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[B@W] Abominus
06.02.07, 11:06
Was wäre wenn...

... Ostrom noch heute Bestand hätte?

Wäre es immer noch ein Kaiserreich?
Hätten sie die Türken "aufgehalten"?
Würde der Balkan heute friedlicher aussehen?
Hätte es ein Großösterreich gegeben oder wäre nicht vielmehr ein Ungarn bestehen geblieben, so wie wir es kennen?

Was hätte passieren müssen, damit es heute noch Bestand hat und welche Auswirkungen hat es auf die fortlaufende Geschichte?

Diese Fragen stellen sich mir und dem Zaubergnom (Lepra) grad im vBChat und somit möchten wir auch EUCH an der Diskussion beteiligen.

:gluck: :gluck: :gluck:

Cerberus
06.02.07, 11:31
Wie schon beim Thread "Gedankenspiele II - Kaiserkrone" läßt sich das nur schwer erörtern, da einfach zu viele historische Weichenstellungen nach Untergang Ostroms erfolgten, deren Auswirkungen auf Ostrom kaum bewertet werden können.

Zumindest bräuchte man aber genauere Parameter ...

Von welchen Grenzen Ostroms geht Ihr aus?
Eine Frage läßt sich allerdings wohl noch einfacher beantworten: Die Türken hätten sie wohl aufgehalten, sonst hätten sie keinen Bestand haben können ...
Was den Balkan betrifft, kann man u.U. auch von friedlicheren Verhältnissen ausgehen, da der religiöse Gegensatz weitgehend wegfiele (und nur über den definieren sich ja letztlich die unterschiedlichen Ethnien dort).

[B@W] Abominus
06.02.07, 11:38
Das Mittelalter endete wohl mit dem Fall Konstantinopels.

Ich spinne einfach ein wenig zurück. Welches war der letzte Zeitpunkt für Ostrom, ab dem es noch allein in der Lage war, gegen die Türken zu bestehen, ja vielleicht sogar im Zeitablauf ihrerseits in der Lage gewesen wären die Türken zu schlagen?

Preussenhusar
06.02.07, 11:45
Der politische Todesstoß dürfte durch die Errichtung des Lateinischen Kaiserreiches erfolgt sein, die 1204 erfolgte.

Gleich einem Krebsgeschwür höhlte es die bisherige staatliche Ordnung aus und vertrieb die Kaiser

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/8b/LatinEmpire.png

PH

Leprechaun
06.02.07, 11:52
Also. Ich gehe jetzt mal von der Situation aus, bevor sich die Osmanen auf dem europäischen Festland festsetzen konnten.
Hätte Byzanz die Osmanen aufgehalten, wäre der Balkan, bis nach Kroatien hoch , christlich orthodox geblieben. Also wäre dieser bis heute andauernde Religionskonflikt wohl ausgeblieben.
Andererseits wären viele Gelehrte nie aus Konstantinopel abgewandert, was negative Auswirkung auf die Renaissance gehäbt hätte. Dies hätte evtl. eine zeitliche Verschiebung oder Wegfall der christlich/abendländischen Aufklärung bedeutet.
Ungarn hätte wohl weiter bestanden und Österreich hätte sich mehr auf seine Interessen im Hl. Röm. Reich konzentrieren können.
-> Mögliche Szenarien:
Keine Glaubensspaltung -> Folgen ????
oder
Sieg für die kaiserlich/katholischen im 30jährigen Krieg. Verbleib der Niederlande, der Schweiz und des Elsaß im Reich -> evtl. kein Konflikt mit Frankreich um Elsaß/Lothringen

Silkow
06.02.07, 12:00
Welches war der letzte Zeitpunkt für Ostrom, ab dem es noch allein in der Lage war, gegen die Türken zu bestehen, ja vielleicht sogar im Zeitablauf ihrerseits in der Lage gewesen wären die Türken zu schlagen?

Nach der Katastrophe von Manzikert (1072) ging es bereits steil abwärts.
Die Tagmata war am Ende und somit das militärische Rückgrat erst einmal gebrochen, die innerbyzantinischen Kämpfe nach Manzikert ermöglichten den Seldschuken, Kleinasien (bis auf die Küstengebiete) einzunehmen und sich dort dauerhaft niederzulassen.

Die Rückeroberungsversuche Manuels I. hätten den letztlichen Niedergang vielleicht noch aufhalten können, wenn er die ersten Erfolge in Kleinasien (Rückgewinnung Kilikiens und des Fürstentums Antiochia) hätte ausbauen können; aber er wurde 1176 bei Myriokephalon geschlagen und der Aufstieg der Seldschuken (und somit der Niedergang von Byzanz) endgültig besiegelt.

Die Eroberung Konstantinopels 1204 war ja überhaupt erst möglich, weil das Reich bereits stark geschwächt war. Diesen Zeitpunkt als Todesstoß zu betrachten, halte ich jedoch für legitim. :)

Preussenhusar
06.02.07, 12:46
Die Kirchenspaltung darf man auch nicht außer Acht lassen :


16.7.1054: Ost-West-Kirchenschisma

Papst Leo IX. exkommunizierte den Patriarchen von Konstantinopel, Michael Cerularios, und seine Anhänger aufgrund politischer und theologischer Differenzen. Als Konsequenz daraus exkommunizierte der Patriarch auch den römischen Papst. Zwar hatte es bereits zuvor mehrfach den gegenseitigen Kirchenbann gegeben, jedoch konnte dies immer wieder beigelegt werden. Das Schisma von 1054 vertiefte sich in den folgenden Jahren, auch weil Rom trotz mancher Einigungsversuche auf seiner Vorherrschaft bestand, und somit dauert die Spaltung der christlichen Kirche in eine orthodoxe und eine römisch-katholische bis heute an


Die Religion als politische Macht war damals gerade im kulturell relativ armen Westen Europas eine gewaltige Macht.
Anders der Osten, der auch im Einfluß der Islamisierung stand.
Bekanntermaßen haben die Mauren (und ihre arabischen Mitvölker) einen großen Anteil an der Entwicklung jener Zeit.

Einen letzten Ansatz für die Rettung von Byzanz bot das Ultimatum, das 1453 noch einen Kreuzzug anbot, unter der Voraussetzung, daß sich die Orthodoxen wieder dem Papst unterstellen.

Politisch konterkariert wurde das aber auch durch Venedig, das den Haupterbteil der Handelsmacht des früheren Byzanz übernommen hatte.

Ganz gewiß jedoch ist die "Militärgrenze" Österreichs, die rund 300 Jahre bestand und sich noch heute durch ihre ethnischen Konflikte immer wieder ausweist, eines der übelsten Nachwirkungen aus dem Untergang des Oströmischen Reiches.

PH

Hobbes
06.02.07, 15:01
Abominus']Das Mittelalter endete wohl mit dem Fall Konstantinopels.

Da würde mich die Argumentation interessieren, warum das so sein sollte.

[B@W] Abominus
06.02.07, 15:09
Da würde mich die Argumentation interessieren, warum das so sein sollte.

Wann endet das Mittelalter? Ich weiß es nicht, ich habe einfach mal die Vermutung angestellt, dass der Fall Konstantinopels der Beginn der Neuzeit ist.

Preussenhusar
06.02.07, 15:12
Allgemein wird in Historikerkreisen das Ende der Antike mit dem Untergang Roms 476 angesetzt, das Ende des Mittelalters mit dem Untergang von Byzanz, da diese beiden Städte weltbekannt waren zu allen Zeiten.

PH

suo
06.02.07, 15:19
Gibt auch die Eroberung Granadas oder die Entdeckung Amerikas als Enddaten des Mittelalters.
Allerdings ist es sowieso unmöglich zu sagen. Huhu, gestern war Mittelalter, ab heute ist eine völlig andere Zeit und alles anders.


Hätten sie die Türken "aufgehalten"? Haben sie ja nicht. Wenn dein Alternativszenario heisst: Es gibt noch Ostron, dann müssen sie wohl...
Es schließt sich viel mehr die Frage an: Wie hätten sie das denn alleine machen sollen?

[B@W] Abominus
06.02.07, 15:51
Man muss eine Nation ja nicht unbedingt vernichten ;). Zudem muss ja nicht unbedingt Ostrom an der Vernichtung der Türken beteiligt gewesen sein.

Allein schon ein Bürgerkrieg bei den Osmanen hätte schon dazu führen können, dass sie geschwächt ein gutes Ziel für die Welt drumherum abgegeben hätten (Venedig oder auch Akkuyunlu etc.). Waren es nicht die Timuriden, die den Osmanen schwer zusetzen?

Wie dem auch sei. Es ist ja nicht unbedingt ein Ding der Unmöglichkeit, dass die Orthodoxe mit der Islamischen Welt zusammen arbeitet. Sultan und Kaiser haben in der Vergangenheit gemeinsam Krieg geführt oder ähnliches. Warum also nicht eine Personalunion, bei der der Kaiserthron sich langfristig als der stärkere herausstellt. Es muss nicht immer Krieg zur Einigung führen, nicht war, mein Kanzler Bismarck :D.

Marc Aurel
06.02.07, 17:09
Die antike römische Gesellschaft wäre wahrscheinlich spätestens in der Epoche der Industrialisierung untergegangen. Die Antike Römische Kultur war relativ steif. Da die härteste Arbeit von Sklaven verrichtet wurde und Arbeit sowieso den Griechen zu nieder war, haben sie sich nicht wirklich um mechanische Entwicklungen gbemüht.

[B@W] Abominus
06.02.07, 17:16
Die antike römische Gesellschaft wäre wahrscheinlich spätestens in der Epoche der Industrialisierung untergegangen. Die Antike Römische Kultur war relativ steif. Da die härteste Arbeit von Sklaven verrichtet wurde und Arbeit sowieso den Griechen zu nieder war, haben sie sich nicht wirklich um mechanische Entwicklungen gbemüht.

Auch das Osmanische Reich gibt es heute noch als Nachfolgestaat (Türkei) und das ist - nach eurer Definition zu gehen - ebenso primitiv gewesen wie das oströmische Reich.

Ich gehe davon aus, dass die Türken die Griechen nur aus dem Grund unterworfen haben, weil sie - wie eine Kanonenkugel - immer weiter fliegen müssen. Kaum mussten die Türken einstecken (Österreich etc.) sind sie stecken geblieben und haben nichts mehr hinbekommen. Geopolitisch spielt doch der Bosporus heute nur noch eine untergeordnete Rolle, oder?

suo
06.02.07, 18:00
"Die antike römische Kultur" gab es im griechisch-byzantinischen Ostrom überhaupt nicht.

Jorrig
06.02.07, 19:10
Abominus']Ich gehe davon aus, dass die Türken die Griechen nur aus dem Grund unterworfen haben, weil sie - wie eine Kanonenkugel - immer weiter fliegen müssen. Kaum mussten die Türken einstecken (Österreich etc.) sind sie stecken geblieben und haben nichts mehr hinbekommen. Geopolitisch spielt doch der Bosporus heute nur noch eine untergeordnete Rolle, oder?
Naja, Byzanz war auch enorm reich, dazu geschwächt und morsch von innen. Das lockt Plünderer natürlich an, allein aus dem Grund dürften die Türken es versucht haben.
Die Auswirkungen auf die Entwicklung Russlands dürften auch interessant sein.

Beduries
06.02.07, 19:43
Abominus']Was wäre wenn...

... Ostrom noch heute Bestand hätte?

Vielleicht würde Europa stärker mit dem Nahen Osten verbunden sein, wie heute.


Abominus']Wäre es immer noch ein Kaiserreich?
Damals ging doch auch einige macht von den Patriarchen aus, oder? Also den Kirchenheinis... :)

Abominus']
Hätten sie die Türken "aufgehalten"? Ich finde, die Byzantiner haben die Türken schon kräftig abgebremst, wären Sie mit diesem Tempo weitergezogen, wer weiß wo Sie gewesen wären, vielleicht gäbe es dann gar kein Schwarzwald :eek:...

Abominus']
Würde der Balkan heute friedlicher aussehen? Hm, die Nationalitäten gäbe es ja dann trotzdem, von dieser Seite her nicht... doch hätte es die Religionskonflikte sicherlich nicht gegeben.

Abominus']
Hätte es ein Großösterreich gegeben oder wäre nicht vielmehr ein Ungarn bestehen geblieben, so wie wir es kennen? ... also so wie heute, daß Ungarn das wir kennen? Klein, und viele viele Ungarn wohnen in den Nachbaarstaaten, Rumänien, Slowakei, Serbien...?!

Abominus']
Was hätte passieren müssen, damit es heute noch Bestand hat und welche Auswirkungen hat es auf die fortlaufende Geschichte? So wie es kurz vor 1453 war, hätte es wahrscheinlich die gleiche weltbewegende Rolle wie Monaco, oder gar Andorra... :D

:prost:

Marc Aurel
06.02.07, 19:52
An welcher Stelle soll das byzantinische Reich eigentlich errettet worden seien? Als es noch stark war oder als der byzantinische Kaiser schon die Einigung mit den Katholizismus proklamiert hat?


So wie es kurz vor 1453 war, hätte es wahrscheinlich die gleiche weltbewegende Rolle wie Monaco, oder gar Andorra... :D

Naja, Konstantinopel war trotzdem immernoch eine große Metropole, auch wenn die Venezianer das einiges zerhauen haben.

Beduries
06.02.07, 20:13
An welcher Stelle soll das byzantinische Reich eigentlich errettet worden seien? Als es noch stark war oder als der byzantinische Kaiser schon die Einigung mit den Katholizismus proklamiert hat?

Was wäre wenn... (WWW) somit ist der Zeitpunkt, für mich zumindest :), uninteressant.


Naja, Konstantinopel war trotzdem immernoch eine große Metropole, auch wenn die Venezianer das einiges zerhauen haben.
Ja, doch flüchteten ja viele Gelehrte, in den Westen, nach Italien usw... siehe Renaissance... :)
Die Geistlichen wanderten ab...

hokaro
09.02.07, 18:19
Die Schlacht bei Manzikert 1071 war sicher einer der Wendepunkte der byzantinischen und türkischen Geschichte. Kleinasien (eines der Kerngebiete des byzantinischen Reiches) ging verloren, die Kosten für den Feldzug und die Lösegeldzahlungen schwächten Byzanz ebenso wie der sich an den militärischen Niedergang anschließende Bürgerkrieg.

Interessant ist dabei sicher auch die Frage, ob es nach einem Sieg der Byzantiner bei Manzikert überhaupt die Kreuzzüge gegeben hätte.

Die Byzantiner hätten die Osmanen aber 'überleben' können, wenn die Schlacht bei Myriokephalon 1176 gewonnen worden wäre. Mit einer siegreichen und intakten Armee wäre Byzanz während des vierten Kreuzzuges 1204 nicht erobert worden. Der osmanische 'Zeitplan' (ab ca. 1350 setzten sie sich erst in Europa fest) wäre ins Stocken gekommen, die Niederlage 1402 gegen 'Tamerlan' hätte also durchaus das Ende des Osmanischen Reiches bedeuten können.

Arminus
09.02.07, 20:19
Die antike römische Gesellschaft wäre wahrscheinlich spätestens in der Epoche der Industrialisierung untergegangen. Die Antike Römische Kultur war relativ steif. Da die härteste Arbeit von Sklaven verrichtet wurde und Arbeit sowieso den Griechen zu nieder war, haben sie sich nicht wirklich um mechanische Entwicklungen gbemüht.Was hat die von Euch kolportierte antike römische Gesellschaft denn mit Byzanz zu tun?


@Abo: WWW-Fragen hin oder her, unpräziser konntest du diese wohl nicht stellen, oder? ;)