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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Der Sowjetisch-Afghanische Krieg und seine Bedeutung für den Kalten Krieg



Vernichter
06.01.11, 23:29
und was ist mit dem "Die Taliban waren schon immer die Feinde Amerikas" ?
ist das nicht auch darunter einzuordnen - obwohl von einer demokratisch gewählten regierung



ich sehe darin einen riesen unterschied
ob man informationen freiwillig (ob man überhaupt - und wenn ja welche im einzelnen) abgibt oder aber ob dies auf unfreiwilliger basis und ohne eigene kontrollmöglichkeit welche informationen das sind geschieht

man wird nicht gezwungen bonuskarten zu verwenden... ebensowenig facebook - und dort kann man einstellen welche informationen man nun preisgeben will und an welche personenkreise

sorry... aber da wäre sogar schon die apple-registrierung passender gewesen (und auch dort sehe ich noch einen unterschied)

Wird Jemand gezwungen Politiker zu wählen, die eine Fokussierung auf den Sicherheitsaspekt betreiben? Wir haben nur beschrieben, dass es einfach einen hohen Bedarf an entsprechender Politik gibt und deswegen Verschärfungen in diese Richtung nicht als Verschwörung von irgendwelchen Aliens einzustufen sind.

Zu den Taliban:

Ja die Amis haben die Mudzhachedin damals unterstützt um sich an den Russen für Vietnam zu rächen und die UDSSR zu Fall zu bringen. Als man das Ziel erreicht hatte, überliess man die Region einfach sich selbst. Die eigentlichen Taliban kamen erst später hoch und sind nur am Rande ein Produkt der USA, eher schon ein Kind Pakistans. Ernsthafte Bündnisse mit ihnen gab es ja nicht, schon allein deswegen weil man sich dafür hätte stärker um die Region müssen. Aber das ist ja auch nicht relevant, da selbst wenn man die Taliban zum Krieg gegen die Russen hinzuzählt, man nur schlecht von einer Geheimdiplomatie sprechen kann. Die Bürger der USA haben schon gewusst, dass ihre Regierung da den Widerstand gegen die Sowjets unterstützt und es in mehrfachen Wahlgängen gebilligt.

Monty
07.01.11, 16:10
Ja die Amis haben die Mudzhachedin damals unterstützt um sich an den Russen für Vietnam zu rächen und die UDSSR zu Fall zu bringen.
Ist das jetzt ironisch oder sarkastisch gemeint ?


Als man das Ziel erreicht hatte, überliess man die Region einfach sich selbst.
Wenn dem so wäre, wieso wird dann der dritte Oktober hier, nicht den Mudschahidin gewidmet ? Schließlich haben die dann, für den Fall des eisernen Vorhanges gesorgt und uns die Wiedervereinigung gebracht.
Verdammt, reisst die Quadriga ab und stellt ein Mudschahid Standbild auf :)

Vernichter
07.01.11, 16:42
Zumindest haben es die Verantwortlichen in Washington damals so gesehen, bzw. sind noch bis heute dieser Meinung: http://de.wikipedia.org/wiki/Zbigniew_Brzezi%C5%84ski


Z. Brzezinski: "Diese verdeckte Operation war eine hervorragende Idee. Sie bewirkte, dass die Russen in die afghanische Falle tappten [..]. Am Tag, an dem die Russen offiziell die Grenze überschritten, schrieb ich Präsident Carter: Jetzt haben wir die Möglichkeit, der UdSSR ihren Vietnamkrieg zu liefern. Und tatsächlich sah sich Moskau während der folgenden 10 Jahre gezwungen, einen Krieg zu führen, den sich die Regierung nicht leisten konnte, was wiederum die Demoralisierung und schließlich den Zusammenbruch des sowjetischen Herrschaftsgebiets zur Folge hatte".[3] (Zitiert nach dem kanadischen Globalisierungskritiker Prof. Michel Chossudovsky)

Zumindest in dem Punkt hatten sie Recht, dass der Krieg die UDSSR wirtschaftlich schwächte und die Unruhen innerhalb des Landes verstärkte und der Zweck heiligt ja bekanntlich die Mittel. Es ist ja nicht so als ob die Bevölkerung in Afghanistan damals Jemanden grossartig interessiert hätte, man hätte auch noch schlimmeren Fanatiker zu mutigen Widerstandskämpfern erklärt, wenn sie nur gegen die Russen gekämpft hätten. Es war halt ein Zweckbündnis, was solange andauerte, so lange es nützlich gewesen ist. Danach ist das Land nicht mehr interessant gewesen.

Mandarine
07.01.11, 17:32
Zu dem Thema gibt es einen hervorragenden Film: Der Krieg des Charlie Wilson.
Eine Satire, aber beleuchtet das ganze drumherum sehr anschaulich.

Arminus
07.01.11, 18:48
Afghanistan hat für den Zerfall der Sowjetunion sicherlich eine Rolle gespielt, wahrscheinlich sogar mehr psychologisch durch das sichtbare Unvermögen der Sowjets, den Konflikt zu gewinnen, als durch materielle Verluste. Diesbezgl. war das Wettrüsten der 80er inkl. der eigentlich völlig unsinnigen SDI wahrscheinlich wichtiger.


Andere wiederum betonen ja immer wieder, wie wichtig doch die Geschehnisse in Polen und die Zusammenarbeit zwischen CIA und Vatikan waren, was zum Teil in Verklärungen endet, in denen Reagan und JP2 quasi im Alleingang das evil empire zur Strecke gebracht haben.


@Vernichter: Da Ihr ja mit der russischer Perspektive besser vertraut seid, die Frage an Euch: Wie viel Schuld an Ende der SU schreiben die Russen denn eigentlich Gorbatschow zu?

Vernichter
07.01.11, 19:11
Afghanistan hat für den Zerfall der Sowjetunion sicherlich eine Rolle gespielt, wahrscheinlich sogar mehr psychologisch durch das sichtbare Unvermögen der Sowjets, den Konflikt zu gewinnen, als durch materielle Verluste. Diesbezgl. war das Wettrüsten der 80er inkl. der eigentlich völlig unsinnigen SDI wahrscheinlich wichtiger.


Andere wiederum betonen ja immer wieder, wie wichtig doch die Geschehnisse in Polen und die Zusammenarbeit zwischen CIA und Vatikan waren, was zum Teil in Verklärungen endet, in denen Reagan und JP2 quasi im Alleingang das evil empire zur Strecke gebracht haben.


@Vernichter: Da Ihr ja mit der russischer Perspektive besser vertraut seid, die Frage an Euch: Wie viel Schuld an Ende der SU schreiben die Russen denn eigentlich Gorbatschow zu?

Die Meinung zu Gorbatschow schwankt irgendwo zwischen "gekaufter Verräter" und "nützlicher Idiot des Westens". Selbst eher als Freunde der Demokratie und der Marktwirtschaft einzustufende Personen können in der Regel seine Politik höchstens als "gut gemeint" bewerten.

Es fällt auch uns da eigentlich wenig ein, wofür man ihn da so grossartig loben könnte. Es wirkt irgendwie auch in der Retrospektive alles ziemlich planlos. Im Grunde genommen hat er die meiste Zeit nur reagiert. Selbst die halbwegs unblutige Scheidung der Union ist ja über seinen Kopf hinweg beschlossen worden, wie auch schon zuvor wehrend des Putsches Andere die Demokratie verteidigt haben.

Selbst wenn man die Meinung vertritt, dass die Sowjetunion nicht hätte überleben können, wäre es seine Pflicht gewesen zumindest Russland einen halbwegs glatten Übergang zur Demokratie und Marktwirtschaft zu ermöglichen und selbst da hat er versagt. Die Arbeit eines typischen Intellektuellen dem plötzlich Verantwortung in den Schoss gefallen ist.




Afghanistan wird ihm allerdings nicht zur Last gelegt, wobei die Bedeutung von Afghanistan aus unserer Sicht z.B höher zu bewerten ist, als die Bedeutung der Geschehnisse in Osteuropa, da für den Erhalt des Ostblocks die Stimmung innerhalb der UDSSR entscheidend gewesen. Hätte man da die Kontrolle behalten, bzw. vielleicht den Staat nach dem Vorbild des heutigen Chinas transformiert, so hätten die polnischen Gewerkschaftler auch nichts machen können, ausser nochmals ein Budapest oder Prag zu wiederholen.

Messerschmitt
07.01.11, 19:44
Die sowjetische Kontrolle über Afghanistan wäre im Nachhinein betrachtet wohl gar nicht so schlecht gewesen für die Region. Immerhin sind die Russen ja vom kommunistischen Regime in Afghanistan um Hilfe ersucht worden. Die Amis waren aber schon immer gegen alles was die Russen unternommen haben. Das sie selbst einmal in Afghanistan stehen haben sie wohl nicht erwartet.

Bassewitz
08.01.11, 11:29
Die Amis waren aber schon immer gegen alles was die Russen unternommen haben. Das sie selbst einmal in Afghanistan stehen haben sie wohl nicht erwartet.
Tja, das nennt man wohl Ironie des Schicksals.
Die Sowjets hätten zumindest ein wenig Zucht und Ordnung in die Region gebracht. Die islamischen Sowjetrepubliken Zentralasiens sind doch heute auch noch schön still und brav. ;)

bluelips
25.01.11, 13:42
Zu dem Thema gibt es einen hervorragenden Film: Der Krieg des Charlie Wilson.
Eine Satire, aber beleuchtet das ganze drumherum sehr anschaulich.

Nachträglich eine, vielleicht nicht unwesentliche, Korrektur: "Charlie Wilson's War" (2007) ist keine Satire, sondern eine Schilderung tatsächlicher Ereignisse:

http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Wilson_%28Politiker%29

Ich erlaube mir weiters eine Anmerkung am Rande:

Eine bemerkenswerte Analyse des Konflikts führte Paul Kennedy in seinem Werk "Aufstieg und Fall der großen Mächte: Ökonomischer Wandel und militärischer Konflikt von 1500 bis 2000" durch.
Entstanden 1986, "prophezeite" Kennedy, auf Basis der "longue durée" unter Berücksichtigung militärischer Konflikte, einen Geschichtsverlauf, wie er sich tatsächlich ab 1989 realisierte und im Zerfall des Sowjetimperiums 1991 mündete, im (vermeintlichen) "Ende der Geschichte" (Fukuyama, 1992)…

Für mich persönlich ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie analytische Betrachtung historischer und Interpretation gegenwärtiger Prozesse, Prognosen geschichtlicher "Großwetterlagen" der Zukunft (nicht: "… zukünftiger…") erlaubt: "Die Geschichte lehrt dauernd, aber sie findet keine Schüler" (I. Bachmann).

Vernichter
26.01.11, 23:18
Nachträglich eine, vielleicht nicht unwesentliche, Korrektur: "Charlie Wilson's War" (2007) ist keine Satire, sondern eine Schilderung tatsächlicher Ereignisse:

http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Wilson_%28Politiker%29

Ich erlaube mir weiters eine Anmerkung am Rande:

Eine bemerkenswerte Analyse des Konflikts führte Paul Kennedy in seinem Werk "Aufstieg und Fall der großen Mächte: Ökonomischer Wandel und militärischer Konflikt von 1500 bis 2000" durch.
Entstanden 1986, "prophezeite" Kennedy, auf Basis der "longue durée" unter Berücksichtigung militärischer Konflikte, einen Geschichtsverlauf, wie er sich tatsächlich ab 1989 realisierte und im Zerfall des Sowjetimperiums 1991 mündete, im (vermeintlichen) "Ende der Geschichte" (Fukuyama, 1992)…

Für mich persönlich ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie analytische Betrachtung historischer und Interpretation gegenwärtiger Prozesse, Prognosen geschichtlicher "Großwetterlagen" der Zukunft (nicht: "… zukünftiger…") erlaubt: "Die Geschichte lehrt dauernd, aber sie findet keine Schüler" (I. Bachmann).

Wir haben das Buch auch gelesen, können uns aber nicht an eine konkrete Vorhersage des Untergangs der Sowjetunion erinnern. Viel mehr hat der Autor mehrere schwierige Felder aufgezählt, aber auch allein schon wegen der damals fehlenden Daten mehr oder weniger vage. Von einem Untergang der Sowjetunion zum historischen Datum ist im Buch jedenfalls nicht die Rede.

Das Buch an sich ist allerdings schon interessant, auch wenn es für uns zu sehr auf das Militärische fixiert ist und teilweise schon sehr angelsächsisch ist, bzw. es ist zu erkennen, dass sich der Autor mit anderen Regionen nur eher oberflächlich vertraut ist.

bluelips
27.01.11, 12:27
Wir haben das Buch auch gelesen, können uns aber nicht an eine konkrete Vorhersage des Untergangs der Sowjetunion erinnern....

Faszinierend, welch' unterschiedliche Rezeption ein und dasselbe Werk hervorrufen kann…

Vielleicht sollte ich mich für eine nachträgliche Verklärung meines damaligen Leseeindrucks entschuldigen, dennoch ist mir auch heute noch dieses "feeling" präsent und die Verblüffung, die es in mir hervorgerufen hat. Aber ich bitte gerne um Verzeihung, falls ich dieses Buch falsch eingeschätzt haben sollte. Lesenswert, sofern noch erhältlich, ist es allemal. Ich werd' es mir jedenfalls, unter diesem Aspekt, nochmals zu Gemüte führen müssen…

Das Buch ist militärisch fixiert, da Paul Kennedy seines Wesens als Militärhistoriker zeichnet, sein Werk "Aufstieg und Fall der britischen Seemacht" (etwa 1976) ist nicht unbekannt. Und auch deshalb, da Kennedy aufzeigt, daß wirtschaftlich prosperierende Reiche zu Gebietserweiterung und somit zur Überdehnung von Grenzen führen, welche einen immer höher werdenden militärischen Aufwand zur Grenz-/Gebiets-Sicherung benötigen, womit jedoch das Wirtschaftswachstum meist nicht mithalten kann.

Und tatsächlich, nach dem Film "Charlie Wilsons War" und einer distanzierteren historischen Rezeption der Präsidentschaft Reagens (sehr aufschlußreich die Dokumentation "Ronald Reagan, Karriere eines Unterschätzten", Frankreich 2009, Regie: Antoine Vitkine), ist klar (das hat vielleicht Kennedy damals, 1987, bereits geahnt), daß der Krieg in Afghanistan, die amerikanische Unterstützung der Taliban und der Zusammenbruch der UdSSR kein Zufall, sondern ein Plan, eine akkordierte Aktion war, in welchem Wilson nur eine Rolle inmitten vieler Beteiligter spielte: Durch die wirtschaftliche Übermacht der USA die UdSSR einerseits mittels militärischer Konflikte (Kirkpatrick-Doktrin, Afghanistan), andererseits mittels Wettrüsten (SDI vulgo "Star-Wars-Programm") und Ölpreis-Politik in den Ruin zu treiben. Kennedy zeigt (meiner Erinnerung nach) bereits auf, daß die immer teurer werdenden Miltitärtechnologien im Wettrüsten, kein Problem für eine mehr oder minder prosperierende USA, bei einer wirtschaftlich stagnierenden UdSSR zum Zusammenbruch führen werden.

Nebenbei: Paul Kennedy hat sich, abgesehen von dieser Analyse der Vergangenheit von Imperien seit 1500 bis zur Prognose der Entwicklung (damals) gegenwärtiger "Imperien" bis zum Jahr 2000 (und das ist der Zeitrahmen des Untertitels, also denke ich, wird es sehrwohl so etwas wie eine Prognose gegeben haben) einen "Nachschlag" erlaubt: "In Vorbereitung auf das 21. Jahrhundert" (1993) zeigt Kennedy (in meiner Erinnerung) die allgemeine Entwicklung der Kontinente, völlig abseits des militärischen Aspekts, in sozialer, ökonomischer und teils ökologischer Hinsicht.

Vernichter
27.01.11, 17:20
Wir haben das Buch letzten Sommer lesen können und es deswegen in einer etwas frischeren Erinnerung. Wie gesagt fanden wir es schon gut geschrieben, nur eben abgesehen von den angebrachten Kritikpunkten. So entsteht z.B der Eindruck, dass die so lange Existenz der Monarchie an der Donau den Autor ziemlich ärgert, weil das Land nach seinen Kriterien viel früher hätte zusammenbrechen müssen. Dann noch die etwas verzerrte Wahrnehmung des HRRDN, das im Buch zu nationalstaatlich rüberkommt. Entwicklungen in Osteuropa und deren Grossmächte spielen sowieso, so gut wie keine Rolle. Europas Geschichte spielte laut dem Buch fast ausschliesslich im Westen ab, wobei natürlich alles von den Entscheidungen der Briten abhing.

Und ja die Strategie der USA, falls man von einer geplanten Strategie ausgehen möchte, hat zum Zusammenbruch der Sowjetunion beigetragen, kann aber nicht als die alleinige Ursache, nicht einmal als die Hauptursache gewertet werden.

Was wir aber nebenbei immer wieder belustigend finden, ist der feste Glaube der deutschen Medien, dass die Frage der deutschen Einheit für die Sowjetunion genauso zentral gewesen ist, wie für die Deutschen. Zumindest suggerieren das die ganzen Dokumentationen, mit ihren "Gorbi-Bildern" und Gesprächen zwischen Kohl und Gorbatschow im Kaukasus. Nüchtern betrachtet spielten z.B die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Armenien und Aserbaidschan damals sowohl für Gorbatschow, als auch für die Sowjetbürger eine wesentlich grössere Rolle als das Schicksal der DDR. Das Land ist nun mal nur ein kleiner und zwar nicht einmal der bedeutendste Vasallenstaat gewesen, dessen innere Entwicklungen nur insofern eine Bedeutung hatten, dass die Misswirtschaft den grossen Bruder dazu zwang, noch mehr Hilfsgelder auf Kosten der eigenen Bevölkerung, zu investieren.

Duke of York
28.01.11, 09:26
Das Land ist nun mal nur ein kleiner und zwar nicht einmal der bedeutendste Vasallenstaat gewesen, dessen innere Entwicklungen nur insofern eine Bedeutung hatten, dass die Misswirtschaft den grossen Bruder dazu zwang, noch mehr Hilfsgelder auf Kosten der eigenen Bevölkerung, zu investieren.

:facepalm:
Uns würde schon mal interessieren, woher Ihr dieses "Wissen" habt. Das klingt ja fast schon so, als hätte die UdSSR ihre Vasallenstaaten und insbesondere die DDR mit enormen Hilfsleistungen überhaupt am Leben gehalten.
Eher ist das Gegenteil der Fall.
Die Handelsbilanz der DDR war von 1975 bis 1989 eher ausgeglichen. Sowohl mit dem gesamten Ostblock, als auch mit der UdSSR, die ungefähr 55% des Ostblock-Handelsvolumens ausmachte. Dabei muss man jedoch berücksichtigen, dass in den letzten ca. 10 Jahren die Lieferungen UdSSR->DDR (größtenteils Rohstoffe, Öl, Gas) bereits an reale Weltmarktpreise angepasst wurden. Inwieweit die Warenlieferungen DDR->UdSSR realen Weltmarktpreisen entsprachen, lässt sich nur spekulieren. Ein entsprechendes Gutachten der Bundesbank (http://www.bundesbank.de/download/presse/publikationen/zahlungsbilanz_ddr.pdf) geht jedoch davon aus, dass nur ein Teil der Rohstoff-Preiserhöhungen durch Preiserhöhungen bei den Warenströmen kompensiert werden konnte. Faktisch bedeutet das, dass gerade in den letzten Jahren vor 1989 die DDR einen immer größeren Anteil ihrer Produktionskapazitäten dafür aufwenden mussten, die Rohstoff-Importe aus der UdSSR zu vergüten.

Monty
28.01.11, 10:32
Was wir aber nebenbei immer wieder belustigend finden, ist der feste Glaube der deutschen Medien, dass die Frage der deutschen Einheit für die Sowjetunion genauso zentral gewesen ist, wie für die Deutschen. Zumindest suggerieren das die ganzen Dokumentationen, mit ihren "Gorbi-Bildern" und Gesprächen zwischen Kohl und Gorbatschow im Kaukasus. Nüchtern betrachtet spielten z.B die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Armenien und Aserbaidschan damals sowohl für Gorbatschow, als auch für die Sowjetbürger eine wesentlich grössere Rolle als das Schicksal der DDR. Das Land ist nun mal nur ein kleiner und zwar nicht einmal der bedeutendste Vasallenstaat gewesen, dessen innere Entwicklungen nur insofern eine Bedeutung hatten, dass die Misswirtschaft den grossen Bruder dazu zwang, noch mehr Hilfsgelder auf Kosten der eigenen Bevölkerung, zu investieren.
So wie ich die Russen einschätze, haben sie immer gerne ein gewisses Erpressungspotential in Händen haben, um an großen Tisch der Weltbühne mitzudiskutieren und zu entscheiden. Das war schon unter den Zaren so und ist heute nicht viel anders. Heute sind es mal keine Länder sondern Rohstoffe, die sie bemächtigen im Spiel der Großen einen Rechtsaußen zu spielen. 1990 war es die Drohung, ein gemeinsames Deutschland nicht zur Nato gehen zu lassen. Zentral ist für Russland immer nur das, was Macht und Geld bringt. Das kann morgen dies und übermorgen das sein. Das dieser Staat es überhaupt mal zu einer Großmacht gebracht hat, wird mir immer ein Rätsel bleiben. Ohne einen Diktator Stalin und seine Nachfolger wäre die Sowjetunion wohl schon vor 50 Jahren in einem Bürgerkrieg implodiert, der durch die Nationalitätenfrage entstanden wäre.

Vernichter
28.01.11, 17:30
:facepalm:
Uns würde schon mal interessieren, woher Ihr dieses "Wissen" habt. Das klingt ja fast schon so, als hätte die UdSSR ihre Vasallenstaaten und insbesondere die DDR mit enormen Hilfsleistungen überhaupt am Leben gehalten.
Eher ist das Gegenteil der Fall.
Die Handelsbilanz der DDR war von 1975 bis 1989 eher ausgeglichen. Sowohl mit dem gesamten Ostblock, als auch mit der UdSSR, die ungefähr 55% des Ostblock-Handelsvolumens ausmachte. Dabei muss man jedoch berücksichtigen, dass in den letzten ca. 10 Jahren die Lieferungen UdSSR->DDR (größtenteils Rohstoffe, Öl, Gas) bereits an reale Weltmarktpreise angepasst wurden. Inwieweit die Warenlieferungen DDR->UdSSR realen Weltmarktpreisen entsprachen, lässt sich nur spekulieren. Ein entsprechendes Gutachten der Bundesbank (http://www.bundesbank.de/download/presse/publikationen/zahlungsbilanz_ddr.pdf) geht jedoch davon aus, dass nur ein Teil der Rohstoff-Preiserhöhungen durch Preiserhöhungen bei den Warenströmen kompensiert werden konnte. Faktisch bedeutet das, dass gerade in den letzten Jahren vor 1989 die DDR einen immer größeren Anteil ihrer Produktionskapazitäten dafür aufwenden mussten, die Rohstoff-Importe aus der UdSSR zu vergüten.
Die Sowjetunion hat auch den relativen Wohlstand der "Frontstaaten" auf Kosten der eigenen Bevölkerung finanziert, in dem Rohstoffe und Waren umgeleitet wurden. Von einem realen "Markt" zwischen den Planwirtschaften des Ostblocks kann jedenfalls kaum gesprochen werden. Genauso ist der Lebensstandard innerhalb der Sowjetunion selbst, in als unzuverlässig einzustufenden Republiken, ebenfalls auf Grund der Subventionierung höher gewesen, als in "treuen" Republiken.
@Monty: Und ist das vereinigte Deutschland aus der Nato ausgetreten? Es wurde ja nicht mal Geld dafür genommen, dass die Sowjettruppen abgezogen wurden. Einfach deswegen weil die inneren Probleme für Gorbatschow so gravierend gewesen sind, dass die Ereignisse in der DDR im Vergleich dazu weniger eine Bedeutung gespielt haben.

Duke of York
28.01.11, 17:32
Die Sowjetunion hat auch den relativen Wohlstand der "Frontstaaten" auf Kosten der eigenen Bevölkerung finanziert

Gibts dafür auch Beweise oder handelt es sich hier um einen urban myth, der in der ehemaligen SU kursiert hat?:rolleyes:

Vernichter
28.01.11, 17:44
Gibts dafür auch Beweise oder handelt es sich hier um einen urban myth, der in der ehemaligen SU kursiert hat?:rolleyes:

Für genaue Quellen müssten wir recherchieren. Aber was bezweifelt ihr eigentlich, den höheren Lebensstandard oder die Subventionierung? Wenn der Lebensstandard z.B in der Tschechoslowakei ohne Subventionen höher gewesen sein soll, als in der Sowjetunion, so hätten die Tschechoslowaken ein erheblich besseres Modell der Planwirtschaft haben müssen, als der grosse Bruder.

Vernichter
28.01.11, 18:30
Hier z.B: http://www.bpb.de/files/KBHAC1.pdf


Nach der Zweiten Ölkrise 1979 wurden die Preisdifferenzen zwischen den höheren Weltmarktpreisen und den niedrigeren Einkaufspreisen des sowjetischen Erdöls von der DDR genutzt, um dringend benötigte Devisen durch den Export von Erdölprodukten zu erwirtschaften. Diese indirekte und ungeplante Subventionierung der DDR durch die Sowjetunion fand jedoch Anfang der 80er Jahre ein jähes Ende, als die Öllieferungen gekürzt und die Einkaufspreise dem Weltmarkt angeglichen wurden. Die DDR musste fortan das Dreizehnfache des Ölpreises von 1970 bezahlen (Wehler 2008) und war daher noch stärker auf die Nutzung der eigenen Braunkohle angewiesen.

Monty
28.01.11, 18:35
Es wurde ja nicht mal Geld dafür genommen, dass die Sowjettruppen abgezogen wurden.
Woher wollt Ihr das wissen ? Wart Ihr bei jeder Besprechung dabei ? Irgendwo sind sicherlich Millionen geflossen. Oder es wurden Hermes Bürgschaften oder sonstige günstige Kredite gewährt. Aber umsonst war die DDR bestimmt nicht zu haben. Die gab`s zwar im Sonderangebot, das Verfallsdatum war aber schon abgelaufen.

Vernichter
28.01.11, 18:37
Die Seiten 97 und 99



http://books.google.de/books?id=PiFbT4UwX2gC&pg=PA99&lpg=PA99&dq=Subventionen+durch+die+Sowjetunion&source=bl&ots=8ia6wZm9ta&sig=xUIIbm2ePTf1-p0JF1-SuZqe9aM&hl=de&ei=Vv1CTZqJNsf0sgaw5Mm5Dg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=4&ved=0CDAQ6AEwAzgK#v=onepage&q=Subventionen%20durch%20die%20Sowjetunion&f=false

nach mehr werden wir jetzt nicht wühlen, soweit wir aber wissen musste die DDR selbst nach den Anpassungen nicht den Weltmarktpreis für die Rohstoffe bezahlen.

Bassewitz
30.01.11, 14:18
Musste die BRD nicht damals 30000 Wohnungen für die abgezogenen Soldaten bezahlen (irgendwas mussten die ja verlangen und in den Wohnungen hat sicher nie ein Soldat gewohnt).

Eldanesh
30.01.11, 17:51
Die Sowjetunion hat auch den relativen Wohlstand der "Frontstaaten" auf Kosten der eigenen Bevölkerung finanziert, in dem Rohstoffe und Waren umgeleitet wurden.
Wir neigen dazu diesbezüglich dem Duke zuzustimmen, überspitzt formuliert hat die DDR den halben Otblock durchgefüttert. Da wurden Güter ausgeführt ohne Ende - das meiste tauchte nie in irgendwelchen Statistiken auf.

Die politischen Witze der Zeit geben da immer gut Aufschluss:

Chrustschow verhandelt mit Indien über ein Freundschaftsabkommen. Abschließend gibt es eine große Feier. Chrustschow hat schon reichlich getrunken, nur Nehru ist noch stocknüchtern.
Chrustschow: "Ach komm, Nehru, trink doch auch ein Schlückchen!"
Nehru: "Das geht nicht, meine Religion verbietet Alkohol."
Chrustschow: "Ich lasse bei euch auch eine Zuckerfabrik bauen."
Nehru: "Nein!"
Chrustschow: "Zwei Zuckerfabriken, oder drei?"
Nehru: "Nein, auf keinen Fall!"
Chrustschow: "OK, HUNDERT Zuckerfabriken!"
Nehru überlegt und trinkt die ganze Flasche Wodka aus. Daraufhin schüttet sich Chrustschow vor lachen aus.
Nehru fragt: "Du musst hundert Zuckerfabriken liefern und kannst da noch lachen?"
Chrustschow (immer noch lachend): "Ja, klar, ich bin schon auf das Gesicht gespannt, das Ulbricht machen wird."

Oder auch:

Ein Ossi steht ander Mole in Rostock und schaut den Schiffen nach.
Er fragt die Seeleute:
Wo fahrt ihr hin? Nach Kuba.
Was bringt ihr hin? Maschinen und Fahrzeuge.
Womit kommt ihr zurück? Mit Apfelsinen.

Zweites Schiff:
Wo fahrt ihr hin? Nach Angola.
Was bringt ihr hin? Maschinen und Fahrzeuge.
Womit kommt ihr wieder? Mit Bananen.

Drittes Schiff:
Wo fahrt ihr hin? In die Sowjetunion.
Was bringt ihr hin? Apfelsinen und Bananen.
Womit kommt ihr zurück? Mit dem Zug.

Grade der zweite Witz veranschaulicht das sowjetische Wirtschaftssystem mit seien Satteliten sehr genau... ohne wäre die DDR eventuell sogar lebensfähig gewesen :D

Eine Bevorzugung der "Randgebiete" gab es aber AFAIK innerhalb der SU. D.h Georgier, Kassachen usw. waren Empfänger einer "Transferunion", der "Stammlandrusse" hingegen Nettozahler.

Vernichter
30.01.11, 19:01
Die Überdehnung ist eine der Hauptursachen für den Untergang der Sowjetunion gewesen. Wenn man alles was nach Sozialismus aussieht, von Angola über Kuba bis nach Nordkorea mit Subventionen oder vergünstigten Handelsverträgen unterstützt ohne die dafür notwendige wirtschaftliche Basis zu haben, dann wird es irgendwann eng. Wenn dann noch hinzukommt, dass die fremde Bevölkerung wie in der Tschechoslowakei unter Wohlstand etwas anderes vorstellt, als der "homo sovjetikus" und trotz der Wohltaten immer noch rebellisch, dann wird es ganz bitter. An Nordkorea und Kuba kann man ja ganz gut absehen, wie wichtig die Unterstürzung gewesen ist.

Und innerhalb der Sowjetunion gab es z.B über Georgier folgende Witze:

Georgiescher Student im Brief nach Hause:

Papa, alle hier fahren mit dem Bus. Ich kann nicht ständig mit dem Auto fahren. Das fällt negativ auf.
Antwort: Das Geld ist unterwegs. Kaufe dir einen Bus, sei wie alle.

Deswegen kommt bei vielen Russen die Galle hoch, wenn die Vertreter der aus anderen ehemaligen Republiken sich über Ausbeutung beschweren. Und noch lustiger wird es, dass Jene jetzt nach der Unabhängigkeit nicht in ihren Ländern bleiben, sondern nunmehr als Gastarbeiter, nach Russland einreisen.

Jerobeam II.
30.01.11, 19:42
Ist der Fall Georgien aber nicht gerade anders gelagert (Stalin!)?
Möglicherweise beschweren sich "die Vertreter kleinerer Republiken" auch über gewisse Zwangsmaßnahmen der Anfangszeiten? Umsiedlungen, Zwangsdörfer etc. ? ;)

Vernichter
30.01.11, 19:55
Ist der Fall Georgien aber nicht gerade anders gelagert (Stalin!)?
Möglicherweise beschweren sich "die Vertreter kleinerer Republiken" auch über gewisse Zwangsmaßnahmen der Anfangszeiten? Umsiedlungen, Zwangsdörfer etc. ? ;)

Wir haben die Wahrnehmung des einfachen Russen beschrieben. Ausserdem würde der einwenden, dass die Russen von ganzen Zwangmassnahmen genauso betroffen gewesen sind, wie die anderen. Gerade die Kostruktion des Holodomor, als geplante Vernichtung des ukrainischen Volkes und eine Art Gründungsmythos verwundert viele, auch uns. Unser Urgrossvater ist zu der Zeit auch fast erschossen worden, weil er nach übriggebliebenen Körnern gesucht hat und das ist irgendwie weit weg von der Ukraine gewesen.

Was Georgien angeht, so liegt der Fall dennoch nicht anders. Trotz Stalin, der Subventionen, der privilligierten Stellung im Zarenreich und bei der Besetzung der Posten innerhalb der Sowjetunion ist Georgien natürlich von Russland immer ausgebeutet worden, also nach jetziger Wahrnehmung. Was Stalin angeht, so gab es zudem einen Vorfall in den Fünfzigern, als die Polizei in eine über die Entstalinisierungsprozesse wütende Menge geschossen hat.

Jerobeam II.
30.01.11, 20:09
Ah, jetzt habe ich Euch erst richtig verstanden, was ich auch hätte tun können, wenn ich Euren ersten Beitrag genauer gelesen hätte. Von daher ist mein Einwand kein treffender.

Vernichter
31.01.11, 08:55
Was Osteuropa angeht, so sind ganzen Polen, Tschechen, Ungarn usw. undankbar. Man hat sie vor den Nazis gerettet und zum Dank sind die ganze Zeit rebellisch gewesen und nun sogar in der bösen Nato. Eigentlich läuft die Verteidigung immer so: wenn es etwas Gutes durch die Sowjetunion gab, so ist das zu betonen, wenn es etwas schlechtes gab, so ist es erstmal in Zweifel zu ziehen und wenn das nicht geht, so die Schuld der Kommunisten/Juden/Freimauerer/weisswasich, mit denen die Russen natürlich nichts zu tun hatten. Teilweise gelingt es sogar das Zarenreich und Stalin toll zu finden, indem man einfach sagt, dass die Zerstörung des Zarenreichs durch die Bolschewiken zwar schlecht gewesen ist, aber Stalin in etwa wie Napoleon mit den Jakobiner nicht mehr den Bolschewiken zuzurechnen sei, sich nur getarnt habe, um dann die Heimat von den Feinden zu säubern.

Vernichter
31.01.11, 12:01
Zur Einstellung gegenüber den Einwanderern aus anderen Republiken ein kleiner Auszug: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,742413,00.html

Man muss noch dazu ergänzen, dass der Geburtenrückgang fast nur bei der slawischen Bevölkerung zu veroten ist, wehrend die islamisch geprägten Regionen in dem Bereich weniger Probleme haben. Hinzu kommt noch, dass Russen nicht wie in dem Artikel gesagt Täter sind, sondern oft genug selbst zu Opfern von nationalistischen Minderheiten werden, gerade in den Regionen, wo die Miderheiten die Mehrheiten stellen, aber auch in Moskau selbst.