft genug ungeduldig gewesen und sind bei unseren diversen Spielen mehrfach gescheitert. Entweder wurden wir versenkt oder uns ging der Treibstoff aus...:D
Tja, seitdem lassen wir die Finger davon.

herzliche grüsse

Hohenlohe...:top:

dimovski
23.01.18, 20:32
Endlich auf neuestem Stand :)

Auch Wir warten gespannt auf neue Meldungen aus der Tiefe, werter DerGraf!

Hohenlohe
23.01.18, 22:19
Auch wir sind erwartungsvoll gespannt, wie es eurem Kaleun ergangen ist...:)

herzliche grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*

DerGraf
28.01.18, 05:08
Der Film hatte beim Publikum einen starken Eindruck hinterlassen, so auch bei mir. Anna hatte das Machwerk deutlich besser gefallen, ich war mir immer noch nicht sicher, ob das am Film oder am Hauptdarsteller lag, und ich war auch nicht ganz sicher, ob ich das wirklich wissen wollte. Wir machten uns also zeitig auf den Rückweg nach Danzig-Langfuhr. August Kornelius war in der Industrie tätig, soviel wußte ich wohl, aber obgleich er gerne über seine Erfolge sprach, blieb er doch recht vage, was seine genaue Tätigkeit anging. Alles in allem wirkte er wie ein recht energischer Mensch. Auch ihre Mutter und zwei ihrer Brüder lernte ich so kennen, auch wenn sich viel des Gesprächs an diesem Abend wie üblich mal wieder um den Krieg drehte, der mich selbst hier noch verfolgte. Auch mein neues Ritterkreuz wurde Thema, gerade bei den jüngeren. Als ich Danzig wieder verließ, tat ich das im Eindruck, generell das Wohlwollen erhalten zu haben, daß mir wichtig gewesen war. Anna würde mir schon mitteilen, wie sich das hinter den Kulissen verhielt !

Am späten Abend des 7. Dezember kam ich in St. Nazaire an. Das war also mein neues Zuhause ! Sicher, mit Kiel oder Wilhelmshaven konnte die Bretagne es voll aufnehmen, und ich freute mich, es nun auch nach Frankreich geschafft zu haben. Von denen, die vor uns verlegt worden waren, hatte man ja schon so einiges gehört, was das Leben wie Gott in Frankreich anging... Nun, das würde sich zeigen ! In jedem Fall hatte ich bereits nach der persönlichen Meldung beim Kommandanten, Korvettenkapitän Herbert Sohler, die Gelegenheit einen kurzen Blick auf das zu werfen, was mir bevorstand. 25 neue Personalakten lagen bald auf dem Schreibtisch in meinem Quartier und ich realisierte bald, daß dies ein hartes Stück Arbeit werden würde !

Leutnant zur See Josef Bay würde mein neuer Erster Wachoffizier werden. Er war 21 Jahre alt und kam aus dem Rheinland. Ein Beamtensohn und ein bißchen etwas von einem Paragraphenreiter, aber solide. Er kam frisch von der Schulflottille und war außerdem direkt zur U-Bootwaffe gegangen. Ich mochte es, wenn Männer vor der Röhre noch etwas anderes kennengelernt hatten, aber das war wohl nicht mehr alla moda. Nun, er würde seine Qualitäten schon bald beweisen können... Zweiter Wachoffizier wurde Oberfähnrich zur See Albert Wichmann. Wichmann war 20 und stand wohl in Bälde vor der Beförderung zum Leutnant, sollte aber eben vorher noch seine Bordzeit absolvieren. gebürtig aus Rostock, war auch er direkt zur Unterseebootwaffe gekommen, auch er kam frisch aus der U-Schule. Ihn konnte ich nicht sofort einschätzen, auch hier mußte die erste Feindfahrt Erleuchtung bringen ! Ein Lichtblick war der neue LI, Oberfähnrich zur See (Ing.) Hans Mattusch. Mattusch war ebenfalls noch ein junger Hüpfer ohne Überwassererfahrung, war allerdings laut seiner Akte ein recht patenter Mechaniker, der von einem anderen Boot versetzt worden war und als so ziemlich einziger bei uns praktische Erfahrung im Umgang mit dem Typ VII besaß, die er auf seinen zwei Feindfahrten erworben hatte.

Ich beschloß, die Mannschaft einigermaßen durchzumischen, so daß die neuen Männer von den alten Unteroffizieren und die neuen Unteroffiziere von erfahrenen Mannschaften profitieren konnten. Für die Seewache und die Zentralecrew änderte sich natürlich erst einmal nichts, aber in den anderen Abteilungen ging es hoch her, gerade, weil es jetzt zwei Torpedoräume gab und auch mehr Mannschaften für Maschinenwachen zur Verfügung standen.

So behielt Bootsmann Barthold die Befehlsgewalt im Dieselraum, unter ihm wieder der Matrosenhauptgefreite Greif, die Matrosenobergefreiten Schmitz und Bolzenhagen sowie die Matrosengefreiten Schendel und Kaufmann. Ergänzt wurde diese Mannschaft durch den Dieselmaat Horst Steffens und den Maschinengefreiten Jürgen Diehl. Bootsmann Jänicke war jetzt E-Obermaschinist, unter sich Neulinge, die der erfahrene U-Bootfahrer einarbeiten sollte. Es waren dies die Maate Artur Binder und Egon Baltz sowie die Maschinengefreiten Sander, Nuber, Bauer, Baer und Meier. Im Bugtorpedoraum hielt weiter der Mechanikermaat Egon Foppen als Bugraumpräsident das Zepter. Unterstützt vom Hauptgefreiten Huttelmaier, dem Obergefreiten Hornbostel und den Gefreiten Rausch, Bahn und Hansen arbeitete er an den Neulingen. Diese waren die Mechanikermaate Hartmann, Altmeier und Kappel sowie die Gefreiten Müller, Mertens, Cohausz, Falke und Reichmann. Im Hecktorpedoraum ging es beengter zu, dort oblag die Verantwortung den erfahrenen Maaten Richter und Triller, sowie dem Neuzugang Maat Klingenbach. Vervollständigt wurde die Mannschaft durch die Gefreiten Ehlers, Schmitt und Henning sowie zu guter Letzt im Bugraum dem Schmutt, dem Gefreiten Urban.

Ein ganzer Haufen Männer also, die natürlich nur noch von unserem Boot überschattet wurden ! U-94 war deutlich größer als U-13 und U-120 und hatte auch deutlich mehr Torpedos an Bord sowie ein Deckgeschütz. Es war größer, schneller, hatte mehr Reichweite, und, was noch wichtiger war, es war mein eigenes Boot und keins, das von jemand anderem heruntergereicht worden war ! Auf dem Turm prangte bereits der Totenkopf, den ich damals mehr als Jux auf den Turm hatte malen lassen, als ich U-13 übernommen hatte, aber jetzt wirkte er... weniger fehl am Platz. Irgendeiner hatte sogar ein Ritterkreuz dazugefügt, was ich für eine interessante Note hielt.

Sicher, die nächsten Tage würden hart werden, gerade, sollte es noch Weihnachtsurlaub geben, aber ich war zuversichtlich, daß wir es passabel schaffen würden. Von der Brücke herab sah ich auf die Männer, die das Boot zur ersten Erprobungs- und Ausbildungsfahrt klarmachten. Mit diesem Boot war etwas anzufangen und ich war entschlossen, die Briten das spüren zu lassen !

Hohenlohe
28.01.18, 13:27
Wir hoffen mal das Beste für den Kaleun und seine halbwegs neue Mannschaft...:ph: Ein neues, grösseres Boot bedeutet auch mehr Verantwortung für eine grössere Mannschaft und mehr Aufgaben...:fecht:
Wir wünschen euch viel Glück und viele Erfolge...!! :top:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

Azrael
28.01.18, 15:11
Wir wünschen euch mit eurem neuem Boot natürlich auch immer mindestens eine Handbreit Wasser unter dem Kiel :)

DerGraf
13.02.18, 03:08
Die Ausbildungsfahrten verliefen an sich recht zufriedenstellend, wurden allerdings bald von Weihnachten unterbrochen. Urlaub zu bekommen war für uns ja nicht zwingend das Problem, nur der jetzt deutlich längere Reiseweg hatte es in sich. Was gab es noch neues ? Willhelm Paulsen, eines der Asse der Unterseebootwaffe, war Ende November zum Korvettenkapitän befördert worden, wie ich erfahren hatte. Da konnte man sehen: Wenn es lief, lief es. Immerhin war Paulsen erst im März 1940 Kapitänleutnant geworden, aber er räumte auch tüchtig ab und hatte auch bereits das Eichenlaub erhalten. Nun, ich gönnte ihm das natürlich. Alles in allem sah es so aus, als ob die Tommies ordentlich Prügel bezogen. Die Versenkungszahlen waren gut und in den 15 Monaten seit Kriegsbeginn waren die Verluste mit 34 Booten beziffert worden. Kein Pappenstiel, aber doch ausreichend wenig, um sagen zu können, daß der Krieg für uns so weit gut verlief.

Als ich zuhause ankam, waren bereits alle Vorbereitungen in vollem Gange. Ein wenig freute ich mich schon auf die Tage nach den Feiertagen... Wenn alle Gäste aus dem Haus wären, konnte ich zumindest im Haus ein paar Tage lang zivil tragen und das Ritterkreuz Ritterkreuz sein lassen. Ich räumte meinen Koffer aus und legte die Sachen zurecht. Das Gästezimmer würde ich mir anscheinend mit Otto und meinem Vetter Rudolf teilen, wenn nichts unvorhergesehenes passierte. Das Personal war bereits am Machen und Tun und die ersten weiteren Anverwandten waren bereits angekommen oder taten dies im Laufe des Tages noch. Im Garten sah ich Onkel Philipp und Onkel Max im Gespräch mit Otto und Rudolf, wurde aber recht schnall abgelenkt, als ich hinter mir eine Stimme hörte.

'Ah, Großneffe !'

Die Stimme zuzuordnen war nicht wirklich schwer.

"Guten Tag, Großonkel ! Wie geht es Ihnen ?"
'Ausnehmend gut. Gratulation du deiner Auszeichnung. ich wußte ja gleich, daß du deiner Familie Ehre machen würdest !'
"Ich habe nur meine Pflicht getan, Großonkel, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wie Sie wissen, gibt es Kommandanten, die weitaus mehr geleistet haben."
Er lachte knarrend.
'Auch noch bescheiden, wie es sich gehört ! Ich bin im Bilde, ich habe die Leistungen meiner Familienangehörigen sehr interessiert verfolgt. Hast du dir schon Gedanken gemacht, was du machen wirst, sobald der Krieg vorbei ist, was ja nicht mehr allzu lang dauern dürfte ?'
"Noch nicht. Vermutlich werde ich zur Universität gehen oder ich fange bei einer Reederei an."
'In der Marine willst du nicht bleiben ? Du könntest es weit bringen.'
"Sicher, Großonkel, aber was dann ? Die Unterseebootwaffe ist immerhin nicht die Armee, spätestens mit 40 muß ich mein Kommando abgeben und würde für die restlichen 20 Jahre bis zur Pensionierung hinter einem Schreibtisch verschwinden."
'Hah, du klingst genau wie dein Vater. Wenn du dich weiter hineinhängst, kann der Krieg dich schnell hoch hinausbringen. Sieh dir die Helden der Propaganda an... Prien, Kretschmer, Schepke, Winterstein, Paulsen, Peters... Diese Männer sind das zukünftige Admiralsmaterial der Nachkriegsmarine. Ich wünsche nicht, daß du eine derartige Gelegenheit verstreichen läßt, Großneffe !'
"Sicher, Großonkel..."

Langsam gingen wir zurück in Richtung Haus. ich hoffte, daß der Nachmittag sich nicht zu lange hinziehen würde.

Als es etwas später an der Tür läutete, war Rudolf gerade anderweitig beschäftigt. Obwohl Clara sich bemühte, war sie dennoch nicht schneller an der Tür als ihr Vater, der die hochgewachsene, aber trotzdem etwas jungenhafte Gestalt vor der Tür abschätzig musterte. Natürlich hatte sich der Freund seiner Tochter angesagt und er hatte gewußt, daß sie ihn vor noch nicht allzu langer Zeit im Lazarett kennengelernt hatte. Er hatte ihn sich auch einmal ansehen wollen, aber dafür Weihnachten zu benutzen ? Naja. Der Junge (?) vor der Tür entsprach trotzdem nicht ganz dem, was der Korvettenkapitän erwartet hatte.

'Heil Hitler, Herr Korvettenkapitän ! Ich wollte mich noch einmal für die Einladung bedanken.'

Der alte Graf musterte den jungen Mann eine Weile mit dem verbliebenen Auge, nicht zu lang, aber doch so, daß diesem etwas unbehaglich werden mußte. Daß seine Tochter hinter ihm aufgetaucht war, bemerkte er nicht. Sie bemerkte allerdings gleich die Spannung zwischen den beiden, auch wenn sie nicht genau sagen konnte, ob das auf Gegenseitigkeit beruhte oder nicht. Dann trat der Hausherr einen Schritt zur Seite.

'Guten Abend... Untersturmführer. Kommen Sie herein.'
'Vielen Dank !'

Sie wechselten noch einige nichtssagende Worte, dann erbot Clara sich, dem Gast, den sie Ernst nannte, das Haus zu zeigen. Paul sah den beiden nachdenklich hinterher, hier bahnten sich Dinge an, die ihm nicht gefielen. In jedem Fall gab es hier wohl einigen Redebedarf und er würde beiden bei Gelegenheit noch einmal ausgiebig auf den Zahn fühlen.

Hohenlohe
13.02.18, 16:11
Ein strammer, regimetreuer Verehrer, wenn dies mal gut geht...?! Ansonsten sehr gute Story...:top:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
13.02.18, 18:11
Auch ich war in den folgenden Tagen einige Male in die Position gekommen, mich mit Untersturmführer Stoltenberg zu unterhalten. Einerseits schien er recht sympathisch zu sein, aber das störte mich, denn ich gewann immer weiter den Eindruck, daß es sich bei ihm um einen politischen Überzeugungstäter handelte, wie vor allem Vater diese Menschengruppe gerne zu nennen pflegte. Da Stoltenberg recht freimütig über seinen bisherigen Karriereweg sprach, waren die Einzelheiten recht leicht herauszubekommen. Er war 23 Jahre alt und hatte meine Schwester im Lazarett getroffen, wo er wegen Nachwirkungen seiner jüngsten Verwundungen laborierte. Sein Vater war irgendetwas bei der Partei, was genau merkte ich mir nicht, er selber hatte nach dem Arbeitsdienst seinen Wehrdienst im Heer abgeleistet und war als Unteroffizier der Reserve entlassen worden, woraufhin er zur Junkerschule wechselte und eine Offizierslaufbahn einschlug. Neben beiden EKs und der Medaille für den Anschluß Böhmens und Mährens steckte bereits ein silbernes Verwundetenabzeichen, und Stoltenberg gab die dazu passenden Anekdoten gerne zum Besten. Er hatte in Polen, Holland, Belgien und Frankreich gekämpft und sah sich wohl als Repräsentanten eines neuen 'Kriegeradels'. Trotz der Konzentration auf Militärthemen (vermutlich nahm er an nur mit diesem Thema bei den Versammelten punkten zu können) zeigte er sich als recht erfolgreicher Unterhalter und ich konnte nicht umhin, ihn sympathisch zu finden. Gerade weil ich wußte, wofür dieser Mann stand, störte mich das natürlich. Allerdings war das unter Umständen nicht zwingend das Problem. Onkel Philipp kannte diesen Typ Offizier zur Genüge und meinte, für diese Männer gab es drei Möglichkeiten. Auf ihr Glück vertrauen, die Risiken besser kalkulieren (in diese Kategorie sortierte er sich selber ein, als Kavallerist hatte er ja einen Ruf zu verlieren, wie er augenzwinkernd sagte) oder weitermachen als wäre nichts und sich letzten Endes selbst verheizen.

'Glück ist eine recht wankelmütige Abendbegleitung. Der Junge schont sich nicht und ist immer ganz vorne mit dabei. Wenn der Krieg lange genug dauert und er so weitermacht, wird er vielleicht 24 aber ganz sicher nicht 25.'

Das fand ich gut zusammengefaßt und beließ es dabei, nachdem ich ihm Recht gegeben hatte. Immerhin war Onkel früher ein ähnlicher Hasardeur gewesen und kannte sich auch im Bodenkampf besser aus als ich mit meiner rudimentären infanteristischen Ausbildung. Stoltenberg hingegen hielt sich, wie ich merkte deutlich an meinen Vetter Rudolf, vielleicht weil sie beide beim 'Anschluß' dabeigewesen waren oder weil sie beide als Leutnants noch mit zu den geringsten Subalternen im Raum gehörten oder weil sie beide auf ihre Art gefahrverliebte Luftikusse waren. Nun, ich ließ den Untersturmführer Untersturmführer sein und ging hinüber in den Salon, wo sich bereits Onkel Max und mein Vetter Erich eingefunden hatten und mit Onkel Berthold Karten spielten und Kognak tranken. Ich schloß mich also zunächst dieser Runde an, um dann zu sehen, wie die nächsten Tage wohl herumgehen würden. Günther Schröder hatte dieses Jahr keine Zeit gehabt, vorbeizukommen, vielleicht war er auch immer noch verschnupft wegen des Vorfalls vom letzten Jahr. Trotzdem verlief alles in allem auch die zweite Kriegsweihnacht noch recht ruhig und feierlich.

Silvester, 31.12.1940

'Was denkst du, Bert... Kriegen wir den Krieg nächstes Jahr von den Hacken ?' fragte Paul seinen neben ihm auf dem Balkon stehenden Bruder, der als aktiver Offizier wohl einen besseren Überblick über die Gesamtlage hatte. 'Kommt drauf an...' meinte der 'In einem Jahr kann eine Menge passieren. Du weißt ja sicher, daß die Italiener unsere Hilfsangebote letztes Jahr abgelehnt haben. Nun, es gibt Gerüchte, daß sich das wohl langsam ändert, und man eine Intervention auf dem Balkan in Erwägung zieht, um die Italiener aus dem Dreck zu ziehen. Helfen wir ihnen dort, werden sie sich wohl auch bald Hilfe in Afrika wünschen, und wenn wir da auch noch anfangen, uns mit den Briten und Franzosen zu schlagen, dann weiß Gott allein wie lange der Zirkus da noch dauern mag. Hoffen wir das Beste.'

Das war wohl in der Tat das beste, was zu tun war. Paul sah in die dunkle Nacht hinaus, wo das neue Jahr 1941 darauf wartete, von den Menschen in Empfang genommen werden zu können. Wie würde es von den menschen behandelt und wie würde es mit den Erblasten seines Vorgängers umgehen ? Hinter sich hörte er Berthold ins Haus gehen. Er war bei der Fahne geblieben und mußte trotz seines Alters und seiner Leistungen im Weltkrieg noch selber ran. Paul hingegen hatte jetzt einen Schreibtischjob und niemand würde erwarten, daß er noch einmal gegen den Feind zog. Natürlich verrichtete auch er kriegswichtige Arbeit und würde mit seinen 48 Jahren auch dann kein Bordkommando mehr bekommen, wenn man alle anderen Unzulänglichkeiten ignorierte, aber ein wenig fühlte er sich gegenüber dem Oberstleutnant doch schlecht. Er wischte den Gedanken beiseite.

'Es ist gleich 12, Paul ! Wir warten nur noch auf dich !'

Die Stimme gehörte Amalie, Max' Frau. Mine war wohl noch drinnen zugange, wie er sie kannte, war das gar nicht mal zu unwahrscheinlich. Er schmunzelte kurz bei dem Gedanken, daß sie seine Abwesenheit möglicherweise gar nicht bemerkt hatte.

'Ich komme schon.'

Ein letztes Mal sah er sich um, wo die Nacht immer noch unverändert lag, als ob sie auf etwas wartete.

Frohes neues Jahr, Paul ! dachte er bei sich und trat ein, die Tür hinter sich zuziehend.

St. Nazaire - 4. Januar 1941

Ich hatte den Jahreswechsel einigermaßen gut überstanden und sogar noch einen Brief von Anna erhalten, worüber ich mich sehr gefreut hatte. Als ich allerdings an den Posten vorbei den Stützpunkt betrat, verloren sich diese Gedanken, immerhin war es ab jetzt wieder strikt dienstlich. 1941 brachte sich auch gleich ins Gespräch, denn als ich die Papiere wälzte, stellte ich fest, daß man meine neuen Offiziere in der Zwischenzeit wieder abgezogen und in Marsch gesetzt hatte. Der zuständige Personaloffizier, Oberleutnant zur See Hose, konnte da natürlich wenig für, mußte aber trotzdem meinen Unmut über sich ergehen lassen. Er verwies nur auf Anforderungen und Deputate, die wohl im neuen Jahr spät dran wären. Während also draußen Kühne die Leute beaufsichtigte, telefonierte ich ein wenig herum, um herauszufinden, was zum Teufel eigentlich los war. Im Laufe des Nachmittags trafen dann aber die Männer doch noch ein.

Es waren dies der Leutnant Wilhelm Plate und der Leutnant Sebastian Korecky. Beide Offiziere waren von anderen Booten gekommen und hatten bereits Feindfahrten hinter sich, nämlich Plate 3 und Korecky 4. Beide waren sozusagen 'hochgelobt' worden und wohl als Auszeichnung für bereits erbrachte Leistungen meinem Boot zugeteilt worden, um sich hier den letzten Schliff abzuholen. Beide machten einen recht energischen und kompetenten Eindruck, auf ihre Akten mußte ich noch warten, aber ich war schon gespannt. Als Ersatz für Mattusch fand sich ein Oberfähnrich namens Rudolf Marbach ein. Er stand wohl kurz vor der Beförderung zum Leutnant und sollte jetzt in den aktiven Dienst übernommen werden. Auf einem Unterseeboot war er noch nicht gefahren, hatte aber seine Bordzeit als Fähnrich auf dem leichten Kreuzer Leipzig verbracht. Ich war gespannt, wie er mit den etwas... beengteren Verhältnissen auf einem U-Boot zurechtkäme. Am späten Abend meldete sich ein weiterer Oberfähnrich bei mir. Johann Unterhorst war sein Name und er war dem Boot zugeteilt worden, um hier seine Bordzeit abzuleisten. Vermutlich gerade erst frisch befördert, mutmaßte ich, jedenfalls war klar, daß Unterhorst direkt von der U_Schule kam und keine Erfahrung besaß. Ich überlegte, je nach Lage konnte ich vielleicht Unterhorst an Plate delegieren, Fähnrichsunterricht war nicht meine Spezialität und ich hatte gerade formell noch keinen gemacht oder gar geleitet. Es bliebe zu sehen, ob das nötig wurde oder was die Vorschriften allgemein dazu sagten.

Wir konnten also wieder anfangen, mit dem Boot zu üben und die Ausbildung der Mannschaft fortzusetzen. Der nächste Auslauftermin wurde auf den 23. Januar festgesetzt.

(OOC: Wir hatten Probleme mit dem Spielstand, haben deshalb die 'neuen' Offiziere verloren und ließen uns vom SH3 Commander daher neue zuteilen.)

Hohenlohe
13.02.18, 18:47
Hoffentlich gibt es keine weiteren Probleme mit den Spielständen...?! Wir werden uns wohl noch gedulden müssen, bis es weitergeht...:)

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
13.02.18, 19:35
Mehr ein Problem mit dem Rechenknecht, wenn er zu lange Zuviel verarbeiten muß. Die nächste feindfahrt ist bereits im kasten, wir müssen nur noch Screenshots machen und alles hochstellen ;)

Azrael
13.02.18, 19:46
Ein strammer, regimetreuer Verehrer, wenn dies mal gut geht...?! Ansonsten sehr gute Story...:top:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

Nicht, dass der baden geht ;)

DerGraf
15.03.18, 18:45
Der ist ja nicht bei der Marine, insofern kann der vielleicht sogar schwimmen... Es bleibt spannend... :D
Ansonsten ist es hier recht staubig geworden, dafür entschuldigen Wir Uns hiermit. Derzeit schreiben wir verschiedene Übersetzungen und Hausarbeiten, haben aber das nächste Update für Anfang April angepeilt, um mit dem Schwung des neuen Semesters wieder etwas geschwinder voranschreiten zu können.

MfG

DerGraf
19.04.18, 23:26
Mittwoch, 22. Januar 1941 - St. Nazaire

Ich schritt neben meinem neuen LI durch die engen Gänge des Dieselmaschinenraumes, während dieser die Endabnahme der beiden Aggregate durchführte. Hier und da strich er mit dem Finger über die Maschinen, verrieb etwas zwischen seinen Fingern, das er eingehend betrachtete, oder überprüfte irgendwelche Klappen und Ventile. Ich war was Motoren anging nicht völlig ahnungslos, aber ein Schiffsdiesel war immerhin schon etwas anderes als ein handelsüblicher Automobilmotor. Als Oberfähnrich Marbach sich herumdrehte, wirkte er zufrieden.

"Denken Sie, mit diesen Maschinen ist zu arbeiten, Herr Marbach ?"
'Durchaus, Herr Oberleutnant ! Ich sehe keinen Grund anzunehmen, daß diese Agregate irgendetwas anderes als Spitzenleistung bringen werden. Das Boot ist in einem hervorragenden Zustand. Vom technischen Standpunkt aus ist absolut nichts zu bemängeln.' meinte dieser, während er sich die Finger an einem Lappen abwischte.
"Sie haben ihre Bordzeit auf der Leipzig abgeleistet, richtig ? Wie gehts dem alten Mädchen ?"
'Ihre Kampftage sind wohl vorbei, man hat sie ja 1940 umgebaut und renoviert, aber die meisten Kessel rausgenommen und ähnliches. Sie ist jetzt ein Schulschiff, Herr Oberleutnant. Sie kennen die Leipzig ?'
"Ja, wir haben sie damals in Spanien abgelöst, '37 war das... Die haben da ja auch einiges abgekriegt. Ich bin aber auf der Deutschland gefahren." Ich rollte leicht mit den Augen. "Als sie auch noch Deutschland hieß, natürlich. Was hat sie zur Unterseebootwaffe gebracht, Herr Marbach ?"
'Naja, auf der Leipzig war nicht mehr soviel los und nach Norwegen brauchte man bei den Zerstörern auch nicht mehr so viele Ingenieuroffiziere. Bei den Dickschiffen sind die Plätze sehr begrenzt, also hatte ich sozusagen die Wahl zwischen Front und Schreibtisch. Nun, ich wollte an die Front, also habe ich mich zu den U-Booten gemeldet.'
"Was halten sie denn bis jetzt von uns ?"
'Es ist eng und unangenehm, aber es ist eine verantwortungsvolle und wichtige Aufgabe. Ich möchte nichts anderes machen, Herr Oberleutnant !'

"Schauen wir mal." versetzte ich. Immerhin hatte ich schon mehrmals übel havarierte Boote gesehen und war auch schon ein paar Mal zusammengestaucht worden. Marbach war zuversichtlich und von seinen Fähigkeiten überzeugt, und was ich bis jetzt gesehen hatte, bestätigte meinen guten Eindruck. Es blieb nur zu sehen, ob er unter Druck genauso ruhig blieb und klar denken konnte, denn davon hing immerhin unser Überleben ab. Ich überließ den Mann wieder seiner Arbeit und traf zurück in der Zentrale auf den Zentralemaat.

"Und, Walter ? Wie machen sich die Neuen ?"
'Nach dem, was ich sehen konnte gar nicht mal so schlecht, Herr Oberleutnant ! Zumindest an Land und ohne Feindeinwirkung. Wie sie sich auf der Feindfahrt schlagen werden, sehen wir dann, aber ich bin vorsichtig optimistisch.' Er sah zum Funkschapp hinüber, wo Leutnant Korecky mit dem Funkmaat zusammen an der Enigma-Maschine werkelte und die Codebücher konsultierte. Plate wußte ich auf der Brücke, wo er mit Oberfähnrich Unterhorst Bestecke und Navigation übte. Kühne saß an seinen Karten und Tabellen, der Gefreite Schäfer putzte Sextanten und Ferngläser. "Wissen wir, wohin es diesmal geht, Kühne ?" Der Steuermann sah nicht von seinen Karten auf, als er antwortete. 'Wenn ich einen Tipp abgeben muß, würde ich sagen Kanaren, Azoren oder westafrikanische Küste. Jedenfalls südwestlich von Gibraltar, Herr Oberleutnant.'

Nun, das war gut zu wissen... Ich nahm mir vor, die Augen offenzuhalten, ob es weitere Anzeichen für unsere Destination gab, und begab mich in mein Schapp.

Ritter Kunz
20.04.18, 10:43
Wie immer sehr schön. Ihr müsst jedoch verzeihen, dass Wir bei "Oberfähnrich Unterhorst" laut lachen mussten :D

Ruprecht I.
20.04.18, 15:57
Ta-ta-ta, Ihr wisst doch, daß Witze mit Namen zur untersten Kategorie gehören.
Wenn Ihr auf ein solches Niveau abzusinken gedenkt bedenkt, daß Ihr Euch den Platz dann mit Uns teilen müsst :cool:

Hohenlohe
20.04.18, 16:17
Dann, werter Ruprecht, sind wir schon zu dritt...:D Ansonsten mal wieder ein guter Einblick ins Innenleben eines U-Bootes und etwas über die Männer an Bord...!!:)

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

DerGraf
20.04.18, 17:54
Der Name, sovierl sei hier erwähnt, ist auf dem Mist des SH-Commanders gewachsen, nicht auf unserem.

DerGraf
24.04.18, 18:33
Dienstag, 28. Januar 1941 - St. Nazaire

Vor allem die neuen Matrosen hatten sich für ihre erste Feindfahrt sicher etwas anders vorgestellt... Auslaufen in einem neuen Boot, mit einem Ritterkreuzträger als Kommandant, das zog doch sicher Publikum und vor allem Mädchen an ? Nun, normalerweise wohl schon, aber hier lag die Sache eben anders. Das endgültige Auslaufdatum war auf den 28. Januar festgelegt worden, die Uhrzeit auf 0 Uhr 30. Entsprechend waren Zuschauer, Jubelmenge, Kapelle und Ehrenjungfrauen natürlich spärlicher gesät als sie es wohl sonst beim Auslaufen eines Bootes waren. Kurz, es war kein Schwanz zu sehen, wie sich Zentralemaat Walter ausdrückte, und auch sonst niemand. Wir älteren Fahrensleute kannten das ja nun schon und dachten uns auch nichts weiter dabei. Nur ab und zu liefen die Wachen des Marinestützpunktes ihre Runde und leisteten den Männern auf Deck mittelbar etwas Gesellschaft. Bootsmannsmaat Wittenberg und Leutnant Plate beaufsichtigten die letzten Vorbereitungen auf Deck, Oberfähnrich (Ing.) Marbach war irgendwo in der Maschine um mit den beiden Obermaschinisten die letzten Anzeigen und Füllstande der unzähligen Betriebs- und sonstigen Stoffe zu kontrollieren und sicherzustellen, dass es der Maschine an nichts mangeln würde, zumindest im Rahmen der vorgeschriebenen Beladungsparameter. Kühne stand am Kartentisch, auf dem er Tabellen und Schmierblätter ausgebreitet hatte, während er zusammen mit Schmutt Urban und Oberfähnrich Unterhorst noch einmal halblaut die Lastverteilung mit Oberfähnrich Marbachs Trimmrechnung abglich und kleinere Posten im Boot umverteilte, bis alles bis aufs i-Tüpfelchen stimmte. Leutnant Korecky war wieder im Funkschapp mit den Funkmaaten Herrmann und Kettner zusammengekommen, um verschiedene Kleinigkeiten der Funkanlage abzuklären. Zentralemaat Walter inspizierte ein letztes Mal die Sehrohranlage und die verschiedenen Einstellungen. Auch in den Torpedoräumen hatten die Torpedomechanikermaate Foppen und Richter noch einmal eine Inspektions- und Kontrollrunde angesetzt.

Kurz, abgesehen davon, daß wir mal wieder im Schutze der Nacht wie Räuber aus dem Hafen schlichen, war alles in Ordnung. Ich saß inmitten des geschäftigen Treibens, das nur für den Uneingeweihten wie heilloses Chaos aussah, in der O-Messe und studierte die Karten und Operationsbefehle erneut. Unser vorgesehenes Patrouillengebiet war das Planquadrat DT27, zwischen Kanaren und Kapverden, vor der Küste der spanischen Sahara. ich ging nicht davon aus, daß das Gebiet besonders ergiebig sein würde, weshalb mein Kontingenzplan vorsah, direkter gegen die anvisierte Schiffahrtslinie vorzugehen: Sobald wir im Operationsgebiet fertig waren, und nach eigenem Ermessen fortsetzen konnten, plante ich, dichter an die Meeresenge von Gibraltar heranzufahren, da das Nadelöhr dort die Schiffe leichter angreifbar machen würde. Sicher, auch der Marinestützpunkt Gibraltar war deutlich näher und wenn wir zu dicht herangingen, konnte das böse enden, aber solange wir genügend Abstand hielten und keine Flieger Probleme machten, beurteilte ich das Risiko gemessen an den zu erwartenden Gewinnen als vertretbar. Immerhin war das hier kein Einbaum mehr und es ging ja auch darum, herauszufinden, was das neue Boot unter Einsatzbedingungen zu leisten imstande war !

http://up.picr.de/32477224eu.jpg

In den nächsten Minuten tröpfelten die ersten abschließenden Klarmeldungen ein, deren Strom anschwoll und dann wieder abebbte. Um 0:20 Uhr hatten alle Stationen Einsatzbereitschaft gemeldet, damit stand dem Auslaufen nichts mehr im Wege. Zusammen mit der Backbordwache enterte ich auf die Brücke, wo Leutnant Plate die letzten Vorbereitungen traf und steckte mir eine Auslaufpfeife an. Hinter mir fand sich auch Oberfähnrich Unterhorst ein. Das wurde für meinen Geschmack etwas eng, war mir aber auch recht. Immerhin lernte der Offiziersanwärter so etwas !

"Bringen Sie uns raus, Herr Plate !"
'Jawohl, Herr Oberleutnant !'

Der IWO begann, Anweisungen weiterzugeben und nachdem die Decksmannschaft das Boot losgemacht hatte, tuckerten wir langsam vom Liegeplatz in Richtung Hafenausfahrt. ich fand, er machte seine Sache gut, aber ich hatte ja auch keinen Grund, daran zu zweifeln. Neben einigen Soldaten, die das Auslaufmanöver beobachteten, war sonst am Kai nur eine einzelne Gestalt zu erkennen, deren weiße Kommandantenmütze fahl aus der Dunkelheit hervorstach. Albert Vöhringer zu erkennen benötigte etwas Mühe, klappte aber trotzdem recht gut. Ich winkte zurück und ließ dabei den Blick über die zwar noch im Bau befindlichen, aber demnoch bereits hell erleuchteten Bootsbunker schweifen. Auf dem Vorderdeck tauchte bereits Maat Walter mit der Pütz auf.

http://up.picr.de/32494425xr.jpg

"Alles klar, Walter ?" rief ich herunter.
'Jawohl, Herr Oberleutnant ! Sollen wir ?' rief er zurück.
"Alles raus, was keine Miete zahlt !"

Mit Schwung schoß das Kleingeld aus der Pütz und verschwand im Wasser. Plate hielt sich zurück, aber Unterhorst fragte direkt nach.
'Warum werfen sie derart Geld weg, Herr Oberleutnant ?'
Ich grinste.
"Hochseeversicherung. Hat uns bis jetzt gute Dienste geleistet, sie werden sehen."

Der Oberfähnrich wirkte nicht so richtig überzeugt, aber das mußte er auch nicht sein. Ich wandte mich wieder der Kimm zu, gespannt, was uns da draußen erwarten würde !

H34DHUN73R
26.04.18, 08:06
Sehr schöner AAR, werter Graf :)

Hohenlohe
26.04.18, 20:41
Werter Graf, wir freuen uns über schönen Anfang mit dem neuen Boot. Hoffentlich kommen die Neuen auch gut klar. Alles Gute und viel Glück fürs neue Boot...:)

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

DerGraf
27.04.18, 09:29
Donnerstag, 30. Januar 1941 - Köln-Deutz, Werft E. Berninghaus

Die hagere Gestalt mit den langsam schütter werdenden roten Haaren saß mit ungewohnt finsterer Miene auf dem Stuhl im Büro. Vor sich auf dem Tisch genau zwischen sich und seinem Gesprächspartner lag ein zerknittertes Stück Papier mit einem amtlichen Stempel darauf. Der glatzköpfige Mann auf der anderen Seite putzte nervös seine Nickelbrille, bevor er sie wieder aufsetzte. Ulrich Schleifer wirkte nicht nur nervös, er war es auch. Kurz atmete er durch und faßte seinen Besucher ins Auge.

'Sehen Sie, das gefällt mir ja auch nicht. Sie leisten immerhin gute Arbeit, aber mit den momentanen Erweiterungen wird natürlich auch mehr Personal angefordert. So gerne ich sie behalten hätte, aber für das Wohl des Reiches kann ich nunmal nicht nur Drückeberger und mäßig kompetente Leute abstellen. Es ist doch immerhin eine Ehre, diese kriegswichtige Arbeit zu leisten und so einen Beitrag zu leisten.'

"Auf diese Ehre pfeife ich !" zischte Günther Schröder feindselig. Egal, was er persönlich von seinem Chef hielt, von dem, was ihm bevorstand, hielt er noch weniger. Und das ließ er diesen auch spüren, wohl auch, weil er wußte, daß er aus der Nummer nicht mehr herauskommen würde... Zumindest von Schleifer war bei dessen Ansichten wohl keine Hilfe zu erwarten. Dieser Bürokrat wollte ihn also entweder wegen verschiedener Dinge loswerden, oder aber, und das war fast noch wahrscheinlicher für ihn, dieser Papiertiger glaubte auch noch, ihm dabei einen Gefallen zu tun, was ihn noch mehr aufregte. Dieser kannte seine Einstelung ja bereits und seufzte nur, wie er es in solchen Fällen zu tun pflegte.

'Na hören Sie mal, Sie tun ja fast so, als sollten Sie ins Lager, Schröder. Ich kann jedenfalls bei dieser Aktenlage nichts für Sie tun, als Ihnen mitzuteilen, daß ihre Fachkompetenz uns fehlen wird, aber wir weitermachen in dem Bewußtsein, ein wichtiges Opfer für den Sieg erbracht zu haben.' Auf eine förmliche Verabschiedung verzichtete er dann doch, als Schröder aufstand, das Papier vom Schreibtisch riß und den Raum verließ. Für Schleifer war es tatsächlich so, als ob mit Schröder eine dunkle Wolke das Büro und später auch das Werksgelände verließ.

Tatsächlich war er einigermaßen froh, Schröder los zu sein. Einerseits war der Mann unzweifelhaft kompetent und ein ehemaliger Kriegsheld, was einige Vorteile mit sich brachte, aber eben auch ein Quertreiber mit unpatriotischen Ansichten, der nicht an den Sieg zu glauben schien. Nein, der Mann stand zwar weiterhin auf ihrer Gehaltsliste, aber von jetzt ab war er das Problem der Kriegsmarine, sollten die doch mit ihm glücklich werden ! Er rief seine Sekretärin herein, um den entsprechenden Papierkram fertigzumachen, um alles offiziell zu machen.

Draußen faltete Schröder das verhängnisvolle Blatt Papier, das ihm derartigen Ärger machte, zusammen und stopfte es achtlos in seine Aktentasche. Er war immer noch maßlos ungehalten, daß man ihn gewissermaßen zwang, Köln gerade jetzt zu verlassen. Nicht, daß Frankreich ihn nicht ein wenig reizte, wenn auch nicht viel, aber die Aussicht auf den Dienstbetrieb sagte ihm nicht sonderlich zu. Er zog den Mantel an, setzte den Hut auf und zündete sich eine Zigarette an, bevor er das Werksgelände verließ. Er würde rasch packen müssen und sich gleich auf den Weg machen.

In fünf Tagen sollte er sich immerhin in St. Nazaire melden, wo man jüngst die Marineausrüstungsstelle zur Kriegsmarinewerft erweitert hatte, und deshalb mehr qualifiziertes Personal brauchte, darunter eben auch Ingenieure. Im Zuge dieses Personalbedarfes war er nun also der Kriegsmarine in die Hände gefallen, was ihn ohne Maß ärgerte, aber eben nun nicht mehr zu ändern war. Vielleicht hatte er ja wenigstens genug Glück, daß sie ihm keine Uniform anhängen wollten !

Donnerstag, 30. Januar 1941 - Brest

Rudolf von Eskens-Kalpenbach zog an seiner Zigarette und schlenderte langsam durch die Straßen von Brest. Er war jetzt seit etwa 1 1/2 Monaten in Frankreich, und es gefiel ihm hier ausnehmend gut. Sicher, Dänemark und Norwegen waren auch ganz nett gewesen, aber gerade jetzt war es in der Bretagne doch deutlich angenehmer... Gut, Jagdschutz für die Küste zu fliegen war nicht wirklich eine übermäßig aufregende Aufgabe, aber sie taten gewissenhaft ihre Pflicht und in der Umgebung gab es einige Mädchen, die bereits angefangen hatten, sich für ihre neuen Beschützer zu interessieren. Man mußte zwar immer ein wenig aufpassen, daß man sich nicht die Finger verbrannte, aber zumindest auf die Verabredung mit Christelle freute sich der Leutnant schon. Sicher, weiter oben machte man sich Gedanken, gerade weil die Franzosen so schnell aufgegeben hatten, aber dafür hatte Rudolf ja seine kleiner Mauserpistole dabei. Er glaubte aber nicht, daß er sie brauchen würde.

Immerhin war die Niederlage nun auch schon ein halbes Jahr her und gerade die Flugzeugführer hatten wenig mit den damaligen Kämpfen zu tun gehabt. Zumindest in seinen Augen waren sie daher besser dran als die Fußlatscher oder ähnliche, zumal sie als Flieger ja sowieso eine Klasse für sich und bei den Damen höher im Kurs standen. Dazu noch die guten französischen Spirituosen... Ja, er fand durchaus, daß es sich in Frankreich für die absehbare Zukunft, die sie ja hier verbringen würden, aushalten ließ. Mit einem etwas übermütigen Grinsen bog er um die nächste Ecke, grüßte einen Passanten, der ohne irgendwie zu reagieren an ihm vorbeiging und verschwand schließlich in der kleinen Bar. Er war früh dran und zu seinem Mißfallen nahm er zwei Feldgendarmen wahr, die sich in der Nähe der Tür herumtrieben, aber da seine Papiere in Ordnung waren, nahm er sich nach einem kurzen Gruß heraus, die Herren höflich aber bestimmt zu ignorieren und bestellte ein Bier, während er auf seine Verabredung wartete.

Donnerstag, 30. Januar 1941 - Planquadrat CG49, vor der portugiesischen Küste

Zwei Tage waren wir bereits unterwegs und hatten die Biskaya hinter uns gebracht. Ich mußte zugeben, daß das neue Boot gut Fahrt achte und daß der alte Einbaum im Vergleich dazu nicht besonders gut wegkam ! Auch gab es auf der Brücke deutlich mehr Platz als auf dem alten Typ. Die Stimmung an Bord war gut, anscheinend brannten auch die Männer darauf, zu beweisen, daß sie mit dem neuen Boot genauso erfolgreich sein konnten wie mit dem alten. Sie sollten schon bald die Gelegenheit dazu erhalten ! Es war noch nicht ganz 20 Uhr und ich hielt mich auf der Brücke auf, nicht nur wegen der Seeluft, sondern auch, um ein kleines Auge auf den Oberfähnrich Unterhorst zu haben. Da Kühne Seewache ging, hatte ich ihn mir vorgenommen und ließ den Offiziersanwärter mit Sextant, nautischen Tafeln und Logarithmentafeln sozusagen 'zu Fuß' unsere Position mitkoppeln. Kühne hatte das Besteck natürlich schon genommen, aber Navigation war für mich Brot und Butter des Marineoffiziers, also ließ ich Unterhorst auch das jeden Abend üben. Er brauchte natürlich länger als der in diesem Feld deutlich geübtere Steuermann, machte die Sache aber grundsätzlich nicht schlecht. Trotzdem, oder gerade deshalb hielt ich mich mit Lob zurück, der junge Mann sollte ja nicht übermütig werden !

'Kontakt Backbord voraus, Peilung 334 !' hörte ich eine der Seewachen rufen. Der Obergefreite Hornbostel, wenn ich mich richtig erinnerte. Ich nahm mein eigenes Glas hoch und folgte der Armbewegung, die die Richtung des Zieles markierte und fand es in der Tat recht schnell. Man konnte sagen, was man wollte, so nützlich die Dunkelheit zum Navigieren war, störte sie doch die Aufgabe der Seewache, Nachtgläser hin oder her !

http://up.picr.de/32514847mb.jpg

Etwa 6.500 Meter mochten uns von dem Schiff noch trennen... Kühne spähte ebenfalls hinüber.

"Na, Kühne, was meinen Sie ?"
'Nicht unbedingt ein Seemannsbraten... 4000 bis 4500 Tonnen. Immerhin ein Anfang und besser als nichts, aber hoffentlich nicht das Größte, was uns auf der Fahrt begegnen wird.'
"Stimmt wohl, aber am zweiten Tag gleich so einen Fang, da hat es Neptun ja doch schon gut mit uns gemeint."
'Möglich. Aber verkaufen wir den Pelz nicht, bevor wir den Bären nicht geschossen haben, Herr Oberleutnant.'

Während wir noch diskutierten, liefen wir immerhin noch dichter auf das Schiff zu. Auch der Oberfähnrich hatte seine Berechnungen beendet und sah nun zum Schiff hinüber. Richtig, seine erste hautnahe Versenkung ! Ich mußte zugeben, ich hatte ihn beinahe vergessen. Um 4 nach 8 waren wir meiner Meinung nach dicht genug heran.

http://up.picr.de/32514889cn.jpg

"Kühne, lassen Sie Gefechtsbereitschaft herstellen. Deckgeschütz feuerbereit machen, Flak besetzen und Fliegerwache aufzeiehn lassen."
'Deckgeschütz feuerbereit, Flak und Fliegerwache, Herr Oberleutnant !'
"Kleine Fahrt, Kurs 210."

So leise sie konnten enterten die Männer auf und besetzten die Stationen. Bootsmannsmaat Wittenberg meldete das Deckgeschütz feuerbereit und um 20 Uhr 6 feuerte das neue Deckgeschütz den ersten Schuß ab, der hinter dem Frachter ins Meer klatschte, genau wie der zweite danach auch. Der dritte Schuß hingegen saß und traf das Heck des Schiffes voll.

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Die Leute drüben schliefen aber auch nicht ! Was ich für einen Container am Heck des Schiffes gehalten hatte, entpuppte sich als Geschütz, das unser Feuer erstaunlich schnell erwiderte. Schon kurz nach der Eröffnung des Feuerkampfes flogen uns daher bereits die ersten feindlichen Granaten um die Ohren, die allerdings zu unserem Glück noch recht weit abkamen. Ob das am Beschuß, den Bränden auf dem gegnerischen Schiff oder der Ausbildung der Besatzung lag, wußten wir nicht.

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Während sich das Feuer auf dem Schiff ausbreitete, feuerte das Geschütz weiter und die Einschläge tasteten sich merklich näher heran. ich mußte den Hut vor unseren Gegnern ziehen, nicht jede Besatzung war so diszipliniert, in einer solchen Lage weiterzuschießen !

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Als ein Schlag durch das Boot ging, wußte ich, daß die Gegner es geschafft hatten, zu treffen. Nicht direkt das Boot, sonst wären wir wohl bereits auf dem Weg zum Grund, aber zumindest ein Nahtreffer, der wohl auch Schäden verursacht hatte. Zumindest wurde es unten lebendig, wie ich zu hören glaubte. Aber ich mußte den Feuerkampf zuende führen, tauchen konnten wir nicht mehr und so lange gab ich dem Schiff auch nicht. Nur treffen durften sie nicht so viel ! Aber die Schüsse kamen wieder schlechter gezielt, während Wittenberg das Feuer geschickt lenkte, das deckend auf der Wasserlinie des Schiffes lag. Unten flaute die Aufragung mit der zeit wieder ab und drüben schoß ein gewaltiger Edxplosionspilz empor, der das Schiff erfaßte und das Ende des kampfes verkündete. Geschütz und Mannschaft wurden ebenso über Bord geschleudert wie Masten und Ladekräne.

Erledigt ! Die erste Versenkung auf dieser Feindfahrt !

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Während Unterhorst und die Seewache das Spektakel weiter beobachteten, kletterte ich in die Zentrale herab, wo mich bereits die Meldungen erwarteten. Der Artillerietreffer hatte den Hecktorpedoraum beschädigt und zu einem Wassereinbruch geführt, der jedoch erfolgreich bekämpft worden war, die meisten Schäden waren bereits beseitigt und man knapste nur noch an Kleinkram, wie mir der Läufer von Maat Richter versicherte. Funkmaat Herrmann meldete, der gegner habe Notsignal gefunkt und sich damit zu erkennen gegeben. Anhand des Registers hatte man hier unten das Schiff bereits identifiziert, was später durch die Beobachtungen der Seewache ergänzt wurde.

Am 30. Januar 1941 um 20 Uhr 9 versenkt U-94 das mittelgroße Frachtschiff 'MV Firethorn' mit 4.707 Bruttoregistertonnen vor der Küste Portugals.

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Aus ! Das kalte Atlantikwasser erreicht die Kessel der sinkenden 'Firethorn'

Die Mannschaftsteile, die wach waren, nahmen die erste Versenkung mit Begeisterung zur Kenntnis. Ein gutes Omen... Befragungen der Überlebenden in den Rettungsbooten förderten zu Tage, daß die Firethorn nach Bristol unterwegs gewesen war und Holz geladen hatte, was mich dazu brachte, mich zu wundern, wie der Kahn trotzdem so schnell sinken konnte. Nun, ich würde mich nicht beschweren ! Bald nahmen wir wieder Kurs auf das Operationsgebiet und entfernten uns von der Untergangsstelle, auch, weil wir nicht auf Flieger und Seestreitkräfte warten wollten. Aber der erste Erfolg war gesetzt. Bei einem Becher veritabler Sumpfbrühe gleubte ich, auf weitere reiche Beute hoffen zu können !

Hohenlohe
27.04.18, 19:21
Trotz der Schäden ein guter Erfolg und das Boot kam glimpflich davon. Wir wünschen dem Boot weiterhin viel Glück und viele Erfolge...!!:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

DerGraf
29.04.18, 04:13
Die Bordroutine überkam die Euphorie des ersten Sieges recht schnell wieder und das Boot lief weiter auf das Operationsgebiet zu. Schiffe kamen uns nicht vor die Nase, und die Fahrt verlief auch ob des klaren Wetters weitestgehend ereignislos. Obwohl das Boot einen deutlich ausgeweiteten Suchkurs fuhr, kam uns kein Schiff vor den Bug. Da allerdings der Diesel eine lange Fahrt erlaubte, bestimmte ich zusammen mit Kühne einen Kurs, der uns vor Gibraltar setzen sollte, wo ich mehr feindliche Schiffahrt vermuten durfte und dies auch tat.

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Eine Bewegung im Funkschapp erregte meine Aufmerksamkeit.

'Empfange Funkspruch, Herr Oberleutnant !'

Ich nahm den Zettel an mich, während der Funker bereits den Spruch in die Funkkladde eintrug. Viel war dort nicht zu lesen.

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Ich hatte den Krieg in Afrika nicht wirklich verfolgt, glaubte mich aber zu entsinnen, daß die Briten wohl eine Gegenoffensive begonnen hatten und die Italiener derzeit in der Kyrenaika Boden aufgeben mußten. Auch in Ostafrika waren die Italiener in der Defensive. Nun wurde also ein deutsches Korps geschickt, die Verbündeten zu unterstützen... Man durfte gespannt sein, was dabei herauskam. Ich nahm mir vor, mal herumzufragen, ob ich da genaueres herausfinden konnte, wenn ich mal wieder in der Heimat war. Von Rommel hatte ich ja bereits gehört, er war in jedem Fall der richtige Mann für diese Aufgabe.

Oberfähnrich Unterhorst hatte sich Mühe gegeben, sich einzufügen und hatte das ganz gut geschafft. Bislang war er mehr oder weniger 'Badegast' gewesen, weil ich ihn eine Weile beobachten wollte und er sich alle Stationen einmal in Ruhe ansehen konnte. Als er sich daher das nächste Mal bei mir meldete, nahm ich ihn kurz beiseite.

"Wie kommen Sie bisher an Bord zurecht, Herr Unterhorst ?"
'Recht gut, Herr Oberleutnant ! ich habe ein wenig herumgeschnüffelt und bin durch alle Abteilungen gegangen.'
"Warum das ?"
'Nun, ich finde man sollte einen Überblick über alle Abteilungen haben, die man später mal kommandiert. Das macht einen nicht zum Fachmann, aber ein bißchen oberflächliches Wissen schadet meiner Meinung nach nie.'

Ambitioniert, aber das konnte man dem jungen Mann schlecht ankreiden. Immerhin waren seine bisherigen Noten und Beurteilungen gut, und so war nicht ausgeschlossen, daß er später Kommandant werden würde.

"Welchen Eindruck haben Sie bis jetzt gewonnen ?"
'Boot und Mannschaft machen einen hervorragenden Eindruck, Herr Oberleutnant. Ich bin froh, meine Bordzeit bei ihnen ableisten zu dürfen !'
"Ich habe sie bereits in den Wachrhythmus eingeteilt, sie werden in 6 Stunden die Wache von Leutnant Plate übernehmen und von da an regulär im Wachturnus eigenständige Wachen befehligen. Desweiteren werden sie den Zentralemaat bei der Wartung der Periskope beaufsichtigen und von Leutnant Korecky die Verantwortung für Zustand und Funktionalität der FLAK übernehmen. Weitere Ausflüge dann nach dem Fähnrichsunterricht in ihrer Freizeit, Herr Unterhorst."
'Jawohl, Herr Oberleutnant !'

Unterhorst salutierte und war entlassen. Sein gemütszustand war schwer zu deuten, aber ich glaubte, daß er sich freute, nicht mehr wie Ballast mitgeführt zu werden. Nun, wir würden ihn ja auch nur 6 Monate an Bord haben, bis er wieder nach Mürwik ging, um die Seeoffiziershauptprüfung abzulegen, ebenso wie Marbach. Nun, ich würde sehen, wie er sich schlug.

Am 8. Februar 1941 erreichten wir unser neues Zielgebiet, das Planquadrat CG95, in dem die Atlantikseite der Meerenge von Gibraltar lag. Am Tag zuvor war ein FT angekommen, daß verkündet hatte, daß Oberleutnant Gerland nun auch das Ritterkreuz erhalten hatte. Der Name sagte mir wenig, aber ich meinte, ihn irgendwo schonmal gehört zu haben. Zumindest noch ein Kommandant, der es auf ein beträchtliches Tonnageergebnis gebracht hatte.

Kurz nach der Ankunft ließ ich das Boot auf Sehrohrtiefe legen, um rundzuhorchen. Maat Herrmann winkte mich bald näher.

'Mehrere Kontakte backbord achteraus, Herr Oberleutnant ! Peilung 212.'
"Kurs 0, beide Diesel AK, auf Sehrohrtiefe gehen !"

Als wir nahe genug waren, fuhr ich das Sehrohr aus, um nachzusehen, was wir da vor uns hatten...

Hohenlohe
29.04.18, 09:12
Wir freuen uns immer wieder einen neuen Bericht zu lesen. Wir sind sehr gespannt, was ihr dieses Mal entdeckt habt...:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

Oerty
29.04.18, 10:06
Vielen Dank für eure Berichte von der nassen Front. Sehr lesenswert.

DerGraf
29.04.18, 16:01
Samstag, 8. Februar 1941 - Planquadrat CG95, vor Gibraltar

'Kontakte sind nah voraus, Herr Oberleutnant !'
"Na dann schauen wir doch mal, was wir da haben ! Gefechtsbereitschaft !"

Während vorne und hinten die Männer auf ihre Positionen stürmten, fuhr ich das Sehrohr aus, um mir unsere Ziele einmal genauer anzusehen.

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"Rohr 2 und 3 bewässern. Zielentfernung 2250 Meter, Zielfahrt 8 Knoten. Lage 69."
'Rohre bewässert, Torpedos eingestellt !'
"Rohr 2 und 3... los !"
'Klappen für Rohr 2 und 3 sind gefallen !'

Bei dem großen Tanker wollte ich kein Risiko eingehen, also schoß ich sofort. Die Zieloptik war wegen den Salzwasserschlieren noch etwas verwaschen, aber die Schiffe waren zu identifizieren und auch die Tricolore am Mast war gut zu erkennen. Freifranzosen ! Die Torpedos zischten aus den Rohren und rasten auf das Ziel zu, während ich das Periskop weiter schwenkte. Hinter mir hantierte Kühne mit den Stoppuhren für die Torpedos. ich schwenkte zurück zum ersten Schiff.

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"Achtung bei Rohr 1 !"
'Rohr 1 feuerbereit !'
"Entfernung zum Ziel 2065 Meter, Fahrt 8 Knoten, Lage 84."
'Eingestellt !'
"Rohr 1... los !"
'Abgefeuert !'

Ich schwenkte weiter, wieder über den Großtanker und richtete die Zieloptik auf das dritte Schiff des Verbands.

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"Achtung bei Rohr 4 !"
'Rohr 4 feuerbereit !'
"Zielentfernung 2300 Meter, Feindfahrt 8 Knoten, Lagewinkel 61."
'Bestätigt !'
"Rohr 4... los !"
'Rohr 4 abgefeuert !'

Damit waren alle 4 Aale unterwegs und wir konnten nur noch warten. Ich war gespannt. Sobald der Tanker getroffen wurde, waren alle Wetten hinfällig und wenn die Schiffe dann noch zackten... Waren die beiden anderen wohl verschenkt. Normalerweise hätte ich noch dichter heranfahren müssen, aber ich wollte den Erfolg, also hatte ich eben auf lange Distanz abgezogen, um Sicherungsfahrzeugen oder eben auch aufmerksamen Seewachen nicht zu viele Chancen zu lassen. Ich fuhr das Sehrohr wieder ein.

"Alle Maschinen stopp ! Ruhe im Boot !"

Alles horchte nach draußen, außer Kühne, der nur Augen für die Uhren zu haben schien.

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'15 Sekunden bis Zeit um für ersten Torpedo.'

Pünktlich wummerte die erste Detonation durch das Wasser zu uns, nur Sekunden später die zweite.

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'Wir haben ihn !' rief einer, wenn ich mich nicht verhörte der Hauptgefreite Steichele. Die Geräuschkulisse gab ihm recht. Mit bloßem Ohr konnte man hören, wie die Spanten nachgaben und das Schiff in der Mitte durchbrach. Kurz darauf knallte es erneut.

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Ich spähte bereits nach dem anderen Schiff aus, um einen Abfangkurs zu berechnen, als Leutnant Korecky mit einem Zettel aus dem Funkschapp kam.

'Funkspruch, Herr Oberleutnant, das sollten Sie sich ansehen !'
"Warum, was will der BdU jetzt schon wieder ?"
'Ist nicht vom BdU, Herr Oberleutnant !'
"Geben Sie schon her !"

Ich nahm ihm den Zettel aus der Hand und begann zu lesen. Nach den ersten Zeilen ließ ich den Spruch sinken. Mir wurde heiß und kalt und der Kragen des Überziehers schien sich wie ein Eisenring um meinen Hals zu legen.

"Mein Gott..." war alles, was ich hervorbringen konnte.

Hohenlohe
29.04.18, 17:48
Jetzt spannt uns mal nichtt schon wieder auf die Folter...:D

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

DerGraf
29.04.18, 19:40
'Schnelle Schraubengeräusche, Herr Oberleutnant. Kommen näher !'
"Schleichfahrt, auf 80 Meter gehen ! Kurs 270."

Ich wartete die Bestätigung des Befehls nicht ab, sondern sah wieder auf den Zettel in meiner Hand herunter. Während das Boot dem Bewacher davonlief, versammelte ich Leutnant Plate, Leutnant Korecky und Steuermann Kühne im Oberfeldwebelraum. Kurs und Tiefe zu halten traute ich Unterhorst durchaus zu, weshalb ich ihm in dieser Situation das Boot überließ. Eigentlich war ich fast froh, daß der Bewacher uns zur Flucht gezwungen hatte. Langsam gewann ich meine Fassung wieder.

"Sie werden sich fragen, warum ich sie hier versammelt habe, meine Herren. Der Grund ist recht einfach. Dieser Funkspruch, der im Klartext auf unserer Frequenz gesendet wurde, beweist, daß es sich bei den beiden Schiffen, die wir soeben versenkt haben, nicht um freifranzösische Kräfte, sondern um Einheiten der Vichy-Regierung gehandelt hat, also zwei neutrale Fahrzeuge. Ich muß ihnen denke ich nicht erklären, daß das nicht nur auf diplomatischer Ebene höchst unangenehme Konsequenzen mit sich bringen kann, sondern auch für alle Beteiligten einschneidende Folgen zeitigen kann."

Ich glaubte nicht daran, daß es deswegen ein großes öffentliches Kriegsgericht geben würde, aber ausschließen ließ sich das nicht völlig, und wenn die Wellen noch höher schlugen und man drüben in Frankreich oder gar in London davon Wind bekam, wäre es wohl ein gefundenes Fressen... Plate und Korecky sahen sich und mich an, sagten aber nichts. Kühne spuckte aus, und murmelte etwas, das wie 'Scheiße' klang. Ich räusperte mich hörbar.

"Deshalb werden die beiden Schiffe weiterhin der Mannschaft gegenüber als versenkte feindliche Einheiten behandelt, damit es keine Parolen gibt. Ich werde nach dem Einlaufen in St. Nazaire dem BdU gegenüber Rechenschaft ablegen und die volle Verantwortung tragen, aber bis dahin ist es von höchster Bedeutung, daß niemand außerhalb dieses Raumes erfährt, was gerade da draußen passiert ist. Kann ich auf Sie zählen, meine Herren ?"

Plate und Korecky stimmten recht schnell zu, was mich nicht wunderte, da sie in dieser Lage möglicherweise auch an ihre Karrieren dachten. Was meine eigenen Bedenken nicht leichter werden ließ, war die undurchsichtige Reaktion, beziehungsweise das Fehlen derselben bei Kühne. Kühne und ich hatten zusammen 8 Feindfahrten hinter uns gebracht, ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, daß er dieses Vorgehen mißbilligte. Das machte es mir nicht leichter, immerhin gefiel mir diese Art, den Konflikt zu lösen auch nicht, aber die Alternative war, für die eigene Integrität schwere diplomatische Verwicklungen und einen Haufen Ärger für die Mannschaft zu riskieren. Ich entließ die Leutnante schnell, und war kurz darauf mit Kühne allein.

'Erlaubnis offen zu sprechen, Herr Oberleutnant ?'
"Erteilt, Kühne."
'Das ist eine Riesensauerei da draußen. Mir gefällt der Gedanke nicht, das derart zu vertuschen.'
"Mir auch nicht, Kühne, aber was ist die Alternative ? Fakt ist, beide Schiffe führten ein halbes Jahr nach Gründung der Vichy-Regierung immer noch eine normale Tricolore anstelle der Vichy-Flagge."
'Stelle ich ja auch nicht in Abrede. Daß Sie nicht mal eben ein paar Franzosen einfach so aus dem Wasser bomben, war mir schon klar. Ich seh auch die Notwendigkeit, aber deshalb muß es mir ja noch lange nicht gefallen. Grade, was Onkel Karl angeht. Entweder wird es unter den Teppich gekehrt oder es gibt richtig Ärger. Vielleicht auch beides, weiß man bei der Kriegsmarine ja nie so genau.'
"Wohl wahr. Aber das sehen wir ja dann in St. Nazaire."
'So sieht es wohl aus.'

Damit war das Gespräch beendet und wir strebten unseren Stationen zu. Ich übernahm von Unterhorst und ließ einen Bogen zurück nach Gibraltar schlagen. In meinem Schapp schrieb ich das FT für den BdU, in dem ich die Situation darstellte und auch die Flaggenverwechslung ausführlich darlegte und begründete. Diesen Spruch gab ich am Abend persönlich durch und ergänzte das KTB. Von St. Nazaire hörten wir aber dann erstmal nichts, was mich nicht beruhigte...

Am 8.2.1941 versenkte U-94 den Großtanker 'MV Empire Lytton' mit 11.878 BRT und den Frachter SS Ericus mit 2.343 BRT

Sonntag, 9. Februar 1941 6 Uhr 25 - Planquadrat CG95, nahe Gibraltar

'Kontakt, Peilung 333 !' meldete der Obergefreite Hornbostel dem Wachhabenden. Dieser konnte durch das Glas noch nicht vioel erkennen, befahl aber Abfangkurs und ließ Gefechtsbereitschaft herstellen. Die Alarmglocke half dem Läufer, mich wachzubekommen. Als ich in die Zentrale kam, waren dort bereits Wittenberg und seine Männer an der Turmleiter und warteten auf ihr Kommando.

"Mann auf Brücke ?"
'Jawohl !'

Oben stand ich Leutnant Korecky gegenüber, der die Seewache befehligte. Er peilte durch das Glas in den Morgen.

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'Küstenfrachter, Herr Oberleutnant. 3 bis 4000 Tonnen, denke ich.' er beugte sich herunter zum Turmluk. 'Klar bei Deckgeschütz !'
Wittenberg und seine Mannschaft machten das Geschütz in Windeseile einsatzbereit. Obwohl ich es ja zur Genüge kannte, war ich jedesmal wieder überrascht, wie schnell und sicher das ging. Als uns der Sceinwerfer des Frachters erfaßte, gab Korecky den Feuerbefehl.

'Feuer !'

Die ersten Schüsse tasteten sich langsam heran, aber schon der vierte hatte eine große Feuerwolke als Reaktion.

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Trotz des Beschusses gab der generische Kapitän nicht auf und machte weiter Fahrt, die Feuer scheinbar ignorierend. Im gegenteil, das Schiff wendete und hielt auf das Boot zu. Korecky sah mich etwas zeifelnd an, als ob er nicht sicher war, ob der Kahn uns wirklich rammen wollte, oder nicht. Unterdessen schoß das Deckgeschütz weiter und jagte Granate um Granate in den Rumpf des Schiffes. Letztenendes hatte der Küstenfrachter aber natürlich keine Chance. Eine Explosion, die sowohl Ladung, als auch den Mast und Ladebäume über Bord schleuderte, besiegelte das Schicksal des Briten.

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Während die Seewache aufzog, hatte Unterhorst unten das Schiff identifiziert und meldete das Ergebnis, als ich in die Zentrale hinabstieg.

Am 9.2.1941 um 6:43 versenkte U-94 den Küstenfrachter 'SS Hastings' mit 1.869 BRT

Hohenlohe
29.04.18, 20:46
2 Vichy-Pötte versenkt, dies wird ziemlichen Ärger einbringen...:( Hoffen wir mal das Beste...!!:top:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

Ruprecht I.
29.04.18, 21:20
Kaum. Wer unter falscher Flagge unterwegs ist muß sich die Folgen selber zuschreiben.
Und die Kriegsmarine wird wohl kaum einen ihrer erfolgreicheren Kommandanten für nichts opfern.

Uns würde eher interessieren: das ist spielintern oder literarisches Beiwerk?

DerGraf
29.04.18, 23:11
Mittlerweile war es fast 13:30 Uhr und der BdU hatte es noch nicht für nötig befunden, auf den als 'dringlich' gekennzeichneten Spruch zu antworten. An Bord ging es also folgerichtig weiter mit Dienst nach Vorschrift. Eine gewisse Unsicherheit war langsam aber sicher zu spüren. Die Fähnriche merkten wohl langsam, daß die Offiziere etwas vor ihnen geheim hielten, sprachen es aber nicht an. Das Mittagessen wurde dann auch von der Meldung der Seewache unterbrochen, die einen Schiffskontakt ausgemacht hatte. ich schob die Terrine mit der Suppe beiseite, als es draußen auch schon knallte.

'Wir werden beschossen, Herr Oberleutnant !'

Die Alarmklingel übertönte meine Antwort, und im Eilverfahren und ohne Ölzeug enterte ich die Turmleiter hinauf.
"Was gibt es, Herr Unterhorst ?"
'Kleines Schiff, etwa 7000 Meter entfernt, Herr Oberleutnant. keine Ahnung, warum die auf die Entfernung schießen.'

Ich spähte selber durchs Glas.

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'Was machen wir jetzt, Herr Oberleutnant ? Torpedoangriff ?'
Ich überlegte.
"Dichter ran. Dann sehen wir weiter."

Nicht unriskant, gerade, weil der Frachter schon bewiesen hatte, daß er ein Geschütz an Bord hatte. Aber da die Crew bereits auf 7 km gefeuert hatte, nahm ich mit einer gewissen Berechtigung an, daß die Sailors drüben nicht zu den besten ihrer Zunft gehörten, was Artillerie anging. Ganz im gegensatz zu meiner Mannschaft !

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'Entfernung noch 3.300 Meter, Herr Oberleutnant !'
"Klar bei Deckgeschütz !"

Erneut würden Wittenberg und die Geschützmannschaft also zum Einsatz kommen. Munition war noch ausreichend vorhanden, da mußte ich also nicht knausern. Einer der Gründe, warum ich bereits auf 3.000 Meter Feuerbefehl gab. Die gegnerische Besatzung versuchte, dem Hagel an Granaten mit einem Maschinengewehr entgegenzutreten, mit vorhersehbarem Ergebnis.

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In einer großen Explosion wird das Schiff schließlich zerfetzt. Nicht viele schaffen es von Bord. Unterhorst zählt 6 Mann in 2 Rettungsbooten...

Um 13:43 Uhr versenkt U-94 den Küstenfrachter 'SS Affirmity' mit 1.870 BRT.

Noch während wir dem verkohlten Rupf des Schiffes beim Sinken zusehen, und mehr ist wirklich nicht mehr übrig, meldet der Ausguck einen neuen Kontakt.

'Peilung 292, große Entfernung !'
"Kurs 90, 1/3 Fahrt voraus !"

Wittenberg und seine Männer blieben auf ihren Posten.
'Wenn's läuft, dann läuft es, was, Herr Oberleutnant ?' ruft er herauf. Ich quittiere das mit einer Handbewegung, sage aber nichts weiter. Als wir näher heran sind, erkenne ich den gegner durch das Glas. Ein kleiner Frachter, nichts außergewöhnliches, aber das Feindaufkommen stieg in der Tat. Ich gab Wittenberg ein Zeichen, sich bereitzuhalten. Dann der Feuerbefehl. Der Bootsmannsmaat versteht.

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Der erste Schuß sitzt sicher im Ziel ! Weitere folgen. Ein Maschinengewehr versucht, uns abzuwehren, wird aber schnell durch den Beschuß zum Schweigen gebracht. Mehrere Explosionen und Brände erfüllen das Deck des Schiffs und der ungleiche Kampf ist nach nur 3 Minuten vorbei. Etwa ein Dutzend Männer geht in die Boote, der Rest geht mit ihrem Schiff unter.

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Um 14: 02 Uhr versenkt U-94 den kleinen Frachter 'SS Norwalk' mit 2075 BRT.

Azrael
29.04.18, 23:18
Ihr seid immernoch im Seegebiet westlich oder nordwestlich von Gibraltar oder? Anders kann man sich das ja nicht erklären, dass da soviel rumfährt.
Die Kapitäne sind ja aber auch bescheuert, anstatt dem U-Boot auszuweichen und Zerstörer für die Arbeit ranzuholen, wollen die es selbst machen... Naja, ist ja euer Glück dann, Kleinvieh füllt auch das Versenkungskonto :D

DerGraf
30.04.18, 00:36
Wir befinden uns ziemlich genau westlich von Gibraltar, etwa auf Höhe Tanger, ja. Soi ziemlich alles, was da durch will, muß an uns vorbei, deshalb hatten wir uns die Stelle ja ausgesucht ;)
Ansonsten beschweren wir uns nicht, ein bißchen Übermut tut immerhin selten gut, aber das müssen die Tommies schon noch selber lernen !

Hohenlohe
30.04.18, 15:07
Solange keine Flieger oder Zerstörer auftauchen habt ihr noch hoffentlich genug Zeit...:top: Wir wünschen euch weiterhin viel Glück und viele Erfolge...:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

dimovski
30.04.18, 16:34
Wir finden den AAR wirklich sehr spannend und danken Euch, werter Graf, für die vielen Updates in den letzten Tagen :)

H34DHUN73R
01.05.18, 01:47
Seit wann soll es für einen deutschen Offizier falsch sein, einen Franzosen zu torpedieren ?!
Warum solltet Ihr da Ärger bekommen ?

Wir verstehen diese ganze Diskussion nicht !

DerGraf
01.05.18, 03:03
Die bisherige Bilanz der Feindfahrt nahm sich gut aus... 6 Schiffe mit 27.500 BRT standen im Buch, auch wenn 14.000 davon numal neutrale Tonnage waren. Blieben also etwa 13.000 ! Um 19 Uhr 45 meldete Maat Kettner einen großen Geleitzug, der nach Meldung des Fühlungshalters im Planquadrat CG97 mit Kurs OSO unterwegs war und Kurs auf Gibraltar hielt. Um 10 Uhr 07 am frühen Montag meldete Herrmann den ersten Hydrophonkontakt, dem schnell weitere folgten.

"Auf 114 Meter gehen. Beide Schrauben 50 Umdrehungen. Kurs 235."

Ich wollte dem Geleit entgegenfahren und wenn möglich unter einer Kälteschicht oder ähnlichem herankommen. So würden wir zumindest vor dem Sonar geschützt sein und hätten eine gute Chance, in Schußweite zu kommen... Die Oberfähnriche wirkten etwas blaß um die Nase, auch von den alten Fahrensleuten hatten noch nicht viele in dieser Tiefe operiert. Leise knackte es ab und an im Gebälk, aber das Boot war stabil. Immerhin lag die garantierte Tauchtiefe bei 90 Meter und so weit waren wir nicht darunter. Etwas Toleranz war ja einberechnet. Alks die Kontakte nah genug waren, ließ ich Marbach auf Sehrohrtiefe steigen. Das Boot wurde wieder unruhiger als das Unwetter es erfaßte und es gieren und schlingern ließ. Die Männer waren auf ihren Gefechtsstationen und durch das Periskop war schnell der erste Gegner ausgemacht.

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Schnell zog ich das Sehrohr wieder ein. Den Namen des Schiffes hatte ich allerdings noch lesen können... 'SS Empire Hail'.

"Kurs 90, volle Fahrt voraus !"

Kurz darauf meldete sich Korecky zu Wort, der auf meinem Kartoffelsack saß und das Schiffsregister durchgeblättert hatte.

'SS Empire Hail ist ein Empire Typ Frachter, Herr Oberleutnant. Heimathafen Dover, 53 Mann an Bord, 6.423 BRT.'

Keine schlechte Beute ! Wir liefen weiter durch das Unwetter maskiert volle Kraft, um in Schußposition zu kommen. Mit Hilfe des Hydrophons peilten wir das Schiff erneut an und beim nächsten Blick durch das Periskop hatte ich es schnell in der Zieloptik.

http://up.picr.de/32555015gl.jpg

"Klar bei Rohr 1 !"
'Rohr 1 feuerbereit !'
"Entfernung 453 Meter, Lagewinkel zum Ziel 142, Zielfahrt 8 Knoten."
'Eingestellt !'
"Rohr 1... los !"
'Abgefeuert !'

36 Sekunden Laufzeit würde es brauchen, bis der Torpedo laut Anzeige des Torpedorechners sein Ziel erreichen würde. Die Sekunden zogen sich wie Kleister, als ich auf das Schiff starrtte, während Korecky die Uhr im Auge behielt.

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'TORPEDOTREFFER !' jubelte einer.
'Schnauze !' zischte Zentralemaat Walter.

Erneut liefen wir dem Schiff voraus, um wieder in Feuerposition zu kommen. Der Funk blieb ruhig und das Unwetter, das draußen tobte maskierte unsere Anwesenheit. Schließlich war es an der Zeit, die Hecktorpedos einzusetzen.

"Achtung bei Rohr 5 !"
'Rohr 5 fertig !'
"Entfernung 593 Meter, Lagewinkel 66, Zielfahrt 1 Knoten."
'Eingestellt !'
"Rohr 5... los !"
'Klappe für Rohr 5 gefallen !'

Der zweite Torpedo verließ zischend sein Rohr, seinem Ziel entgegen. Wieder waren 450 kg TNT auf ihrem tödlichen Weg !

http://up.picr.de/32555050bc.jpg

Die Detonation erfolgte jedoch ohne den beiklang brechenden Metalls...

'Frühdetonierer, Herr Oberleutnant !'
Ich zerdrückte einen Fluch zwischen den Zähnen. 7 Aale hatten wir noch an Bord. Herrmann drehte am Hydrophon und wirkte auf einmal alarmiert.
'Schnelle Schraubengeräusche, Herr Oberleutnant ! Schnell näherkommend !'

http://up.picr.de/32555065ft.jpg

"Alarmtauchen ! Beide Schrauben 50 Umdrehungen, Kurs 180... Ruhe im Boot !"

'20 Meter gehen durch, Herr Oberleutnant !' meldete Marbach.

Trotzdem hörten wir bereits jetzt die Sonartöne des feindlichen Zerstörers, die wie Finger nach uns griffen und uns schnell erfaßten.

'Feind hat uns in der Ortung !' keuchte Herrmann. Es brauchte nicht viel, um sich vorzustellen, was eine Wasserbombe in dieser Tiefe mit dem Boot machen würde. Ich zwang mich, ruhig zu bleiben.

'30 Meter gehen durch... 40... 50...'
'Wasserbomben !' meldete Herrmann.

Das Boot wurde durch einen Nahtreffer durchgeschüttelt.

'Schaden im Heck-Torpedoraum !' gellte es kurz darauf durch das Boot. Marbach turnte erstaunlich schnell durch die Schotts nach hinten. Der Tiefenmesser passierte die 60 Meter Marke. Nach einer Kursänderung drang das ekelhafte Pingen wieder durch das Boot und weitere Wasserbomben fielen.

"Auf 70 Meter gehen !"
'Neuer Anlauf beginnt !'

Während der nächsten 45 Minuten war es totenstill im Boot, während wir mit verschiedenen Kurs- und Tiefenänderungen versuchten, dem Bewacher zu entkommen. Mehrmals wurden wir wieder erfaßt, aber letztenendes konnten wir dank des Sturmes oben entkommen. nachdem das Geleit uns davongelaufen war, ließ ich auftauchen und mit AK nach Osten laufen, um das Geleit wieder einzuholen. ich spekulierte darauf, daß zumindest die 'Empire Hail' zurückgefallen war und leichte Beute wurde. Und richtig ! Bald war sie mit schwerer Schlagseite durch das Glas zu sehen.

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Das Deckgeschütz konnte wegen der Wetterlage nicht eingesetzt werden. Die Krängung des Bootes zerrte an den Sicherungsleinen deer Seewache... Also Torpedoangriff ! Wir gingen wieder auf Seerohrtiefe, aber ich überließ es Leutnant Plate, dem Frachter den Fangschuß zu geben. Ruhig und methodisch gab er die Werte durch, die vom Torpedomaat bestätigt wurden.

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Plate gab den Feuerbefehl und der Torpedo lief dem schrägliegenden Schiff entgegen, um hoffentlich diesmal sein Werk zu tun.

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Die Detonation rollte über und durch das Wasser. Treffer ! Das Schiff sank nicht, aber wir wollten erst einmal abwarten, um nicht einen weiteren Aal auf ein sterbendes Schiff abzufeuern. In den folgenden 8 Minuten nimmt die Schlagseite des Schiffes zu und schließlich erschütterten mehrere Explosionen das heck des Schiffes, das langsam im Wasser verschwand.

Um 13 Uhr 53 versenkt U-94 den Empire Typ Frachter 'SS Empire Hail' mit 6.423 BRT.

Wir verloren den Geleitzug bald aus den Augen, hatten aber noch eine Positionsmeldung absetzen können. Nach 7 Stunden gaben wir das Kreuzen auf und fuhren wieder in Richtung Tanger. Die Seewache sichtete kurz nachdem ich mich schlafen gelegt hatte einen Erzfrachter. Leutnant Plate, der in diesem Moment das Kommando führte, entschloß sich zum Angriff.

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Der erste Doppelfächer versagte und keiner der Torpedos detonierte. Aber Plate gab nicht auf und führte einen erneuten Anlauf durch. Beide Torpedos trafen, aber die Scheinwerfer erfaßten das Boot und der Frachter eröffnete mit einem Deckgeschütz das Feuer. Das Boot tauchte und noch während der Leutnant den Anlauf vorbereitete, kenterte das Schiff und sank. Als ich wieder aufwachte, hatten wir damit offiziell 8 Schiffe mit 40.371 BRT zerstört.

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Um 20 Uhr 53 versenkte U-94 den Erzfrachter 'SS Port Denison' mit 9.206 BRT.

Wir führten in der Nacht kleinere Reparaturen durch und luden die Torpedos um. Langsam wurde es Zeit, zur Basis zurückzulaufen und so ordnete ich Westkurs an, um langsam zurück in Richtung Heimat zu fahren. Um 6 Uhr 23 passierte ein weiteres Schiff den Standort des Bootes, das unbeleuchtet in Dunkelheit und Regen langsam nach Westen lief. Plate führte den Überwasserangriff durch und feuerte auf 380 Meter einen Torpedo ab.

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'Torpedotreffer !'

Plate machte sich bereit, den letzten Schuß anzubringen, als ein leiser Ruf von unten weitergegeben wurde.

'Schnelle Schraubengeräusche, Herr Oberleutnant !'

Ein Bewacher ! Jetzt mußte es schnell gehen. Der letzte Hecktorpedo zischte aus dem Rohr und kurz darauf gab es eine Detonation. Der zweite Treffer !

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Ohne verbleibende Torpedos und ohne Möglichkeit, die Artilleriewaffe einzusetzen, setzte sich das Boot ab. Erst ein Funkspruch verschafft später Aufschluß über das Schicksal des torpedierten Schiffes. Demnach sank die 'SS Sitoebondo' um 6 Uhr 52 am 12. Februar. Durch das Kreuzen im Zielgebiet waren die Dieselvorräte stark zusammengeschmolzen... Kühne und Marbach waren der einhelligen Meinung, daß der Diesel nicht mehr bis St. Nazaire reichen würde. Also befahl ich Kursänderung, um im Hafen von Vigo vom Marineversorger 'Bessel' Treibstoff zu übernehmen. Nachdem die Termine und Erkennungszeichen abgesprochen waren, erreichten wir Vigo am 15. Februar 1941. Einen Tage warteten wir vor dem Hafen getaucht auf die Dunkelheit, bevor wir einliefen und an der Bessel festmachten.

DerGraf
01.05.18, 04:30
Sonntag, 16.Februar 1941 - Vigo, an Bord der 'Bessel'

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Das Motorschiff 'Bessel' im Hafen von Vigo

Man hatte uns einen durchaus beeindruckenden Empfang bereitet. Das Auftanken des Bootes wurde von Obermaschinist Barthold überwacht, der die Trossen und armdicken Treibstoffleitungen, die sich nun im Dunkeln über das Vorderdeck schlängelten, beaufsichtigte. Obwohl das Boot im Schatten des Versorgers getarnt war, stand Bootsmannsmaat Wittenberg mit einer bewaffneten Seewache auf der Brücke, um zur Not allzu neugierige Beobachter zur Räson zu bringen. Auch etwas Proviant wurde übernommen. Mannschaften und Unteroffiziere blieben im Boot, da die Einladung sich nur an die Offiziere richtete.

Also fand ich mich zusammen mit den Leutnants Plate und Korecky sowie den Oberfähnrichen Marbach und Unterhorst auf der Bessel wieder, wo wir empfangen wurden. Ich hatte überlegt, Uniform anzuordnen, hatte aber dann darauf verzichtet. Für die Offiziere des Handelsschiffes mußten wir, unrasiert und im typischen Räuberzivil, abenteuerlich ausgesehen haben, aber war das nicht auch eine Abwechslung vom normalen Betrieb ? Man war jedenfalls neugierig auf uns. Bei frischem Brot, Fisch, Wurst und Salat sowie dem einen oder anderen Sekt versuchte man, mit uns ins Gespräch zu kommen und uns einige Details zur Feindfahrt zu entlocken. Für mich schienen viele der Nachfrage recht trivial und auch naiv, aber immerhin waren das hier Zivilisten, da konnte man nicht viel erwarten, also entsprach ich den Interessen der Offiziere und erzählte einige Geschichtchen, wobei besonders die etwas schlüpfrigeren Anekdoten den Herren fast besser zu gefallen schien als die Berichte unseres heldenhaften Kampfes, die wir natürlich auch ausbreiten sollten, gerade weil die Offiziere schon wußten, daß en Ritterkreuzträger unter ihnen weilte. Also erzählte ich ein paar Erlebnisse aus dem früheren Feindfahrten und auch aus meiner Zeit in Spanien, die recht gut ankamen. Drüben saßen Marbach und Unterhorst mit einigen anderen Leuten zusammen, während Leutnant Korecky sich gerade einen besonders großen Fisch einzuverleiben trachtete und Leutnant Plate mit einigen Gläsern zwischen mehreren Schlucken Pfirsichlikör einen Wasserbombenangriff nachzustellen versuchte...

Nach drei Stunden war das Auftanken beendet und wir verließen die gastfreundlichen Offiziere der Bessel wieder, die trotzdem einen leichten Beigeschmack zurückließen, auch wenn man ihnen das eine oder andere nachsehen mußte. Um 1 Uhr nachts verließ U-94 den Hafen von Vigo im Schutz der Dunkelheit wieder und nahm Kurs auf St. Nazaire.

Das KTB wies das Patrouillenergebnis wie folgt aus: 9 versenkte Schiffe mit insgesamt 52.076 BRT.

Dienstag, 18. Februar 1941, St. Nazaire

Am Anleger erwartete uns bereits eine große, bunt gemischte Menschenmenge. Man sah Marinesoldaten, Marinehelferinnen, Stabsoffiziere, OT-Männer und natürlich die obligatorische Kapelle die einige Märsche spielte. ich sah auch einige Männer, die wie Kriegsberichter aussahen sowie ein paar Offiziere. Ich glaubte Korvettenkapitän Sohler zu erkennen, den Kommandeur der 7. Flottille, einige Stabsoffiziere, aber wenigstens niemand, der wie Dönitz aussah, was an sich bestimmt gut war. Waren dort in der menge nicht auch Marinepolizisten ? Ich war nicht sicher. Korecky brachte das Boot sicher an den Anleger, und mit der Gangway kamen auch die Offiziere, die sich ihren Weg vorbei an der an Deck angetretenen Mannschaft bahnten. Kurz wußte ich nicht, was mich wohl erwartete, dann war es auch schon zu spät. Ich salutierte pflichtschuldig.

"Melde Herrn Korvettenkapitän U-94 von erfolgreicher Feindfahrt zurück. Melde weiterhin 9 Schiffe mit 52.076 Bruttoregistertonnen als versenkt."
'Willkommen zurück, Oberleutnant ! Die Kunde von ihrem Erfolg ist ihnen ja bereits vorausgeeilt.'
Ein Offizier reichte dem Korvettenkapitän ein Kästchen, dem dieser einen Orden entnahm.
'Für die Versenkung von über 50.000 Tonnen auf ihrer Feindfahrt und eine Gesamtversenkungsziffer von 156.258 Tonnen feindlichen Schiffsraumes hat der Führer ihnen das Eichenlaub zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen, das ich Ihnen hiermit verleihen darf. Führer, Volk und Vaterland sind stolz auf Sie !'

Wieder klickten Kameras und wieder hatte man mir einen Blumenstrauß verpaßt. Eher nebenher bekam ich mit, wie man mir noch mehrere Auszeichnungen aushändigte, die ich an die Männer des Bootes verleihen konnte. Ich verlieh 6 U-Bootskriegsabzeichen an die Neuzugänge. Weiterhin bekamen die Obermaschinisten Barthold und Jänicke das EK II für ihre Leistungen auf den bisherigen Feindfahrten, dem Torpedomechanikermaat Egon Foppen verlieh ich stellvertretend für die Torpedowaffe des Bootes das Eiserne Kreuz 1. Klasse. Mir wurden einige Fragen gestellt und ich und die mannschaft wurden noch eine Weile mit Blumen und Briefen überhäuft. Schließlich konnten wir wegtreten und uns in die Quartiere zurückziehen, wo bereits Post und Urlaubsscheine ebenso auf uns warteten wie etwas später noch auf mich die Verleihungsfeier im Kasino...

H34DHUN73R
01.05.18, 12:27
Na, mit dem neuen Boot werdet Ihr ja den Schiffsbestand der Alliierten schnell ausdünnen, werter Graf :)

Hohenlohe
01.05.18, 15:39
Werter Graf, wir gratulieren euch zum Eichenlaub, obwohl es wg der Vichy-Pötte wohl noch Erklärungsbedarf an höherer Stelle gäbe. Aber sei es drum. Erst einmal dürfte wohl gefeiert werden...:top:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

edit: danke für eure schönen bildhaften Stories...

DerGraf
10.05.18, 22:13
Mittwoch, 19. Februar 1941 - St. Nazaire

Ich bekam nicht alle Details der Nachbesprechung mit, der ich am Folgetag beiwohnen durfte. Sicher, ich sah nicht ZU verkatert aus, aber mir war immer noch etwas übel und Kopfschmerzen hatte ich auch. Für das Gespräch war extra ein Stabsoffizier aus dem Stab des BdU angereist. Jedenfalls gratulierte er mir zu meinem Achtungserfolg und kam bald darauf auf das Thema zu sprechen, das wir immerhin alle aus dem Weg haben wollten...

'Wie sie bereits dargelegt haben, wäre eine Versenkung von Vichy-Schiffen durch Kräfte der Kriegsmarine geeignet, eine veritable diplomatische Krise auszulösen. Sie haben völlig richtig reagiert, die Angelegenheit nicht an die große Glocke zu hängen und uns sofort zu benachrichtigen. Der diplomatische Dienst und das OKM haben sich des Vorfalls bereits angenommen. Offiziell haben Sie zwei freifranzösische Schiffe zerstört, deren Tonnage ihnen selbstverständlich voll angerechnet wird. Die beiden französischen Schiffe sind unweit ihres Standpunktes von einem britischen Unterseeboot versenkt worden. An der Rettung konnten sie sich leider nicht beteiligen.'

Ich verstand den Sinn der Aktion natürlich, aber wirklich wohl war mir dabei trotzdem nicht. Trotzdem war es einfach, aus dem Tenor der Offiziers herauszulesen, worauf es ankam: Was er mir gerade präsentiert hatte, war die einzige Wahrheit, die es in der Zukunft noch geben würde und es war an mir und den Offizieren, dafür zu sorgen, daß das auch so blieb. Kein leichtes Erbe und auch keine Eröffnung, die man gut mit in den beginnenden Heimaturlaub nehmen konnte !

Wieder draußen, wo es weniger stickig war, sah ich hinüber zum Dock, wo U-94 gerade überholt wurde. Auch hatte ich beantragt, die 2 cm Flak durch ein Zwillingsmodell zu ersetzen. Ein weiteres Unterfangen, daß die Liegezeit weiter verlängern würde. 4 Wochen hatte ich nun, in der Heimat, danach noch einmal 2 auf dem Stützpunkt, bevor er Ende März wieder nach draußen gehen würde. Da ich gerade nichts anderes da hatte, zündete ich mir eine Zigarette an und beobachtete noch eine Weile das Treiben im hafen, bevor ich daran ging, meine Sachen zu packen und auch vom Stützpunkt zu entschwinden. Die Mannschaft war bereits fast vollständig entschwunden. Irgendwo hatte ich vor kurzem noch Maat Klingenbach und einen der Obermaschinisten gesehen, aber davon abgesehen, hatten sich die Männer von U-94 sehr schnell zerstreut. Verdenken konnte ihnen das wohl keiner. Im Vorbeigehen erspähte ich in der Ferne Oberfähnrich Marbach, der mit einem Klemmbrett bewaffnet mit einem hemdsärmeligen Offizier diskutierte, der mich, was ich in diesem Moment für ziemlich lustig hielt, ziemlich an Günther Schröder erinnerte, den ich ja aber in Köln wußte. Ich beschloß, ihm zu schreiben um genaueres in Erfahrung zu bringen.

Als ich mit meinen Koffern den Stützpunkt verließ, hatte ich aus dem Wagen heraus die Gelegenheit, Albert Vöhringer zuzuwinken, der zusammen mit seinem Wachoffizier, Oberleutnant Lurz, vor dem Kasino stand und zurückwinkte. Er hatte mit gestern erzählt, daß es für ihn am 23. schon wieder nach draußen ging. Seine 9. Fahrt seit dem Kommandantenlehrgang. Damals, hatte ich fast sagen wollen, aber dann besann ich mich eines Besseren. Vor 10 Monaten war das etwa gewesen ! Dachte man so darüber nach, konnte man es kaum glauben, aber trotzdem war es so. Gut, er und einige der anderen hatten noch die Baubelehrung der VIIer gehabt, uns hatte man mit den Einbäumen früher an den Feind gelassen, aber trotzdem machte einen das schon nachdenklich, wie lang sich die Zeit zog und wie normal der Krieg für uns bereits geworden war... Manchmal fühlte sich die Friedenszeit weit weg an, so wie jetzt.

Vöhringer in 4 Tagen wieder draußen, Kapitänleutnant Kölmel war da bereits wieder seit fast 2 Wochen. Von Bell und Kunze hörte ich nur sporadisch, immerhin waren die beiden bei der 2. in Lorient, aber soweit mich meine Informationen nicht trogen, waren sie beide noch am Leben und soweit mit ihrem Los zufrieden. Bernd saß immer noch in Wilhelmshaven bei der 1., der letzte von uns 'alten Spaniern' im Altreich. Was er wohl gerade so trieb ?

Mit gepackten Taschen verließ ich am Nachmittag St. Nazaire und machte mich auf den Weg zurück ins Reich. Völlig wußte ich noch nicht, was ich mit meinem Fronturlaub anfangen sollte, aber das würde sich finden...

Dienstag, 25. Februar 1941 - Kiel

Die Anzeigen waren nicht besonders zahlreich, aber da Paul bereite gehört hatte, wonach er zu suchen hatte, wurde er schnell fündig. Das und natürlich das große Echo, das die Zeitung einräumte. Schnell hatte er den Artikel gelesen, der verkündete, daß Vizeadmiral Lothar von Arnauld de la Periere am Vortag im Alter von 54 Jahren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen war. Das hatte er nicht erwartet ! Der Gedanke, daß er jetzt das erfolgreichste noch lebende As der Unterseebootwaffe war, kam ihm nicht.

Wieder einer weniger !

Während des Krieges hatte es ja genug gefallene Helden und auch Kommandanten gegeben, aber viele unterschätzten ja gerne, wie das mit dem Leben so lief. Früher hatte er sich auch nicht träumen lassen, daß ihm so etwas passieren könnte... Alt werden und dann schnöde den Löffel abzugeben. Aber heute waren sie alle älter und klüger. Viele waren noch in Amt und Würden, aber andere hatten den Krieg überlebt und waren trotzdem in der Zwischenzeit schon verstorben. Einige publikumswirksam, andere heimlich, still und leise. Kapitän Paul König, der das Handels-Uboot 'Deutschland' auf seinen Fahrten nach Amerika kommandiert hatte, war noch eine Ausnahme. Er war bereits 1933 gestorben, allerdings zu diesem Zeitpunkt schon 66 Jahre alt gewesen. Der ehemalige Fregattenkapitän Waldemar Kophamel war 1934 verstorben, er war 54 gewesen. Erwin Waßner, Konteradmiral und Marineattache, hatte eine Dienstreise in die Niederlande nicht überlebt. Er war nur 50 geworden. Konteradmiral Kurt Ramien, Chef des Versuchsverbandes des Sperrversuchskommandos in der Inspektion des Torpedo- und Minenwesens hatte sich eine Woche nach Kriegsausbruch suizidiert. Ende mit 49. Sah man sich die anderen an, war der Kontrast noch größer.

Admiral Wilhelm Canaris, Abwehr. Admiral Rolf Carls, Chef des Marineoberkommandos Nord. Konteradmiral Otto Ciliax, Stabschef Marinegruppenkommando West. Vizeadmiral Karl Dönitz, der keiner weiteren Erläuterung bedurfte. Vizeadmiral Hermann von Fischel, Marinebefehlshaber Kanalküste. Generaladmiral Alfred Saalwächter. Aber es gab auch andere, die ähnlich wie Paul selbst der Kriegsmarine erst vor kurzem wieder beigetreten waren. Korvettenkapitän Hellmuth von Ruckteschell, der einen Hilfskreuzer kommandierte und damit viel Bekanntheit erlangt hatte, etwa. Oder Fregattenkapitän Hans Rose, Kommandant der Seeverteidigung Trondheim. Fregattenkapitän Hans von Mellenthin war Stabschef des Kriegsmarinearsenals in Gotenhafen. Korvettenkapitän Hans Adam war Leiter der Rotterdammer Außenstelle der Rüstungsinspektion der Niederlande. Korvettenkapitän Helmut Brümmer-Patzig kommandierte ein Schulboot in der 1. Flottille. Korvettenkapitän Walter Forstmann diente als Stabschef des Wehrwirtschaftsstabes in Kopenhagen. Korvettenkapitän Max Valentiner leitete das Uboot-Abnahme-Kommando.

Andere hatten sich völlig umorientiert. Edgar von Spiegel von und zu Peckersheim war Generalkonsul in New Orleans. Hellmuth von Rabenau leitete eine Yachtschule am Chiemsee. Otto Steinbrinck war Wehrwirtschaftsführer geworden und inzwischen Generalbevollmächtigter für die Stahlindustrie in Luxemburg, Belgien und Frankreich. Heinz von Hennig war, wie er gehört hatte, Vorstand der Stationsbücherei der Marinestation der Ostsee. Er fragte sich gerne, wie das wohl zustande gekommen war...
Josef Unrug war nach dem Krieg nach Polen gegangen und hatte es dort zum Konteradmiral und zweithöchsten Marineoffizier gebracht. Er war inzwischen Kriegsgefangener in Deutschland. Gottfried Treviranus war Politiker geworden. 1934 hatte er im Zuge des Röhm-Putsches Deutschland fluchtartig verlassen und war 1939 ausgebürgert worden. Martin Niemöller war Pastor geworden und saß im KZ.

Paul war selber auch schon 48 Jahre alt und er fand für einen teilweise Kriegsinvaliden mit langer Ruhepause von der Marine hatte er es dann doch schon gut getroffen. Vielleicht rein karrieretechnisch nicht so gut wie einige, aber eben auch besser als andere. Und, was er eben vielen voraushatte: Er war noch am leben, auch wenn das natürlich wenig darüber hinwegtröstete, daß er seinen Posten als Papierschieber im Stab bisweilen langweilig fand. Andererseits war ihm das ja bereits vor seinem Reaktivierungsantrag klar gewesen, ein Bordkommando hätte er wohl kaum bekommen. Nun, da konnte man froh sein, mit dem, was man hatte !

Er faltete die Zeitung zusammen und klopfte die Pfeife aus. Wenn sie alle vor 25 Jahren gewußt hätten, was ihnen bevorstand, hätte sich woghl etwas geändert ? Nun, wer wußte das schon. Spekulieren hatte wenig Potential, sie waren hier, die Dinge waren, wie sie waren und jeder mußte sehen, wie er zurechtkam. Manchmal war es alles doch recht einfach, wenn man es von der richtigen Warte betrachtete. Nein, Paul kannte die wenigsten dieser ehemaligen Kommandanten persönlich ! Ein paar von ihnen noch aus seiner Zeit im Mittelmeer. Man hatte zusammen im gleichen Dreck gelegen und fühlte sich deshalb miteinander verbunden, aber sonst ? Verband sie herzlich wenig. Trotzdem machte ihn der Artikel nachdenklich. Er hatte sich früher nie groß Gedanken um seine Sterblichkeit gemacht, wozu auch ? Für ihn war der Tod immer etwas gewesen, das anderen passierte. Etwas für Helden und alte Leute. Ein Held war er schon lange nicht mehr, und einen heldenhaften Tod im Felde würde er auch nicht bekommen, auch wenn er das wenig bedauerte... Aber die Todesmeldung hatte ihm gezeigt, daß er auch langsam zu dem gehörte, was sie früher eher verächtlich als 'alte Leute' bezeichnet hatten. Die Granaten kamen sozusagen immer dichter heran, und würden irgendwann auch deckend liegen. Wenn es soweit war, war es eben soweit. Übermäßiges Nachdenken würde genausowenig helfen wie Verdrängen. Er erhob sich und trat ans Fenster, von dem aus er den Betrieb im Hafen sehen konnte. Wenn man nicht so genau hinsah, konnte man fast denken, draußen wäre Frieden.

Vor 3 Tagen erst hatte der Gauleiter von Düsseldorf, Friedrich Karl Florian, verkündet, der Krieg sei gewonnen. Er drehte sich halb herum, um dem vorschriftsmäßig in seinem Bureau hängenden Hitlerbild einen spöttischen Blick zuzuwerfen. Was meinen Sie, Herr Hitler ? Ist dieser Mann wirklich derart beschränkt oder plappert er nur nach, was von oben kommt ? Wollen wir ihn beizeiten fragen, was denken Sie ?

Es klopfte.

'Ja ?'
'Sie hatten mich gebeten, Sie an die besprechung um 10 Uhr 30 zu erinnern, Herr Korvettenkapitän !'
'Ah, richtig ! Danke Fräulein Moritz. Ich komme sofort !'

Er hatte sich noch immer nicht an die Wehrmachtshelferinnen gewöhnt, die jetzt auch bei ihnen eingezogen waren und mehr und mehr Aufgaben übernahmen. Hochmotivierte junge Dinger, die was von der Welt sehen wollten und sich deshalb freiwillig meldeten, soweit er gehört hatte. Ihm gefiel der Gedanke von Frauen in Uniform nicht. Marschieren, salutieren und einige andere Dinge mußten sie schon, von da war es für ihn nur noch ein kleiner Schritt zum Dienst an der Waffe... Krankenschwestern, nun gut, die brauchte man natürlich, aber in der Armee an sich hatten Frauen seiner Meinung nach nichts zu suchen ! Er nahm die Uniformjacke und die Mütze vom Ständer, rückte vor dem kleinen Spiegel den Langbinder und seinen Pour le Merite zurecht und verließ mit der Aktentasche das Dienstzimmer, um einer weiteren Dienstbesprechung beizuwohnen.

Für den Moment waren der tote Kommandant, mit dem er sich damals im Mittelmeer einmal kurz unterhalten hatte und all die anderen Dinge wieder vergessen...

DerGraf
12.05.18, 00:17
Mittwoch, 12. März 1941 - Danzig-Langfuhr

Ich hatte mich zunächst etwas gesträubt, war dann aber doch als Gast bei der Familie Kornelius untergekommen. Da Anna tagsüber auf der Arbeit war, hatte ich tagsüber genug Zeit, die ich in der Stadt verbringen konnte. Das gelang mir ganz gut, zeitweise ging mir auch Gottfried dabei etwas zur Hand. Annas jüngster Brüder war 19 Jahre alt und hatte gerade seinen Arbeitsdienst hinter sich gebracht und erzählte mir mehrfach begeistert, daß er sich freiwillig für die Kriegsmarine gemeldet hatte. Die großen Schiffe hatten es ihm anscheinend angetan. Ein bißchen Schuld daran hatte ich wohl auch gehabt, immerhin hatte ich ein paar Mal auf Nachfrage von meiner Zeit auf der 'Deutschland' erzählt und wohl auch die Zerstörerwaffe in meiner Version von Norwegen nicht so gut wegkommen lassen... Aber immerhin sah er sich durch die Marine-HJ gut vorbereitet, mochte es ihm nutzen ! Verstehen konnte ich ihn aber auch, immerhin war die Wehrmacht bislang von Sieg zu Sieg geeilt und er wollte es seinen Brüdern nachtun, die bereits im Kampf standen und, wie er es nannte, ihren Beitrag leisteten. Eugen war Unteroffizier in einem Infanterieregiment, Johann Oberfeldwebel und Panzerkommandant, beide Einheiten dienten wohl derzeit als Lehrtruppe in Rumänien. Martin, der Jüngste, war im letzten Jahr konfirmiert worden und hatte wohl noch etwas Zeit, gerade weil sein Vater darauf bestand, daß er zuerst sein Abitur machte. Wenn der Krieg nicht schon vorbei war, wenn er alt genug wäre, eingezogen zu werden ! Aber das war zu diesem Zeitpunkt eher sekundär. ich sah jedenfalls zu, mich tagsüber zu beschäftigen, um meinen Gastgebern nicht übermäßig zur Last zu fallen. Ich hatte trotzdem schnell heraus, daß es doch deutlich leichter und auch angenehmer war, sich ohne Ritterkreuz in der Stadt zu bewegen, weil man weniger augenfällig war. Immerhin war doch einiges an Soldaten in der Stadt und zwischen den Artilleristen, Infanteriesten, Flugschülern der A/B Schule in Langfuhr oder eben auch Männern der Marine-Artillerie und Marine-Flak fiel ein weiterer Marine-Offizier dann auch deutlich weniger auf als ein Eichenlaubträger dies getan hätte. Gottfried meinte, wegen dem SS-Strafvollzugslager in Danzig-Matzkau, wo straffällig gewordene SS-Männer einsaßen, und der SS-Dolmetscherschule auch SS-Männer in der Stadt anzutreffen waren, aber bislang waren uns keine über den Weg gelaufen. Von mir aus mußte sich das auch nicht ändern. Wenn ich abends mit Anna ausging, konnte ich das Eichenlaub natürlich nicht verstecken, was mein Inkognito mit der Zeit aushöhlte und auch etwas Sonderbehandlung mitbrachte, immerhin stellte ich ja so eine Art Prominenz dar. In solchen Momenten wünschte ich mir dann doch eine Zivilkleidungsgenehmigung, aber die hatte ich natürlich nicht. So oder so hatte ich noch ein paar ruhige Tage vor mir, die ich zu nutzen beabsichtigte.

Fünf Tage später mußte ich bereits wieder nach St. Nazaire zurück. Viel zu schnell waren die freien Tage vergangen und bald traf ich wieder auf dem Stützpunkt ein, wo sich die dienstliche Routine bald über die entspannten Tage in Langfuhr lebte und der Barras wieder sein Haupt erhob.

DerGraf
12.05.18, 02:10
Montag, 31. März 1941 - St. Nazaire, 14:00

Wieder hatte sich eine beachtliche Menge am Anleger gebildet, als U-94 zu seiner nächsten Feindfahrt auslief. Die Blumen schwammen im Hafenwasser und wieder hatten die, die auf der Brücke waren einiges an Gaben auffangen können. Wittenberg hatte unsere Hochseeversicherung entrichtet und das Boot schob sich langsam aus dem Hafen von St. Nazaire.

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"Haben Sie sich gut erholt, Kühne ?" wollte ich wissen. Der Wachoffizier spähte immer noch achteraus auf den kleiner werdenden Anleger.
'Kann nicht klagen, Herr Oberleutnant ! Alles hervorragend zuhause, der Kleine ist jetzt bald soweit, daß er anfängt zu laufen. Dumm, daß ich jetzt schon wieder rausmuß, aber so ist der Krieg nunmal.'
Er zuckte mit den Schultern. 'Aber vielleicht schaffen wir die Tommies ja bald... Bislang sieht es ja ziemlich gut aus.'
Natürlich wußten wir beide, daß es Schattenseiten gab, die die Erfolgsserie der Wehrmacht dämpften. Seit dem 11. März war Oberleutnant Gerland, der erst am 7. Februar das Eichenlaub erhalten hatte, mit seinem Boot überfällig, die Dreisternemeldung war vor einigen Tagen rausgegangen, aber als U-Bootmann hatte man so seine Ahnungen, was das anging. Ebenfalls seit dem 7. März hatte man von Kapitänleutnant Günther Prien auf U-47 nichts mehr gehört. Die letzte Meldung kam vor einem Angriff auf den Geleitzug OB-293, und sein langes Ausbleiben ließ wenig Zweifel, auch wenn die Kriegsmarine natürlich wenig Angaben machte und sich noch bedeckt hielt. Und dann war da noch die Sache mit HX-112... 5 Boote hatten den Geleitzug angegriffen: Lemp auf U-110, Schepke auf U-100, Kretschmer auf U-99, Eitel Friedrich Kentrat auf U-74 und Nicolai Clausen auf U-37. Offizielle Angaben gab es nicht, aber die Latrinenparolen, die die Runde machten, waren eindeutig genug:

Oberleutnant Clausen war abgedrängt worden, mußte den Einsatz wegen der Schäden am Boot abbrechen und war am 22. wieder in Kiel eingelaufen. Kentrat war noch draußen, hatte aber anscheinend auch keine Versenkungen aus dem Geleit gemeldet. Lemp hatte einen Dampfer als beschädigt gemeldet, aber keine bestätigte Versenkung. Er hatte vor 2 Tagen wieder in Lorient festgemacht. Kretschmer und Schepke hatten sich seitdem nicht mehr zurückgemeldet. In einigen Marinekreisen spekulierte man, daß beide Boote verlorengegangen waren und das sickerte natürlich langsam, aber sicher durch... So oder so, der März schien keine gute Zeit für die Kriegsmarine zu sein. Vier erfolgreiche Kommandanten vorerst vermißt war keine gute Statistik. Es lag wohl an uns, den Fluch zu brechen ! Ich spuckte über das Schanzkleid.

"Wohl wahr ! Schauen wir, was wir auftreiben können, Kühne !"

Eine unangenehme Stille breitete sich auf der Brücke aus, also stieg ich wieder in die Zentrale hinab, wo ich mich noch einmal in die Kursdaten vertiefte. BE91 war ein Planquadrat im Atlantik, etwas außerhalb der Biskaya. Wir würden sehen, ob sich dort etwas auftreiben ließ, oder ob es weiter gen England gehen würde... Am 1. April mittags meldete der Funkmaat einen wichtigen Funkspruch, den Leutnant Korecky schnell entschlüsselte. Der befehl schien ein guter Aprilscherz zu sein, aber wir wußten, daß er ernstgemeint war.

'Tschja, Herr Oberleutnant !' meinte Korecky 'Der BdU hat die Blockade um Island bis auf 3 Seemeilen an Grönland ausgeweitet.'
"Hm. Noch was ?"
'Ja. Amerikanische Schiffe dürfen weiterhin nicht angegriffen werden, selbst wenn sie Schmuggelware transportieren oder Positionsmeldungen weitergeben. Keine Zwischenfälle provozieren.'

Wir hatten ja gesehen, wie genau man das in den richtigen Situationen nahm, aber der befehl war sinnig, wenn auch verflucht unangenehm. Vor allem da wir uns ja denken konnten, wie es um die Neutralität der Amerikaner bestellt war... Leutnant Plate schob mir eine Dose Ölsardinen zu, während er sich eine Tasse Kondensmilch mit Zitronensaft gönnte, wofür ihn Oberfähnrich Unterhorst etwas angewidert ansah. Plate grinste und bot dem Offiziersanwärter einen Schluck an, den dieser dankend ablehnte. Kühne grinste bloß und tunkte etwas Öl mit einem Stück Brot auf.

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Als man mich weckte war es 4 Uhr 20 morgens.
'Schiff gesichtet, Herr Oberleutnant !'

Schwerfällig stand ich auf, warf mir etwas über und enterte auf die Brücke, wo mich Oberfähnrich Unterhorst schon erwartete. Er wirkte aufgeregt, und ich konnte es ihm nicht verdenken. ich nahm das angebotene Glas und sah hinüber, wo die Seewache das Fahrzeug ausgemacht hatte, das immer näher kam, aber uns noch nicht ausgemacht zu haben schien.

"Und, Herr Unterhorst ? Sie sind der Wachoffizier, was wollen Sie tun ?"

Der Oberfähnrich wirkte kurz überrascht, faßte sich aber schnell wieder. Er spähte noch einmal zum Schiff hinüber.

'Deckgeschütz besetzen !' befahl er 'Fertig machen zum Überwasserangriff !'

Der Befehl wurde durchgegeben und bald war das Deckgeschütz ausgerichtet und meldete Feuerbereitschaft. Unterhorst befahl kleine Fahrt zurück und wartete, bis das Schiff auf etwa 700 Meter heran war.

'Feuer frei !'

Auf die kurze Distanz traf der erste Schuß den Bug und erleuchtete die Nacht. Nur kurz, aber lang genug, um den Namen des Schiffes erkennn zu können, den ich an Kühne weitergab. Dieser hatte es im Register dann auch schnell gefunden.

'SS Algerian, Herr Oberleutnant, 2278 Tonnen !'

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Am 2. April 1941 um 4:30 Uhr versenkte U-94 den Trampdampfer 'SS Algerian' mit 2278 Bruttoregistertonnen.

Azrael
12.05.18, 10:27
Immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel auch auf dieser neuen Feindfahrt :)

Hohenlohe
12.05.18, 12:59
Werter Graf, man könnte glatt annehmen, dass Ihr hier die eigene Familiengeschichte zum Besten gebt, da eure Geschichten so viele Details enthält, die wir bislang so nicht kannten. Aber nur weiter so, wir sind ein dankbarer Leser...:top:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
12.05.18, 13:53
Werter Hohenlohe !

Habt Dank für das Lob, es freut Uns, wenn wir es schaffen, daß unsere Ergüsse motiviert mitgelesen werden und wir es schaffen, die Figuren plastisch mit Leben zu füllen. Mit unserer Familie hat das Geschehen aber nicht viel gemein, da unsere Großeltern den Jahrgängen 1938 und 1940 angehören. Wir wissen, daß ein Onkel unserer Großmutter mütterlicherseits in Rußland vermißt ist und Unser Urgroßvater väterlicherseits (Jahrgang 1912) Obergefreiter bei der Luftwaffe war. Er ist aber bereits 3 Jahre vor unserer Geburt gestorben, und unserer Urgroßmutter (Jahrgang 1907) haben wir nie wirklich Fragen gestellt, bis es zu spät war. Im Gedächtnis geblieben ist Uns, wie sie, als Wir unseren Wehrdienst antraten, von einem Soldaten erzählte, der wohl 1939 bei ihr zuhause einquartiert war und der ihr später noch eine Karte schrieb. Offenbar hatte er es letztenendes doch mit seiner Freiwilligenmeldung bereut, wie sie meinte. Im nachhinein ärgern wir uns sehr, daß wir uns nicht früher für das Thema interessiert haben, aber wir hatten auch das Gefühl, daß sie nicht gerne über diese Zeit sprach und seit sie vor 10 Jahren verstorben ist, sind wir auf eigene Rekonstruktionen angewiesen, zu denen wir aber leider ob des Zeitmangels nur selten kommen, sodaß diese nicht weit gediehen sind, sodaß es weiterhin viele Baustellen in dieser Richtung gibt.

Aber ohne diese Personen, ob wir sie noch kennengelernt haben oder nicht, hätte es unser Interesse an diesem Thema nicht gegeben, und daher sind, so ernsthaft man das bei einem fiktionalen Narrativ auf der Basis eines Computerspiels sagen darf, diese Zeilen auch ihnen gewidmet.

DerGraf
13.05.18, 05:15
Donnerstag, 3. April 1941 - Planquadrat BE91

'Kontaktmeldung, Herr Oberleutnant !'

Der diensthabende Funkgast reichte mir einen Zettel vom Meldeblock. 'Geleitzug BE91' war dort zu lesen. 'Kurs 0, 4 Knoten.' Kühne zeichnete die Lage des Geleits anhand der folgenden Positionsangaben mit dem Bleistift in die Seekarte ein. Plate und Unterhorst sahen mir und ihm dabei über die Schulter, wodurch es am Kartentisch recht eng wurde.

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'Zusammentreffen in etwa 3 Stunden zu erwarten, wenn sie nicht zacken, vielleicht etwas mehr oder weniger.' meinte Kühne und kaute am Ende des Bleistifts, bevor er mit zwei Geodreiecken einen Kurs einzeichnete. 'Wie üblich, Herr Oberleutnant ? Die Position ist fast schon ideal !' Ich nickte. "Wie üblich !" Wir würde also versuchen, uns vom Geleit überrollen zu lassen um an den bewachern vorbeizukommen und dann im Geleit selbst bewegungsfreiheit zu haben. Das klappte nicht oft, aber hier konnten wir uns das Geleit fast schon beliebig vorlegen, also war das eine gute Lage...

Um 8 Uhr 55 meldete die Seewache ein Kriegsschiff an der Kimm ! Ich ließ einsteigen und auf Sehrohrtiefe gehen.

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"Soweit, so gut ! Wir müssen nur sauber am Bewacher vorbei, dann können wir uns austoben !"
'Wenn die uns lassen, Herr Oberleutnant !' warf Kühne hinten vom Kartentisch ein.
"Ich habe nicht vor, die Herren um Erlaubnis zu bitten, Kühne !" stellte ich mit einem hinterhältigen Grinsen klar. "Also schauen wir mal."

"Auf 80 Meter gehen. Schleichfahrt !" ordnete ich an. Jetzt würden wir sehen, was diese Bewacher konnten ! Würden sie uns bemerken ?

"Kontakte, Herrmann ?" fragte ich leise.
'Etwa ein Dutzend Kontakte voraus, Herr Oberleutnant ! Kommen näher !'

Ich ließ das Boot auf 100 Meter legen und hielt stur auf das Geleit zu. Plötzlich verzog Herrmann das Gesicht und auch wir hörten das leise Wummern von Außerhalb.

'Wasserbomben, Herr Oberleutnant !'

Ich hob die Hand, um zu zeigen, daß ich verstanden hatte. Sie hatten noch nicht mit Sonar gesucht, also beharkten sie wahrscheinlich ein anderes Boot, den Fühlungshalter vielleicht ? Ich sah den Rudergänger fest an. "Kurs halten !" Der nächste Blick galt Marbach. "Sehrohrtiefe, Herr Marbach !"

Das Boot stieg langsam. Wachsam horchten wir alle auf die beiden Korvetten draußen, die hinter uns immer noch Wasserbomben warfen. Kamen sie näher ? Hörten sie uns ? Dafür gab es keine Anzeichen, aber andererseits würden wir das wohl auch erst merken, wenn es zu spät war...

"Torpedowaffe klar zum Gefecht !"

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Durch das Periskop waren insgesamt 17 Schiffe auszumachen. 2 Bewacher und 15 Schiffe. Nach einem kurzen Rundblick fiel mein Blick auf einen Großfrachter, der sich herhorragend als erstes Ziel eignen würde.

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"Rohr 1 und 4 fertigmachen zum Fächerschuß."
'Rohr 1 und 4 geschaltet !'
"Entfernung zum Ziel 2790 Meter. Zielfahrt 3 Knoten, Lage 132."
'Steht !'
"Magnetzünder, Lauftiefe 10,5 Meter. Laufgeschwindigkeit 44 Knoten."
'Eingestellt !'
"Rohr 1 und 4 bewässern."
'Mündungsklappen geöffnet !'
"Rohr 1 und 4... los !"
'Rohr 1 und 4 abgefeuert !'

Die Laufzeit würde trotz allem fast 4 Minuten betragen, also wechselte ich zum nächsten Ziel, einem Empire Frachter.

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"Achtung bei Rohr 5 !"
'Rohr 5 feuerbereit !'
"Entfernung 2380 Meter, Feindfahrt 3 Knoten. Schußwinkel 059. Torpedo 44 Knoten, Lauftiefe 7,5 Meter."
'Eingestellt !'
"Rohr 5... los !"
'Rohr 5 abgefeuert !'

Der Hecktorpedo verließ das Rohr und lief seinem Ziel mit Höchstgeschwindigkeit entgegen. Erneut ließ ich das Sehrohr herumgehen und suchte ein weiteres Ziel heraus.

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"Achtung bei Rohr 2 und 3 !"
'Rohr 2 und 3 feuerbereit !'
"Zielentfernung 1640 Meter. Zielfahrt 3 Knoten. Lage 112."
'Steht !'
"Rohr 2 und 3... los !"
'Rohr 2 und 3 abgefeuert !'

Kühne war bereits mit den Stoppuhren zugange und lauschte mit einem Ohr nach draußen, wie wir alle. Herrmann schien in den Kopfhörer des Hydrophons hineinkriechen zu wollen, so angestrengt horchte er nach den Positionen der Zerstörer und anderen Schiffe.

"Kurs 0, 1/3 Fahrt voraus. Auf 80 Meter gehen !"
'Kurs 0, 4 Knoten, 80 Meter.'
"Sehen wir zu, daß wir hier wegkommen, was ?"

Dann wummerten draußen die ersten beiden Detonationen, komplett mit Folgeexplosionen und dem Geräusch sich verbiegenden Metalls.

'Torpedotreffer !' zischte Plate.
'40 Meter gehen durch, Herr Oberleutnant !' meinte Marbach trocken.

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Eine weitere Detonation. Kühne sah auf die Uhr.
'Frühdetonierer, Herr Oberleutnant !'
"Spätestens jetzt wäre die Jagd wohl eröffnet, das Signal für den Rollentausch." Einen Fluch zerquetschte ich zwischen den Zähnen. Ruhe projizieren !
'70 Meter gehen durch...'

Am 3. April 1941 um 10:28 Uhr versenkte U-94 den mittelgroßen Frachter 'MV Staghound' mit 5.160 Bruttoregistertonnen.

Die ersten Pings schallten durch das Wasser und viel zu schnell würden sie lauter und die Abstände kürzer.

'Zerstörer hat uns in der Ortung, Herr Oberleutnant !' keuchte Herrmann... Ich sah mich in der Zentrale um. Walter und seine beiden Zentralegasten, Huttelmaier und Schäfer, kannten das Prozedere ja bereits. Kühne ebenso. Plate wirkte gefaßt, aber auch bleicher als sonst, zumindest sah es so aus. Korecky nagte an seiner Unterlippe und sah auf die Decke, wo er die Wasseroberfläche wußte. Marbach starrte auf seine Anzeigen und Unterhorst wischte sich mit einem Taschentuch über die Stirn und wirkte ein wenig blaß um die Nase. Zumindest für diese beiden würde es, ähnlich wie für ein Drittel der Mannschaft, der erste Wasserbombenangriff werden und ich hoffte, sie würden sich gut halten...

Hohenlohe
13.05.18, 06:39
Wird jetzt richtig unangenehm oder...??

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
13.05.18, 07:14
Das Ping behielt das Boot in seinem Griff, also ließ ich Marbach auf 90 Meter gehen... Das würde uns nicht aus der Peilung retten, aber mit etwas Glück waren wir tief genug, um den Wasserbomben zu entgehen.

"Kurs 333 !"
'Kurs 333 liegt an, Herr Oberleutnant !'

Dann hörte ich Herrmann wieder im Funkschapp.
'Wasserbomben !'

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'Zweiter Zerstörer kommt näher, Herr Oberleutnant ! Anlauf beginnt !'

Die zweite Salve saß und das Boot wurde wie von einer Gigantenfaust gepackt und durchgeschüttelt. Oben im Turm splitterte etwas Glas. Ich hoffte, der Torpedorechner und die Sehrohre würden es überstehen... Ansonsten waren wir aber billig weggekommen. Ich nickte in die Runde. Walter zählte an einer kleinen Tafel die Wasserbomben mit. Elf Markierungen waren dort bereits zu sehen und weitere würden folgen... Aber eine Weile schien es, als hätten die Zerstörer uns verloren.

Am 3. April 1941 um 10:41 Uhr versenkte U-94 den Großfrachter 'SS Chatham' mit 9.499 Bruttoregistertonnen.

'Rohr 4 und 5 nachgeladen, Herr Oberleutnant !'
'Feind hat uns in der Ortung, neuer Anlauf beginnt !'

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Weitere Erschütterungen gingen durch das Boot. Die Zentralebeleuchtung fiel aus und während Glas splitterte, zischte Wasser aus undicht gewordenen Flanschen und ergoß ich wie ein Sprühnebel über uns. Die ersten Vartalampen erhellten die Zentrale wieder...

'Schaden im Hecktorpedoraum !' 'Bugraum beschädigt !' 'Hauptlenzpunpe unklar !' Batterie I undicht, Herr Oberleutnant, schwerer Wassereinbruch im E-Maschinenraum !' Schnell trafen die ersten Meldungen ein und Oberfähnrich Marbach teilte Leckwehrtrupps ein. Er machte das schnell, routiniert und konzentriert, gerade bei seinem Erfahrungsstand nicht selbstverständlich ! Es war Zentralemaat Walter, der den Tiefenmesser im Auge behielt, nachdem Marbach mit seinen Mannen nach hinten verschwunden war, um die Schäden zu kontrollieren und die Reparaturen zu priorisieren.

'100 Meter gehen durch, Herr Oberleutnant !'
'110 Meter gehen durch.'
'120 Meter...'

Walter wirkte völlig beherrscht, aber ich konnte hören, daß er nervös wurde !

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Marbach kam bald wieder zurück und breitete seine Rißzeichnungen und Schaltpläne in der Zentrale aus, an denen er mit Wittenberg, Torpedomaat Richter und dem Bugraumpräsidenten Foppen verschiedene Maßnahmen besprach.
"Meldung, Herr Marbach ?" fragte ich. Marbach drehte sich um und sah auf seinen kleinen Block, während er die Maate entließ.

'Hydrophon und Funk unklar, Batterie I schwer beschädigt, Batterie II leicht beschädigt... In der Bilge sammelt sich Schwefelsäure, sind schon mit Kalkmilch dran. Risse im Fundament des Backborddiesels, mehrere Pleuel verzogen und Schaden an der Kurbelwelle, Rohr 5 verklemmt, Schrauben ebenfalls beschädigt, wie schwer kann ich noch nicht sagen. Schwerer Wassereinbruch im Bugraum, weitere Leckagen in Hecktorpedoraum und Dieselmaschinenraum.' Marbach schielte auf den Tiefenmesser und den Lageanzeiger.
'Boot immer noch vorderlastig, im Moment auf 132 Meter und weiter sinkend.'

"Das Wasser muß aus dem Boot, Herr Marbach !"
'Unzweifelhaft, aber davor müssen die Wassereinbrüche abgedichtet werden, wir pumpen schon von Hand nach, aber es kommt mehr rein, als wir rauskriegen.'

Er nickte zum Tiefenmesser, an dem die Nadel gerade die 140 Meter-Marke passierte, bevor er sich die Ärmel hochkrempelte und in die Hände spuckte.
'Bin im Bugraum, Herr Oberleutnant !'

Unterhorst zuckte zusammen, als das Gebälk des Bootes zum ersten Mal unter der Belastung des Wasserdrucks schrill aufkreischte. Plate war irgendwo hinten, Korecky sah nur stumm auf einige Spanten, während er Walter half, der unter den Bodenplatten der Zentrale zugange war.

'Wasserbomben !' ließ sich Herrmann vernehmen, der schon wieder über dem Horchgerät saß, dessen Innereien immer noch teilweise auf den Tisch hingen. Drüben fiel die Nadel weiter. ich wußte, wenn sie die 160 oder 170 Meter erreichte, würde es verflucht eng werden ! Sicher, die berechnete Zerstörungstiefe war noch nicht erreicht, aber die war nur berechnet und selbst in der Druckkammer, mit einem Ingenieur und Telefonverbindung nach draußen war das ein ganz anderer Schnack als mit einer kompletten Mannschaft tatsächlich in der Tiefe zu sitzen ! Das Gebälk stöhnte und ächzte weiter unter dem zunehmenden Wasserdruck, als es weiter in die Tiefe sank, langsam und scheinbar unaufhaltsam...

Aber wir hatten Glück. Ich konnte von der Zentrale aus die Männer im Bugraum sehen, die nicht mehr wie zuvor knietief im Wasser standen, sondern nur noch knöcheltief. Marbach kam zurück und die Maldungen trafen ein, die er sammelte, um sie dann an mich weiterzugeben. Aber das nahm ich nur nebenbei wahr. Ich hatte nur Augen für den Zeiger des Tiefenmessers, der langsamer wurde und kurz vor der 150 zitterte und stehenblieb.

Geschafft ! Das Boot war nicht perfekt eingependelt, aber die Nadel tanzte nur noch ein bißchen um die Marke herum, wir sanken also nicht mehr... Gnadenfrist oder Rettung ? Marbach löste sich von seinem Tisch und erstettete Meldung.

'Wassereinbrüche bekämpft und Leckagen abgedichtet, Herr Oberleutnant ! Funk und Hydrophon sind klar, Hecktorpedorohr klar, Diesel klar, Batterie II mit Überbrückungsschienen soweit wieder geflickt, aber 'klar' wäre übertrieben. Batterie I mit Bordmitteln nicht zu reparieren, zu viel Bruch... Schrauben soweit möglich repariert, ich nehme an, die Schraubenwelle hat auch etwas abbekommen, das kann ich aber getaucht nicht überprüfen. Dasselbe gilt für Funkantenne und Sehrohranlage.'

"Einsatzfähigkeit des Bootes ?"
'Eingeschränkt, Herr Oberleutnant ! Sobald das Boot wieder oben ist, kann ich mehr sagen, aber schon wegen der Schraubenwelle würde ich zum Abbruch der Unternehmung raten !'
"Danke, Herr Marbach !"

Mit nur einer Batterie und Verdacht auf Kurbelwellenschaden war in der Tat nicht viel Staat zu machen. Während Marbach das Boot einpendelte, rang ich mich dazu durch, Kurs auf die Heimat zu nehmen. Draußen warfen die Zerstörer immer noch Wasserbomben, die aber über uns detonierten und außer kaputtem Anzeigenglas und durchschütteln des Bootes keine weiteren Schäden anrichteten.

"Auf 120 Meter gehen, Kurs 270, 2 Knoten, Schleichfahrt !"

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Während die Tommies weiter munter ihre Wasserbomben warfen, humpelte U-94 langsam aus der Gefahrenzone. Die Wasserbomben wanderten aus und verschwanden bald genauso wie das Geleit. Wir blieben noch fast 3 Stunden unter Wasser, bis ich schließlich auftauchen ließ, nachdem Hermann die Oberfläche klar gemeldet hatte.

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Um 13:22 Uhr durchbrach U-94 die Wasseroberfläche. Oberfähnrich Unterhorst zog mit der Seewache auf und Korecky und Zentralemaat Walter nahmen sich der Sehrohranlage an. Sie hatte ordentlich eingesteckt, konnte aber mit Bordmitteln repariert werden. Weniger Glück hatten wir mit dem Antrieb. Entgegen meinen befehlen zum Rückmarsch nahm das Boot keine Fahrt auf. Da Marbach schlief und ich ihn nicht wecken wollte, ging ich selber nach hinten, wo mir Diesel-Obermaschinst Barthold die Lage auseinandersetzte...

'Der Diesel ist soweit in Ordnung, Herr Oberleutnant. Oberfähnrich Marbach hatte den Verdacht, daß die Backbordschraube schwer beschädigt ist und mit Bordmitteln nicht repariert werden kann. Den Geräuschen nach stimmt das auch. Die Steuerbordschraube funktioniert, aber irgendetwas ist wohl verklemmt oder verzogen. jedenfalls läßt sich der Diesel nicht mehr auf die Welle kuppeln. Jedesmal, wenn wir es versuchen greift er nicht oder springt wieder ab und wir können nicht viel machen, weil wir von innen nicht rankommen.'

Mit einem Laut der Frustration schob er seine speckige Schirmmütze in den Nacken und wischte sich die öligen Hände an einem Feudel ab. Im Hintergrund erkannte ich den Hauptgefreiten Greif, der mit den Gefreiten Schendel und Diehl unter der Fuchtel des Dieselmaaten Steffens mit Gestänge hantierten. Barthold folgte meinem Blick und fuhr gedankenverloren mit dem Feudel über seine Stirn, der dort eine weitere schwarze Spur hinterließ.

'Jänicke sagt, die Batterie II macht es noch, aber von ihren 62 Zellen sind 49 kaputt oder mußten überbrückt werden. Den Diesel kriegen wir nicht auf die Schraube, also sehen wir, ob wir eine Übertragung bauen können, damit wir den Diesel wenigstens benutzen können um die Batterien zu laden. Wenn das klappt reichen die Batterien vielleicht noch bis Frankreich. Versprechen kann ich aber nichts !'

"Sehr gut, Barthold ! Weitermachen !"

Barthold salutierte und feuerte den Feudel in eine Ecke, um sich wieder zu seinen Untergebenen zu begeben. Nachdenklich ging ich wieder in die Zentrale zurück. Die Lage erinnerte mich unangenehm an Narvik, nur daß diesmal keine Feindkräfte oder Fjorde in der Nähe waren, sondern wir weit draußen auf hoher See waren. Wenn wir hier das Boot aufgeben mußten, hätten wir ein großes Problem ! ich hoffte, das alles klappte, damit wir zumindest näher ans Festland kamen.

"Wie weit ist es bis nach St. Nazaire, Kühne ?"
Er maß mit dem Stechzirkel und einem Lineal nach und konsultierte seine Tabellen, wobei er sich nachdenklich an der Nase rieb.
'Etwa 907 Seemeilen, Herr Oberleutnant. Mit angeknacksten Diesel und nur einer Batterie eine sportliche Vorgabe.'
"Was ist mit Spanien ? Sagen wir, wir laufen Vigo an und lassen uns von den Herren auf der Bessel helfen ?"
'Gut die Hälfte...' Er rechnete etwas umher und nickte. '490 Seemeilen. Allerdings wird man uns das Boot da nicht reparieren können. Gut möglich, daß wir es aufgeben müssen und man uns durch Spanien nach Deutschland schmuggelt. Wenns zu offensichtlich wird, müssen die Spanier uns vielleicht internieren. Schwer zu sagen, aber die nächste Werft wäre wohl Brest oder Bordeaux.'

Barthold meldete eine Stunde später Vollzug. Wir konnten die Batterie laden, aber mußten zur Fortbewegung getaucht mit der Batterie fahren. Wenn der Diesel lange genug reichte, schätzte Kühne konnten wir es in drei Wochen nach St. Nazaire schaffen...! Nach der Besprechung mit den anderen Offizieren befahl ich, Kurs auf St. Nazaire zu nehmen.

Würde das Boot den Törn durchhalten ?

Azrael
13.05.18, 08:01
Da waren die Wasserbomben ja wohl doch dichter dran, als es einem lieb sein konnte und dann müsstet ihr tagsüber wohl permanent getaucht fahren, da ihr gegen eventuelle Luftangriffe wohl keine Hoffnung des Ausweichens hättet...

DerGraf
13.05.18, 08:06
Wir müssen sowieso getaucht fahren, werter Azrael !

Über Wasser können wir machen, was wir wollen, das Boot macht keine Fahrt mehr. Getaucht sind aus der Batterie ganze 2 Knoten herauszuholen, deshalb die geschätzten drei Wochen bis St. Nazaire ! Wir werden aber in regelmäßigen Abständen auftauchen müssen, und wie auf dem Präsentierteller an der Oberfläche verharren, um die Batterien aufzuladen. Diese sind ja auch beschädigt und können nicht mehr über 15 % geladen werden, was uns zusätzlich verlangsamt ! Zusätzlich haben wir keine Ahnung wie der Rumpf aussieht und werden daher nur im Notfall tiefer als 50 Meter tauchen, damit der Pott nicht absäuft.

Azrael
13.05.18, 08:41
Habt ihr dann eigentlich einen freundlichen U-Boot-Kontakt geortet? Das ist ja in gewisser Weiße das große Mysterium in der SH-Reihe, ist man da draußen allein oder werden auch andere, befreundete U-Boote simuliert?

Mir ist in SH-5 mal lediglich eins vor der deutschen Küste bei Wilhelmshaven über den Weg gefahren, aber mit Kurs Heimat und nicht im Kampf gegen Briten.

DerGraf
13.05.18, 08:59
Im Hafen liegen gerne mal welche und auch auf dem Weg in den oder aus dem Hafen haben wir schon desöfteren eigene Boote gesehen. Was genau die Bewacher da mit Wasserbomben bepflastert haben, wissen wir aber nicht und wir meinen, daß Uboote auch nur aufgetaucht simuliert werden (Wir erinnern uns an das britische Uboot, das wir vor einer Weile versenkten, uns ist in der Biskaya später ein weiteres begegnet, das wir aber in Ruhe ließen). Andererseits gibt es öfters diese Wasserbombenabwürfe weiter weg und auch haben wir schon Geleitzüge gesehen, in denen bereits Schiffe brannten oder schwere Schlagseite hatten...

Insofern: An Konvois werden Boote wohl nach dem, was wir gelesen haben nicht simuliert, aber das ist Hörensagen und wir können es nicht beweisen ! :D

Azrael
13.05.18, 09:18
Naja, Schiffe kriegen ja nicht aus dem Nichts Schlagseite und dass die 3D-Modelle anderer U-Boote nicht mehr simuliert werden, sobald sie unter Wasser sind, kann ich mir sogar recht gut vorstellen, bestimmt, um die Belastung für die damaligen PC bei den damaligen SH-Teilen zu sparen :D

Hohenlohe
13.05.18, 12:26
Werter Graf, ihr seid ja Gevatter Tod nochmals von der Schippe gesprungen...:) Hoffentlich kommt ihr heil nach Hause...:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GESUNDE HEIMKEHR UND GUTE FAHRT!!*

Hjalfnar
13.05.18, 14:47
Zumindest in SH4 hatten Wir es ab und zu, dass Uns auch andere U-Boote über den Weg fuhren, bzw. an Geleitzügen operierten. Allerdings beim Operation-Monsun-Mod, der einen ja zur Kriegsmarine in den Atlantik versetzte.

DerGraf
13.05.18, 15:28
Für GWX können wir keine fundierte Aussage treffen und für SH4 fehlt uns noch das Add-on. Aber zunächst steht nach diesem AAR LSH auf unserer Liste...

Komischer Kunde
17.05.18, 11:01
Werter Graf,

wir möchten Euch darüber informieren, dass in unseren erlauchten Kreisen von Euch in den höchsten Tönen gesprochen wird. Eure Familiensaga ist wahrlich derart lebhaft dargestellt, sodas wir uns als Leser in die Protagonisten hineinversetzt fühlen, oder aber das Gefühl haben mit einer Ballhausgeführten Kamerafahrt um den Charakter kreisen.

Weiter so.
KK


SH3-GWX: Eure Schilderungen haben uns dazu bewogen selbst wieder ein Uboot aus dem Hafen herauszumanövrieren. Wir könnnen uns leider nicht mehr an das Tastaturkürzel erinnern, um die Tiefe unter dem Kiel ausloten zu können. Vielleicht habt Ihr diesbezüglich einen Ratschlag für uns. Womöglich gibt es während der ersten Erprobungsfahrt (Marinestützpunkt Königsberg) diese Möglichkeit nicht mehr? Desweiteren sind wir höchst beeindruckt von der hohen Trefferquote Eurer Torpedolösungen. Wir lassen im Regelfall die Lösungen durch eigens beauftragte Offiziere ermitteln. Gerne würden wir das Handwerk nochmal durch einen so erfahrenen Oberleutnant wie Euch vermittelt bekommen, daher erlauben wir uns offen heraus zu fragen, ob Ihr eine derartige Wissensdarlegung auf diesen Seiten durchführen könntet?

Hohenlohe
17.05.18, 11:55
Wir wünschen euch viel Spass, werter KK...:)

herzliche grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
17.05.18, 13:29
Werter KK !

Das hören Wir als Autor natürlich gerne und freuen Uns, daß unser Machwerk zu gefallen weiß ! Habt vielen Dank für eure Worte !

Mit Tastaturkürzeln können wir euch aus dem Stehgreif nicht helfen, da wir beinahe ausschließlich die Maus als Bedienelement nutzen (Abgesehen von Schleichfahrt ! Schleichfahrt hat sich uns langsam eingeprägt...Honi soit qui mal y pense, wie wir Anglisten sagen.). Überprüft doch einmal im Hilfemenü F1, ob diese Funktion eine Taste hat oder schaut, ob ihr sie im Optionsmenü belegen könnt ! Eine Referenzkarte müßte sonst auch auf der CD sein.

Die Trefferquote ist in der Tat auch für uns überraschend gut, gerade weil wir trotz einiger Bemühungen, uns die Gegner richtig vorzulegen (also einen geeigneten Winkel für die Zünder zu erhalten) auch gerne mal instinktiv über den Daumen peilen. Interessanterweise haben wir auch die Schußweite für normal gehalten, bis wir anhand der Äußerungen anderer Regenten festgestellt haben, daß wir teilweise wohl auf vergleichsweise hohe Distanzen schießen, auf denen wir uns dann aber auch Zeit zum beobachten lassen. Empfohlen sind ja wohl wegen der Möglichkeit Schiffsteile anzuvisieren 600 bis 1000 Meter, wir schießen teilweise schon auf fast 3.500, wenn wir meinen, das verantworten zu können ! Was bei uns das Trefferbild verbessert hat, ist tatsächlich, faktisch keine Fächer mehr zu schießen, sondern jedes Rohr einzeln auszulösen, da zumindest der letzte Aal oft danebenging. Für die allgemeine Schußlösung benutzen wir aber den Wachoffizier, dafür ist der ja da, wir spielen dann nur noch mit Geschwindigkeit, Zünder und Lauftiefe (und natürlich dem Ausrichten des Bootes). Zudem nutzen wir die Frische der Torpedomannschaft aus, indem wir die Torpedoräume erst kurz vor dem Angriff besetzen.

Das wäre so das allgemeine, das uns spontan dazu einfällt. Wenn ihr oder andere Regenten spezifischere Fragen zu diesem oder anderen Themen haben, immer heran mit selbigen !

Azrael
17.05.18, 14:28
Ach, ich erinner mich, wie ich das in SH4 im Operation Monsun-Mod immer manuell gemacht habe, da war die Karte ingame schön vollgekritzelt mit Linien, Kreisen und Messungen :D
Jetzt, wo ich ewig nicht mehr SH gezockt habe, ist das aber auch schon ne Herausforderung, da müsste ich mich auch erstmal wieder einlesen.

DerGraf
23.05.18, 02:37
Sonntag, 6. April 1941 - Deta (Ungarn)

'Meinst du, die Tommies haben irgendeinen Schimmer, was gleich auf sie zugerollt kommt ?'

Unteroffizier Bermann paffte die letzten Züge aus seiner Zigarette, bevor er sie auf den Boden fallen ließ und den Stummel austrat. Leutnant Rudolf von Eskens-Kalpenbach sah kurz zu seiner Mühle hinüber. Die Bf 190 E war vollgetankt und aufmunitioniert, dazu kamen noch 4 Bomben SC 50 unter den Tragflächen und eine SC 250 unter dem Rumpf. Er hatte lieber Geleitschutz für die Stukas fliegen wollen, aber die Staffel würde Jagdbombereinsätze gegen Flugplätze fliegen, da war nichts zu machen. Auch er vernichtete den Rest seiner Zigarette und grinste schief.

'Die haben keine Ahnung. Wir werden denen die Flötentöne schon beibringen.'

Er warf die Kippe fort und kletterte in die Kanzel des Flugzeugs. Dort schnallte er sich an, und erwartete den Startbefehl des 'Alten', nachdem der Wart die Kanzel geschlossen hatte, von der Tragfläche verschwand und das 'bereit' Zeichen gab. Der Leutnant machte sich nicht viele Gedanken um das wie oder warum des neuen Kriegsschauplatzes. Gegen die Briten hatte er schon am Kanal gekämpft, wenn die meinten, sich jetzt im Süden breitmachen zu müssen, konnte er sie auch hier vertrimmen ! Langsam würde aber die Luft in Europa ein bißchen dünn für die Damen und Herren, gerade jetzt, wo es auch in Afrika wieder losging ! Er hatte davon gehört, daß die Briten zwar die Italiener ziemlich vor sich hertrieben, aber das Afrika-Korps würde das schon regeln, da war er ziemlich sicher. Gibraltar wäre wohl auch bald erledigt, und dann würden sie über dem Kanal in die Rückrunde gehen !

Auf das Zeichen des Wartes ließ betätigte er die Zündung. Der Motor vor ihm erwachte zum Leben und die Luftschraube begann, sich zu drehen. vorne rollte der Alte schon der Startbahn entgegen, aber Rudolf und Bermann mußten noch warten. Ein Blick zum Wart. Bremsklötze weg ! Vorsichtig gab er Gas und lehte sich etwas nach vorne, um besser sehen zu können, als die 109 anfing, sich zu bewegen und langsam, den anderen zur Bahn folgte.

Sonntag, 6. April 1941 - An der Grenze zwischen Rumänien und Jugoslawien

Durch das Glas war nicht viel zu erkennen, aber das hatte nicht viel zu sagen. Die Art und Weise, wie hier vorgegangen wurde, war zwar aus militärischen Gesichtspunkten ziemlich sinnig und effektiv, hinterließ aber trotzdem einen faden Beigeschmack. Berthold Graf von Eskens-Kalpenbach runzelte etwas mißmutig die Stirn. Er hatte schon 1915/16 in Serbien gekämpft. Tausende von Männern hatten sie damals verloren und ob es diesmal viel glimpflicher abgehen würde ? Er war sich was das anging nicht so sicher. Wieder war er besonders froh, daß seine 4 Töchter keine Söhne waren, die konnten ein größtenteils ungefährliches Leben führen und würden, wenn es nach ihm ging, nie lernen müssen, was hier draußen alles geschehen konnte und was Menschen bereit waren, sich gegenseitig anzutun. Ein kurzer Blick auf die Armbanduhr. Beinahe Z-Zeit...

'Alles bereit, Herr Häwelmann ?'

Der stämmige Major mit dem Schmiss am Kinn und dem kurzen Schnurrbart nickte.

'Jawohl, Herr Oberst ! Die Männer sind formiert, scharfe Munition ist geladen. Die Vorausabteilungen haben ihre Befehle und sind abmarschbereit.'
'Gut. Hoffen wir, daß mit Gottes Hilfe alles nach Plan läuft.'

Berthold konnte sich noch gut an den Partisanenkrieg erinnern, der damals in Serbien geführt worden war... Er dachte nicht gern daran zurück. Sie hatten damals schlimme Dinge gesehen und um zu überleben noch schlimmere Dinge getan. Sie waren notwendig gewesen, Kriegsrecht. Aber stolz war er nicht darauf und ein kleiner Teil von ihm hoffte, den jungen Männern unter seinem Kommando ähnliche Erfahrungen ersparen zu können. Im Inneren wußte er aber ganz genau, daß das wohl nicht passieren würde. Nun, es war nicht zu ändern ! Er fischte das Schiffchen von seinem Kopf und vertauschte es mit dem Stahlhelm. Ein Modell aus dem Weltkrieg, aber das fand er tatsächlich ganz passend. Kurz suchte er seinen Fahrer, Uffz. Anders, dann kam er schnellen Schrittes zum Wagen.

Pünktlich zur Z-Zeit setzten die Vorauseinheiten über die jugoslawische Grenze...

Sonntag, 6. April 1941 - Südserbische Grenze

Der Panzerkampfwagen IIIF stand getarnt in der Bereitstellung. Oberfeldwebel Kornelius kletterte durch das Turmluk ins Innere des Panzers, wo die Männer die letzten Vorbereitungen trafen. Unteroffizier Haller saß bereits auf dem Fahrersitz und döste vor sich hin. Daneben prüfte der Obergefreite Ulrich nachdem er einen Gurt scharfer Munition in das koaxiale MG gezogen hatte, die Funktion des Funkgerätes. Unteroffizier Miersch und sein Ladeschütze, der Gefreite Jokisch, hatten die Munitionslagerung beendet und warteten auf ihren Stationen auf Befehle.

'Geht's bald los, Oberfeld ?' nuschelte Haller von vorne.
'Sobald der Leutnant den Befehl gibt. Alles klar, Männer ?'

'Motor und Getriebe sauber und einsatzbereit.' meinte Haller.
'Funkgerät klar, Bug-MG geladen und gesichert, Herr Oberfeld.' meldete Ulrich.
'KwK mit Sprenggranate fertiggeladen und gesichert.' ergänzte Miersch.
'Kurz, alles klar.' schloß Haller ab.

'Schön, dann wollen wir mal.' antwortete der Kommandant nach einem Blick auf die Uhr. Beinahe Z-Zeit ! Er nahm seinen Platz im Turm ein und erwartete den Marschbefehl. Erwartungsgemäß quarrte bald eine Stimme aus dem Funkgerät.
'Biber an Biberschwänze, Bereitschaft melden !' verlangte der Zugführer, Leutnant Konrad. 'Biberschwanz 1, einsatzbereit.' Das war Feldwebel Petrich gewesen, der Führer der zweiten Panzers. 'Biberschwanz 2, einsatzbereit !' meldete der Oberfeldwebel. 'Biberschwanz 3 fertig.' ertönte die Stimme des letzten Kommandanten, Unteroffizier Grundel. Pünktlich gab der Leutnant den erwarteten Befehl.

'2. Zug... Marsch !'

Einer nach dem anderen überschritten die Fahrzeuge des 2. Zuges die Grenze. Noch waren die Luken offen und die Kommandanten standen im Turm, um die Umgebung besser beobachten zu können. Der Oberfeldwebel konnte durch die Staubwolke grob die Gestalt des Feldwebels sehen, der hinter dem Leutnant fuhr und an dem Haller sich orientierte. Würden die Jugoslawen überhaupt Widerstand leisten ? oder würden sie Deutsche und Briten einfach machen lassen ? Die Zeit würde es zeigen ! Zumindest der Oberfeldwebel erwartete nicht viel mehr Ärger als in Frankreich oder Polen. Sicher ein paar modernere Panzer würden die Jugoslawen wohl haben, aber der Großteil bestand vermutlich aus veralteten Tanketten, nichts, daß einen Panzer III lange aufhalten konnte, keine Char B1 oder ähnliches...

Nein, eigentlich sollten sie leichtes Spiel haben !

Hohenlohe
23.05.18, 05:29
Eine sehr schöne Geschichte um die von Ersken-Kalpenbachs. Jedenfalls wieder einmal gut erzählt...:ph: Gerne lesen wir mehr davon.

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
05.06.18, 01:36
Mittwoch, 9. April 1941 - Planquadrat BE 96

Das Boot schlich getaucht mit 2 Knoten Marschfahrt dahin, mehr gaben die Schrauben nicht her. Die Horcher horchten, die Torpedomixer fetteten und warteten die verbliebenen Aale, die Maschinisten wachten mit Argusaugen über die beschädigten Aggregate, die uns noch weit bringen sollten. Ansonsten war seit dem Geleitzugkampf wenig zu tun gewesen und in den Freiwachen breitete sich der Gammel aus. Die Männer versuchten, wie so oft, die Zeit mit allen möglichen Tätigkeiten totzuschlagen. Ein Skatturnier und mehrere Schachturniere fanden statt. Andere, wie Bootsmannsmaat Wittenberg verfolgten, wenn die Lage es zuließ die Nachrichten, und fieberten mit, da sich auch die Fußballmeisterschaft 1940/41 dem Ende zuneigte und die Endspiele näherrückten. Am 6. April hatten die ersten Gruppenspiele der Endrunde stattgefunden... Dort hatte Gleiwitz Stettin mit 3:1 besiegt, Der VfB Königsberg hatte mit 1:3 eine herbe Schlappe gegen den HSV geholt, nachdem er die erste Halbzeit noch 1:0 geführt hatte. Hannover 96 hatte Borussia Fulda mit 6:1 deklassiert und Helene Altenessen gegen die Offgenbach Kickers war 1:1 ausgegangen. Das Rückspiel Posen gegen Danzig war ausgefallen. Da das Hinspiel 2:2 ausgegangen war, wurde Preußen Danzig per Losentscheid zum Sieger.

Auch Zentralemaat Walter schnitt das Thema Fußball gerne an. Er war auf seinem Posten in der Zentrale und rührte im Mittagessen, Gulasch mit Reis. Die nächsten Begegnungen in den Gruppen standen an. Am 11. April würde in der Untergruppe 1b die TG Berlin auf die NSTG Prag treffen. Der nächste Großkampftag war der 13. April. Hier würde Preußen Danzig in der Gruppe 1a auf den LSV Posen treffen. In der Gruppe 1b müßte Berlin zwei Tage nach dem Spiel gegen Prag wieder ran, diesmal gegen den Dresdner SC. In der Untergruppe 2a spielte der HSV gegen den 1. SC Jena. In der Gruppe 2b fand ein Spiel statt, auf das sich auch im Boot einige freuten: Hannover 96 zu Gast auf der Glückauf-Kampfbahn des SC Schalke 04 ! In der Gruppe 3 traf der VfL Köln 1899 zuhause auf den FC Mülhausen 93. In Gruppe 4 fanden gleich zwei Spiele statt: In Mannheim war Rapid Wien zu Gast beim VfL Neckarau, auf der Adolf-Hitler-Kampfbahn in Stuttgart begegneten die Stuttgarter Kickers dem TSV 1860 München.

Kein Wunder, daß dieser Tag heiß erwartet wurde ! Immerhin war Dresden amtierender Vizemeister, der im letzten Jahr nur knapp gegen den amtierenden Meister, den FC Schalke 04, verloren hatte ! Aber auch Rapid Wien, die in ihrer ersten gesamtdeutschen Spielzeit immerhin Dritter geworden waren, mußte man auf dem Schirm behalten... ich war gespannt, wie Hamburg und Hannover sich schlagen würden, obwohl ich natürlich nach außen hin neutral bleiben mußte und vorgab, mich nicht besonders für Fußball zu interessieren.

Alles in allem zog sich die Zeit aber schier endlos und durch die Öde und die verbrauchte Luft, schallte die Schallplatte, die der Funkgast aufgelegt hatte, durch die Bordsprechanlage. 'Hast du schon Berlin bei Nacht gesehen ?' wollte Paul Dorn von den Männern an Bord wissen. Und wir ließen ihn die Vorzüge der Stadt besingen und träumten uns in das aufregende Nachtleben der Großstadt, während das Boot weiter unter der Oberfläche seine 2 Knoten in Richtung Frankreich lief...


https://www.youtube.com/watch?v=6G6FKT8j__8&list=PL8B215927D661DA82&index=134

Hohenlohe
05.06.18, 04:24
Wir können zwar das Video nicht sehen, aber der guten Story tut dies keinen Abbruch bereiten, liegt halt daran, dass wir uns einfach schwertun uns an den Firefox zu gewöhnen. Ansonsten nur weiter so...:)

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE HEIMKEHR!!*

DerGraf
12.06.18, 00:41
Nun, werter Hohenlohe, auch auf Youtube läßt sich das Video finden. 'Richard Forst - Hast du schon Berlin bei Nacht gesehen'. Ein schönes Lied, wie wir finden !

Mittwoch, 10. April 1941, Planquadrat BE96

Der Mittwoch war nur ein paar Minuten alt, und doch war bereits wieder hektische Aktivität ausgebrochen. Der Horchgast hatte vor einiger Zeit einen Horchkontakt gemeldet und daraufhin hatte die Gefechtsbereitschaft dem Gammel ein Ende gemacht. Das Boot war nicht wirklich klar für volle Gefechtsbereitschaft, aber zumindest angreifen wollte ich den Einzelfahrer doch ! Durch die eingeschränkte Manövrierbarkeit war es natürlich besonders wichtig, nicht entdeckt zu werden und die richtige Position einzunehmen, denn sehr viel Zeit hatten wir nicht und eine Verfolgung war mit der verbliebenen Leistung des Bootes ebensowenig möglich, wie einem herangeholten Flugzeug zu entkommen, falls man dort drüben eine U-Boot-Warnung herausschickte. Also rechneten Kühne und ich mit dem, was wir wußten hin und her, um auf eine gute Abfangposition zu kommen. Oberfähnrich Unterhorst ließen wir dabei helfen. Seine Teile waren mathematisch korrekt, und eigentlich hätten wir sie nicht nachrechnen müssen, wie sich am Ende herausstellte.

Aufreizend langsam nur bewegte und manövrierte das Boot, während das Schiff immer näher kam. Allzuviel Spielraum für Rechenfehler hatten wir nicht, also mußten die Manöver präzise befohlen und durchgeführt werden.

"Sehrohrtiefe !"

Oberfähnrich Marbach lavierte uns nach oben. Jetzt fehlte nur noch, daß es ein Neutraler war ! Aber diese Befürchtung bestätigte sich nicht !

"Kurs 95 !"

AK brauchte ich ja nicht zu befehlen, die lief ja bereits, wie ich mir selbst eingestehen mußte, was meine Laune nicht verbesserte. Der Schußwinkel war durch den unseren Kurs hinter dem Boot kreuzenden Gegner gut, aber wir hatten eben nur einen Versuch und mußten genug Abstand gewinnen, damit der Torpedo sich scharf schalten konnte !

http://up.picr.de/32950961fc.jpg

"Mündungsklappe für Rohr 5 öffnen !"

Die Mündungsklappe öffnete sich.

"Neuer Kurs 100 !"

Durch die Kursänderung wuchs der Abstand wieder an. Das verschaffte Zeit, den Schuß anzusetzen.

"Zielentfernung 390 Meter. Lage 111, Fahrt 6 Knoten."
'Steht !'
"Torpedo auf 9,5 Meter einstellen."
'Torpedo eingestellt !'
"Rohr 5... los !"
'Abgefeuert !'

31 Sekunden würde es dauern, bis der Torpedo sein Ziel auf der projektierten Laufbahn erreichen würde... Alles starrte gebannt auf die Uhr, während ich weiter durch das Sehrohr sah, kurz abgelöst durch den Oberfähnrich Unterhorst, der im Schiffsregister blätterte.

Noch 20 Sekunden.
Noch 10 Sekunden.
Noch 5.
4.
3.

http://up.picr.de/32951041wg.jpg
Am 10.04.1941 um 0:13 Uhr versenkte U-94 den mittelgroßen Frachter 'SS Flying Scud' mit 5.162 BRT.

'Torpedotreffer !'

Durch den beginnenden Brand an Bord war der Schiffsname zu erkennen: SS Flying Scud. So ausgestattet fand Unterhorst das Schiff schnell.

'Frachter mit 5.162 Tonnen, Herr Oberleutnant !'
'Nicht schlecht !' meinte Plate hinter mir.

Damit hatte U-94 auf dieser Feindfahrt 4 Schiffe mit 22.099 Bruttoregistertonnen versenkt. Nicht gut, aber auch nicht wirklich schlecht, gerade, wenn man den Zustand der Maschine bedachte ! Ohne den Männern draußen beim Aussteigen zuzusehen, fuhr ich das Sehrohr wieder ein und ließ auf Tiefe gehen, wo wir wieder Kurs auf St. Nazaire nahmen. Nach Kühnes Berechnungen standen uns immerhin noch etwa 2 Wochen Fahrt bevor, wenn die Maschinen mitmachten...

DerGraf
12.06.18, 04:42
Donnerstag, 25. April 1941

Gerade mit den zuneige gehenden Vorräten an Bord waren wir froh gewesen, daß die Reise in absehbarer Zeit zuende sein würde. Neben dem übrigen Gammel war der Fussball eine willkommene Abwechslung gewesen und die Stimmung unter den meisten Fussballanhängern war recht gut, gerade auch, weil uns kein weiterer Frachter begegnet war. Am 11. April hatte Berlin Prag mit 3:1 geschlagen, war aber am 13. Dresden mit 0:1 unterlegen. Der Luftwaffen-SV Stettin konnte seine 1:0 halbzeitführung nicht halten und spielte in Danzig nur 3:3. Der Hamburger SV besiegte (erwartungsgemäß) den 1. SV Jena mit 2:1 und Schalke 04 besiegte Hannover 96 auf der Glückauf-Kampfbahn mit 4:0. In Köln besiegte Köln Mülhausen mit 6:1, Stuttgart und München trennten sich, nachdem Stuttgart mit 2:0 in die 2. Halbzeit gegangen war, mit 3:3 und Rapid Wien deklassierte Neckarau mit 7:0.

Am 20. April ging es weiter:
Danzig und Gleiwitz trennten sich 0:0, dasselbe taten Berlin und Prag. Königsberg schlug Jena mit 4:2 und Schalke gewann erneut mit 4:0, diesmal gegen Borussia Fulda. In der Gruppe 3 konnte Köln in der 2. Halbzeit zum Endstand von 2:2 ausgleichen und so Offenbach um den erwarteten 2:1 Sieg bringen. Helene Altenessen schlug Mülhausen vernichtend mit 5:2 Toren. In der Gruppe 4 bahnte sich zunächst wohl eine Sensation an, als Neckarau die Halbzeit mit 2:1 antrat. Allerdings erzielte der TSV München 1860 in der zweiten Hälfte noch 5 Tore und siegte überlegen. Wien konnte in der 2. Hälfte zum 1:1 ausgleichen, kam aber über das Unentschieden gegen Stuttgart nicht hinaus !

Am 27. wurden die nächsten Spiele erwartet. Allerdings konnte man bereits die ersten Vereine ausschließen, sodaß sich die Favoriten für die Endrunde herauskristallisierten, was bei den meisten keine Überraschung war. Stettin und Prag sahen bereits abgeschlagen aus, Jena hatte wenig Chancen, weiterzukommen. Ähnlich erging es Mülhausen, Neckarau und Fulda...

http://up.picr.de/32951407ys.png

Um 1 Uhr 22 durchbrach U-94 die Wasseroberfläche und wurde von einem Marineschlepper die letzten Meter zum Anleger gezogen. Vor allem wegen der unchristlichen Einlaufzeit hatten wir nicht viel Publikum. Ich war gespannt, wie die Propagandakompanie das aufnehmen würde. Nicht, daß wir für die Kameras noch einmal einlaufen mußten... Aber zunächst war das nebensächlich. Die Männer wurden mit Ausnahme der Bordwache entlassen unnd auch ich ließ mich bald nach dem Abfassen eines kurzen Berichts, den ich zum Glück während der Gammelperioden schonmal vorformuliert hatte, ins Bett fallen. Am nächsten Morgen sah ich im Kasino vorbei, um das Frühstück einzunehmen. An der Wand hing eine Tafel, die das Fortschreiten des Tonnagekampfes illustrierte, der bislang klar von einem Kommandanten dominiert wurde.

Kapitänleutnant Maximilian Winterstein 734.098 BRT
Kapitänleutnant Reinhard Suhren 320.000 BRT
Korvettenkapitän Willhelm Paulsen 285.956 BRT
Korvettenkapitän Thomas Voetmann 271.011 BRT
Korvettenkapitän Otto Kretschmer 256.684 BRT (gef. 17.03.41)
Kapitänleutnant Günther Prien 191.918 BRT (verm. 07.03.41)
Oberleutnant Paul von Eskens-Kalpenbach 178.357 BRT
Korvettenkapitän Viktor Schütze 168.601 BRT
Kapitänleutnant Heinrich Liebe 161.178 BRT
Kapitänleutnant Joachim Schepke 153.677 BRT (+ 17.03.41)
Korvettenkapitän Wolfgang Peters 152.566 BRT
Kapitänleutnant Heinrich Lehmann-Willenbrock 141.709 BRT
Kapitänleutnant Herbert Schultze 140.703 BRT
Kapitänleutnant Günther Paulsen 134.727 BRT
Kapitänleutnant Siegfried Kölmel 129.080 BRT
Oberleutnant Hans Jenisch 120.914 BRT (gef. 30.10.40)
Kapitänleutnant Victor Oehrn 104.846 BRT
Kapitänleutnant Wilhelm Rollmann 99.311 BRT
Oberleutnant Albert Vöhringer 91.150 BRT
Oberleutnant Johann Dreier 84.010 BRT
Oberleutnant Richard Kunze 83.470 BRT

So interessant es war, Nicht nur Kunze, Vöhringer und auch den Kapitänleutnant auf der Tafel zu sehen, so war doch klar, daß Winterstein wohl bislang einsamer Rekordhalter war, auch wenn Reinhard Suhren ihm dicht auf den Fersen war. Zumindest von den erwähnten Assen waren immerhin fast alle noch schwer dabei, den Tommies zuzusetzen. Der Beweis, daß man sich auch an der Spitze und in der Mitte des Feldes nicht für unbesiegbar halten durfte, lag bei denen, die nicht mehr dabei waren ! Nachdenklich kaute ich auf meinem Brot und überlegte, wie lange der Krieg wohl noch dauern würde und wieviele der genannten Kommandanten wohl den Krieg überleben würden... Die Latrinenparolen meinten, daß es wohl bald wieder Orden regnen würde. Einige Offiziere meinten, Wolfgang Peters würde bald wieder einlaufen und dann wohl auch das Ritterkreuz erhalten. Korvettenkapitän Voetmann hatte wohl eine weitere Stufe des Ritterkreuzes zu erwarten und man munkelte, er würde wohl auch den Berghof mal zu sehen bekommen, wenn er einlief. Günther Paulsen war vor 2 Tagen eingelaufen und war von Dönitz mit den Schwertern dekoriert worden, sein IWO, Oberleutnant Tillmann, hatte das Ritterkreuz ebenfalls erhalten. Man konnte meinen, daß alles glänzend lief, auch wenn die ersten Verluste unter den Assen da etwas anderes nahelegten... Ich nahm einen Schluck Kaffee. Wie lange würde dieser krieg wohl noch dauern ? Etwas Zeit war gewonnen, denn ich mußte auch erst am 25. Mai wieder raus. In der Zwischenzeit gab es aber andere Dinge, um die es sich zu kümmern galt. Das hatte ich mir im Wasserbombenhagel und während des Sinkvorgang des Bootes überlegt und war nun entschlossen, diesem Entschluß Taten folgen zu lassen.

Aber alles zu seiner Zeit !

Hohenlohe
12.06.18, 12:13
Wir gratulieren euch zur glücklichen Heimkehr eures Bootes und sind schon sehr gespannt, was der Kaleun die nächste Zeit so vorhat...!?:top:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

DerGraf
16.06.18, 18:27
Ach, Wir hatten vergessen, wie sehr Wir das Mittelmeer hassen und warum ! Oh, Wir hassen es ! Aber Wir wollen nicht vorgreifen, nicht wahr, werte Leser ? :D

Sonnabend, 27. April 1941 - St. Nazaire

"Besatzuuuuuung... stillgestanden !"

Wie ein Mann nahmen die Männer Haltung an. Ich stand vor der Front, hinter mir Leutnant Plate, der die kleine Kiste trug, die ich von Korvettenkapitän Sohler erhalten hatte. Darin waren die Schachteln, die ich nun an die Männer ausgeben konnte. Alle waren leider nicht mehr dabei, aber der Großteil der Mannschaft war verleihungsberechtigt, was mich freudig stimmte. So hatten wir doch noch etwas von unserem kleinen Abenteuer ! Sicher, es gab eine Liste, aber die brauchte ich nicht, ich kannte ja immerhin alle, die vor knapp einem Jahr mit dabeigewesen waren.

Einen nach dem anderen rief ich vor die Front, händigte ihm die Schachtel mit seinem Narvik-Schild aus und schüttelte jedem die Hand mit ein paar persönlichen Worten. Die jüngeren, wie auch die neuen Offiziere, gingen natürlich leer aus und waren so noch deutlicher als Fremdkörper zwischen den 'Norwegern' zu erkennen, aber da machte ich mir keine Sorgen. Meinen eigenen Schild ließ ich im Anschluß am Ärmel der Uniform anbringen, um danach Urlaubsscheine zu besorgen und die Ausgabe derselben vorzubereiten. Beim Nachmittagsappell sah ich die Bescherung... Alle Männer, auch die Neuen, trugen an der Seite des Schiffchens, neben dem Bootsemblem nun auch einen Narvikschild an der Mütze und am Turm des Bootes war neben dem Totenkopf nun auch ein Narvikschild aufgemalt.

"Was ist das denn ?"
'Es gibt ein Edelweiß-Boot, ein Fang-den-Hut Boot und sowas alles, Herr Oberleutnant. Wenn es nach sowas geht, sind wir wohl das Narvik-Boot, also haben die Männer und ich mal gemacht.' meinte Zentralemaat Walter. 'Gefällt es ihnen ?'
"Walter, wenn das nicht zu hübsch wäre, um es wieder abzukratzen, würde ich das für gewagt halten."
'Aber ?'
"Narvik-Boot ist gut. Name ist akzeptiert !" grinste ich. "Bootstaufe nach Dienstschluß."

Diese Ankündigung wurde selbstverständlich begeistert aufgenommen !

Sonnabend, 3. Mai 1941 - Kiel

'Wie geht es eigentlich Clara's Fähnleinführer, Paul ?'
"Er hält es nicht für nötig, mich darüber zu unterrichten, Günther, und das muß er ja immerhin auch nicht. Vermutlich ist er bei seiner Einheit."
'Und wo ist die ?'

Und schon hatte Günther ihn. Paul konnte schlecht antworten, ohne zuzugeben, daß er Stoltenberg nachgespürt hatte, also konnte er das auch gleich machen.

"Besatzungstruppe in Jugoslawien. Wird ihm wohl nicht schmecken, aber sogar die Elite des Führers muß mal Garnisonsdienst leisten."
'Schau, schau. Hat's für Griechenland nicht mehr gereicht ?'
"Scheinbar nicht. Aber der Ofen ist ja auch bald aus, vielleicht darf er dann nach Afrika. Oder sie landen doch noch in England."
'Du meinst, das holen sie wieder aus der Schublade ?'
"Nicht wirklich, aber was sollen sie sonst machen ? Vielleicht verstecken sich ja auch bald ein paar Briten in Schweden ?"
'Naja, die U-Bootblockade scheint zu funktionieren.' Schröder grinste hämisch. 'Schon Tropenausrüstung gefaßt, wenn das so weiter geht, helfen wir bald den Japanern in China, dann braucht Berlin nur noch ein Lied zu befehlen und dann gehts im Laufschritt zum Endsieg. Rosemarie, Erika, Westerwald ? Oder meinst du, das Deutschlandlied paßt am besten ?'
"Hör bloß auf."
'Warum das denn ? Das sind doch legitime Fragen.'
"Das war ein Befehl, Sonderführer."
'Schnauze halten, zu Befehl !' Schröder salutierte.
Paul zog leicht genervt an seiner Pfeife. Sicher teilte er einige Bedenken Schröders, aber der hatte manchmal eine Art, diese auszudrücken, die schwer zu mögen war.

Sonntag, 4. Mai 1941 - Danzig-Langfuhr

Obgleich ich schon zuvor in einigen haarigen Situationen gewesen war, besaß diese doch ihre ganz eigene Qualität. Auf dem Weg war ich bereits aufgefallen, da ich in voller Montur, geschniegelt und gebügelt, durch die Stadt gekommen war. Nun war es also ernst geworden ! Frau Kornelius hatte wohl recht schnell gewußt, was anlag, spätestens als sie die Tür geöffnet, ich hereingebeten und ihren Strauß entgegengenommen hatte. Die Situation fühlte sich zumindest für mich gespannt an. Beide Seiten belauerten sich und wußten genau, was die andere hier wollte und versuchten abzuschätzen, mit welchem Ergebnis hier wer wohl herausgehen würde. So saßen wir bei Kaffee und Kuchen und unterhielten uns über dieses und jenes. Bagatellen, wirkloch, und umschifften das Thema des Krieges, wie auch das Offensichtliche zunächst. Nach einem weiteren Stück Frankfurter Kranz wurde es schließlich ernst, da das Gespräch irgendwie nicht mehr wieder in Gang kam. Absicht ? Nun, da konnte ich wenig zu sagen, wußte aber natürlich, daß ich Initiative zeigen mußte und da es galt, den richtigen Moment nicht zu verpassen, räusperte ich mich kurz, woraufhin ich den erwartungsvollen (?) Blick des Hausherren auf mir spüren konnte. Nach ein paar Floskeln kam ich auf den Punkt.

"Herr Kornelius, ich möchte sie hiermit um die Hand ihrer Tochter Anna bitten."

Ob mich mir das gut überlegt hatte ? Ja und Nein. Auf der einen Seite war mir spätestens auf der letzten Feindfahrt, fast 150 Meter unter der Wasseroberfläche klar geworden, daß ich wohl nicht unbegrenzt über meine Zeit verfügen konnte und eben auch nicht wußte, wieviel davon noch blieb, der Krieg war ja nun nicht dafür bekannt, auf persönliche Befindlichkeiten Rücksicht zu nehmen. Auf der anderen Seite war es natürlich schon ein Risiko, denn dieselbe mangelnde Rücksicht auf Befindlichkeiten konnte bedeuten, daß Anna ziemlich schnell eine junggebliebene Kriegerwitwe werden konnte. Ein bißchen wie Scarlett O'Hara in Mitchells berühmtem Werk, auch wenn ich wohl wenig Angst haben mußte, daß sie plötzlich derart verbiesterte. Nun, man mußte die Feste feiern wie sie fielen und ich hatte mich dazu durchgerungen, also galt es, das nun auch durchzuziehen. Fest sah ich zu dem Mann hinüber, der in den nächsten Sekunden über das Wohl oder Wehe meines Anliegens entscheiden würde...

Hohenlohe
16.06.18, 19:28
Wir hoffen, dass der gute KALEUN bald bei seiner Braut punkten kann und sie baldmöglichst heiratet...:top: Nur eines wünschen wir dem künftigen Ehepaar, dass es für immer zusammen sein kann, solange sie leben...:)

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

DerGraf
17.06.18, 06:46
Dienstag, 20. Mai 1941 - Kreta

Wie in der Ausbildung gelernt und bis zum Erbrechen geübt, stemmte sich Erich von Eskens-Kalpenbach aus der Ju-52 und fiel ins Nichts. Ein wenig mulmig war dem Leutnant schon, immerhin hatte er erst wenige scharfe Absprünge erlebt, vor einem Jahr in Holland und vor kurzem bei Korinth. Hier war die Lage ja nun etwas anders gelagert, immerhin war Kreta eine Insel und die Bevölkerung war angeblich ziemlich deutschenfreundlich und würde die Befreiung der Insel deutlich erleichtern. Eine Weile sah er nur an seinen Füßen vorbei, wo die Insel immer größer wurde, dann ein Kontrollblick. Die Linie war etwas zerstreut aber noch erkennbar, Versatz durch Wind und Wetter nicht zu schlimm, alle diszipliniert abgesprungen. So lobte er sich das ! Beinahe friedlich lag die Insel unter ihnen, doch der Eindruck täuschte. Mehr dunkle Flakwölkchen pilzten zwischen den Flugzeugen auf und als sie näher kamen, wurden auch die an den Fallschirmen hängenden Männer vom Boden aus beschossen. Hauptsächllich MG, aber teilweise auch schon Infanteriewaffen. Zumindest würden sie wohl in der Nähe des Abwurfbehälters herunterkommen. Die ersten Männer fielen an ihm vorbei, an zerfetzten oder zerschossenen Schirmen, die ihre Funktion nicht mehr erfüllen konnten. Über sich konnte er auch einige erkennen, die schlaff in den Gurten hingen und sich nicht mehr regten ! Dann war die Erde heran. Ein heftiger Schlag in den Beinen, abrollen, Schirm umlaufen, Leinen kappen ! Nur kurz hatte er Zeit, sich umzusehen, dann patschte schon die erste Gewehrkugel neben ihm in den Boden. Mit einem Sprung brachte er sich in einem Gebüsch in Sicherheit und zog die Pistole 08. Schwerere Waffen waren ja nunmal alle im Abwurfbehälter, und den galt es, erst einmal zu finden !

Um sich sah er die ersten Gestalten auftauchen, andere lagen schon am Boden. Erich erkannte Oberjäger Bruns, der mit drei Männern im Schlepptau geduckt durch die Büsche schlich, die er schnell als den Stabsgefreiten Giese und die Gefreiten Rademacher und Fischer identifizierte. Damit hatten sie immerhin schon eine Kampfstärke von 4 Pistolen (Rademacher hatte seine beim Absprung verloren, dafür hatte Giese, der Teufel mochte wissen, wie er das geschafft hatte, das lange Bajonett des alten Gewehrs 98 mitgeschmuggelt, von dem er kaum zu trennen war, egal wie oft ihm das Ding verboten oder abgenommen worden war...). Zu fünft schlugen sie sich weiter in die Büsche, um den Abwurfbehälter mit Waffen und Munition zu finden, von denen Wohl, Wehe und Erreichen des Tageszieles maßgeblich abhingen !

Trotz des Beschusses fanden sie tatsächlich bald den weißen Behälter, an dem bereits drei weitere Gestalten knieten und sich an den Waffen bedienten. Erich erkannte sie als den San-Feldwebel Ulmer vom dritten Zug, der sich mit Feldwebel Lange und dem Gefreiten Resch zusammengeschlossen hatte. Während Giese wie ein Honigkuchenpferd grinsend sein MG 34 wieder an sich nahm und die übrigen zumindest wieder Karabiner hatten, ließ der Leutnant sich von Ulmer berichten.

'Den zweiten Zug hat's ziemlich zerrissen, Herr Leutnant ! Oberleutnant Jordan ist schon vor der Landung gefallen. Das Kommando hat Leutnant Gebhardt übernommen, aber der ist tot. Feldwebel Stettner und Feldwebel Christen sind auch gefallen. Kein Schwein weiß, wer wo heruntergekommen ist und unter Feuer war jeder erstmal auf sich gestellt. Die anderen wiederzufinden wird eine schöne Schnitzeljagd werden.'

Da mußte der Leutnant ihm wohl oder übel zustimmen... Aber immerhin waren sie jetzt einigermaßen ausgerüstet, wenn auch immer noch versprengt und zahlenmäßig unterlegen. Er lud die MPi durch und spähte erst in die Richtung, aus der zuvor noch auf sie geschossen worden war, dann auf die Karte, die auf dem Boden ausgebreiten lag und den Kompass.

'Ist nicht zu ändern, Ulmer ! Jetzt müssen wir zumindestens Anschluß gewinnen, bevor die Tommies den Sack zumachen. Also, mitnehmen, was wir tragen können, den Rest unbrauchbar machen. Marschzahl 238. Wir können ja nicht die einzigen sein, die von der Kompanie noch übrig sind.'

Zumindest hoffte er das, denn mit ihrem kleinen Häufchen war in der Tat nur begrenzt Staat zu machen, soviel war klar ! Einer nach dem anderen verschwanden die Fallschirmjäger im nahen Unterholz, nicht wissend, wohin es ging oder was sie dort erwartete.

Dienstag, 20. Mai 1941 - über Kreta

Auch Rudolf von Eskens-Kalpenbach war über Kreta unterwegs, hatte aber den Vorteil, daß er nicht aus seiner Maschine springen mußte, sondern drinbleiben konnte. Die armen Säue, die bei diesem Abwehrfeuer springen mußten oder gar wollten, beneidete er nicht. Daß die Fallschirmjäger alle leicht einen an der Klatsche hatten, war ja bekannt ! Sein Auftrag war leichter: Den dicken Mühlen oben Feindjäger vom Hals halten, von denen aber noch nichts zu sehen war. Fast wünschte er sich, da unten ein paar Stellungen beschießen zu können, aber das mußte warten, immerhin wurden die Kisten da oben für die zweite Welle gebraucht, da konnte er sie nicht sich selber überlassen. Er zog die BF 109 E/B-7 in eine langgezogene Schleife, um die Umgebung besser überblicken zu können. Ohne sich umzusehen, wußte er, daß Bermann das Manöver mitflog. Wieder sah er nach unten, wo die weißen Schirme immer noch im Gelände zu sehen waren. Nein, hier konnte er nichts tun, außer den bekloppten da unten viel Glück zu wünschen ! Immerhin ließen sich die briten hier oben anscheinend noch nicht blicken, aber ihm sollte es recht sein, die würden sie schon noch auftreiben...

Mittwoch, 21. Mai 1941 - St. Nazaire

Ich hatte den Rest meines Heimaturlaubes größtenteils in Danzig verbracht und war relativ bald nach Herrn Kornelius' Genehmigung, seine Tochter zu ehelichen mit Anna zur Feier des Tages ins Lichtspielhaus gegangen, wo wir uns zusammen 'Ohm Krüger' ansahen. Der Film hatte erst am 4. April Uraufführung gehabt und war entsprechend stark besucht. Anna gefiel der Film natürlich ausnehmend gut, gerade da auch Ferdinand Marian wieder dabei war, der hier die Rolle des Cecil Rhodes verkörperte. Mir persönlich war der Film ein wenig zu überzogen. Heute war ich dann wieder wie ich fand viel zu schnell wieder in St. Nazaire angekommen, und die Militärhierarchie hatte mich wieder !

Dort prasselten die Neuigkeiten auf mich ein, denen ich in den viel zu schnell vergangenen Tagen nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Die Meisterschaft stand kurz vor dem Abschluß, am 8. Juni würde der VfL Köln 1899 auf Schalke 04 treffen, während der zweite Anwärter auf den Meistertitel zwischen dem Dresdener SC und dem FC Schalke 04 ausgespielt werden würde. Nun, schade, daß meine Vereine nicht mehr dabei waren, aber das mochte die Spannung an Bord erhalten ! Weiterhin war vor wenigen Tagen wohl der Angriff auf die letzte Festung Griechenlands, Kreta, begonnen worden, wo immer noch gekämpft wurde. Keiner wußte, wie es dort stand. Zudem war mit Kapitänleutnant Fritz-Julius Lemp ein weiterer erfolgreicher Kommandant versenkt worden. Mehr oder weniger gute Vorzeichen für die nächste Feindfahrt...

Meine Eltern hatte ich ebenfalls über die bevorstehende Änderung meines Familienstatus informiert, hielt damit aber ansonsten eher hinter dem Berg. Immerhin ging das nicht viele etwas an. In den letzten Tagen vor dem Auslaufen studierte ich die Einsatzunterlagen und Reparaturberichte. Alles sah soweit gut aus, Boot und Mannschaft waren wieder einsatzbereit. Noch konnte immerhin keiner ahnen, was uns auf der nächsten Feindfahrt bevorstehen sollte !

Hohenlohe
17.06.18, 12:19
Werter Graf, evtl. solltet ihr nochmals die zur "Familie" gehörenden Personen etwas näher beleuchten bzw. erläutern. Das wäre sehr hilfreich, weil man sonst die einzelnen Handlungsstränge nicht ganz nachvollziehen kann.
Ansonsten freuen wir uns schon auf die nächste Feindfahrt...:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

DerGraf
21.06.18, 01:04
Montag, 26. Mai 1941 - St. Nazaire

Früh morgend auszulaufen war nicht das, was sich viele als ein schönes Auslaufen vorstellten, gerade auch weil das hieß, ohne Mädchen, Kapelle und Brimborium den Hafen zu verlassen. Kühne und Mattusch besprachen die Trimmung während Unterhorst den Abschluß der Beladung meldete und das Boot für auslaufbereit erklärte. Die Männer wirkten erholt und auch motiviert, wieder nach draußen zu fahren. Leutnant Plate verstaute einen Packen Zeitungen. Kreuzworträtsel, die er gesammelt hatte. Technisch war das Boot wieder in einwandfreiem Zustand und Mattusch fand nichts, worüber es sich zu beschweren galt. Um 5 Uhr 15 liefen wir größtenteils unbeobachtet aus dem Hafen von St. Nazaire aus, um Kurs auf das Operationsgebiet zu nehmen, das im Planquadrat AL 29 südlich von Island lag, nicht ohne vorher den Beitrag der Hochseeversicherung an der Hafenausfahrt zu entrichten. Die Mannschaft war guter Dinge und wir kamen gut voran.

Um kurz vor 11 meldete sich Leutnant Korecky mit einem Zettel bei mir.

'10:53 Uhr
BdU an alle Boote
Bismarck steuerunfähig durch Torpedotreffer in Ruderanlage BE 63.'

stand dort zu lesen. Verflucht, ja, Rheinübung... Auf dem Stützpunkt hatten wir gehört, daß die Bismarck die Hood versenkt hatte. Nun sah es so aus, als ob sich das Blatt wenden konnte. Alle weiteren Überlegungen verflüchtigten sich mit dem nächsten Funkspruch des BdU gegen 16 Uhr...

'An alle Boote in Biskaya
Wer noch Torpedos hat ran zum Schutze Bismarck!!
Befehlshaber der U-Boote
gez. Konteradmiral Karl Dönitz'

Damit war es bschlossene Sache. Naja, so halb. Immerhin war die Positionsangabe recht ungenau ! Das Planquadrat war 900 km auf 900 km groß, die Bismarck 250 Meter lang und 26 Meter breit. Somit suchten wir sozusagen die Entsprechung eines normalen Straßenzuges auf einer Fläche, die laut Kühnes (konservativer) Schätzung ungefähr 1,3 mal so groß war wie die iberische Halbinsel. Was konnte da schon schiefgehen ? Also mußten wir das Planquadrat systematisch durchsuchen und Kühne arbeitete ein entsprechendes Suchmuster aus, während wir mit voller Kraft auf unser neues Operationsgebiet zuhielten und indirekt Zeugen des sich entfaltenden Dramas wurden...

"Denken Sie, wir schaffen es, Kühne ?" wollte ich wissen, als wir auf der Brücke standen und rauchten.
'Schwer zu sagen, Herr Oberleutnant... Hängt davon ab, wie schnell die Tommies das Schiff wiederfinden und aufschließen können. Kurs und Lage kennen wir ja nicht, aber ich würde sagen, wenn sie es nicht mehr nach Frankreich schaffen, haben sie nicht viel mehr als zwei oder drei Tage. Vermutlich weniger, gerade wenn die Luftwaffe nicht an das Schiff rankommt...'

Am nächsten Morgen zeigte die Funkkladde weitere Stationen des Schauspiels.

'1:54 Uhr
An Flottenchef: Ich danke ihnen im Namen des ganzen deutschen Volkes
An Besatzung Schlachtschiff Bismarck: Ganz Deutschland ist bei Euch !
Was noch geschehen kann, wird getan. Eure Pflichterfüllung wird unser Volk im Kampf um sein Dasein stärken.
gez. Adolf Hitler'

'5:59 Uhr:
An U-556
Übernehmen Sie von Bismarck das Tagebuch Flotte.
BdU'

'6:53 Uhr
Einsatz Bismarck wegen Brennstoff ausgeschlossen.
U 556.
Wohlfahrt.'

'7:06 Uhr
Versuche Tagebuch Flotte zu übernehmen. Nach Wabo Verfolgung bei Kap Farewell nur beschränkt tauchklar.
U-74.
Kentrat.'

'7:44 Uhr
An OKM:
Bismarck durch einen Verband britischer Kriegsschiffe gestellt! Kampfhandlungen stehen unmittelbar bevor.
FT folgt.'

'8:03
An OKM:
Fortsetzung FT: Wir kämpfen bis zur letzten Granate ! Es lebe der Führer ! Es lebe Deutschland ! gez. Admiral Lütjens'

Ich warf die Kladde auf meine Koje.

"Tja, das war es dann wohl. Wenn alle Boote in der Verfassung sind wie die von Wohlfahrt und Kentrat, dann ist die Situation der Bismarck mit 'im Eimer' noch sehr wohlwollend umschrieben..."
'Kann man nichts machen', warf Mattusch ein, 'Das ist ein Uboot und kein Rennpferd.'

Irgendwo in diesem Gebiet von der Größe Iberiens kämpften 2000 Mann um ihr Leben während wir versuchten, sie zu finden. Und selbst wenn wir sie fanden, was wollten wir tun ? Wieviele Überlebende in diese Röhre quetschen ? ich mochte nicht darüber nachdenken. Indes, das Boot lief weiter !

'8:20 Uhr
An Bismarck:
Geben Sie Lage und Position durch !
OKM'

'9:57 Uhr
An alle Boote
In Planquadrat BE 63 nach Überlebenden der Bismarck suchen !
BdU'

'12:50 Uhr
An Deutsche Seeverbände
Das Schlachtschiff Bismarck wurde heute von Britischen Streitkräften versenkt. Es ist ein trauriger Tag für das Reich.
OKM
gez. Generaladmiral Raeder'

Aus ! So endete das größte Schiff der Kriegsmarine mit 2.200 Mann. Wir machten weiter volle Fahrt und suchten nach der Untergangsstelle und etwaigen Überlebenden, fanden aber bis zum Abend weder das eine, noch das andere... Gegen 20 Uhr meldete der Horchgast.

'Schnelle Schraubengeräusche, Herr Oberleutnant !'
"Ein Zerstörer ?"
'Mehrere Schiffe, zu wenig und zu schnell für einen Geleitzug, vermutlich eine Einsatzgruppe.'
"Peilung ?"
'60 Grad, 21 Knoten, Herr Oberleutnant !'

"Kurs 180, volle Kraft. Das sehen wir uns an. Sehrohrtiefe, Herr Mattusch ! Boot klar zum Gefecht !"

Aus einer Entfernung von etwa 3.000 Metern fuhr ich das Sehrohr aus und nahm den vorbeifahrenden Verband genauer unter die Lupe... Was ich zu sehen bekam, hatte ich nicht erwartet... Unterhorst hantierte bereits mit dem Schiffsregister. Ich pfiff durch die Zähne.

http://up.picr.de/33027444ov.jpg

"Flugzeugträger unbekannter Klasse, etwa 20.000 Tonnen. Dahinter ein Schlachtkreuzer der Reknown-Klasse. Außensicherung durch 4 Zerstörer."

Das war ja schon ein großer Brocken ! Unterhorst sah durchs Sehrohr, konnte den Träger aber nicht im Register finden... Möglicherweise ein Neubau ? Alleine deswegen schon ein lohnendes Ziel ! Umso mehr, da dies ein Teil der Gruppe sein könnte, die die Bismarck versenkt hatte ?

http://up.picr.de/33027460kj.jpg

"Rohr 1 und 4 bewässern. Entfernung zum Ziel 2600 Meter, Lage 29, Zielgeschwindigkeit 21 Knoten."
'Eingestellt !'
"Rohr 1 und 4... los !"
'Abgefeuert !'

Aus seinem Schapp drang die leise Stimme des Maaten am Hydophon.

'Zerstörer kommt auf, Herr Oberleutnant !'

Ich schwenkte das Periskop und sah wieder durch die Zieloptik.

http://up.picr.de/33027492de.jpg

"Neues Ziel... Achtung bei Rohr 2 und 3 !"
'Rohr 2 und 3 feuerbereit !'
"Torpedos 2 und 3 auf 10,5 Meter einstellen. Laufgeschwindigkeit 40 Knoten."

Die G7e hatte ich auf den Träger abgefeuert, um diesem keine Chance zum Ausweichen zu geben. Für den Schlachtkreuzer blieben nur noch die G7a, die eine Blasenbahn hinterließen, aber die Distanz war kurz genug. Nur würden die Bahnen unsere Position zum Teil verraten, also würden wir sofort abtauchen müssen.

'Steht !'
"Entfernung 3.200 Meter. Lage 38, Geschwindigkeit 21 Knoten."
'Bestätigt !'
"Rohr 2 und 3... los !"
'Abgefeuert !'

Ich fuhr das Sehrohr ein.

"Auf 60 Meter gehen. Beide Maschinen 50 Umdrehungen."
'Alle Mann voraus !' befahl Mattusch. Die Männer stürmten nach vorn, um das Boot vorderlastiger zu machen.

Dann hieß es warten !

Azrael
21.06.18, 01:21
Rache für die Bismarck, Weidmanns Heil! :D

Hohenlohe
21.06.18, 02:35
Werter Graf, wir wünschen euch viel Glück und viele Erfolge...!!:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD UND SICHERE HEIMKEHR!!*

DerGraf
21.06.18, 04:29
Etwas früher, Dienstag, 27. Mai 1941 - BE63

U-73 stampfte durch die Wellentäler des Planquadrates. Auch Bernd Tebben hatte die Funksprüche bekommen, war aber früher ausgelaufen und daher schneller am Planquadrat als andere Boote. Aber sie hatten Pech. In diesem Teil des Planquadrates war nicht nur Sturm, die Sichtweite war auch noch äußerst gering... Klar, daß die Seewache äußerst scharf auf die Umgebung achten mußte ! Bootsmann Fichtner war an Bord für seine scharfen Augen bekannt, auch der Hauptgefreite Hertel, der Obergefreite Werner und der Gefreite Hüttenrauch spähten angestrengt in den Dunst. Zwischen den Männern standen der Kommandant und sein IIWO, Leutnant zur See Günther Heneka.

'Meinen Sie, wir finden die Bismarck rechtzeitig, Herr Oberleutnant ?'
'Schwer zu sagen, Herr Heneka. Bei dem Sauwetter und der Positionsangabe...'
'Stimmt schon. Frage ist viel eher, was wir machen, wenn die Kampfgruppe auf die Bismarck trifft.'
'Angriff, ran, versenken, Heneka. Vielleicht kann das die Geier abschrecken, zumindest sollten sie danach deutlich Abstand halten.'

'Schiff gesichtet in 340, Herr Oberleutnant !' ruft der Hauptgefreite aus und deutet auf den Dunst, aus dem sich eine riesige Gestalt geschält hat.

http://up.picr.de/33027674zc.jpg

'Mein Gott... Sie ist es wirklich !' meinte Tebben etwas baff und schob den Hut seines Südwesters zurecht, bevor er eines der Sprachrohre griff. 'VARTA-Lampe auf Brücke ! Sofort !'

http://up.picr.de/33027678ck.jpg

Funkmaat Drygalla brachte das Gewünschte schnell herbei und das Boot wurde auf Gegenkurs gebracht, um die Bismarck nicht zu schnell zu verlieren.

'Setzen-Tagebuch-Flotte-aus-nehmen-Sie-Tagebuch-auf'
'Verstanden-versuche-Tagebuch-zu-übernehmen'

Drüben wurde eine kleine Barkasse hinabgelassen, auf der eine rote Rauchpatrone brannte. Da die Bismarck ihre Fahrt nicht verlangsamte, fiel das Unterseeboot schnell zurück. Tebben schickte einen letzten Blinkspruch hinüber.

'Viel-Glück-Werden-helfen-so-gut-wir-können'

Bevor eine Antwort kam, verschwand das Schiff bereits wieder im Umwetter, Tebben meinte, am Heck noch ein paar winkende Schemen gesehen zu haben, oder hatte er sich das nur eingebildet ?

http://up.picr.de/33027688ih.jpg

Dann waren sie wieder allein zwischen Nebel, Regen, Blitz und Donner... Obwohl Bernd Kurs setzen ließ und mit voller Fahrt folgte, fanden sie die Bismarck nicht wieder... Auch das Tagebuch fanden sie nicht. Das Boot war wohl in dem Unwetter gekentert. So oder so blieb das Ergebnis das Gleiche: Das Flottenbuch war verloren !
Etwas über eine Stunde später kamen die Funksprüche und machten ihnen klar, daß alles vorbei war. Obwohl sie noch den ganzen Tag im Seegebiet kreuzten, fanden sie weder die britischen Schiffe, noch Überlebende.

'Stellen Sie sich das vor, Heneka... 2100 Mann weg. Verbrannt, zerrissen, abgesoffen.'
'Ich glaube, das will man sich nicht vorstellen, Herr Oberleutnant... Stundenlang auf See und nur noch auf das Ende warten. Dann lieber schnell und sauber. Man kann fast glauben, daß die Nichtschwimmer da besser dran sind.'
'Stimmt wohl.' Tebben blickte verkniffen über die Dünung. 'In 3 Stunden brechen wir ab und gehen wieder auf Anfahrtskurs. Wer dann noch im Wasser ist, ist tot.'
'Jawohl, Herr Oberleutnant !'

Tebben stieg wieder in den Bugraum zurück, um eine Eintragung ins KTB zu machen. Trotzdem beschäftigte ihn der Vorfall noch lange...

DerGraf
21.06.18, 05:10
Dienstag, 27. Mai 1941 - Planquadrat BE 63

Die erste Detonation grollte durch das Wasser.

http://up.picr.de/33027696hg.jpg

Kühne sah auf die Stoppuhren auf dem Kartentisch und schüttelte den Kopf.
'Frühdetonierer, Herr Oberleutnant !'
'20 Meter gehen durch !' ließ sich Mattusch vernehmen.
'30 Meter gehen durch.'
'40 Meter gehen durch.'

'Zeit um für ersten Torpedo !' Kühne bugsierte die erste Uhr auf den Kartentisch. Ein paar Sekunden später zerriß eine Detonation die Stille, die das Boot umgab.
'Torpedotreffer !' rief Leutnant Plate aufgeregt.

http://up.picr.de/33027698sy.jpg

'50 Meter gehen durch.'
"Beide Maschinen kleine Fahrt zurück !"
'60 Meter gehen durch.'
'Zeit um für Torpedos 2 und 3... Fini, Herr Oberleutnant !'

Noch hatten die Begleitzerstörer unsere Fährte nicht aufgenommen. Vielleicht hatten wir Glück und das würde auch so bleiben. Nach zwei weiteren Minuten war klar, daß sich das Glück nicht wiederholen würde und der Schlachtkreuzer mit dem Leben davonkommen würde... ! Ärgerlich, aber nicht zu ändern, nun, wir mußten sehen, daß wir wegkamen. Ich war beim Funkschapp, um ebenfalls nach den Zerstörern zu horchen... Diese liefen immer noch einigermaßen gleichmäßig und immer noch auf Marschgeschwindigkeit, sofern ich das beurteilen konnte. Dann mischte sich allerdings noch ein anderer Ton mit ein: Kreischender Stahl und brechende Schotten...

'Schiff sinkt ! Wir haben ihn !' jubelte vorner einer, wurde aber von einer Stimme, die ich für Bootsmann Wittenberg hielt, mit einem gezischten 'Schnauze !' zur Ruhe angehalten. Jetzt würde der Tanz wohl losgehen, wenn die Zerstörer auf Zack waren !

http://up.picr.de/33027706yi.jpg
Am 27. Mai 1941 um 20:13 Uhr versenkte U-94 den Flugzeugträger 'HMS Formidable' mit 23.000 Bruttoregistertonnen.

"Kleine Fahrt voraus, Kurs 253 !" befahl ich.
'Schnelle Schraubengeräusche, Herr Oberleutnant ! Wandern aus !'

Eine Stunde dauerte das Versteckspiel, aber die Zerstörer peilten nicht mit ASDIC und suchten auch nicht nach uns. Ob sie den Schlachtkreuzer abschirmen wollten ? Wir erfuhren es nie ! Um 21: 40 Uhr durchbrach U-94 die Wasseroberfläche und setzte mit Marschgeschwindigkeit Kurs auf das befohlene Operationsgebiet...

Hohenlohe
21.06.18, 06:42
Leider hatte U-73 Pech, aber dafür hat euer Boot die HMS Formidable versenkt...:top: Eine hervorragende Leistung...:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

Azrael
21.06.18, 09:51
Eine schöne Trophäe, ein verlorener Flugzeugträger tut immer weh :)

DerGraf
21.06.18, 17:37
Oh ja, gerade wenn es ein moderner Träger ist, der erst seit November 1940 im aktiven Dienst ist. Gefällt uns deutlich besser als wenn es ein alter, leichter zu erstetzender Kasten gewesen wäre !
Aber den Schlachtkreuzer hätten wir eben auch gerne gehabt, auch wenn die Zerstörer dann wohl etwas... kontaktfreudiger gewesen wären.

DerGraf
28.06.18, 19:55
Warum uns die Zerstörer nicht einmal gesucht hatten, wunderte uns später noch. Am Folgetag hatte der Schmutt nach Dosenfisch mit Pellkartoffeln noch eine mehr oder weniger überraschende Sonderration vorbereitet und servierte zur Feier des Tages noch etwas mehr oder weniger heimlich vorbereiteten Kuchen. Rückwirkend wußte ich nun, was in der Nacht so komisch gerochen hatte ! Anlaß war die Versenkung des Flugzeugträgers, mit dem ich nun laut KTB die 200.000 BRT Marke überschritten hatte ! Dazu gab es noch das in der Nacht bereits reingekommene Glückwunsch-FT des BdU, in dem meine offizielle Versenkungszahl mit 201.357 BRT angegeben war. Die kleine Feier wurde nicht von Feindkontakten unterbrochen, auch der Weg zum Patrouillengebiet barg keine neuen Anlässe, feindlichen Schiffsverkehr anzugreifen und der übliche Gammel schlich sich wieder durch die Hintertür ein.

Auch in unserem angewiesenen Planquadrat war nichts aufzutreiben gewesen. So sehr sich die Seewache auch bemühte, es waren weder Flieger noch Schiffe zu sehen. Das wunderte mich doch etwas, immerhin hatten die Lords drüben gerade erst einen Träger verloren und ich hatte angenommen, sie wollten diese Scharte wieder auswetzen. Oder waren sie immer noch zu beeindruckt von der Leichtigkeit, mit der ein einziger handelsüblicher Elektrotorpedo einen 23.000 Tonnen Träger zerstört hatte ? keiner wußte es. Laut Funkkladde hatte der großdeutsche Rundfunk um 17:57 Uhr des 28. Mai den Verlust der Bismarck bekanntgegeben. Das Wetter zeigte sich auch nicht gerade besonders hilfreich. Es war schwer bedeckt und Himmel und Wasser wetteiferten um das unansehnlichste Grau. Obwohl es nicht stürmte, war der Seegang doch geeignet, die Seewache ziemlich unangenehm zu machen... Ein Grund, warum ich mich regelmäßig auf der Brücke sehen ließ. keiner sollte denken, ich würde mich unnötig schonen oder wäre nicht willens, das Wetter selber auszuhalten.

http://up.picr.de/33100839an.jpg

"Wieviel Betriebsstoff haben wir noch, Herr Marbach ?"
'Über die Hälfte, Herr Oberleutnant ! Es wird auf jeden Fall noch eine gute Weile reichen... Haben Sie etwas bestimmtes im Auge ?'

Das hatte ich in der Tat. Gerade weil das Jagdgebiet nichts hergegeben hatte, wollte ich nach alternativen Jagdgünden suchen. Immerhin hatten wir noch 10 Torpedos an Bord, die es loszuwerden galt ! Ich studierte die Karte.

"Hier. Durch die schottische See und den Nordkanal in die Irische See. Macht der Treibstoff das mit ?"
'Rein rechnerisch schon, Herr Oberleutnant.'
"Sehr schön. Gehen wir die Tommies also noch ein bißchen ärgern. Kühne, Kurs Schottische See !"
'Jawohl, Herr Oberleutnant !'

Riskant, keine Frage ! Die irische See war das ureigene Herrschaftsgebiet der Briten und es war nicht mehr Anfang 1940, wo man ihnen auf der Nase herumtanzen konnte. Nein, da würde höchstwahrscheinlich deutlich mehr Opposition auf uns warten, aber eben auch deutlich mehr leichter zu findende Handelsschiffahrt ! Marbach fing an, wieder eine Patience zu legen. Etwas weiter schnarchte Korecky auf seiner Koje, während Plate oben Seewache hatte. Kühne hatte zu tun und ich ließ mich wieder auf meinen Platz nieder und vertiefte mich in das erstbeste Buch, das ich aus dem kleinen Regal gegriffen hatte, auch wenn ich es gefühlt schon hundertmal gelesen hatte. Aber es war eine Abwechslung. In den FTs herrschte zu dieser Zeit das Thema 'Kreta' vor, gefolgt von kleineren Luftangriffen auf das Reich. Wer erinnerte sich nicht noch, wie Göring getönt hatte, er wolle Meier heißen, wenn es auch nur einem Flieger gelänge, Berlin zu erreichen ? Nun, wenn das so weiterging, schon bald könnte er seinen Namen ändern, vielleicht sogar in 'Obermeier' ? Zumindest hier draußen gab es aber wenig Flieger zu sehen, das war schonmal etwas...

Dienstag, 3. Juni 1941 - Irische See

Nach einer Woche Gammel hatten wir die Schottische See erreicht und waren daran, den Nordkanal zu durchdringen. nach einem weiteren ereignislosen Tag erreichte mich Kunde, daß ein Horchkontakt aufgenommen war. Auf Sehrohrtiefe und uns langsam nähernd, riskierte ich einen Blick, nachdem wir das Fahrzeug eingepeilt und vorgelegt hatten. Es entpuppte sich als britischer Kohlenfrachter.

http://up.picr.de/33101114ij.jpg

Klein, aber mein, dachte ich, und dazu auf 1700 Meter ein recht dankbares Ziel ! Die Zielerfassung ging recht schnell und routiniert von der Hand, ebenso Plates Ziellösung. Ich schätzte die Laufzeit des Torpedos auf etwa 100 Sekunden und beobachtete das Ziel aufmerksam, während die Zeit langsam herunterlief. Und beobachtete. Und beobachtete, bis die trockene Ankündigung Kühne's die Berfürchtung zur Gewißheit werden ließ.

'Torpedo hat Ziel verfehlt, Herr Oberleutnant !'

Auf 1300 Meter jagte ich den gegenwärtigen Bewohner von Rohr 2 hinterher ! Der Kahn sollte weg ! Wieder zählten die Sekunden herunter. Wieder war die Anspannung greifbar. Würde dieser treffen, oder mußten weitere 25.000 Reichsmark dran glauben ?

http://up.picr.de/33101219on.jpg

'Torpedotreffer !'
"Na also ! Warum denn nicht gleich so ?"

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Am 3. Juni 1941 um 20:06 Uhr versenkte U-94 den britischen Kohlefrachter 'SS Belize' mit 1830 Bruttoregistertonnen.

Die weitere Patrouille verlief zunächst ereignislos, bis wir auf einen Frachter stießen, hinter dessen Horchkontakt bald eine Gruppe von Schiffen auszumachen war. Ein Geleitzug ? Kettner bestätigte den verdacht bald.

'Ist kleiner Geleitzug, Herr Oberleutnant ! Bislang vier Dampfer und ein Zerstörer !'
"Wir greifen an !"

Wieder hatten wir Glück, der Zerstörer schien sich nicht für uns zu interessieren und so kamen wir mit kleiner Fahrt schnell heran, während ich mit einem schnellen Rundumblick die sich bietenden Ziele in Augenschein nehmen konnte.

http://up.picr.de/33101404uq.jpg

"Kleines Frachtschiff an der Spitze..."

http://up.picr.de/33101408jy.jpg

"Großfrachter dahinter..."

http://up.picr.de/33101428ra.jpg

"Dritte Position Trampdampfer."

http://up.picr.de/33101433ot.jpg

"Hinten wieder großer Frachter."

An und für sich nicht schlecht ! Das ganze Geleit mochte, konservativ geschätzt, an die 20.000 BRT haben. Wir würden sehen, wieviel davon wir erbeuten konnten !

"Boot gefechtsklar machen, U-94 beginnt Anlauf auf Geleitzug !"

Während die Männer auf ihre Gefechtspositionen stürzten, sah ich noch einmal durch das Periskop, um das beste Ziel für den ersten Torpedo auszumachen...

Hohenlohe
28.06.18, 22:11
Wir wünschen euch für diesen Geleitzug viel Glück und viele Treffer...:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

DerGraf
05.07.18, 19:18
Dienstag, 3. Juni 1941 - Irische See

Ich konzentrierte mich weiter auf die Frachter. Den Zerstörer mußte ich Kettner überlassen, der aber seine Pflicht zuverlässig tun würde... Wen zuerst ? ich entschied mich für den Frachter an zweiter Stelle. Das würde das Geleit in Zwei Hälften teilen und der Zerstörerkommandant würde sich für eine entscheiden müssen.

"Achtung bei Rohr 1 ! Entfernung zum Ziel... 2140 Meter. Lage 53. Ziel macht 5 Knoten Fahrt."
'Eingestellt !'
"Rohr 1... los !"
'Rohr 1 abgefeuert !'

http://up.picr.de/33160016dg.jpg

Ich schwenkte das Sehrohr weiter, um den zweiten Frachter aufs Korn zu nehmen.

http://up.picr.de/33160053gz.jpg

"Achtung bei Rohr 3. Neues Ziel. Lauftiefe 9,5 Meter. Torpedogeschwindigkeit 40 Knoten."

Der Dampftorpedo würde eine Blasenspur hinterlassen, aber bei der Witterung rechnete ich mir aus, daß sie leicht übersehen werden konnte. Hier ging es darum, dem Schiff möglichst wenig Reaktionszeit zu lassen !

'Eingestellt !'
"Entfernung 3570 Meter. Lagewinkel 19. Fahrt 17 Knoten."
'Steht !'
"Rohr 3 los !"
'Rohr 3 abgefeuert !'

http://up.picr.de/33160076cr.jpg

'Zerstörer kommt schnell näher, Herr Oberleutnant !' meldete Kettner vom Hydrophon. Er peilte noch nicht, aber ich wollte kein Risiko eingehen und zog das Periskop ein.

"Schleichfahrt, Kurs 0, auf 25 Meter gehen !"

Der Zerstörer kreiste oben wohl ein paar mal, ging dann aber wieder auf Abstand... Sie hatten uns also nicht entdeckt ! Drüben wischte Leutnant Korecky sich mit einem Lappen verstohlen über die Stirn. Als es eine Minute nach Ende der Torpedolaufzeit noch nicht geknallt hatte, war klar, daß die Torpedos nicht getroffen hatten... ich wies Marbach an, wieder auf Sehrohrtiefe zu gehen und spähte erneut nach dem Geleit.

http://up.picr.de/33160108et.jpg

"Achtung bei Rohr 2 ! Entfernung 1450 Meter. Lagewinkel 79, Geschwindigkeit 5 Knoten !"
'Steht !'
"Rohr 2 los !"

Es blieb zu hoffen, daß dieser Aal besser sitzen würde, wir hatten auf dieser Feindfahrt genug mit Versagern zu tun gehabt ! Auch ein Grund, warum ich mich entschloß, Rohr 4 zunächst zurückzuhalten und abzuwarten, ob 2 traf... Langsam rann die Zeit dahin, während Kettner nach dem Zerstörer horchte, genau wie wir auch, nur hatten wir eben kein Hydrophon !

http://up.picr.de/33160177ys.jpg

'Torpedotreffer !'

Ich mußte mich Unterhorst anschließen... Wir hatten das Schiff getroffen, wenn auch gerade eben nur so. Ein Meter mehr, und der Aal wäre danebengegangen ! Nun galt es nur noch, Nummer 4 an den Mann zu bringen und dann zu verschwinden... Ich wußte ich konnte mich auf Kettner verlassen, aber mich störte, daß ich beim folgenden Rundumblick den Zerstörer nicht mehr finden konnte ! Aber das war jetzt sekundär, das Schiff mußte weg ! Funkmaat Herrmann machte sich bemerkbar.

'Schiff funkt, Herr Oberleutnant ! SS Wangi Wangi von Uboot torpediert !'

Oberfähnrich Unterhorst hatte das Schiff schnell im Register gefunden.

'12.211 Tonnen, Herr Oberleutnant !'

Ein lohnendes Ziel also ! Umso mehr Gründe, ihm den Rest zu geben !

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"Entfernung 1380 Meter, Lage 122, Fahrt 6 Knoten."
'Eingestellt !'
"Rohr 4... los !"

Nach Ablauf der Laufzeit erlöste uns die durch das Wasser schallende Detonation. Der zweite Treffer sollte dem Schiff das Genick brechen ! Aber wir würden nicht hier sitzenbleiben und warten, bis das Schiff sank !

"Kurs 180 ! Auf neue Tiefenanweisung warten !"
'Jawohl, Herr Oberleutnant !'
'Schraubengeräusche kommen schnell näher, Herr Oberleutnant !'

Verflucht, ein weiteres Schiff oder ein Zerstörer mit geringer Fahrt ? Wo kam der her ? Hatte Kettner ihn wegen der Sinkgeräusche nicht gehört ? Nun, es war egal, wir mußten weg ! Schon schlug es gegen die Aufbauten oben. Artilleriefeuer ! Vermutlich waren die Wellen flacher geworden und ein Teil des Turms ragte aus dem Wasser... Oben ächzte und knirschte es. ich schlug mir mit der Hand vor die Stirn. Ich Schaf hatte das Sehrohr nicht wieder eingezogen !

"Auf 12 Meter gehen !"

Wer auch immer uns beschoß... Den Zerstörer fand ich nicht. Das Sehrohr war bereits deutlich schwergängiger, hatte also auch bereits etwas abbekommen. Einerlei !

"Klarmachen bei Rohr 5 !"
'Rohr 5 klar !'

http://up.picr.de/33160306gv.jpg

Ich wartete noch. Der Schuß mußte optimal sitzen !

"Zielentfernung 1170 Meter, Lage 124, Fahrt 7 Knoten !"
'Steht !'
"Rohr 5... los !"

Sicher, so einen Brocken mit einem Torpedo zu versenken war unrealistisch, aber ich mußte es versuchen, bei diesem Seegang war es immerhin möglich, daß er noch vollief und absoff ! Große Hoffnungen machte ich mir indes nicht... 56 Sekunden Laufzeit standen an, und sie wollten nicht schnell vorübergehen, ganz im Gegenteil ! Ich zog das Periskop ein. Sehr tief war es hier nicht, Kühne meinte, laut den karten etwa 60 Meter... Nicht viel Platz für ein Boot wie unseres.

"Auf 50 Meter gehen !"
'Jawohl, Herr Oberleutnant ! 50 Meter.'

Oben schlich unterdessen der Bewacher umher und suchte das deutsche Uboot !

http://up.picr.de/33160350by.jpg

http://up.picr.de/33160360ub.jpg

Torpedotreffer !

"Kurs 330. Nichts wie weg hier !"

Doch auch dieser Zerstörer verfolgte uns nicht. ich machte einen Vermerk ins KTB, vielleicht gab es neue Geleitrichtlinien oder man vermutete, wir wären nur ein Köder ? Wir horchten, bis das Geleit entschwunden war, aber der Frachter schleppte sich wacker mit und sank nicht.

Pech !

Um 23 Uhr 40 durchbrach U-94 die Wasseroberfläche. Leutnant Korecky und die Seewache bezogen Posten und ich befahl Kühne unter Verweis auf Treibstoffreserve und Munition des Bootes, Kurs Frankreich zu nehmen.

Mittwoch, 4. Juni 1941 - Keltische See, etwas nach 20 Uhr

'Alles in allem keine allzu schlechte Feindfahrt, Herr Oberleutnant !'
"Aber auch keine gute, Kühne." Ich spuckte über das Schanzkleid ins Meer. "Durchwachsen ist ein guter Ausdruck. Die Frühdetonierer und Versager machen mir Sorgen."
'Sollte man das nicht langsam behoben haben ? Das wurde ja schon '40 angemahnt !'
"Die Mühlen der Bürokratie mahlen langsam, Kühne, gerade beim Barras. Immerhin hat Dönitz Köpfe rollen lassen. Einige vermuten ja auch Sabotage."

Ich erinnerte mich an den Funkspruch, der zur Kontrolle der Torpedos aufgefordert hatte...

Kühne wollte etwas sagen, aber seine Worte wurden von Hornbostel übertönt.

'Flugzeug gesichtet ! 235, im Anflug !'

Ich fluchte.

"Alles einsteigen !"

Mit Schwung glitt ich die Leiter herunter.

"ALARMTAUCHEN ! KURS 190 !"

Neben mir sammelte sich die Seewache, während Kühne oben am Luk hing, um es mit dem Körpergewicht schneller zuzubekommen.

'ALLE MANN VORAAAAAAAAUS !' brüllte Marbach durchs Boot, das bald kopflastig in die Tiefe schoß.

'20 Meter gehen durch.'
'30 Meter gehen durch.'
'40 Meter gehen durch.'
'50 Meter gehen durch.'
'60 Meter gehen durch...'


https://www.youtube.com/watch?v=lfQyszX9ULg

Die Detonation, die das Boot umherwarf, unterbrach den LI und warf uns durcheinander. Die eingehenden Meldungen zeigten, daß das Boot nicht ernsthaft beschädigt war. Geringfügige Wassereinbrüche in Bugtorpedoraum und Bugraum, die schnell abgestellt waren, Torpedorohr 2 und Hauptlenzpumpe waren nur geringfügig beschädigt.

'Nur ne Fingerübung !' meinte Marbach etwas später.

Wir nahmen also wieder Kurs Heimat...

DerGraf
05.07.18, 20:16
Donnerstag, 5. Juni 1941 - Keltische See

http://up.picr.de/33160731am.jpg

Meine 10. Feindfahrt neigte sich dem Ende zu... Eigentlich gab es nicht mehr viel zu tun, einen Torpedo im Heckrohr hatten wir noch und der Betriebsstoff ging auch langsam zuende. Alles in allem keine herausragende Feindfahrt, aber immerhin, die Marke der 200.000 Tonnen war erreicht ! Doch auch andere Neuigkeiten hatte der Funk gebracht. So war jetzt die Dreisternemeldung für 'Fahrkarten-Johnny' Dreier rausgekommen, der wohl schon seit Mitte Mai vermißt wurde und auch zu 'Teddy' Suhren hatte man seit fast einer Woche keinen Kontakt mehr... Der Krieg im Atlantik begann, den Kommandanten die Zähne zu zeigen und zog die Samthandschuhe aus ! Keiner war sicher, das sollte einem eigentlich klar sein, aber die Meldungen mußten das eigentlich auch dem letzten Trottel klarmachen. Immerhin sechs der führenden 20 Kommandanten waren damit bereits ausgefallen. Tendenz steigend.

'Schiff gesichtet, Herr Oberleutnant !'
"Ich komme schon !"

Draußen war es bereits dunkel, als der kalte Nordseewind mir wie mit tausend Nadeln ins Gesicht stach. Leutnant Plate wies auf das Schiff, daß sich gegen den Horizont abzeichnete. Wittenberg und seine Männer waren schon dabei, das Deckgeschütz bereit zu machen. Nach dem ersten Schuß flammten drüben Scheinwerfer auf, die wie gleißende Finger über die Wasseroberfläche glitten, bis sie das Boot erfaßten. Trotzdem schien der Frachter nicht bewaffnet zu sein. Wittenberg und seine Männer schossen weiter, während wir das Schiff nach seinen Funksprüchen als 'SS Sonora' identifizierten. 1832 BRT, aber besser als nichts ! Dem aufgetauchten Boot konnte die Sonora nicht entkommen und als die Besatzung die Boote klar machte, brannte das Schiff bereits lichterloh und sank kurz darauf.

http://up.picr.de/33160752qh.jpg

In den Booten zählten wir 4 Mann, mehr hatten die Versenkung ihres Schiffes nicht überlebt...

Vier Tage später, gegen 11 Uhr, legte U-94 wieder in St. Nazaire an, wo wir mit vollem Tam-tam begrüßt wurden. Insgesamt hatten wir auf der 10. Fahrt 38.873 BRT versenkt. Der Kommandeur erwartete mich bereits und schüttelte mir die Hand. Sein Blick an meine Mütze war undurchsichtig, er sagte aber nichts. Zusammen mit mir schritt er die Front ab und verlieh den letzten der Männer, die wir bei der Übernahme von U-94 an Bord genommen hatten, das U-Boot-Kriegsabzeichen. Leutnant Plate bekam das EK II, während sich Funkobermaat Herrmann über das EK I freuen konnte. Bootsmannsmaat Wittenberg wurde zum Oberbootsmannsmaat befördert, Zentralemaat Walter zum Obermaat.

Ich gratulierte den Männern ebenfalls und entließ alle bis auf Oberfähnrich Unterhorst und ein paar Mutwillige, die die Bootswache zu übernehmen hatten. Dann begab ich mich zum Dienstzimmer, um den Feindfahrtbericht zu schreiben.

Hohenlohe
05.07.18, 20:35
Alles in allem eigentlich eine erfolgreiche Fahrt, die zwar einige Blessuren am Boot mit sich brachten, aber ansonsten für die Mannschaft glimpflich verlief...:top: Wir wünschen weiterhin viel Glück und viele Erfolge...!!:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

DerGraf
06.07.18, 03:18
Dienstag, 3. Juni 1941 - Brest

Paul sah sich in seinem zukünftigen Dienstzimmer um. Die Flottille war jüngst nach Brest verlegt worden, und so richtig hatte er sich an die neue Umgebung noch nicht gewöhnt. Draußen werkelten bereits die Schreibkräfte und auch er hatte eigentlich genug zu tun. Trotzdem dachte er sich nichts Böses, als das Telefon klingelte und nahm den Hörer ab. Als er die Stimme am anderen Ende erkannte, war er etwas verwirrt. Natürlich wußte Mine, wo sie ihn erreichen konnte, aber normalerweise würde sie ihn nicht anrufen, wenn es nicht wirklich wichtig war. In der Tat wirkte sie auf ihn aufgewühlt. Es gab wenig Anlässe, die das mit ihr machen konnten und die wenigsten davon waren gut. Also benachrichtigte er die Marinehelferin, Fräulein Moritz, daß er außer in wichtigen Fällen nicht gestört werden wollte, sschloß die Tür und nahm den Hörer wieder auf, wo Mine schnell zur Sache kam.

Magarethe hatte ihr geschrieben. Es dauerte etwas, dann wußte er wieder, daß das die Schwester seines Vetters Ludwig war. Natürlich ! In diesem Brief hatte wieder einiges gestanden, von dem Mine ihm lang und breit erzählte und von dem er das meiste bereits kurz nachdem er es gehört hatte, unter 'unwichtig' abspeicherte. Nein, was sie wirklich mitgenommen hatte, war, was sie über Ludwig's und Magarethe's Jüngsten erfahren hatte. Er hatte sich Weihnachten 1939 zuletzt persönlich mit dem Jungen unterhalten und ansonsten nur aus zweiter Hand von seiner weiteren Entwicklung gehört. Erich war wohl bei den Fallschirmjägern und würde wohl bald den Oberleutnantsstern bekommen... Oder zumindest hätte er das gedacht. Anscheinend hatte Magarethe vor wenigen Tagen vom Amtsdiener einen Brief erhalten, aus dem hervorging, daß Erich am 24. Mai während der Kämpfe um Kreta gefallen war.

Während der bisherigen Kämpfe waren zwar einige Mitglieder der Familie zum Teil schwer verwundet worden, aber Erich war ihr erster Kriegstoter. Ein Stück weit wußte er ja selber, wie unwahrscheinlich das war, hatte es aber als selbstverständlich hingenommen. Beim letzten Mal war sein Vetter Heinrich bereits an der Marne gefallen und dessen Bruder Wilhelm kurz darauf im Lazarett gestorben. Das erklärte nun also einiges ! Der Krieg war ja bis jetzt recht spurlos an ihnen vorbeigezogen, selbst die paar Bomben, die die Briten über Deutschland abwarfen, fielen anderswo. Eigentlich konnte man recht gut vergessen, daß Krieg war, wenn man wollte. Das ging nun nicht mehr. Mine konnte den Krieg nicht mehr aus der Familie heraushalten und natürlich mußte sie sich jetzt verstärkt damit auseinandersetzen, gerade auch, was ihre eigenen Kinder anging. Kein Wunder, daß sie aufgebracht war, an 1914 konnte sie sich ja noch recht lebhaft erinnern... Paul versuchte, Mine so gut es ging zu beruhigen, was ihm wohl einigermaßen gelang. Aber in jedem Fall würde er sich wohl besser einmal wieder mit seiner Frau zusammensetzen ! Er nahm sich vor, das zu tun, sobald er wieder Urlaub hatte.

DerGraf
07.07.18, 20:01
Mittwoch, 4. Juni 1941 - Brest

Doorn, 4. Juni. (DRB) Der ehemalige Kaiser, Wilhelm II., ist heute Vormittag, um 11 Uhr 30, im 83. Lebensjahr gestorben.

Solange Wilhelm II. regierte, waren um ihn her funkelnder Glanz und die laute Pracht, die seiner Persönlichkeit nicht weniger als seiner fürstlichen Stellung waren; als nun sein Leben in der Stille eines holländischen Landhauses verlosch, geschah es nach über zwei Jahrzehnten der Einsamkeit und des Vergessens. In dieser Zeit ist der letzte Kaiser den Blicken des Volkes ferner und ferner gerückt; immer größer wird die Schar derjenigen, die ihn kaum anders als aus Büchern und Erzählungen kennen. Doch der Abstand, den Zeit und Schicksal gelegt haben, hat auch manches Verwirrende und Zufällige von seinem Bild entfernt, und gewiß vermag man ihn bei seinem Tode klarer, gerechter, leidenschaftsloser zu sehen als zu der Zeit, da die Kämpfe an der Schwelle zweier Zeitalter noch seine Gestalt umtobten.

Begnadet mit vielen glänzenden Gaben des Geistes, bewunderungswürdigem Gedächtnis und nicht ohne Instinkt für das Wesentliche in politischen Machtentscheidungen, dazu beseelt von dem tiefen und ehrlichen Wunsch, sein Volk glücklich zu machen – so ist er, der Enkel Wilhelms I., nach drei Jahrzehnten der Höhe schließlich tief gestürzt.

Am Anfang steht die harte und freudlose Jugend in seinem Elternhause, in dem er nur noch mit Bitterkeit, ja mit Mißtrauen zu leben vermochte, am Ende der Zusammenbruch der Monarchie. Zwischen solchem Dunkel eingebettet liegt ein Zeit des Glanzes, der in den letzten Jahren schon umdüstert war von den schweren Schatten des Großen Krieges, von Sorgen und Zweifeln an sich selbst.

Aber das tiefe Gefühl von der Schicksalhaftigkeit dieses Lebens hat seine Begründung weniger in dem äußeren Ablauf als in den letzten Wurzeln seines Wesens gefunden.

Daß alle Anlagen des letzten Hohenzollernherrschers sich nicht zu der gleichmäßigen Harmonie verschmelzen mochten, die seinen weniger glänzenden Großvater zum ersten Regenten seiner Zeit gemacht hatten, daß eine so vieldeutige und vielschichtige, schwer bestimmbare und selten ganz enträtselbare Natur auf den Thron gelangte, daß hier seine echte, aber unruhige Sehnsucht immer wieder zusammenstoßen mußte mit der Realität des Daseins – das eben ist sein und unser Verdienst geworden.

Wilhelm II. hat in hunderten von Reden und mit frei geformten Wendungen, an deren bildhafter Kraft kein Zweifel ist, seine Zuhörer und die Nation ebensooft begeistert und befeuert wie enttäuscht und erbittert, er hat im persönlichen Verkehr Literaten und Industrielle, Deutsche und Franzosen, Monarchisten und Republikaner ebensooft bezaubert und gewonnen wie verwundert und zurückgestoßen, er hat in mancherlei politischen Entscheidungen mehr Weisheit bewiesen als seine Ratgeber – er hat sich geweigert, nach Tanger zu gehen, und hat dafür als Oberster Befehlshaber der Millionen deutscher Soldaten im September 1914 den leidenschaftlichen Wunsch nach jener Fahrt zur Front der Marneschlacht geäußert, die vielleicht den Krieg hätte wenden können – aber ihm hat dann doch die letzte Entschlußfestigkeit gefehlt, welche allein die Einsicht auch hätte durchsetzen können. Er hat in solchen Fällen bewiesen, wie unsicher im Letzten jenes herrscherliche Selbstgefühl, jener mystische Glaube an die besondere Auszeichnung des Fürsten durch die Gnade Gottes gewesen ist.

Nicht ohne innere Bewegung vermögen die Nachlebenden zu sehen, wie lange der Kaiser sich aus seiner Kindheit manch jugendliche Züge, die rasche Entflammbarkeit und Hingegebenheit an schwer erreichbare Ziele, die Verkennung von Menschen und Umständen, bewahrt hat. Er hat den Frieden geliebt wie wenige, es war immer seine Sehnsucht, als Friedenskaiser zu regieren, aber er hat nicht bedacht, daß gerade jene Weltpolitik, die zu führen er so stolz war, das deutsche Volk in Konflikt mit anderen Mächten führen müsse.
Nicht sein Wille, sondern stärkere Kräfte als er, starke und fast unwiderstehliche Strömungen, von denen die ganze Welt erfüllt war, haben schließlich während seiner Regierung den Großen Krieg entfesselt.

Er hat das Schicksal seiner Zeit ebenso bestimmt, wie er von ihr getragen wurde; er hat Entscheidungen gefällt, die das Gesicht der Welt mitverändert haben, aber er war zugleich im Handeln und Wesen auch das Symbol des Zeitalters, das mit Recht das wilhelminsche heißt: Heute ist es leicht zu sehen, wieviel Flitter in all der glanzvollen Herrlichkeit war. Aber wer heute richten will, darf darüber den Stuck nicht vergessen, mit dem der Bürger an seinen Häusern antikische Ornamente vorzutäuschen suchte, den Goldschnitt seiner Klassikerbände, die er nicht las, und die großen sozialen Worte ohne soziale Taten.

Die Zwiespältigkeit seines Willens hat Wilhelm II. nie eindringlicher, nie folgenreicher erwiesen als in den unseligen Novembertagen des Jahres 1918, in dem ein mächtiges Schicksal eine mächtige Energie verlangte und nicht fand. Als der Kaiser über die Grenze ging, erhärtete er noch einmal die Redlichkeit seines Willens, die deutsche Nation glücklich zu machen: Ihr brachte er das schwer Opfer seiner Persönlichkeit, denn nur um ihr den Bürgerkrieg zu ersparen, hat er nach schwerem Gewissenskampf und nach dem Rat Hindenburgs seine Absicht aufgegeben, seinen ererbten Thron auch zu verteidigen. Aber als er, der die Welt erzogen hatte, in ihm das Sinnbild des monarchischen Gedankens überhaupt zu sehen, nun als gebrochener und müder Mann im Kraftwagen über die Grenze fuhr, hat er dennoch gerade durch diese Handlung bewiesen, wie schwach und krank der Glaube an die immanente Macht des Königtums bereits in ihm geworden war. Als er die Grenze überschritt, nahm er den Mythos des Kaiserreichs mit sich hinüber. An diesem Tage zerbrach etwas in Deutschland, das nicht wieder neu zu bauen ist.

Seit dem November 1918 ist die Einsamkeit um den Kaiser gewesen. In dieser Zeit ist Wilhelm II. ein stiller Mann geworden. Er hat es durch Ritterlichkeit der Gesinnung erleichtert, daß heute die Nation im Geiste der Versöhnlichkeit von ihm scheidet und daß sie noch einmal stärker als je die Schwere dieses Schicksals empfindet, das dem Kaiser viele glänzend Gaben des Geistes verlieh, nur um ihm die letzte, die stetige Sicherheit zu versagen, und das ihn auf die Höhe des Daseins stellte, um ihn so gewisser in die Einsamkeit zu stürzen.

Paul faltete die Zeitung zusammen und legte sie auf dem Schreibtisch ab. Er trat ans Fenster und sah auf das spärliche Treiben unten hinaus, wo es aber abgesehen von einigen Soldaten, die die Wege entlanggingen nicht viel zu sehen gab. Der nachruf war schmeichelhaft, das mußte man ihm lassen und auch wenn Paul nicht mit allen Punkten übereinstimmte, so war es doch gerade in diesen Zeiten und in diesem Deutschland schön zu sehen, daß jemand dem alten Kaiser in einem Zeitungsnachruf trotz der monarchiekritischen Parteilinie derart viel Sympathie ausdrückte. Er hatte sich immer vorgenommen, den alten Kaiser noch einmal in Doorn zu besuchen, hatte das aber nur einmal geschafft. Er erinnerte sich gerne an diesen Besuch zurück. Sei es wie es sei, der Kaiser war seinem Reich gefolgt, mit allem, was daraus folgte. Fort, aber nicht vergessen.

Wieder einer weniger, war er fast versucht zu denken, tat das dann aber nicht. Im Inneren widerstrebte es ihm, den alten Kaiser mit sich selbst und seinesgleichen derartig auf eine Stufe zu stellen. Nichtsdestoweniger wieder ein Dokument, wie die Erinnerungen an das alte Reich langsam im Verschwinden begriffen waren... In jedem Fall nahm er sich vor, am Abend nach Dienstschluss mit Schulte etwas zu trinken. Der alten Zeiten wegen, aber eben auch aus gegebenem Anlass. Er fragte sich, was der alte Kaiser wohl über den Kurs des neuen Schiffes 'Deutschland' gedacht haben mochte. Von Holland aus hatte er ja einen einigermaßen unverstellten Blick auf das gehabt, was nebenan vor sich ging. Anteil genommen hatte er wohl auf jeden Fall. Ob er sich Hoffnungen auf eine Restauration gemacht hatte ? Ob er von Hitler ähnlich gedacht hatte wie Hindenburg ? Fragen, die so nicht mehr wichtig, aber vielleicht gerade deshalb interessant waren. Aber so gerne er sich weiter damit auseinandergesetzt hätte, der Dienst wartete nicht und den alten Zeiten nachhängen konnte er wohl auch nach der Arbeit. So öffnete er das Fenster und sah noh eine Weile hinaus, bevor er sich wieder an seinen Schreibtisch setzte und die nächste Akte aufschlug, die nach seiner Aufmerksamkeit verlangte.

Hohenlohe
08.07.18, 00:27
Werter Graf, danke für diese interessanten Worte über unseren letzten Kaiser...*freu*:geistlicher:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
08.07.18, 00:42
Habt Dank, aber diese Worte sind tatsächlich ein authentischer Nachruf aus der Frankfurter Zeitung, werter Hohenlohe !

Hohenlohe
08.07.18, 05:23
Habt Dank, aber diese Worte sind tatsächlich ein authentischer Nachruf aus der Frankfurter Zeitung, werter Hohenlohe !

So etwas in der Art haben wir fast vermutet. Ihr habt ja sehr gut recherchiert, danke dafür.

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
24.07.18, 01:54
So, nachdem wir lange mit Universität und anderen Dingen hätten beschäftigt sein sollen, kündigen wir hier dann auch mal wieder ein Update an !

DerGraf
30.07.18, 23:11
Rede Adolf Hitlers zum deutschen Volk am 22.06.1941
'Deutsches Volk! Nationalsozialisten !

Von schweren Sorgen bedrückt, zu monatelangem Schweigen verurteilt, ist nun die Stunde gekommen, in der ich endlich offen sprechen kann.

Als das Deutsche Reich am 3. September 1939 die englische Kriegserklärung erhielt, wiederholte sich aufs neue der britische Versuch, jeden Beginn einer Konsolidierung und damit eines Aufstiegs Europas durch den Kampf gegen die jeweils stärkste Macht des Kontinents zu vereiteln.

So hat England einst in vielen Kriegen Spanien zugrunde gerichtet.

So führte es seine Kriege gegen Holland.

So bekämpfte es mit Hilfe von ganz Europa später Frankreich.

Und so begann es um die Jahrhundertwende die Einkreisung des damaligen Deutschen Reiches und im Jahr 1914 den Weltkrieg.

Nur durch seine innere Uneinigkeit ist Deutschland im Jahre 1918 unterlegen. Die Folgen waren furchtbar. Nachdem man erst heuchlerisch erklärte, allein pgen den Kaiser und sein Regime gekämpft zu haben, begann man nach der Waffenniederlegung des deutschen Heeres mit der planmäßigen Vernichtung des Deutschen Reiches. Während sich die Prophezeihungen eines französischen Staatsmannes, daß in Deutschland 20 Millionen Menschen zuviel seien, d. h. durch Hunger, Krankheiten oder Auswanderung besei tigt werden müßten, scheinbar wörtlich erfüllten, begann die nationalsozialistische Bewegung ihr Einigungswerk des deutschen Volkes und damit den Wiederaufstieg des Reiches einzuleiten.

Diese neue Erhebung unseres Volkes aus Not, Elend und schmählicher Mißachtung stand im Zeichen einer rein inneren Wiedergeburt. Besonders England wurde dadurch nicht berührt oder gar bedroht. Trotzdem setzte die neue haßerfüllte Einkreisungspolitik gegen Deutschland augenblicklich wieder ein. Innen und außen kam es zu jenem uns bekannten Komplott zwischen Juden und Demokraten, Bolschewisten und Reaktionären mit den einzigen Zielen, die Errichtung des neuen Volksstaates zu verhindern, das Reich erneut in Ohnmacht und Elend zu stürzen.

Neben uns traf der Haß dieser internationalen Weltverschwörung jene Völker, die, ebenso vom Glück übersehen, im härtesten Daseinskampf das tägliche Brot zu verdienen gezwungen waren. Vor allem Italien und Japan wurde der Anteil an den Gütern dieser Welt genau so wie Deutschland bestritten, ja förmlich verboten. Der Zusammenschluß dieser Nationen war daher nur ein Akt des Selbstschutzes gegenüber der sie bedrohenden egoistischen Weltkoalition des Reichtums und der Macht.

Allein schon 1936 erklärte Churchill nach den Aussagen des amerikanischen Generals Wood vor einem Ausschuß des amerikanischen Repräsentantenhauses, daß Deutschland wieder zu mächtig würde und daher vernichtet werden müsse.

Im Sommer 1939 schien England der Zeitpunkt gekommen, die erneut beabsichtigte Vernichtung mit der Wiederholung einer umfassenden Einkreisunppolitik gegen Deutschland beginnen zu können. Das System der züi dem Zweck veranstalteten Lügenkampagne bestand darin, andere Völker als bedroht zu erklären, sie mit englischen Garantie- und Beistandsversprechungen erst einmal einzufangen und dann, so wie vor dem Weltkrieg, gegen Deutschland marschieren zu lassen.

So gelang es England, vom Mai bis August 1939 in die Welt die Behauptung zu lancieren, daß Litauen, Estland, Lettland, Finnland, Bessarahien sowohl als die Ukraine von Deutschland direkt bedroht seien. Ein Teil der Staaten ließ sich dadurch verleiten, das mit diesen Behauptungen angebotene Garantieversprechen anzunehmen und ging damit in die neue Einkreisungsfront gegen Deutschland über.



Unter diesen Umständen glaubte ich es vor meinem Gewissen und vor der Geschichte des deutschen Volkes verantworten zu können, nicht nur diesen Ländern bzw. ihren Regierungen die Unwahrheit der vorgebrachten britischen Behauptungen zu versichern, sondern darüber hinaus die stärkste Macht des Ostens noch besonders durch feierliche Erklärungen über die Grenzen unserer Interessen zu beruhigen.



Nationalsozialisten !

Ihr habt es einst wohl alle gefühlt, daß dieser Sehritt für mich ein bitterer und schwerer war. Niemals hat das deutsche, Volk gegen die Völkerschaften Rußlands feindselige Gefühle gehegt. Allein seit über zwei Jahrzehnten hat sich die jüdisch-bolschewistische Machthaberschaft von Moskau aus bemüht, nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa in Brand zu stecken. Nicht Deutschland hat seine nationalsozialistische Weltanschauung jemals versucht, nach Rußland zu tragen, sondern die jüdisch-bolschewistischen Machthaber in Moskau haben es unentwegt unternommen unserem und den anderen europäischen Völkern ihre Herrschaft aufzuoktroyieren, und dies nicht nur geistig, sondern vor allem auch militärischmachtmäßig.

Die Folgen der Tätigkeit dieses Begimes aber waren in allen Ländern nur das Chaos, Elend und Hungersnot.

Ich habe mich demgegenüber seit.zwei Jahrzehnten bemüht, mit einem Minimum an Eingriffen und ohne jede Zerstörung unserer Produktion zu einer neuen sozialistischen Ordnung in Deutschland zu
kommen, die nicht nur die Arbeitslosigkeit beseitigt, sondern auch den Gewinn der Arbeit steigend den schaffenden Menschen immer mehr zufließen läßt.

Die Erfolge dieser Politik der wirtschaftlichen und sozialen Neuordnung unseres Volkes, die in planmäßiger Überwindung von Standes- und Klassengegensätzen als letztes Ziel einer wahren Volksgemeinschaft zustrebt, sind in der ganzen Welt einmalig.

Es war daher im August 1939 für mich eine schwere Überwindung, meinen Minister nach Moskau zu schicken, um dort zu versuchen, der britischen Einkreisungspolitik gegen Deutschland entgegenzuarbeiten. Ich tat.es nur im Verantwortungsbewußtsein dem deutschen Volke gegenüber, vor allem aber in der Hoffnung, am Ende doch zu einer dauernden Entspannung kommen und die vielleicht von uns sonst geforderten Opfer vermindern zu können.

Indem nun Deutschland in Moskau feierlich die angeführten Gebiete und Länder - ausgenommen Litauen - als außerhalb aller deutschen politischen Interessen liegend versicherte, wurde noch eine besondere Vereinbarung getroffen für den Fall, daß es England gelingen sollte, Polen tatsächlich gegen Deutschland in den Krieg zu hetzen. Aber auch hier fand eine Begrenzung der deutschen Ansprüche statt, die in keinem Verhältnis zu den Leistungen der deutschen Waffen stand.

Nationalsozialisten !

Die Folgen dieses von mir selbst gewünschten und im Interesse des deutschen Volkes abgeschlossenen Vertrages waren besonders für die in den betroffenen Ländern lebenden Deutschen sehr schwere.

Weit mehr als eine halbe Million deutscher Volksgenossen - alles Kleinbauern, Handwerker und Arbeiter - wurden fast über Nacht gezwungen, ihre frühere Heimat zu verlassen, um einem neuen



Regime zu entgehen, das ihnen zunächst mit grenzenlosem Elend, früher oder später aber mit der völligen Ausrottung drohte.

Trotzdem sind Tausende Deutsche verschwunden! Es war unmöglich, jemals ihr Schicksal oder gar ihren Aufenthalt zu Unter ihnen befinden sich allein über 160 Männer deutscher Reichsangehörigkeit.

Ich habe zu dem allem geschwiegen; weil ich schweigen mußte! Denn es war ja mein Wunsch, eine endgültige Entspannung und wenn möglich einen dauernden Ausgleich mit diesem Staate herbeizuführen.

Schon während unseres Vormarsches in Polen aber beanspruchten die sowjetischen Machthaber plötzlich entgegen dem Vertrag auch Litauen.

Das Deutsche Reich hat nie die Absicht gehabt, Litauen zu besetzen und hat auch nicht nur kein derartiges Ansinnen an die Litauische Regierung gestellt, sondern im Gegenteil das Ersuchen der damaligen Litauischen Regierung, nach Litauen in diesem Sinne deutsche Truppen zu schicken, als nicht den Zielen der deutschen Politik entsprechend abgelehnt.

Trotzdem fügte ich mich auch in diese neue russische Forderung. Es war aber nur der Beginn fortgesetzter neuer Erpressungen, die sich seitdem immer wiederholten.

Der Sieg in Polen, der ausschließlich von deutschen Truppen erfochten worden war, veranlaßte mich, erneut ein Friedensangehot an die Westmächte zu richten. Es verfiel durch die internationalen und jüdischen Kriegshetzer der Ablehnung.

Der Grund für diese Ablehnung aber lag schon damals daran, daß England noch immer die Hoffnung hatte, eine europäische Koalition gegen Deutschland mobilisieren zu könoen unter Einschluß des Balkans und Sowjetrußlands.

So entschloß man sich in London, als Botschafter Mister Cripps nach Moskau zu schicken. Er erhielt den klaren Auftrag, unter allen Umständen die Beziehungen zwischen England und Sowjetrußland erneut aufzunehmen und im englischen Sinne zu entwickeln. Über den Fortschritt dieser Mission berichtete die englische Presse, solange sie nicht taktische Gründe zum Schweigen veranlaßten.

Im Herbst 1939 und Frühjahr 1940 zeigten sich auch tatsächlich schon die ersten Folgen. Während sich Rußland anschickte, nicht nur Finnland, sondern auch die baltischen Staaten militärisch zu unterjochen, motivierte es diesen Vorgang plötzlich mit der ebenso verlogenen wie lächerlichen Behauptung, diese Länder vor einer fremden Bedrohung schützen bzw. ihr zuvorkommen zu müssen. Damit aber sollte nur Deutschland gemeint sein. Denn eine andere Macht konnte überhaupt in die Ostseegebiete weder eindringen, noch dort etwa Krieg führen. Trotzdem mußte ich schweigen. Aber die Machthaber im Kreml gingen sofort weiter.

Während Deutschland im Frühjahr 1940 seine Streitkräfte im Sinne des sogenannten Freutidschaftspaktes weit von der Ostgrenze zurückzog, ja diese Gebiete zum großen Teil überhaupt von deutschen Truppen entblößte, begann bereits zu dieser Zeit der Aufmarsch russischer Kräfte in einem Ausmaß, das nur als eine bewußte Bedrohung Deutschlands aufgefaßt werden konnte.

Nach einer damals persönlich abgegebenen Erklärung Molotows befanden sich schon im Frühjahr 1940 22 russische Divisionen allein in den baltischen Staaten.

Da die Russische Regierang selbst immer behauptete, sie sei von der dortimri Bevölkerung gerufen worden, komite der Zweck ihres Dortseins mithin nur eine Demonstration gegen Deutschland sein.

Während nun unsere Soldaten vom 10. Mai 1940 an die französisch-britische Macht im Westen gebrochen hatten, wurde der rassische Aufmarsch an unserer Ostfront aber in einem allmählich immer bedrohlicheren Ausmaß fortgesetzt.

Vom August 1940 ab glaubte ich daher, es im Interesse des Reiches nicht mehr verantworten zu können, diesem gewaltigen Kräfteaufmarsch bolschewistischer Divisionen gegenüber unsere ohnehin schon so oft verwüsteten Ostprovinzen ungeschützt sein zu lassen.

Damit aber trat das ein, was die britisch-sowjetrussische Zusammenarbeit beabsichtigte, nämlich: die Bindung so starker deutscher Kräfte im Osten, daß besonders luftmäßig eine radikale Beendigung des Krieges im Westen von der deutschen Führung nicht mehr verantwortet werden konnte.

Dies entsprach aber nicht nur dem Ziel der britischen, sondern auch der sowjetrussischen Politik. Denn sowohl England wie Sowjetrußland haben die Absicht, diesen Krieg" solange als möglich dauern zu lassen, um ganz Europa zu schwächen und es in eine immer größere Ohnmacht zu versetzen.

Der bedrohliche Angriff Rußlands gegen Rumänien sollte ebenfalls im letzten Grande nur der Aufgabe dienen, emic wichtige Basis nicht nur des deutschen, sondern des wirtschaftlichen Lebens ganz Europas in die Hand zu bekommen oder unter Umständen wenigstens zu vernichten.

Gerade das Deutsche Reich aber hat sich seit dem Jahre 1933 mit unendlicher Geduld bemüht, die südosteuropäischen Staaten als Handelspartner zu gewinnen. Wir besaßen deshalb auch das höchste Interesse an ihrer inneren staatlichen Konsolidierung und Ordnung. Der Einbrach Rußlands in Rumänien, die griechische Bindung an England droliten anch diese Gebiete in kurzer Zeit in einen allgemeinen Kriegsschauplatz zu verwandeln.

Entgegen unseren Grundsätzen und Gebräuchen habe ich auf eine dringende Bitte der damaligen an dieser Entwicklung selbst schuldigen rumänischen Regierung den Rat gegeben, um des Friedens wegen der sowjetrassischen Erpressung nachzugeben und Bessarahien abzutreten.

Die rumänische Regierung aber glaubte dies vor ihrem eigenen Volke nur unter der Voraussetzung noch tragen zu können, wenn Deutschland und Italien als Entschädigung dafür wenigstens eine Garantie geben würden, daß an dem noch übrig bleibenden Bestand Rumäniens nicht mehr gerüttelt wird. Ich habe dies schweren Herzens getan. Vor allem schon deshalb: Wenn das Deutsche Reich eine Garantie gibt, bedeutet dies, daß es dafür auch einsteht. Wir sind weder Engländer noch Juden.

So glaubte ich noch in letzter Stunde, dem Frieden in diesem Gebiete gedient zu haben, wenn auch unter der Annahme einer schweren eigenen Verpflichtung. Um aber diese Probleme endgültig zu lösen und über die rassische Einstellung dem Reiche gegenüber ebenfalls Klarheit zu erhalten, sowie unter dem Druck der sich Stetig verstärkenden Mobilisierung an unserer Ostgrenze habe ich Herrn Molotow eingeladen, nach Berlin zu kommen.

Der sowjetische Außenminister verlangte nun die Klärung bzw. Zustimmung Deutschlands in folgenden vier Fragen:

1. Frage Molotows:

Sollte sich die deutsche Garantie für Rumänien im Falle eines Angriffs Sowjetrußlands gegen Rumänien auch gegen Sowjetrußland richten?

Meine Antwort:

Die deutsche Garantie ist eine allgemeine und uns unbedingt verpflichtende. Rußland habe uns aber nie erklärt, daß es außer Bessarabien überhaupt noch in Rumänien Interessen besitze. Schon die Besetzung der Nordbukowina war ein Verstoß gegen die Versicherung. Ich glaubte daher nicht, daß Rußland jetzt plötzlich noch weitergehende Absichten gegen Rumänien haben könnte.

2. Frage Molotows:

Rußland fühle sieh erneut von Finnland bedroht, Rußland sei entschlossen, dies nicht zu dulden. Sei Deutschland bereit, Finnland keinerlei Beistand zu geben und vor allem die nach Kirkenes zur Ablösung durchmarschierenden deutschen Truppen sofort zurückzuziehen?

Meine Antwort:

Deutschland habe nach wie vor in Finnland keine politischen Interessen. Ein neuer Krieg Rußlands gegen das kleine finnische Volk aber könne von der Deutschen Reichsregierung als nicht mehr tragbar angesehen werden, um so mehr, als wir an eine Bedrohung Rußlands durch Finnland niemals glauben könnten. Wir wollten aber überhaupt nicht, daß in der Ostsee nochmals ein
Kriegsgebiet entstehe.

3. Frage Molotows:

Sei Deutschland bereit, einzuwilligen, daß Sowjetrußland seinerseits an Bulgarien eine Garantie gehe und sowjetrussische Truppen zu diesem Zwecke nach Bulgarien schicke, wobei er - Molotow - erklären wolle, daß sie nicht die Absieht hätten, aus diesem Anlaß z. B. den König zu beseitigen.

Meine Antwort:

Bulgarien sei ein souveräner Staat und ich wüßte nicht, daß ähnlich wie Rumänien Deutschland, Bulgarien Überhaupt Sowjetrußland um eine Garantie gebeten hätte. Außerdem müßte ich mich darüber mit meinen Verbündeten besprechen.

4. Frage Molotows:

Sowjetrußland benötige unter allen Umständen einen freien Durchgang durch die Dardanellen und fordere auch zu seinem Schutze die Besetzung einiger wichtiger Stützpunkte an den Dardanellen bzw. am Bosporus. Sei Deutschland damit einverstanden oder nicht?

Meine Antwort:

Deutschland sei bereit, jederzeit seine Zustimmung zu geben zu einer Änderung des Statuts von Montreux zugunsten der Schwarzen-Meer-Staaten. Deutschland sei nicht bereit, einzuwilligen in die Besitznahme russischer Stützpunkte an den Meerengen.

Nationalsozialisten !

Ich habe hier jene Haltung angenommen, die ich als verantwortlicher Führer des Deutschen Reiches, aber auch als verantwortungsvoller Vertreter der europäischen Kultur und Zivilisation allein einnehmen konnte.

Die Folge war eine Verstärkung der sowjetrussischen gegen das Reich gerichteten Tätigkeit, vor allem aber der sofortige Beginn der inneren Aushöhlung des neuen rumänischen Staates und der Versuch, durch Propaganda die bulgarische Regierung zu beseitigen.

Mit Hilfe verwirrter, unreifer Köpfe der rumänischen Legion gelang es, in Rumänien einen Staatsstreich zu inszenieren, dessen Ziel es war, den Staatschef General Antonescu zu stürzen, im Lande ein Chaos zu erzeugen, um durch die Beseitigung einer legalen Gewalt die Voraussetzung für das Inkrafttreten des deutschen Garantieversprechens zu entfernen.

Trotzdem glaubte ich noch immer, am besten mein Schweigen beizubehalten.

Sofort nach dem Scheitern dieses Unternehmens fand eine abermalige Verstärkung russischer Truppenkonzentrationen an der deutschen Ostgrenze statt. Panzerverbände und Fallschirmtruppen wurden in immer steigender Zahl in eine bedrohliche Nähe der deutschen Grenze verlegt. Die deutsche Wehrmacht und die deutsche Heiffiat wissen, daß sich noch bis vor wenigen Wochen nicht eine einzige deutsche Panzeroder Mot.-Division an unserer Ostgrenze befand.

Wenn es aber eines letzten Beweises für die trotz aller Ablenkung und Tarnung inzwischen eingetretene Koalition zwischen England und Sowjetrußland hedurft hätte, darin hat sie der jugoslawische Konflikt erbracht. Während ich mich bemühte, einen letzten Versuch zur Befriedung des Balkans zu unternehmen und in verständnisvoller Zusammenarbeit init dem Duce Jugoslawien einlud, dem Dreierpakt beizutreten, organisierten in gemeinsamer Arbeit England und Sowjetrußland jenen Handstreich, der die damalige verständigungsbereite Regierung in einer Nacht beseitigte.

Denn es kann heute dem deutschen Volke mitgeteilt werden: der serbische Staatsstreich gegen Deutschland fand nicht etwa nur unter englischen, sondern im wesentlichen unter sowjetrussischen Fahnen statt. Da wir auch dazu schwiegen, ging aber nunmehr die sowjetrussische Führung noch einen Schritt weiter. Sie organisierte nicht nur den Putsch, sondern sie hat wenige Tage später mit den ihr ergebenen neuen Kreatureu das bekannte Freundschaftsabkommen getroffen, das bestimmt war, die Serben in ihrem Widerstandswillen gegen die Befriedung des Balkans zu stärken und gegen Deutschland aufzustacheln. Und dies war keine platonische Absicht.

Moskau forderte die Mobilisation der serbischen Armee.

Da ich auch jetzt noch glaubte, lieber nicht zu reden, gingen die Machthaber des Kremls noch einen Schritt weiter:

Die Deutsche Reichsregierung besitzt heute die Unterlagen, aus denen erwiesen ist, daß Rußland, um Serbien endgültig in den Kampf zu bringen, die Zusicherung gab, über Saloniki Waffen, Flugzeuge, Munition und sonstiges Kriegsmaterial gegen Deutschland zu liefern.

Und das geschah fast im selben Augenblick, als ich selbst noch dem japanischen Außenminister Dr. Matsuoka den Hat gab, mit Rußland eine Entspannung herbeizuführen, immer in der Hoffnung, damit dem Frieden zu dienen.

Nur der schnelle Durchbruch unserer unvergleichlichen Divisionen nach Skoplje sowie die Einnahme von Saloniki selbst haben die Absichten dieses sowjetrussisch-angelsächsischen



Komplotts verhindert. Die serbischen Fliegeroffiziere aber flohen nach Rußland und wurden dort sofort als Verbündete aufgenommen.

Der Sieg der Achsenmächte auf dem Balkan allein hat zunächst den Plan vereitelt, Deutschland in diesem Sommer in monatelange Kämpfe im Südosten zu verstricken und unterdes den Aufmarsch der sowjetrussischen Armeen immer mehr zu vollenden, ihre Kriegsbereitschaft zu verstärken, um dann gemeinsam mit England und unterstützt durch die erhofften amerikanischen Lieferungen das Deutsche Reich und Italien ersticken und erdrücken zu können.

Damit hat Moskau die Abmachungen unseres Freundschaftspaktes nicht nur gebrochen, sondern in erbärmlicher Weise verraten!

Und dies alles, während die Machthaber des Kremls bis zur letzten Minute nach außen hin genau wie im Falle von Finnland oder Rumänien Frieden und Freundschaft heuchelten und scheinbar harmlose Dementis verfaßten.

Wenn ich aber bisher durch die Umstände gezwungen war, immer wieder zu schwei gen, so ist doch jetzt der Augenblick gekommen, wo ein weiteres Zusehen nicht nur eine Unterlassungssünde, sondern em Verbrechen am deutschen Volk, ja, an ganz Europa wäre.

Heute stehen rund 160 russische Divisionen an unserer Grenze. Seit Wochen finden dauernde Verletzungen dieser Grenze statt, nicht nur bei uns, sondern ebenso im hohen Norden, wie in Rumänien. Russische Flieger machen es sich zum Vergnügen, unbekümmert diese Grenzen einfach zu übersehen, um uns wohl dadurch zu beweisen, daß sie sich bereits als die Herren dieser Gebiete fühlen.

In der Nacht vom 17. zum 18. Juni haben wieder russische Patrouillen auf deutsches Reichsgebiet vorgefühlt und kannten erst nach längerem Feuergefecht zurückgetrieben werden.

Damit aber ist nunmehr die Stunde gekommen, in der es notwendig wird, diesem Komplott der jüdisch-angelsächsischen Kriegsanstifter und der ebenso jüdischen Machthaber der bolschewistiselien Moskauer Zentrale entgegenzutreten.



Deutsches Volk!

In diesem Augenblick vollzieht sich ein Aufmarsch, der in Ausdehnung Und Umfan, der größte, ist, den die Welt bisher gesehen hat. Im Verein mit finnischen Kameraden stehen die Kämpfer des Siegers von Narvik am Nördlichen Eismeer. Deutsche Divisionen unter dem Befehl des Eroberers von Norwegen schützen gemeinsam mit den finnischen Freiheitsbelden unter ihrem Marschall den finnischen Boden. Von Ostpreußen bis zu den Karpaten reichen die Formationen der deutschen Ostfront. An den Ufern des Pruth, am Unterlauf der Donau bis zu den Gestaden des Schwarzen Meeres vereinen sich unter dem Staatschef Antoneseu deutsche und rumänische Soldaten.

Die Aufgabe dieser Front ist daher nicht mehr der Schutz einzelner Länder, sondern die Sicherung Europas und damit die Rettung aller.

Ich habe mich deshalb heute entschlossen, das Schicksal und die Zukunft des Deutschen Reiches und unseres Volkes wieder in die Hand unserer Soldaten zu legen.

Möge uns der Herrgott gerade in diesem Kampfe helfen!'

Sonntag, 22.06.1941 - Danzig-Langfuhr

Ich hatte etwas Zeit von meinem Heimaturlaub abgezweigt, die ich, wie üblich, in Danzig verbrachte, um etwas Zeit mit Anna zu haben, bevor es wieder zurück nach St. Nazaire gehen würde. Zu meiner Überraschung waren nicht nur Anna, ihre Eltern und der jüngste, Martin, zuhause. Sie hatte mich zusammen mit Gottfried abgeholt, der nach seiner Freiwilligenmeldung zum 1.4. eingerückt war und inzwischen das Blau der Marine trug. Ich wunderte mich, daß er auf Heimaturlaub war, hakte aber nicht weiter nach, was das anging. Seine Grundausbildung hatte er schon hinter sich, das merkte man schon daran, wie er noch jeden Mannschaftsdienstgrad, der ihm begegnete mit 'Herr' und 'Sie' ansprach und immer brav salutierte. Er war bei der 17. Sch.St.Abt. in Memel und würde wohl in 2 1/2 Monaten die Ausbildung beenden und zur Marinenachrichtenschule nach Mürwick kommen, wenn alles lief wie geplant. Sofern die üblichen Zeitspannen galten, würde er wohl im Januar 1942 seinem Schiff zugeteilt werden. Er selber hoffte darauf, bald an die Front zu kommen und wollte natürlich am liebsten auf die großen Einheiten, trotz des Verlustes der Bismarck. Daran war ich wohl auch mit Schuld, hatte ich doch immer gerne über die kleinen Kübel gelästert, die ab einem Seegang von 5 nicht mehr wirklich hochseetauglich waren und einige Zoten über meine Zeit auf der 'Deutschland' zum Besten gegeben, die ihn wohl doch beeindruckt hatten.

Er erzählte die typischen Erlebnisse eines Rekruten in einer Stammkompanie, die ich so ähnlich schon von meinem Vater kannte oder eben selber erlebt hatte. Bald rief man uns nach unten, wo der Rest der Familie bereits um den Volksempfänger saß und eine Rede des obersten Kriegsherren hörten. Wir hörten nicht mehr alles, aber das Ende genügte völlig, um zu erschließen, was das bedeutete. Die Aussage war klar.

Krieg mit der Sowjetunion !

Sicher, damit würde ich nicht viel zu tun haben, außer ich landete aus irgendeinem Grund am Polarkreis, aber sobald die Ostsee geräumt wäre, saßen die Sowjets mehr oder weniger fest. Trotzdem war das eine gewaltige Grenze und ein gewaltiges Land. Man hatte oft genug gehört, daß der Russe ein Untermensch sei und ein nasses Handtuch ausreichend wäre, um ihn vor sich herzutreiben, aber bereits nach den Säuberungen hatte man ja in Finnland gesehen, was das bedeutete. Die Sowjetunion hatte wenig Achtung vor menschenleben und neigte dazu, Widerstand in Leichenbergen zu ersticken. Wenn tatsächlich alles dort schon an der Grenze stand und wir ihen nur kurz zuvorgekommen waren... Würden wir sie schlagen oder zumindest schwer genug treffen können ? Martin und Gottfried schienen dieser Meinung zu sein, aber das wunderte niemanden. Ich behielt meine Gedanken für mich, sah aber wohl nachdenklich aus. Auf Nachfrage wich ich der Frage aus und verließ das Zimmer, sobald sich eine Gelegenheit bot.

Nun hatten wir also wieder den Zweifrontenkrieg, auch wenn die Westfront nunmehr der Atlantik war ! Würde sich der bisherige Sturmlauf zum Sieg wiederholen ?

Sonntag, 22.06.1941 - Brest

Als die Rede endete, verstummte der Empfänger, abgeschaltet, und Stille füllte den Raum. Die beiden Männer im Raum sahen sich nur kurz an, aber keiner sagte etwas. Keinem war nach Reden zumute. Beide hatten gesehen, was der Sowjetkommunismus in Europa anrichten konnte, während er noch nicht die russischen Weiten kontrollierte, beide hatten im letzten Krieg (mittelbar) erfahren, wie hart die Russen gekämpft hatten. Trotz der Propaganda würde sich an all dem wenig geändert haben und keiner der beiden war sicher genug, daß ein weiterer Blitzkrieg in den russischen Steppen möglich war. Ganz im Gegenteil. Sie hatten erlebt, was aus Norwegen und Seelöwe geworden war, und dachten beide daran, wie auch diese Operation eine neue Front aufriß, ohne zunächst eine alte zu schließen. Dazu kam die von beiden bereits bekannte amerikanische Frage... Daß die Amerikaner neutral bleiben würden, glaubte keiner von ihnen - Das hatte man in Washington 1917 nicht getan und das würde man auch jetzt nicht, soviel war auch ohne weiteres recht sicher zu vermuten.

"Jetzt sind die Russen also auch wieder dabei."
'Sieht so aus.'
"Meinst du, wir kommen wieder nach Osten ?"
'Wills nicht hoffen, nochmal mache ich das nicht mehr mit.'

Die Unterhaltung starb ab, so schnell sie gekommen war. Beide wußten nicht so recht, was sie dazu noch sagen sollten und hingen ihren Gedanken nach. Nach einer Weile stand Schulte auf und verließ das Zimmer. Paul blieb allein zurück und sah auf die Uhr, an der die Sekunden zäh vertickten.

Hohenlohe
31.07.18, 19:12
Keine angenehmen Tage für die Marineangehörigen...:( Aber für eure Protagonisten weiterhin alles Gute...:ph:

herzliche grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
12.08.18, 18:06
Mittwoch, 25. Juni 1941 - Kiel

Otto hatte noch unter dem Eindruck des Kriegszustandes mit Sowjetrußland entschlossen gehandelt und ein Schreiben an seinen Kommandanten gerichtet, in dem er um eine Versetzung zur Unterseebootwaffe ersuchte. Nach dem ersten Gespräch hatte Korvettenkapitän Gerlach den Leutnant abgebügelt, aber der dieser hatte seinen Kurs weiter verfolgt, im vollen Eindruck, die Rechtschaffenheit seines Anliegens hinter sich zu wissen. Dieses Gefühl, ebenso wie der Mut, der diese Entscheidung hervorgerufen hatte, begannen ein wenig zu schwinden, denn das Beharren hatte ihn tatsächlich weitergebracht, wenn auch nicht so, wie er sich das vorgestellt hatte...

Nun saß der junge Offizier also nicht mehr vor dem Kommandanten oder einem Personaler ! Gerlach hatte den Brief, gerade auch wegen der kurz bevorstehenden Verlegung des Zerstörers wohl, kurzentschlossen weitergereicht und so lag die Zettelwirtschaft nun auf dem Schreibtisch des Flottillenkommandeurs. Fregattenkapitän Pönitz musterte den Leutnant eindringlich. Die Akte des Mannes hatte er bereits gelesen, sie lag aber offen sichtbar auf der Schreibplatte, um nötigenfalls als Referenz zu dienen. Die Karriere des jungen Mannes war beispielhaft und er würde nur ungern einmal mehr einen vielversprechenden Offizier an die Unterseebootwaffe verlieren, aber wie schon im letzten Krieg zog es die Männer zu den Unterseebooten, wo es mehr Einsatz, mehr Gefahr, aber eben auch mehr Gelegenheit gab, sich auszuzeichnen !

'Sie möchten also umgehend zur Unterseebootausbildung kommandiert werden, habe ich sie da richtig verstanden, Leutnant ?'

"Das ist richtig, Herr Fregattenkapitän ! Ich glaube, daß ich dort meine Fähigkeiten voll zur Entfaltung bringen und dem Fortkommen im Kriege besser dienen kann als an Bord eines Zerstörers. Ich denke, meine Beurteilungen sprechen für sich und meine vergangenen Leistungen sollten ebenfalls meine Fähigkeiten hervorheben."

Das stimmte, die Beurteilungen waren sehr gut, aber es gab sicher noch andere Punkte zu bedenken. Pönitz wußte nicht, ob dem Leutnant diese Punkte nicht bekannt oder schlicht egal waren, konnte sich aber nicht vorstellen, daß Gerlach die Formalia nicht angesprochen hatte...

'Wie alt sind sie jetzt, Leutnant ?'

"22 Jahre und 9 Monate, Herr Fregattenkapitän."

'Ihnen ist bewußt, daß ein Offizier der Kriegsmarine, der ein Unterseeboot zu befehligen gedenkt, mindestens 25 Jahre alt sein muß ? Selbst wenn man ihrem Gesuch entspricht, bedeutet das nur, daß man sie nach der Ausbildung bis zur Vollendung ihres 25. Lebensjahres entweder in einem Stab parken wird, sie in eine Ausbildungseinheit kommen werden oder sie, im allerbesten Fall von ihrer Warte aus gesehen, der dienstälteste Wachoffizier der Kriegsmarine sein werden.'

"Das alles ist mir bekannt, Herr Fregattenkapitän. Mir ist ebenfalls bekannt, daß in Einzelfällen von diesen Regelungen Ausnahmen gemacht worden sind."

'Und sie glauben, daß man ihnen eine Sondertour erlaubt, Leutnant ?'

Der Ton des Fregattenkapitäns war eine Spur schärfer geworden. Er war nicht sicher, ob ihm das Selbstbewußtsein dieses Offiziers imponieren sollte, oder ob ihn die Arroganz abstieß. Beides lag hier verflucht nah beieinander.

"Sollte mir gestattet werden, die Ausbildung zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu durchlaufen, glaube ich, daß meine Leistungen für sich sprechen werden, Herr Fregattenkapitän. Was die vorgesetzten Stellen damit anfangen, ist selbstverständlich nicht meiner Kontrolle unterworfen und muß sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt meiner Kenntnis entziehen."

'Die Kriegsmarine ist eine Organisation, die auf die Einhaltung von Regeln gegründet ist, und wo Ordnung und Disziplin benötigt werden, um den reibungslosen und erfolgreichen Betrieb aufrechtzuerhalten. Ich sehe es nicht gerne, wenn jemand querschießt, um seine eigene Karriere voranzutreiben und dafür eine Menge Leute unter die Räder kommen läßt, um schneller an einen Punkt zu kommen, den besagte Person für sich am attraktivsten ansieht. Das gilt besonders, wenn es sich bei dieser Person um einen Offizier handelt, der besagte Grundtugenden und Grundsätze exemplarisch vorleben und vor der Mannschaft verkörpern soll. Nur weil ihr Vater im Weltkrieg einer der erfolgreichsten Kommandanten war und ihr Bruder ebenfalls ein hochdekorierter Kriegsheld ist, werde ich nicht alle Vorschriften in den Wind schießen, nur weil sie ihr eigenes Kommando nicht abwarten können. Ist das klar, Leutnant ?'

"Glasklar, Herr Fregattenkapitän."

'Schön. Das wäre denke ich alles. Sie verlegen morgen nach Bergen ?'

"Das ist richtig, Herr Fregattenkapitän."

'Dann haben sie ja genug zu tun.'

Der Leutnant erhob sich und salutierte, drehte sich dann aber noch einmal um.

"Was werden Herr Fre-"

'Werden Sie sehen. Und jetzt raus.'

Während draußen der Leutnant den Flur entlangging um wieder zurück zu seinem Kommando zu kommen, überflog der Fregattenkapitän erneut die vorliegenden Papiere. Da konnte man wieder einmal sehen, was passierte, wenn die Politik in die Armee eingriff ! Regeln und Vorschriften wurden zu Richtlinien, von denen jeder annahm, sie zu seinem subjektiven Besten interpretieren zu können. Nun, der Leutnant hatte sämtliche Folgen als bekannt enthüllt, also gut. Sollte er die Ausbildung hinter sich bringen, einige Monate in Stäben und Ausbildfungseinheiten würden sein Mütchen schon kühlen. Sicher, es gab die Gefahr, daß er so weitermachte wie bisher, da konnte Pönitz aber wenig tun, außer sich darauf zu verlassen, daß man sich an den richtigen Stellen noch an die Traditionen der Marine erinnerte. Also zog er einen der Zettel zu sich heran und setzte einen kleinen Absatz darunter, in dem er noch einmal explizit auf die Bestimmungen zu Alter und Verwendung hinwies, bevor er mit den letzten Sätzen das Gesuch genehmigte und eine Versetzung zum Unterseebootausbildungskommando nahelegte, sobald der Zerstörer sicher in Bergen angekommen war und man die Zeit gehabt hatte, einen Ersatzmann für den Leutnant zu finden. Der richtige mann an den richtigen Platz, so hatte es immerhin geheißen, und auch wenn ihm die Haltung des Leutnants sauer aufstieß, sollte er seine Gelegenheit erhalten zu zeigen, daß er nicht nur ein Schaumschläger war...

Sonntag, 29. Juni 1941 - St. Nazaire

Ich war vor einigen Tagen wieder im Stützpunkt angekommen und hatte die Ausweitung des Krieges immer noch nicht völlig verdaut. Zumindest für mich war das weniger ein Problem, weil ich in der Ostsee nicht eingesetzt werden würde und oben am Polarkreis die Einheiten in Norwegen zuständig waren. ich wußte, daß das nicht wirklich bedeutete, daß ich sicherer war als zuvor, aber das hatte zumindest Anna beruhigt ! Boot und Mannschaft waren soweit auslaufbereit, die Stimmung war gemischt. Viele waren zuversichtlich, daß wir die Sowjets ebenso zuvor schnell schlagen würden. Andere waren nicht so sicher, aber wenige bezweifelten, daß wir letztenendes siegen würden. Zu den Ausnahmen gehörte der Sonderführer (B) Schröder, mit dem ich am Nachmittag ins Gespräch gekommen war.

'Scheiß-Krieg und vor allem Scheiß-Russland ! Hitler kann froh sein, wenn ihm das nicht den Hals bricht. Rußland hat uns Deutschen noch nie viel Glück gebracht. Schweden hat in Russland eine Abreibung bekommen, Napoleon hat den Anfang vom Ende dort gefunden, 17/18... na gut, verloren haben die Russen, aber gewonnen haben wir auch nicht. Dazu haben wir da hinten alles dem Kommunismus vorgeworfen und kriegen jetzt auf die eine oder andere Art die Rechnung präsentiert. Das haben sich die hohen Herren damals wohl etwas anders vorgestellt... Lenin ? Der ist kein Problem, den drücken sie in die Ecke bis er quietscht. Gut, ging daneben, aber bei Hitler wußten sie ja, wie es geht. Ach nein, auch nicht.'

Er spuckte über einen Poller ins Wasser und zündete seine Pfeife an.

'Nie wieder Krieg, hab ich mir nach dem Weltkrieg geschworen, und jetzt sieh dich mal um. Ist doch alles zum Kotzen.'

Ich sah die Lage nicht ganz so schwarz, aber einen Punkt hatte er wohl und immerhin war ich damals nicht dabeigewesen. Vielleicht sagte ich deshalb wenig und hoffte einfach bloß, er behielt seine Meinung zumindest unter seinen Arbeitskollegen eher für sich. Zumindest war die Ostfront und der Kommunismus ein Problem, das jetzt zu denen zurückkehrte, die die Saat einst ausgebracht hatten, da waren wir uns weitgehend einig. ich verabschiedete mich bald von Schröder, und ging wieder zu meinem Quarteier zurück. Das Boot würde um 22:30 auslaufen und es war noch einiges an Vorbereitungen zu treffen !

Hohenlohe
12.08.18, 22:33
Danke sehr für die gute Fortsetzung der Hintergrundgeschichte...:) Bitte weiter so...!!:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*

Azrael
12.08.18, 22:45
Das ist ja schon fast auf Tom Clancy Niveau, habt ihr überlegt, mal Bücher zu schreiben? :D

DerGraf
12.08.18, 23:49
Haben wir, aber das beginnt meist eher mittelmäßig und läßt dann stark nach ! :D
Nein ernsthaft, haben wir nicht, weil wir was sowas angeht immer viel anfangen, aber nur wenig auch zu Ende kriegen. Genug angefangenen Kram und Outlines liegen hier rum, aber es vergammelt halt in der Schublade.

Aber schön, daß es gefällt !

DerGraf
06.09.18, 20:25
Sonntag, 29. Juni 1941 - St. Nazaire

Als das Boot losmachte, stand ich wie gewohnt an meinem Platz auf der Brücke, während Korecky die Kommandos gab. Viel Publikum gab es nicht, aber einige Wachsoldaten, Marinemänner und auch Marinehelferinnen und ein paar Krankenschwestern waren trotzdem am Kai. Eine Kapelle gab es um diese Zeit natürlich auch nicht, aber das störte mich nun wirklich nicht ! Kühne und Plate waren bereits wieder unter Deck, Marbach hatte es gleich vorgezogen, da unten zu bleiben. Ich winkte zurück, wie sich das nun einmal gehörte und sah zu, wie der Kai und die Menschen darauf immer kleiner wurden und langsam in der Dunkelheit verschwanden. Die elfte Fahrt mittlerweile ! 14 Monate war es jetzt her, daß wir in Norwegen nasse Füße bekommen hatten. Vor 22 Monaten war noch tiefster Frieden gewesen... Unglaublich wie die Zeit sich hinzog. Langsam drehte das Boot in den Kurs und glitt aus dem Hafenbecken heraus, eben ein bißchen wie ein Fuchs, der durch die offene Pforte in den Hühnerstall schlich, oder eben ein Wolf, der sich einen Weg durch eine Umzäunung bahnte. Egal, wie passend oder eben auch unpassend dieser Vergleich war, wir waren wieder auf der Jagd !

Leutnant Korecky sah nach vorne auf die Biskaya hinaus, hinter der der Atlantik auf uns wartete und schob sich grinsend die Mütze ein Stück in den Nacken. Er schien so langsam Spaß an der Sache zu finden und hatte sich wohl schon etwas Jagdfieber eingefangen !

Ich nickte ihm zu und steig die Stiege in mein kleines Reich hinab. Obwohl wir noch nicht weit draußen waren, war der Dieselgeruch schon wieder allgegenwärtig und der berüchtigte U-Bootmief war bereits dabei, sich wieder zu bilden. Aber zumindest war die Luft noch nicht zum Schneiden und das offene Turmluk ließ genug frischluft herein, damit man sich noch nicht wie gegen Ende einer Feindfahrt mit dem messer einen Weg durch den Mief hacken mußte. Kühne lehnte am Kartentisch und unterhielt sich halblaut mit seinem Steuermannsgast, dem Gefreiten Schäfer. Der Bootsmann stand am vorderen Kugelschott und war mit seinem Messer zugangen, mit dem er sich einen Pfriem zurechtschnitt. Ich studierte noch einmal die Karten vor Kühne am Tisch. Unser zugewiesenes Patrouillengebiet war EJ 93, also zwischen Dakar und den Kapverden. Wunschgemäß würden wir dabei auf dem Hinweg einen Abstecher über die Meerenge von Gibraltar machen. Nicht, daß ich dem Jagdgebiet nicht traute, aber einige leichte Anfangserfolge sollten trotz der Nähe zur Marinebasis möglich sein und taten der Moral an Bord immer gut.

Schließlich ließ ich mich wieder auf dem Kartoffelsack nieder, der mir auf dem Feindfahrten als Stuhl diente, zumindest, bis die kartoffeln aufgebraucht waren. Nach einer Weile bahnte sich der Bootsmann mit dem Pütz einen Weg nach oben. Der Brauch hatte sich gut geführt und war ebenso gut angenommen worden. Viel aufsehenserregendes war ansonsten nicht passiert. Aus dem Osten kamen die Siegesmeldungen im Stakkato, in Afrika hatten die Aliierten es nicht geschafft, Tobruk zu entsetzen. Ein wenig untergegangen war das Finale der Fußballmeisterschaft, in dem Wien und Schalke 04 am Tag des Einmarsches in die Sowjetunion aufeinandergetroffen waren, und das natürlich auch noch in lebhafter Erinnerung war.


https://www.youtube.com/watch?v=EaNXhqMTwY4

Ebenso war auch am Nachmittag mehrfach das neue 'Rußland-Lied' zu hören gewesen, daß man extra für den Anlaß geschaffen hatte, das aber nicht mehr rechtzeitig fertiggestellt worden war. Persönlich fand ich es ganz nett, aber nichts, was einen wirklich von Hocker beziehungsweise Kartoffelsack riß.

"Legen sie doch mal irgendeine Platte auf, Herrmann !"
'Mit Vergnügen, Herr Oberleutnant !'

Kurz darauf knackte die Bordsprechanlage und Erhard Bauschke begann, von Sommer, See und Sonnenschein zu singen...


https://www.youtube.com/watch?v=tEiijQOTN2s&index=139&list=PL8B215927D661DA82

Komischer Kunde
07.09.18, 09:26
Wir freuen uns sehr darüber, die Geschicke des U-94 weiter verfolgen zu dürfen. Guten Jagd Ihr Himmelhunde!

Hohenlohe
07.09.18, 20:41
Fängt schon gut an. Wir sind auf die ersten Versenkungen gespannt...!! Ansonsten wünschen wir euch viel Glück und viele Erfolge auf dieser Fahrt...!! :ph:


herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD UND GUTE FAHRT!!*

Hjalfnar
12.09.18, 20:03
Wir freuen uns sehr darüber, die Geschicke des U-94 weiter verfolgen zu dürfen. Guten Jagd Ihr Himmelhunde!Seehunde, werter Kunde.

DerGraf
26.09.18, 03:28
Freitag, 4. Juli 1941 - Irgendwo in der Sowjetunion

Oberfeldwebel Kornelius mahlte mit den Zähnen und spähte durch die Winkelspiegel nach draußen. Auf der Kuppe des Hügels waren die Umrisse zweier brennender Panzer zu sehen. T-26 oder BT-Modell, da war er nicht völlig sicher, aber das war im Moment auch unerheblich... Auf 10 Uhr ein weiterer von einer Feuersäule begleiteter Knall.

'Wieder einer weniger !' hörte er Petrich durch die BzB-Verbindung rufen.
'Der Russe operiert mit seinen Panzern im Kompanieverband, es sind also noch mindestens 7 weitere da draußen. Augen offenhalten !' befahl Leutnant Konrad.

Im Gesichtsfeld des Oberfeldwebels schoben sich vier weitere Feindpanzer über die Hügelkuppe und fächerten sich auf. Von den BT-Typen war nicht viel Ärger zu erwarten, wenn sie sie auf Abstand halten konnten. Das größte Problem war der Koloß, der den drei kleineren Panzern voranrollte... Sie hatten erst wenige Zusammenstöße mit T-34 Panzern gehabt, aber der Oberfeldwebel verglich sie gerne mit den schweren französischen B1 mit der 75er. Diese Biester waren unangenehm, und gefährlich, sie mußten sie auskurven und im Nahkampf auf kürzestmögliche Distanz von der Seite oder von hinten erledigen ! Einer der Momente, in denen sich der Oberfeldwebel dann doch einen Panzer IV wünschte, denn mit der kurzen 5cm KwK der Panzers IIIF würden sie auf alles über 200 Metern keinen Stich gegen diesen Gegner machen.

"T-34 Führungspanzer und 3 kleinere auf 2 Uhr ! Zuerst die BT-Panzer abschießen, dann nehmen wir den Dicken in die Zange."
'Verstanden !' quarrte Unteroffizier Grundel aus dem Mikrofon.

"Feindpanzer auf 1 Uhr, Entfernung 1100 Meter, Panzergranate."
'Hab ihn !' meldete Miersch.

Der Panzer III kam wippend zum Stehen, als Haller zum Schießhalt bremste. Dann knallte es.
'Abgefeuert !' kam von Miersch.
'Lade nach !' Das war der Gefreite Jokisch.

Vorne ruckte der anvisierte Panzer etwa 40 Grad zur Seite und blieb dann stehen. Rauch quoll aus den Luks. Ihr Fahrzeug machte einen Satz nach vorne. Ein leichter Tritt gegen die rechte Schulter und Haller änderte die Fahrtrichtung entsprechend.

'Zweiter T-34 auf 8 Uhr ! Die Schweine haben uns flankiert !' fluchte Feldwebel Petrich. 'Ausweichen und kleinere Fahrzeuge ausschalten !' befahl der Leutnant. Der Oberfeldwebel war beschäftigt, ihren T-34 im Blick zu behalten. Ruckartig wechselte der Panzer in den Rückwärtsgang und eine Fontäne aus Feuer und aufgewirbelter Erde nahm Kornelius für einen Augenblick die Sicht, während Steine und Metallsplitter wirkungslos von der Außenhaut abprallten. Seine Gedanken überschlugen sich. Wenn die feindliche Kompanie mehr als einen T-34 hatte, verwendeten sie sie als Führerpanzer, im schlimmsten Fall kam also einer von denen auf jeden von ihnen, selbst ohne das Kroppzeug eine gefährliche Situation !

Petrich hatte den nächsten BT in Brand geschossen. Schnell flogen drüben die Luken auf und die sowjetischen Takisten versuchten, sich aus dem stählernen Sarg zu retten. Der erste erreichte den Boden und begann zu laufen, der zweite war gerade aus der Luke heraus, als Petrichs Funker mit dem Maschinengewehr das Feuer eröffnete und der gegnerische Soldat mit hochgerissenen Armen vom Turm stürzte, der dritte war dem zweiten hinterhergeklettert und fiel wieder ins Innere des Panzers zurück. Der Oberfeldwebel schauerte, eine lebendige Erinnerung daran, wie leicht der Panzer vom schützenden Stahlkasten zum Grab werden konnte !

"BT auf 2 Uhr, 800 Meter, Panzergranate !"
'Hab ihn !'
'Abgefeuert !'
'Lade nach !'

Neben dem BT schoß eine Erdfontäne hoch.
"Fünf weniger, Miersch !"
'Hab ihn !'
'Abgefeuert !'
'Lade nach !'

Der BT wurde förmlich auseinandergerissen. Kornelius nahm an, daß Grundel fast gleichzeitig auf denselben Panzer geschossen hatte. Der Panzer III beschrieb einen Bogen nach links, während Grundel nach rechts zackte. Der russische Kommandant mußte sich jetzt entscheiden, welchen der beiden er angreifen wollte. Knapp hinter dem Panzer des Oberfeldwebels spritzte das Erdreich hoch. Damit war alles klar ! Haller trat das Pedal durch und begann Ausweichbewegungen zu fahren, aber noch mußte der drüben nachladen...

'Fast wie an der Aisne, was, Herr Oberfeld ?' meinte Haller als er den Panzerkampfwagen nach links riß. Miersch feuerte eine Panzergranate auf den Gegner, aber die Entfernung war noch zu groß und der Leuchtsatz prallte am Turm ab und zischte fast senkrecht in den Himmel, während der feindliche Panzer immer weiter die Spiegel ausfüllte. Aber der Oberfeldwebel zwang sich zur Ruhe. Noch nicht...

Auf der abgewandten Seite des Feindes detonierte etwas und zwischen Dreck und Erde glaubte der Oberfeldwebel eine Laufrolle und Kettenstücke zu sehen.

"Guter Schuß, Grundel !"
'Danke, Herr Oberfeld, aber er ist noch nicht- 11 Uhr, sofort ausweichen !'

Kornelius verlor beinahe den Halt, als Haller den Wagen herumriß und fällt gegen die Turmleiter, als ein harter Schlag durch den Panzer geht. Mühsam richtete er sich wieder auf.

"Was ist los, Haller ?"
'Der andere hat uns wohl nicht gesehen und uns dann über den Haufen gekarrt. Der Motor startet nicht mehr.'

Brandgeruch breitete sich im Inneren aus. Noch war er schwach, aber sie alle wußten, daß es oft nicht lange brauchte, bis es zur Explosion kam.

"Alles raus !"

So schnell ihr Training es ihnen erlaubte, kletterten sie aus den Luken und fanden sich neben den beiden mit den Motorblöcken verkeilten Panzern wieder. Doch auch andere Gestalten waren bereits dort.
Die russischen Tanker !

Genau wie die Deutschen waren auch sie abenteuerlich anzusehen. Zwei der vier Männer dort trugen am Oberkörper nur durchgeschwitzte Unterhemden, ein weiterer hatte die Feldbluse offen und sich ein Tuch um den Hals gebunden. Wäre da nicht der Lederhelm des verbliebenen Mannes, den Kornelius für den Kommandanten hielt, oder dessen Uniform, man hätte sie fast für Deutsche halten können ! Miersch und Haller hatten die Pistolen gezogen, ebenso zwei Russen. Ein dritter hatte eine Maschinenpistole. Kornelius fluchte leise, ihre MPi 38 war wohl noch im Panzer... Zäh flossen die Sekunden dahin, während sich die neun Männer gegenüberstanden. Keiner traute sich, sich zu bewegen.

Plötzlich senkte der Mann mit dem Lederhelm die Pistole und begann zu lachen, was dem Oberfeldwebel die Absurdität der Situation plastisch vor Augen führte. Wie unsinnig wäre es, sich hier jetzt noch gegenseitig zu erschießen ! Langsam stieg auch in ihm Gelächter hoch. Nach und nach wurden die anderen Männer ebenfalls angesteckt. Der mann mit dem Lederhelm sagte irgendetwas, Kornelius verstand ihn nicht, nur das Wort 'Tank'.

Die Panzer !

Die beiden Kommandanten waren sich auch ohne Worte einig. Auf einen Wink ihres Kommandanten liefen die Russen zurück über die Hügelkuppe. Der Oberfeldwebel und seine Männer stürzten so schnell sie konnten hügelabwärts, wo sie sich hinter eine Bodenwelle fallen ließen.

Kurz darauf detonierte die Bereitschaftsmunition der beiden Fahrzeuge... Auch den Überblick über das Gefecht hatte der Oberfeldwebel verloren, aber seine Männer waren noch am Leben und er auch. Alles andere war in diesem Moment zweitrangig ! Mit zittrigen Fingern steckte er sich eine zerdrückte Zigarette zwischen die Lippen. Haller gab seinem Chef Feuer. Da sie mit ihren fünf Pistolen 38 in einem Panzergefecht wenig zu wollen und noch weniger zu sagen hatten, blieben sie erstmal in Deckung.

Irgendwer würde sie schon wieder aufsammeln !

Freitag, 4. Juli 1941 - Planquadrat CG 95

Fünf Tage waren vergangen, seit wir ausgelaufen waren und diese Tage hatte U-94 genutzt um durch die Biskaya zu fahren und die spanische Küste bis fast nach Gibraltar hinunterzumachen. Die Moral an Bord war ausnehmend gut, immerhin näherten wir uns einem einträglichen Fanggebiet und ich hoffte, zumindest auf der Vorbeifahrt einen Briten erwischen zu können, um das Jagdglück nicht später überstrapazieren zu müssen. In der Zwischenzeit war Dienst nach Vorschrift angesagt, nur die Seewache war besonders aufmerksam, nicht nur wegen der erhofften beute, sondern vor allem auch wegen der zu erwartenden Flieger, denn die Briten hatten begonnen, auch in der Biskaya hin und wieder einmal ein Boot anzugreifen, wenn auch noch nicht wirklich erfolgreich. So oder so waren die ruhigen und sorglosen Zeiten damit aber vorbei.

Das Mittagessen verlief unaufregend. Weil Freitag war, hatte Urban Pfifferlinge in Butter mit Kartoffeln und Tunke sowie Dosenobst zum Nachtisch gereicht. Inzwischen war das Boot auf der Höhe von Gibraltar angelangt und Herrmann horchte aufmerksam nach etwaigen Kontakten. Leutnant Plate und Oberfähnrich Unterhorst unterhielten sich auf ihrer Tischseite über Unterhorsts Aufsatz über die Bedeutung der Führerpersönlichkeit für Einheiten der Kriegsmarine. Plate hatte mir freundlicherweise einen Teil des Fähnrichsunterrichts abgenommen und dazu gehörten eben Dinge wie dieser Aufsatz oder auch Seerecht.

Seit einiger Zeit liefen wir schon auf Abfangkurs, seit der B-Dienst eine Kontaktmeldung zu einem Geleitzug durchgegeben hatten, den ich anzugreifen gedachte. Viel konnte uns nicht mehr vom Feind trennen und daher beschloß ich bald nach dem Essen, bei Leutnant Korecky auf der Brücke nach dem Rechten zu sehen...

http://up.picr.de/33915048gn.jpg

Hohenlohe
26.09.18, 17:16
Danke, werte Gräfin, ihr habt uns mal wieder mit zwei schönen Berichten versorgt, die wir gerne gelesen haben...:top: Bitte weiter so...!!:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe, ein Fan...:D

DerGraf
26.09.18, 17:32
Gräfin ? Wir müssen uns doch sehr wundern, werter Hohenlohe ! :eek:

Ritter Kunz
26.09.18, 18:19
Werter DerGraf,

Ihr wurdet vermutlich mit dieser (http://www.si-games.com/forum/member.php?u=1570) Regentin verwechselt, die hier unter dem Namen Der Graf foriert ;)

Hohenlohe
26.09.18, 19:33
Gräfin ? Wir müssen uns doch sehr wundern, werter Hohenlohe ! :eek:

Wir bitten höflichst um Vergebung, werter Graf...:ditsch:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:)

DerGraf
27.09.18, 20:28
Freitag, 4. Juli 1941 - Planquadrat CG 95

Der Abfangkurs nach Ost in Kombination mit allem, was drin war, hatte uns schon bald in eine geeignete Vorhalteposition gebracht. Durch die Annäherung von vorn hatten wir uns sozusagen zwischen den beiden Hunt-Zerstörern 'hindurchgemogelt', die allerdings immer noch in Schlagreichweite saßen. Etwa 2000 Meter trennten uns vom Geleit und jeder von uns wußte, wie schnell die Eskorten die zusätzlichen 1500 Meter überbrücken konnten ! ich ließ auf langsame Fahrt gehen, damit der Horcher bessere Arbeitsbedingungen hatte, aber eben auch, damit die Zerstörer uns nicht so leicht heraushören konnten. Torpedomixer und Mannschaft waren gefechtsbereit, die Nerven angespannt.

http://up.picr.de/33926287tu.jpg

Nach den ersten Spähblicken ließ ich die Fahrt wieder erhöhen, um uns näher an das Geleit heranzuarbeiten. Als wir nahe genug waren, hatte ich mir das erste Ziel bereits vorgelegt. Ein recht großes Frachtschiff, das, unvorsichtigerweise, ziemlich weit vorne und außen fuhr.

http://up.picr.de/33926352ka.jpg

"Entfernung zum Ziel... 590 Meter. Geschwindigkeit 7 Knoten, Lage 95."
'Eingestellt !'
"Mündungsklappe für Rohr 1 öffnen."

Mit einem leisen Zischen konnte ich hören, wie die Mündungsklappe geöffnet wurde, daher wartete ich die Bestätigung nicht ab.

"Rohr 1... los !"
'Rohr 1 abgefeuert !'

36 Sekunden Laufzeit waren nicht die Welt, also beobachtete ich das Ziel weiter, um zu sehen, ob der einzelne Aal ausreichen würde.

http://up.picr.de/33926385cg.jpg

Torpedotreffer ! ich wollte keinen weiteren Aal blind wegschießen, also visierte ich am getroffenen Ziel vorbei einen weiteren Großfrachter an, auch, um dem ersten Ziel etwas Zeit zum Sinken zu geben. Davonlaufen würde es uns immerhin nicht !

http://up.picr.de/33926419rg.jpg

"Neues Ziel. Entfernung 1550 Meter, 6 Knoten, Lage 97."
'Steht !'
"Mündungsklappen für Rohr 2 und 3 öffnen ! Rohr 2... los !"
'Rohr 2 abgefeuert !'
"Rohr 3... los !"
'Rohr 3 ist los !'

Sicher war immerhin sicher ! 2 Minuten Laufzeit waren schon eine deutlichere Ansage und auf die größere Entfernung schickte ich lieber zwei Aale, immerhin hatten wir immer noch Probleme mit Frühdetonieren ! Kühne behielt die Laufzeiten im Auge und Herrmann horchte nach den Korvetten. Ich schwenkte das Sehrohr weiter. Eine Menge kleines Zeug, aber mir waren die großen lieber, die man nachher als Nachzügler aufpicken konnte, wenn man sie angeschossen hatte. Also blieb das Sehrohr schließlich an einem Erzfrachter hängen. Ein lohnendes Ziel, aber auch ein riskanter Schuß... Trotz meiner bedenken, die ich noch kurz zuvor gehegt hatte, wollte ich es versuchen, und sei es nur, um die Tommies zu ärgern.

"Zielentfernung: 3550 Meter, 5 Knoten, Lage 66."
'Eingestellt !'
"Mündungsklappe für Rohr 4 öffnen !"

Auch die Klappe dieses Rohrs würde geöffnet.

"Rohr 4... los ! Kurs 270, 1/3 Fahrt voraus !"

Immerhin mußten wir noch das Heckrohr zum Einsatz bringen und es war immer noch nicht klar, wie die Korvetten reagieren würden, wenn es weiter im Inneren des Geleitzuges knallte !

'Schnelle Schraubengeräusche in 212, Herr Oberleutnant ! Kommen näher !'

Soviel zum Phlegma der Seelords ! Ich war unentschlossen, ob ich mir das letzte Rohr für die Eskorte aufsparen sollte oder nicht. Eine doppelte Detonation unterbrach meine Gedanken. Auch wir konnten die typischen Geräusche des waidwunden Schiffes deutlich hören. Unterhorst war bereits mit dem Schiffsregister zugange, nachdem das torpedierte Schiff einen Notruf angesetzt hatte.

http://up.picr.de/33926550xr.jpg
Am 4. Juli 1941 um 14 Uhr 02 versenkte U-94 das Großfrachtschiff 'SS Aeneas' mit 10.615 BRT.

Ich fluchte leise. Das bereits angeschossene Schiff konnten wir erst in 7 Minuten angreifen, vorher war kein Bugrohr schußbereit. Also entschied ich mich, ein weiteres Ziel aufzugreifen, da der Erzfrachter von anderen Schiffen blockiert wurde.

http://up.picr.de/33926578gk.jpg

"Achtung bei Rohr 5 ! Entfernung 1.380 Meter. Fahrt 5 Knoten, Lage 30."
'Eingestellt !'
"Mündungsklappe öffnen !"
'Ist geöffnet !'
"Rohr 5... los !"

Auch dieser Torpedo machte sich auf seine Reise. Wie würde er wirken ? ich war in jedem Fall entschlossen, mich während des Ladens nicht dem Feidn zu stark aussetzen zu wollen.

"Kurs WNW, auf 60 Meter gehen !"

Die Minuten vergingen. Kühne meldete Zeit um für die Torpedos 4 und 5, was meine Laune nicht eben hob. Endlich kam die erlösende Meldung.

'Rohr 1 feuerbereit, Herr Oberleutnant !'
"Auf Sehrohrtiefe gehen !"

Als der Spargel die Wasseroberfläche durchstach, war das erste Frachtschiff immer noch über Wasser, auch wenn es bereits Schlagseite hatte. ich beschloß, den Todeskampf des Schiffes abzukürzen !

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"Entfernung 420 Meter. 4 Knoten, Lage 141."
'Steht !'
"Mündungsklappe für Rohr 1... öffnen. Rohr 1... los !"

23 Sekunden, dann müßte der Torpedo sein Ziel erreichen. Ich verfolgte die Bahn des Geschosses, als plötzlich...

'Feind hat uns in der Ortung, Herr Oberleutnant !'

Verflucht ! Also schliefen die Herren dort drüben doch nicht ! Meine ersten Befehle wurden mir von der Detonation von den Lippen gerissen, die kurz darauf durch und auch über das Wasser rang...

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Am 4. Juli 1941 um 14 Uhr 14 versenkte U-94 den Großfrachter 'SS Aden' mit 10.617 BRT.

Die Korvette war mittlerweile nur noch 1100 Meter entfernt und Rohr 5 war nicht vor 2 Minuten einsatzbereit. Ich zog das Sehrohr ein.

"Kurs 330, beide Schrauben 50 Umdrehungen ! Auf 80 Meter gehen."

20 Meter gingen durch, als sich das Boot im hagel der Wasserbomben wiederfand. Die meisten detonierten harmlos in der Tiefe, schüttelten uns aber demnoch gut durch ! Zumindest zuerst, auf 34 Metern wurde das Boot wie von einer Riesenfaust ergriffen und herumgewirbelt.

'Schaden im Bugtorpedoraum ' 'Außenbordverschlüsse machen Wasser !'

Obwohl sich die Männer sofort an die Arbeit machten, hörte das Bombardement natürlich nicht auf. zwei weitere Nahtreffer mußte das Boot auf dem Weg nach unten einstecken, wobei aber keine weitere Ausrüstung beschädigt wurde, die wir getaucht erreichen konnten.

Auf 120 Metern ließen wir schließlich den Beschuß über uns ergehen. Der Genralkurs war inzwischen SO, auch wenn wir wegen des beständigen Zackens davon mehr oder weniger abwichen...
Aber trotzdem gaben die Briten nicht auf !

Azrael
28.09.18, 10:40
Jetzt kann ich nach Wiedererlangung des Internetes auch wieder mitlesen! Die Begegnung an der Ostfront war wohl ungewöhnlich ritterlich und wie die Konvoischlacht ausgeht, erwarte ich auch gespannt, danke für die Unterhaltung :)

DerGraf
09.11.18, 00:31
Die Wasserbombenverfolgung dauerte zwei Stunden. Zwei Stunden, in denen es noch einige bedrohlich nahe Detonationen gab und auch das Knacken im Gebälk und die verordnete Stille im Boot waren nicht geeignet, die Zeit unter Wasser angenehmer zu machen. Gerade auch, weil die Tauchtiefe denkbar dicht an der Werftgarantie gewählt war. Für mich waren 120 Meter eine gute Tiefe, um Wasserbomben zu entgehen, aber wenn man soweit unten trotzdem eine abbekam, konnte sich das schnell als tödlich erweisen ! Der Vorfall auf der vorletzten Feindfahrt kam ins Gedächtnis... Ich betrachtete die Werftgarantie von 90 Metern als eine gute Richtlinie für Tauchtiefe, mit plusminus 10 % kam man auf 100 m. 150 sah ich für mich als Grenze an. Ein unbeschädigtes Boot konnte wohl noch tiefer, aber wenn ein beschädigtes Boot nicht auf 150 Meter eingependelt werden konnte, würde der Tiefendruck ihm wohl den Rest geben. Zumindest war das meine Theorie, die ich mir seit April zurechtgelegt hatte und die ich recht stimmig fand. Günther Schröder, auch wenn er sich nicht mit Rechnereien aufhalten wollte und seine eigenen Erfahrungen eine ganze Zeit zurücklagen, hatte dieses kleine Gedankengebäude als 'nicht unapart' bezeichnet.

Draußen waren nur kleinere Reparaturen am Vorderdeck nötig. Die Flaklafette war leicht verzogen und das Deckgeschütz hatte ein paar kleinere Dellen abbekommen, aber das war nichts, was nicht rasch wieder behoben werden konnte. Noch während die Reparaturen vorgenommen wurden, zog die Seewache auf. Ebenso ließ ich die außenbords gelagerten Reservetorpedos nachladen, eine Plackerei, die die Männer nicht gerade mit Freude erfüllte, aber sie mußte getan werden. Leutnant Plate ließ diese Aufgabe von Oberfähnrich Unterhorst beaufsichtigen und kümmerte sich selbst um die Reparaturen an Deckgeschütz und Flak. Ich stand mit Kühne auf dem Turm, der mir erzählte, wie seine Frau bereits jetzt am rotieren wäre, weil ihr Ältester jetzt wohl bald ins Jungvolk käme. Gerade ihm war das nicht sehr recht, weil er seine Kinder so schon kaum zu Gesicht bekam, aber was wollte man groß machen ?

Das Boot nahm den alten Kurs an Gibraltar antlang und die afrikanische Küste hinab wieder auf. Der Seewache war doppelte Wachsamkeit eingeschärft worden, schon weil die Fliegergefahr immer noch groß war, aber weder Flieger noch eine Suchgruppe ließen sich sehen, um Umladen und Reparaturen zu stören. Also nochmal Glück gehabt ! Marbach meldete volle Tauch- und Einsatzbereitschaft des Bootes wieder hergestellt.

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Es war 9 Uhr am nächsten Tag, als die Seewache das Schiff sichtete... Ein Frachter des Empire-Modells, wie es aussah.

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Natürlich hatte man den Pott bewaffnet, also hieß es einmal mehr, vorsichtig herangehen ! Gerade hatte ich den Befehl zum Tauchen gegeben und die ersten Männer der Seewache waren im Turm verschwunden, als es auch schon knallte und weit hinter dem Boot die erste Fontäne in die Höhe schoß. Man hatte uns also entdeckt !

"Kurs 318, halbe Fahrt zurück !"
'Jawohl, Herr Oberleutnant !'

Langsam schlichen die Sekunden über die Uhr, während der Brite oben anscheinend stur seinen Kurs hielt. Bemerkenswert, oder doch eher inkompetent ? Nun, wir würden daraus machen, was wir konnten ! ich gab die knappen Kursanweisungen, mit denen ich das Schiff passend vorlegte, bevor ich es über das Sehrohr anvisierte.

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"Zielentfernung 940 Meter, Lage 71, Fahrt 4 Knoten."
'Eingestellt !'
"Mündungsklappe für Rohr 1 öffnen."
'Mündungsklappe Rohr 1 offen !'

Ich entschied mich, den Kiel des Schiffes anzugreifen und wartete ab, bis das Opfer die vorgesehene Position erreicht hatte. In der Zwischenzeit hatte Unterhorst das Schiff über das Schiffsregister identifiziert.

'SS Empire Portia, Herr Oberleutnant. 6.781 Tonnen.'

Dann war es soweit.

"Rohr 1... los !"
'Rohr 1 abgefeuert !'

Der Torpedo lief auf das Ziel zu und die Uhr herunter. 57 Sekunden Laufzeit, wie Plate anhand der Torpedolösung errechnet hatte. Kaum eine Minute später rollte der Knall einer Detonation über und auch durch das Wasser.

'Torpedotreffer !'

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Aber das Schiff versank nicht. Da ich den Treffer allerdings für gelungen hielt, ließ ich keinen Schuß nachschießen, sondern verfolgte das Schiff, das sich weiter in Richtung Gibraltar zu retten trachtete. Über drei Stunden kroch der Frachter langsam weiter auf die Meerenge zu, trotz seiner schweren Schlagseite immer noch unwillig, sich in sein Schicksal zu ergeben. Innerlich zollte ich den Briten dort vorn Respekt, daß sie den Pott so lange über Wasser halten konnten, aber so langsam mußte der Eimer dort weg, denn je dichter er uns an Gibraltar heranführte, desto größer wurde die Gefahr für uns, die wir im Schlapptau hinterherdackelten.

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"Entferung 770 Meter, Lage 125, Feindfahrt 0 Knoten."
'Eingestellt.'
"Mündungsklappe Rohr 5 öffnen."
'Mündungsklappe geöffnet.'
"Rohr 5... los !"

50 Sekunden später schoß die Fontäne am Schiffsrumpf in die Höhe.

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Ein weiterer sauberer Treffer und diesmal hörten wir die Spanten des Schiffes brechen. Der Brite sank, diesmal endgültig.

"Auftauchen !"
'Jawohl, Herr Oberleutnant !'

Am 5. Juli 1941 um 12 Uhr 58 versenkte U-94 den Empire Typ Frachter 'SS Empire Portia' mit 6.781 BRT.

Noch bevor die Seewache aufziehen konnte, rutschte Korecky wieder an der Leiter herunter, fast dem Hauptgefreiten Hornbostel ins Genick.

"Was ist los, Herr Korecky ?"
'Hurricanes, Herr Oberleutnant ! Ich habe nur zwei gesehen, aber es könnten mehr sein.'
"Alarmtauchen !"

Ich fragte mich natürlich, warum sie das Boot nicht angegriffen hatten... Entweder hatten sie keine Wasserbomben dabei, oder sie waren die Fühlungshalter einer U-Jagdgruppe. ich war nicht bereit, lange genug abzuwarten, um herauszufinden, was genau hier vorging und so lief das Boot ab, während es mit dem Bug voran in die Tiefe schoß. Die erwarteten Wasserbombendetonationen blieben zunächst aus...