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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wie kann man einen Helden so behandeln?- Oder wie sehr einem NS noch erschüttern kan



Graf Radetzky
03.03.10, 00:44
http://www.ghetto-theresienstadt.info/pages/s/sommere.htm
Wie verkommen war diese Zeit? Wie konnten wir uns nur jemals den Deutschen anschließen? Wie sehr haben wir uns selbst pervertiert und entehrt, durch diesen Schritt, dass wir solche Helden ins KZ schicken!!!
Niemals vergessen!

G.L.vonBlücher
03.03.10, 08:00
Leider war er nicht der einzige der trotz seiner einstigen Verdienste später dann in eines der Todeslager gesandt wurde. Viele Denker und Lenker jener Zeit und der Jahre davor sind in KZ's geschickt worden und kehrten nie wieder. Für uns kann es nur heißen aus diesen fehlern zu lernen und wo wir solch ein Unrecht sehen dagegen einzutreten. Leider ist dies aber nicht immer so leicht und einfach. Völkermorde und Ethnische Säuberungen gibt es auch heutzutage noch wie es auch damals der Fall war. Politische Morde sind an der Tagesordnung. Es wird immer Menschen geben welche nicht aus der Vergangenheit lernen und um Ihre Macht zu mehren oder zu erhalten, um Ihre Ideologie zu verbreiten auch über Leichen gehen und jedwedes Unrecht in Kauf nehmen.

Jerobeam II.
03.03.10, 09:56
Und was ist mit den kleinen Feiglingen, die noch keinen Tod auf dem Gewissen hatten? Für die ist es in Ordnung? Oder wie soll man "durch diesen Schritt, dass wir solche Helden ins KZ schicken!!" anders verstehen, als daß alle, nur der "Held" nicht, das verdient (!) gehabt hätten?

G.L.vonBlücher
03.03.10, 09:58
Verdient hat solch etwas keiner, und ich denke da sind wir uns alle einig. Oder?

Spartan
03.03.10, 17:28
Oder wie soll man "durch diesen Schritt, dass wir solche Helden ins KZ schicken!!" anders verstehen, als daß alle, nur der "Held" nicht, das verdient (!) gehabt hätten?

Wohl dahingehend, das der Betreffende als Frontkämpfer nun so ganz und gar nicht dem gängigen Judenklischee entsprach.

dooya
03.03.10, 18:52
Und was ist mit den kleinen Feiglingen, die noch keinen Tod auf dem Gewissen hatten? Für die ist es in Ordnung? Oder wie soll man "durch diesen Schritt, dass wir solche Helden ins KZ schicken!!" anders verstehen, als daß alle, nur der "Held" nicht, das verdient (!) gehabt hätten?Das trifft den Nagel auf den Kopf!

Carl the Great
03.03.10, 18:59
Wohl dahingehend, das der Betreffende als Frontkämpfer nun so ganz und gar nicht dem gängigen Judenklischee entsprach. Größeren Unsinn habe ich hier ehrlich gesagt lange nicht gelesen. Ich kenne leider keine Zahlen, aber es ist absolut unumstritten, dass Zehntausende deutsche Juden im I. Weltkrieg gekämpft haben. Das "gängige Judenklischee" ist doch ein Produkt derjenigen, die dann eben auch die vielen Frontkämpfer in die Gaskammern schickten.

Im übrigen passt Heldenverehrung meiner Meinung nach auf diese Männer genau so wenig wie auf Frontkämpfer anderen Glaubens und anderer Nation.

Ansonsten muss ich auch Jerobeam zustimmen, dass der Eingangs-Post mit einem so implizierten Vergleich der Opfer recht unglücklich ist.

Golwar
03.03.10, 19:04
Wohl dahingehend, das der Betreffende als Frontkämpfer nun so ganz und gar nicht dem gängigen Judenklischee entsprach.

In dem Fall würde es wohl am Geschichtsverständnis happern, da eigentlich bekannt sein sollte dass nicht nur ausschliesslich Juden nicht gerade willkommen waren. Ebenso sollte kein Geheimnis sein was mit Menschen geschah denen man nicht wohlgesonnen war.

Lange Rede, kurzer Sinn - mir stellten sich die Nackenhaare auf als ich den Eröffnungspost las, der nahelegt dass manche Verbrechen gegen die Menschlichkeit schwerer wiegen als andere, abhängig davon um wen sich dabei handelt. Ein "echter" Radetzky.

Spartan
03.03.10, 19:06
Größeren Unsinn habe ich hier ehrlich gesagt lange nicht gelesen. Ich kenne leider keine Zahlen, aber es ist absolut unumstritten, dass Zehntausende deutsche Juden im I. Weltkrieg gekämpft haben. Das "gängige Judenklischee" ist doch ein Produkt derjenigen, die dann eben auch die vielen Frontkämpfer in die Gaskammern schickten.

Das wollte ich eigentlich zum Ausdruck bringen.

Duke of York
03.03.10, 19:14
Könnte mal bitte jemand dem werten Radetzky erklären, dass wir mittlerweile in Zeiten leben, in denen eher Anti-Kriegs-Helden als Kriegshelden verehrt werden?

Davon abgesehen, ist eine Differenzierung bei den Holocaust-Opfern mehr als geschmacklos.

Spartan
03.03.10, 19:54
Da bewegen wir uns aber auf sehr dünnem Eis.

Mal angenommen, ich würde kund tun, dass ein deutsch-jüdischer Frontkämpfer des Ersten Weltkrieges, der später im KZ sein Leben lassen musste, in meiner Wertschätzung wesentlich höher steht, als ein Wehrmachtsdeserteur, der von der Feldgendarmerie aufgeknüpft wurde. Wer mag mich denn für diese Aussage kritisieren?

Arminus
03.03.10, 20:05
Man könnte sicherlich damit argumentieren, dass Deserteure in vielerlei historischen Situationen hingerichtet wurden, Euer "weniger Bemitleideter" also nicht originär als Opfer des Holocausts zu betrachten ist. Insofern würde Eure Antwort an der Aussage in DoYs Post vorbeiführen.


So oder so, der gesamte Thread ist auf dünnem, aber auch interessantem, Eis gebaut... Am Interessantesten finde ich ja sowieso das Wort 'anschließen' im Eröffnungspost. ;)

Golwar
03.03.10, 20:15
Da bewegen wir uns aber auf sehr dünnem Eis.

Mal angenommen, ich würde kund tun, dass ein deutsch-jüdischer Frontkämpfer des Ersten Weltkrieges, der später im KZ sein Leben lassen musste, in meiner Wertschätzung wesentlich höher steht, als ein Wehrmachtsdeserteur, der von der Feldgendarmerie aufgeknüpft wurde. Wer mag mich denn für diese Aussage kritisieren?

Hier geht es nicht darum wen man mehr schätzt. Die Forumlierung durch Radetzky legt nahe dass die Verbrechen erst dadurch, dass auch dieser Typus von persönlichem Helden Opfer wurde, das ganze so richtig verabscheuungswürdig wurde.

Lest einfach jede Frage die er stellte durch und setzt sie in Relation zu dem Anlass zu dem er diese Fragen stellt. Es klingt schlicht und einfach so als wäre es ohne Fälle wie Sommer ein weniger dramatisches und verurteilenswertes Übel gewesen.

Könnte man davon ausgehen dass dies einfach nur schnell und unbedacht ins Forum hingeklatscht wurde, so müsste man nur zu mehr Achtsamkeit bei der Formulierung mahnen.
Aber bei Radetzky ist das keine Ausnahme. Geht es um Österreich und seine Helden, ist Verblendung und Ignoranz fast schon zwangsläufig gegeben. Die mag manchmal zu belächeln sein, bei anderen Gelegenheiten gehört ihm aber ein Rüffel und Maulkorb verpasst.

Jerobeam II.
03.03.10, 20:22
Da bewegen wir uns aber auf sehr dünnem Eis.

Mal angenommen, ich würde kund tun, dass ein deutsch-jüdischer Frontkämpfer des Ersten Weltkrieges, der später im KZ sein Leben lassen musste, in meiner Wertschätzung wesentlich höher steht, als ein Wehrmachtsdeserteur, der von der Feldgendarmerie aufgeknüpft wurde. Wer mag mich denn für diese Aussage kritisieren?

Möglicherweise ist keine Vergleichsmöglichkeit gegeben, auch wenn Ihr auf das "der eine schießt, der andere nicht" abzielt. Dennoch ist die "Jüdischkeit" kein Leistungsmerkmal oder Kennzeichen besonderer Gesinnung (!), wenn Ihr also das "jüdisch" betont, stellt Ihr eine schwierige Differenz zu dem nichtjüdischen Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs her wie Ihr auch nicht klar zum Ausdruck gebracht habt, was nun das Kriterium Eurer Wertschätzung ist: der Tod unter verschiedenen Umständen? :???:

Spartan
03.03.10, 20:37
Hier geht es nicht darum wen man mehr schätzt. Die Forumlierung durch Radetzky legt nahe dass die Verbrechen erst dadurch, dass auch dieser Typus von persönlichem Helden Opfer wurde, das ganze so richtig verabscheuungswürdig wurde.

Ich hatte es eigentlich eher so interpretiert, dass die Absurdität des praktizierten Antisemitismus sich besonders im eingangs angeführten Fall widerspiegelt. Zumal Radetzkys Pathos zur Realsatire wird, angesichts der Tatsache, dass es ausgerechnet ein Österreicher war, welcher für dieses Verbrechen verantwortlich zeichnete.

Spartan
03.03.10, 20:49
Möglicherweise ist keine Vergleichsmöglichkeit gegeben, auch wenn Ihr auf das "der eine schießt, der andere nicht" abzielt. Dennoch ist die "Jüdischkeit" kein Leistungsmerkmal oder Kennzeichen besonderer Gesinnung (!), wenn Ihr also das "jüdisch" betont, stellt Ihr eine schwierige Differenz zu dem nichtjüdischen Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs her wie Ihr auch nicht klar zum Ausdruck gebracht habt, was nun das Kriterium Eurer Wertschätzung ist: der Tod unter verschiedenen Umständen? :???:

Der eine wird wegen seiner Herkunft zum Tode verurteilt und der andere wegen seiner Handlungsweise.

Jerobeam II.
03.03.10, 23:09
Ja, aber die "Herkunft" ist eben nebensächlich, meine ich.

Spartan
03.03.10, 23:42
Ja, aber die "Herkunft" ist eben nebensächlich, meine ich.

*Seufz* Kommunikation im Netz wäre ein schönes Thema für eine Dimplomarbeit. Ich stecke momentan in einem Seminar über Kommunikationstechniken und merke gerade, wie schwierig es doch gelegentlich sein kann, jemandem etwas mitzuteilen, ohne dass derjenige es auf seine Weise missinterpretiert - obwohl sich dort alles auf einer Face-to-Face Ebene abspielt.

Also noch mal: seine Handlungsweise kann man beeinflussen, die Herkunft nicht und auf obiges Beispiel bezogen ist das für mich ausschlaggebend. Dem jüdischen Frontkämpfer läßt sich lediglich vorwerfen, dass er als Jude geboren ist, ansonsten war sein Verhalten, selbst für NS-Maßstäbe, wohl untadelig. Beim Deserteur hingegen kann man, je nach persönlichem Standpunkt, zu unterschiedlichen Werturteilen gelangen.

Ich will mal drei Perspektiven nennen:

- Eure, nach der ein Soldat in dem Moment zum Täter wird, wo er auf andere Menschen schießt.

- Meine, nach der es ein größeres Verbrechen wäre, die eigene Gemeinschaft nicht zu verteidigen.

- Und die politisch korrekte, bei der man sich mit den Opfern (Juden, NS-Gegner, etc.) solidarisieren und dabei gleichzeitig auf Distanz zur eigenen Gruppe (Frontgeneration) gehen soll.

Jerobeam II.
03.03.10, 23:56
Vielleicht habe auch ich mich mißverständlich ausgedrückt: mir geht es weder um politische Korrektheit, wie Ihr sie anführt, noch um ganz, ganz aufmerksames Lesen in einer Hermeneutik des Verdachts.
Ich wollte nur nicht zwischen beiden genannten Soldaten entscheiden müssen, welcher sich irgendeine Form der Wertschätzung verdient (nicht ererbt) hat. Und da ist die "Herkunft" eben relativ: tot ist tot, armes Schwein ist armes Schwein.

Carl the Great
04.03.10, 22:32
Das wollte ich eigentlich zum Ausdruck bringen. Tut mir Leid, edler Spartan, ich bin derzeit etwas negativ gestimmt. Nehmt mir meinen Irrtum bitte nicht allzu übel. :)

Graf Radetzky
04.03.10, 23:20
Ich hatte es eigentlich eher so interpretiert, dass die Absurdität des praktizierten Antisemitismus sich besonders im eingangs angeführten Fall widerspiegelt. Zumal Radetzkys Pathos zur Realsatire wird, angesichts der Tatsache, dass es ausgerechnet ein Österreicher war, welcher für dieses Verbrechen verantwortlich zeichnete.

Jemand der sein Vaterland so sehr hasst, dass er aus der eigenen Armee Desertiert, um in einer Fremden in den 1. Weltkrieg zu ziehen, halte ich für keinen Österreicher.

Im Übrigen finde ich es lustig wie hier versucht wird, einen Skandal herbei zu reden. Wo man doch nur das eigene Gefühl und Gemüte, bar jeder pseudo-intellektuellen Kritik, offenbart.


Trägt seinen Fehl, trägt offen seine Freuden,
Beneidet nicht, läßt lieber sich beneiden!
Und was er tut, ist frohen Muts getan.
's ist möglich, daß in Sachsen und beim Rhein
Es Leute gibt, die mehr in Büchern lasen;
Allein, was not tut und was Gott gefällt,
Der klare Blick, der offne, richt'ge Sinn,
Da tritt der Österreicher hin vor jeden,
Denkt sich sein Teil und läßt die andern reden!

Grillparzer
http://gutenberg.spiegel.de/?id=12&xid=956&kapitel=10&cHash=5cb23063722

In dem Sinne werde ich diesem Thread nunmehr auch den Rücken kehren.

Jerobeam II.
04.03.10, 23:24
In Berlin wächst kein Gras, in Wien verdorrt es.
Karl Kraus