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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Black Panther's Lounge - Livingston Louisiana



Agrippa
06.12.05, 01:32
Johnny Ramone hatte heute keine Lust auf die Kirche. Er saß missmutig auf der runtergekommen Holzbank in der kleinen Kapelle, die für die schwarzen Feldarbeiter keine 500m entfernt von der kleinen Hütte, die er mit Uncle Pete, Grandma Josie und seinen vier Geschwistern bewohnte, gebaut worden war.
Als Uncle Pete bemerkte, daß Johnny die Worte zum Gebet nicht nachsprach kniff er dem Jungen ins Ohr und bedachte Ihn mit einem bösen Blick.
Johnny fügte sich und sprach brav die Worte nach, im Geiste jedoch denkend: "Was für ein langweiliges gehabe".

Er war gestern 15 Jahre alt geworden und freute sich wie wild auf den heutigen Abend. Denn heute war Sonntag und sein älterer Bruder Joey hatte ihm versprochen Ihm heute Abend etwas zu zeigen. Johnny war gespannt wie ein Flitzebogen.

Als die Dämmerung hereinbrach und die Feldarbeit endlich ein Ende hatte kam Joey Ramone schwitzend in die kleine Kate und bekundete seinen Bärenhunger. Die Aufseher hatten vor wenigen Stunden erst die wöchentliche Ration Getreide und Fleisch gebracht. Das Fleisch reichte meist nur für eine Mahlzeit und es war zäh und sehnig, aber immerhin gab es einmal die Woche Fleisch denn das gab Kraft und Ausdauer.

Nach dem Essen zwinkerte Joey seinem Bruder Johnny kurz zu und die beiden verliessen die Kate als die Sonne gerade hinter dem nahegelegenen Hügeln untergegangen war.
"Pass mir ja auf den Jungen auf, sonst setzt es Prügel" hatte Uncle Pete Joey noch nachgerufen, aber die zwei gingen ohne sich umzusehen den Schotterweg entlang. Vorbei an den vielen kleinen Hütten aus denen Kindergeschrei und viele Stimmen drangen.

Joey führte Sie zu einer Hütte, die auf der Ostseite des Dorfes gelegen war und die als einzige keine Tür, sondern einen aus vergilbtem Stoff genähten Vorhang trug. Daraus klangen Stimmen und Gelächter. Ein schiefes Schild hing neben dem Eingang wo mit Kohle draufgeschrieben war:


BP's Lounge

Als Sie eintraten sah Johnny viele bekannte Gesichter.
Da war der alte Lewis und seine beiden Söhne Jim und Samuel. Und auch die Cage Brüder waren da.
Alle hatten etwas von ihrem Zeug mitgebracht, daß entweder ertauscht oder geklaut war und es gab Tabak und billigen Whiskey.
Sam Jones, auf dessen hübsche Tochter einige der Aufseher ein Auge geworfen hatten, hatte von diesen sogar eine Flasche Bourbon abschwatzen können und sie hatten hier alles zusammen geworfen um sich wie jeden Sonntag in der Black Panther's Lounge einen schönen Abend zu machen.
Parker Lewis, der aufgrund seines Alters schon von der arbeit befreit wurde, erzählte aufmunternde Geschichten, die er hier und da aufgeschnappt hatte.

Plötzlich stimmte Sam Jones einen der Worksongs an die Sie tagsüber immer auf den Feldern sangen, doch tat er dies in einem anderen Takt als tagsüber und mit viel tieferer Stimme. Seine heiseres, klagendes Lied erklang durch die Kate und die Stimmen wurden still. Die zweite Strophe übernahm Quincy Moore, doch er änderte auf einmal nicht nur den Takt, sondern auch den Text ab und sang von seiner Frau, die ihm abends wenn er gebeugt von Arbeit nach Hause kam, das Essen bereitete. Nachdem er zweimal den Refrain wiederholt hatte stimmten die anderen beim dritten mal mit ein und so erhob sich ein abwechselnder Gesang in dem immer einer einen Strophentext erfand und dann alle zusammen den Refrain wiederholten.
Untermauert von vielen "Yeah's" und "Oooh's" ging es eine ganze weile so weiter und sie klopften den Takt auf Ihren Knien oder auf Holzfässern die anbei standen um sich gegenseitig zu unterstützen.

Der junge Johnny war wie verzaubert von den Melodien und den Geschichten in den Liedern und als sein Bruder in einer Strophe von Ihrem toten Vater sang begann Johnny zu weinen.
Bis tief in die Nacht wurde so gesungen, geraucht, getrunken und manchmal auch gelacht. Und Johnny würde diesen Abend niemals in seinem Leben vergessen.
War das Leben und die Arbeit auf den Feldern auch noch so hart. Hier fühlte er sich wohl. Im Kreise seiner Freunde und der Männer des kleinen Arbeiterdorfes, die mit Ihrem Gesang den Alltag für eine Nacht vergessen machten.
Die Musik in der Black Panther's Lounge war weit entfernt von den Chorgesängen in der Kirche und doch mit der selben Liebe und dem selben Enthusiasmus vorgetragen und es sollte sich zu einer wichtigen Institution in seinem Leben entwickeln.
Von nun an würde er morgens mit einem anderen Gefühl aufstehen. Das Leben schien weniger schwer wenn man nur wusste wie man es sich versüssen konnte. Und verglichen mit so manch anderen Geschichten, die man aus dem Rest des Landes so hörte, hatten sie es hier in Louisiana noch recht gut getroffen...