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Augustus Rex
26.01.04, 03:21
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Quelle: Süddeutsche Zeitung
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23.01.2004


Verschwörung oder Taktik?

Die Geschichte des Angriffs auf Pearl Harbor



ROBERT B. STINNETT: Pearl Harbor. Wie die US-Regierung den Angriff provozierte und 2476 US-Bürger sterben ließ. Verlag Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2003. 550 Seiten, 14,9 Euro.


Der 7. Dezember 1941 ist als „Day of Infamy“ (Tag der Niedertracht) ins kollektive Gedächtnis der Vereinigten Staaten eingegangen: Japanische Kampfflugzeuge und U-Boote griffen ohne Warnung den Militärstützpunkt Pearl Harbor auf Hawaii an. Von einem Überraschungsangriff will Robert B. Stinnett aber nicht sprechen – und von einem Tag der Niedertracht erst recht nicht. „Day of Deceit“ (Tag der Täuschung) hat der amerikanische Journalist und Historiker das Ergebnis seiner 17-jährigen Recherchen über die Hintergründe von Pearl Harbor überschrieben.


Anders als es die offizielle amerikanische Geschichtsschreibung seit mehr als 60 Jahren behauptet, wahrte die japanische Angriffsflotte laut Stinnett weder absolute Funkstille, noch waren die japanischen Codes vor einer Dechiffrierung durch amerikanische Horchfunker sicher. „An der Einsicht ist nicht zu rütteln: FDR (US-Präsident Franklin Delano Roosevelt) wusste Bescheid“, schreibt Stinnett. Und setzt nach: „Daraus aber ergibt sich die eigentliche Kernfrage: Hatte der Präsident etwa den Angriff der Japaner vorsätzlich provoziert? Gemäß dem Inhalt einer geheimen strategischen Denkschrift vom 7. Oktober 1940 war dies der Fall.“


Damit reiht sich Stinnetts Buch (scheinbar) in die Riege der Verschwörungsfantasien ein, die seit dem 11. September 2001 Konjunktur haben. Tatsächlich aber ist seine Theorie älter: In den USA hat es immer wieder Zweifel an der Version vom japanischen Überraschungsangriff gegeben. Zwischen 1945 und 1946 sowie 1995 versuchten mehrere Untersuchungsausschüsse des Kongresses vergeblich, die Wahrheit ans Licht zu holen. Konteradmiral Leigh Noyes, Kommunikationsdirektor der US-Marine, „ordnete die Aktensperre an, die bewirkte, dass alle Auswertungen abgehörter Funkbotschaften des japanischen Militärs und der Diplomatie aus der Zeit vor Pearl Harbor in den Archivkellern der Marine verschwanden“. Erst der „Freedom of Information Act“ habe es ihm, Stinnett, ermöglicht, bisher verschlossene, amtliche Dokumente einzusehen.


Für seine Untersuchung hat der Autor mehr als 200 000 Schriftstücke ausgewertet und zahllose Interviews mit Zeitzeugen geführt. So erlangte er Kenntnis vom „Acht-Punkte-Plan“, den Arthur H. McCollum, der Chef der Marine-Aufklärung, im Oktober 1940 entwickelte. Japan sollte durch ein Handelsembargo geknebelt und durch die Verletzung japanischer Hoheitsgewässer gereizt werden. Die im Umkreis der hawaiianischen Inseln konzentrierte Pazifikflotte sollte als Köder für den japanischen Erstschlag dienen, schreibt Stinnett.


Bereits am 8. Oktober 1940 begann Roosevelt laut Stinnett mit der Umsetzung des Plans. General James O. Richardson, der Befehlshaber der Pazifikflotte, kritisierte die Pläne Roosevelts im Oval Office scharf und wurde am 1. Februar 1941 seines Kommandos enthoben. Seinen Entschluss, die Provokation Japans gemäß dem Aktionsplan fortzusetzen, habe FDR später konkretisiert. Stinnett zitiert einen Befehl Roosevelts, der am 27. und 28. November 1941 an die Oberbefehlshaber der Streitkräfte erging: „Die Vereinigten Staaten wünschen, dass Japan die erste offene Kriegshandlung begeht.“


Schließlich legt er 129 Funksprüche der japanischen Angriffsflotte vor. Wie Stinnett entdeckt, konnten die USA frühzeitig zwei der wichtigsten japanischen Codes knacken: den „Purple“-Code, der im diplomatischen Funkverkehr verwendet wurde, und den „5-Num-Code“, der für die Kommunikation der Marine mit Schiffen, Stützpunkten und im Ausland stationiertem Personal genutzt wurde. „Die Entschlüsselung gelang im Frühherbst 1940“, schreibt er.


Von einer Verschwörung redet Stinnett indes nicht. Der Plan, Japan zum Kriegseintritt zu provozieren, ist für ihn eine kühl umgesetzte politische Strategie, für die er sogar Verständnis hat. 1940 – der Vormarsch Hitler-Deutschlands schien unaufhaltsam, der Bombenkrieg gegen Großbritannien hatte begonnen und Japan, Italien und Deutschland schlossen den „Dreimächtepakt“ – steckte Roosevelt in einem Dilemma: Er sah die freie Welt vor einer Katastrophe, doch 88 Prozent der US-Amerikaner waren gegen einen Kriegseintritt. Damals reifte in ihm der Entschluss, „auch zu ,unsauberen’ Mitteln zu greifen, um ein isolationistisch gestimmtes Amerika zur Beteiligung an einem Kampf für die Freiheit zu überreden“, schreibt Stinnett.


Das Fazit? Das hat bereits die New York Times gezogen: „Dieses lückenlos dokumentierte Buch bringt die letzten angeblichen Tatsachen über Pearl Harbor ins Wanken.“

hokaro
26.01.04, 08:52
Ich denke mit "911-surfen" hat die Diskussion um Pearl Harbor wenig zu tun. Ich habe schon vor Jahren "Pearl Harbor 1941 - Eine amerikanische Katastrophe" von George Morgenstern und ein paar andere Artikel mehr gelesen.

Die Deutschen haben im Atlantik einen Casus Bellum fast um jeden Preis vermieden. Man denke nur an die Anweisung, dass Zerstörer und kleinere Schiffe von U-Booten erst dann angegriffen werden dürfen, wenn diese die U-Boote als erste angreifen.

Da die US-Administration den Krieg wollte, haben sie halt 'über Bande' gespielt und die Achse Berlin-Rom-Tokyo ausgenutzt. Wenn es Ihnen wirklich um China gegangen wäre, dann hätten Sie ja auch schon Jahre früher diplomatische Sanktionen treffen können. Sie haben die japanische Mentalität ausgenutzt (siehe Überraschungsangriff im russisch-japanischen Krieg 1805) und Tokyo so lange provoziert, bis das gewünschte Ergebnis zustande gekommen ist.

Tarent hat gezeigt, dass Angriffe auf Flottenstützpunkte erfolgreich sein können. Deshalb kann man sicher trefflich darüber streiten, ob die Amerikaner ihre (veraltete Schlachtschiff-) Flotte absichtlich auf den Präsentierteller gelegt haben oder ob da doch Inkompetenz eine Rolle gespielt hat.

Die Inkompetenz muss dann aber groß gewesen sein, weil die US-Navy Ende der 30er Jahre eine Übung durchgeführt hat, die den 7. Dezember in Durchführung und Ergebnis perfekt simuliert hat.

Olaf Rasmussen
26.01.04, 12:22
Interessanter Artikel. Und nun, was sollen wir glauben? Hat die US-Regierung die Japaner provoziert? Oder war der Angriff eine Flucht nach vorn?
Die Opferrolle werde ich den Amerikanern aber nicht zu schreiben. Sie als Täter zu bezeichnen, kann ich aber wiederum auch nicht. Es ist sicherlich schwer, hier eine Aussage zu machen, ohne ins Schwanken zu kommen. Zu viele Theorien, zu viele Beweise für jede Theorie. Man müsste das Buch ersteinmal lesen und dann urteilen.
Aber fakt ist nun einmal, dass die Amerikaner zu jener Zeit nicht bereit waren an einem Krieg teilzunehmen. Fakt ist auch, dass die Japaner durch die amerikanische Politik zum Handeln gezwungen wurden. In wie fern hierbei die US-Regierung provizierend und manipulierend gehandelt habe, kann unser eins nicht beurteilen, ohne selbst die Quellen der Zeit begutachtet zu haben.

Peter der Große
26.01.04, 14:19
Sicherlich ein interessantes Buch. Ich bin sicher, dass es sich ganz deutlich von den "Verschwörungstheorie"-Büchern a la 09/11 abhebt. Wie auch schon im Artikel der Süddeutschen Vermerkt: 17-jährige Recherche.

Hat die britische Führung nicht auch vom Deutschen Angriff auf Canterbury gewusst, und bewusst nichts gesagt? Es ist nicht auszuschließen, dass es in diesem Fall ähnlich war.
Ein weiterer, noch nicht genannter Punkt ist, dass die Japaner mit ihrem Angriff auf Pearl Habour die amerikanischen Träger treffen sollte, aber gerade die, und nur die, waren kurz vorher ausgelaufen. Dass kann Zufall sein.
Aber damit bewegen wir uns zu sehr auf dem Terrain der Verschwörungtheorien. Besser wäre es, zu erst das Buch zu lesen, um zu sehen, wie ernst und wissenschaftlich es wirklich ist.

hokaro
26.01.04, 20:19
Hat die britische Führung nicht auch vom Deutschen Angriff auf Canterbury gewusst, und bewusst nichts gesagt? Es ist nicht auszuschließen, dass es in diesem Fall ähnlich war.

Die deutsche Luftwaffe hat das Knickebein-Verfahren benutzt um die Bomber Nachts zum Ziel zuführen. Zwei Peilstrahlen (Lorenzverfahren, was auch immer das sein mag, ich bin kein Physiker) wurden von Bredstedt in Schleswig-Holstein und Kleve über dem Ziel in England gekreuzt. Die RAF hat versucht diese Strahlen zu stören, nicht unwesentlich unterstützt durch ENIGMA. Problem beim Angriff auf Coventry in der Nach von 14./15.11.1940 war, das Engima diesmal das Ziel nicht rechtzeitig angeben konnte, die Engländer also ihre Störmaßnahmen auf gut Glück anwenden mussten.



Generell ist es bei der Dechiffrierung des gegenerischen Codes immer das Problem, diesen Sachverhalt nicht zu verraten. Reagiert man auf die gegnerische Maßnahme dann gibt man zu erkennen, dass man den Code entschlüsselt hat.

Die Engländer haben das Problem im WWII oft durch 'organisierten Zufall' gelöst. Bei den Afrika-Konvois wussten die Royal Navy oft schon vor Auslaufen des italienischen Konvios, welchen Kurs die Schiffe nehmen würden. Also hat man 'zufällig' einen Aufklärungsflug in die Richtung angesetzt. Aufgrund der 'offiziellen', auch vom Feind so wahrgenommenen Entdeckung des Konvios wurden dann Gegenmaßnahmen eingeleitet.

Das Problem hatten die Amerikaner auch seinerzeit, als der koreanische (?) Jumbo über Kamtschatka abgeschossen wurde. Sie haben den Sprechfunkverkehr zwischen der russischen Bodenkontrolle und dem Jet veröffentlicht, aus dem der Abschuß hervorging. Natürlich erst als die Russen Stein und Bein geschworen hatten nichts damit zu tun zu haben. Natürlich haben die Russen dann gewußt, was die Amerikaner technisch zu drauf haben.

Und um den Bogen zu Pearl Harbor wieder zu schlagen. Es kann also durchaus sein, dass die Amerikaner wussten oder auch nur ahnten, was Sache war.

Meine persönliche Meinung ist die, das die Amerikaner die Japaner vor die Wahl stellen wollten, sich entweder aus China komplett zurückzuziehen oder aber Amerika den Krieg zu erklären. Und sie haben die japanische Mentalität zu ihrem Vorteil ausgenutzt und ihre Bedingungen so formuliert, dass die Japaner nie hätten ihr Gesicht wahren können. Das rechtfertigt natürlich in keinster Weise die japanische Vorgehensweise. Die Amerikaner haben ihre Weichen auf Krieg gestellt (z.B. auch durch das Two-Oceans-Navy-Bill von 1940), und als die Japaner das gleiche taten, ...

Pearl Harbor in diesem Umfang kam dann eigentlich nur zustande, weil die Amerikaner die "Gelbe Rasse" sträflich unterschätzt haben. Evtl. haben sie auch mögliche Hinweise nicht an untergeordnete Dienststellen weitergegeben, um die Quelle zu schützen.

Wer sich für Pearl Harbor interessiert, dem sei übrigens "Tora, Tora, Tora" empfohlen. Für Hollywood eine erstaunliche realisitische Darstellung der Gesamtoperation.

Gruß hokaro

Olaf Rasmussen
26.01.04, 20:44
Was Conventry angeht, so wussten die Briten von dem Angriff. Doch, wie Ihr schon sagtet, um den Preis das Geheimniss nicht preiszugeben, wurde nicht die Bevölkerung informiert und evakuiert. Wie heisst es doch so schön: Wer gewinnen will, muss bereit sein, Opfer zu bringen. Und ich denke mir, die Briten taten dies. Und die Amerikaner standen denen nicht hinter her.

Sir H. Dowding
16.05.04, 17:29
Die Operation Adlertag lief doch schon seit September 1940. Coventry galt allgemeinhin als "Klein-Essen" und lag in Reichweite der Bomber. Also so betrachtet wussten die Briten schon von dem Angriff.
Dann möchte ich noch sagen, dass auch wenn der Code bekannt ist, die Deutschen doch nur ein paar Stunden vorher durchgegeben hätte, gegen welche Stadt der Angriff durchgeführt werden sollte, als bliebe den Briten doch nicht genug Zeit, die Stadt zu evakuieren, abgesehen davon, dass dann aufgeflogen wäre, dass der Code bekannt war.

Ich kann auch nicht beurteilen, wie genau die Deutschen das Ziel angegeben haben, denn in der näheren Umgebung von Coventry liegen doch eine Menge wichtiger Industriestädte (Birmingham, Sheffild, etc.). Ob also auch mit entschlüsseltem Code klar war, wo der Angriff stattfindet, bin ich mir nicht sicher.

Vergessen wir auch nicht, dass es noch andere Möglichkeiten gegebn hätte als Evakuierung, z.B.: Flak Konzentration, Nachtjagd konzentriert gegen die Bomberschwärme einsetzen und nicht über ganz England verteilen, früher die Sirenen heulen, Feuerwehr aus umliegenden Städten bereitstellen, bevor der Angriff beginnt. All das wäre wesentlich unauffälliger und hätte auch etwas gebracht.

The Godfather
16.05.04, 18:36
Admiral Wilhelm Canaris und seine "Fünfte Kolonne" waren, so munkelt man, nicht sonderlich erfolgreich, was Britannien angeht. Der MI5 hat die meisten Agenten sehr schnell gefasst, sie hingerichtet oder Doppelagenten aus ihnen gemacht... Das nur am Rande.

Es gibt zu diesem Thema, was eine "Opferung" betrifft, ein feines Zitat: "UUnd wen interessieren schon Opfer. Massengräber sind schnell ausgehoben und mit dem Sand der Ignoranz und des Vergessens zugeschüttet."

Sir H. Dowding
16.05.04, 18:42
The Godfather schrieb:

Admiral Wilhelm Canaris und seine "Fünfte Kolonne" waren, so munkelt man, nicht sonderlich erfolgreich, was Britannien angeht. Der MI5 hat die meisten Agenten sehr schnell gefasst, sie hingerichtet oder Doppelagenten aus ihnen gemacht... Das nur am Rande.

Es gibt zu diesem Thema, was eine "Opferung" betrifft, ein feines Zitat: "UUnd wen interessieren schon Opfer. Massengräber sind schnell ausgehoben und mit dem Sand der Ignoranz und des Vergessens zugeschüttet."

Von wem?

The Godfather
16.05.04, 18:49
Das ist halt die Frage. Ich habe keine Ahnung, leider :( Das stand in einem meiner schlauen Bücher unter: "Verfasser unbekannt"

Sir H. Dowding
16.05.04, 18:57
Das ist halt die Frage. Ich habe keine Ahnung, leider :( Das stand in einem meiner schlauen Bücher unter: "Verfasser unbekannt"

Ach so, schade! Hätte gerne meinen Horizont erweitert :(

Jorrig
17.05.04, 00:48
VIel wichtiger war doch, dass die Briten im Prinzip seit 1942 oder 43 durch Enigma von der geplanten Vernichtung der Juden wussten, und nichts dagegen taten, niemanden informierten. Auch hier wurde dies natürlich getan, um nicht zu verraten, dass man den Code kannte. Ich finde das aber tragischer als einen Bombenangriff (es war Krieg, da gabs ne Menge Angriffe und Opfer).

Im übrigen wurde neulich vor Pearl Harbor ein versenktes japanisches Uboot auf dem Meeresgrund entdeckt, offensichtlich versenkt von Amerikanern. Den genauen Sachverhalt hab ich nicht im Kopf (stand aber im Spiegel), jedenfalls wurde dort geschlossen, dass zumindest der erste Schuss nicht von den Japanern, sondern von den Amerikanern abgegeben wurde - wenn auch zu einem Zeitpunkt, an dem der Angriff nicht mehr aufzuhalten war. Über politische Hintergründe weiß ich nichts, aber wie immer steckt in einer Sache mehr drin als Kriegspropaganda die Menschen glauben lassen will.

Sir H. Dowding
17.05.04, 01:18
Das die Briten dies nicht bekanntgegeben haben oder es so sicher wussten, dass stimmt nun auch nicht ganz.

Es gab Berichte, die über den Vatikan liefen, über jüdische Organisationen, etc. Aber bereits im 1. Weltkrieg war auf alliierter Seite von verstümmelten belgischen Kindern berichtet worden und dies immens aufgebauscht worden. Nun kommen ähnliche Gerüchte auf, die noch schrecklicher klingen als die aus dem ersten und Beweise dafür gab es keine, nur Berichte.

Ich glaube es hat auch jeder von den soeben geöffneten und digitalisierten britischen Aufklärungsphotos gehört, auf denen auch das Lager Auschwitz zu erkennen ist und mit dem Wissen das wir jetzt haben, auch ganz klar Krematorien, Leichenberge, etc ausgemacht werden können. 1943 hingegen wimmelte es in Deutschland von Lagern, Kriegsgefangenenlager, Konzentrationslager, etc. Es war daher nicht unbedingt leicht das richtige Lager herauszufinden.

Und selbst wenn sich die Alliierten zum Eingreifen entschlossen hätten, was hätten sie tun sollen? Ich hab mir diese Frage schon oft gestellt und keine befriedigende Antwort gefunden. Die eisenbahnschienen nach Auschwitz bombardieren, klare Sache! Klingt logisch und effektiv, ist es aber nicht! Bei einer Treffergenauigkeit von 300 Meter im besten Fall, wären die Häftlingsbaracken schwer in Mitleidenschaft gezogen worden und die ungeschützten Häftlinge zu hunderten oder tausenden getötet worden. Auch wenn dabei die Eisenbahnschienen zerstört worden wären, so waren Schienen nach jedem Bombenangriff das schnellste, das wieder hergerichtet war (8-48 Stunden), die Alliierten hätten also die Krematorien bombardieren müssen, dabei wiederrum hunderte Insassen töten müssen und mit dem Ergebnis, dass Massenerschießungen, etc durchgeführt worden wären. Die Zyklon B Produktion zu stören ist praktisch unmöglich, da die Rohstoffe für das Gas leicht zu beschaffen waren (ich glaube bei häufigen chemischen Vorgängen, weiß aber nicht genau wo) und auch wenn dies gelungen wäre, hätte es andere Methoden gegeben.
Nicht vergessen dürfen wir außerdem, dass nach Auschwitz Anflugzeiten von rund acht Stunden nötig waren, die bei der Schnelligkeit, mit der die Bahngleise repariert worden wären, alle paar Tage geschehen müssten.

Hätten die Amerikaner oder Briten genaueres über die Vernichtungslager gewusst, so hätten sie dies doch leicht nützen können, um ihren Krieg gegen Hitler noch mehr zu untermauern und als Quelle dafür jüdische Organisationen, die schwedische oder schweizer regierung, etc nennen können. Gerüchte und Berichte gab es wie gesagt schon, aber diese waren eben nicht gesichert und was wäre es für eine Blamage gewesen, über Judenvernichtungen zu sprechen, die ganze Welt davon zu unterrichten um dann festzustellen, dass das nur ein Trick der Deutschen war oder ein aufgebauschtes Gerücht.

Augustus Rex
17.05.04, 01:59
Edler Dowding, ich mag Eure Posts - aber einem Thread namens "Pearl Harbour" muss man doch nicht Monate später wieder aktivieren, um ein völlig abweichendes Thema zu behanden, oder?
Ich jedenfalls finde das verwirrend und empfehle, beim nächsten Mal einen neuen Thread zu starten und ihn meinethalben mit einem Zitat aus dem alten Thread einzuleiten.

Der Eure
AR

hokaro
17.05.04, 08:24
Im übrigen wurde neulich vor Pearl Harbor ein versenktes japanisches Uboot auf dem Meeresgrund entdeckt, offensichtlich versenkt von Amerikanern. Den genauen Sachverhalt hab ich nicht im Kopf (stand aber im Spiegel), jedenfalls wurde dort geschlossen, dass zumindest der erste Schuss nicht von den Japanern, sondern von den Amerikanern abgegeben wurde - wenn auch zu einem Zeitpunkt, an dem der Angriff nicht mehr aufzuhalten war. Über politische Hintergründe weiß ich nichts, aber wie immer steckt in einer Sache mehr drin als Kriegspropaganda die Menschen glauben lassen will.

Zum japanischen Plan gehörte auch, dass Klein-U-Boote versuchen sollten in den Hafen einzudringen. Die US-Marine hat jedoch mit dieser Variante gerechnet, daher wurde der Einlaufkurs von einem Zerstörer bewacht und Minensuchboote waren im Einsatz. Die Minensuchboote sichteten bereits um 03.42 Uhr das Sehrohr eines Klein-U-Boots. Sie meldeten es dem Wachzerstörer, der die Verfolgung aufnahm. Andere Marinestellen haben diesen Funkverkehr zwar mitgehört, aber nichts veranlaßt. Um 06:30 Uhr wurde erneut ein Klein-U-Boot gesichtet, der Zerstörer WARD hat es mit Wasserbomben und Artillerie versenkt. Die Funkmeldung darüber verzögerte sich u.a. beim Entschlüsseln und kam zu spät. Die Japaner verloren neben 29 Flugzeugen auch 5 Klein-U-Boote.

Quelle: Friedrich Ruge "Entscheidung im Pazifik"

Zwar haben die Amerikaner wirklich den ersten Schuß abgegeben, aber das Eindringen mit U-Booten in einen Flottenstützpunkt des Gegners stellt eindeutig einen kriegerischen Akt dar. Deshalb bleibt die Tatsache bestehen, dass die Japaner den Krieg begonnen haben.

Von den 30 Mann an Bord der U-Boote hat übrigens einer überlebt. Ich habe mal einen TV-Bericht gesehen. Wenn ich mich richtig erinnere, dann war der Japaner auch noch nach Jahrzehnten tief in seiner Ehre verletzt, weil er gefangengenommen wurde anstatt sein Leben für den Tenno geben zu dürfen.

Gruß hokaro

Sir H. Dowding
17.05.04, 12:59
Nun gut! Verzeihet mir, die unangebrachte Diskussion und nebenher auch die ungeziemliche Aktivierung der der Diskussion. Von euch daraufhingewiesen erkenne ich natürlich, dass der letzte Post am 26.1. geschrieben wurde, doch im Eifer des Schreibens fiel mir dies nicht auf.

Gegebenenfalls werde ich einen neuen Thread zu diesem Thema öffnen, eher nicht weil diese Diskussion wieder Gefahr läuft auszuufern und die alten Grabenkämpfe zu aktivieren (Mitschuld der Alliierten am Holocaust). Sei nun wenn überhaupt über Pearl Harbor gesprochen.

Mit ergebenen Grüßen
Dowding

Jorrig
17.05.04, 14:59
Die Meldung im Spiegel ist vom 29.08.2002 (ich staune über mein Gedächtnis!), leider aber nur für 50 cent im Internet lesbar. Es wurde nur gemeldet, dass ein Uboot auf dem Grund gefunden wurde und damit ein erster "physischer Beweis" darüber gegeben war, wer den ersten Schuss bei Pearl Harbor abgegeben hatte.
Natürlich bleibt das eine feindliche Handlung (was macht ein japanisches Uboot in einem amerikanischen Hafen, Tausende Kilometer von jeder Heimatbasis entfernt?) und die Reaktion der Amerikaner die einzig mögliche und richtige. Um das (ganz kurz) zu sagen, ich will auch nicht eine Holocaust-Debatte anfangen, ich hatte nur (vermutlich im Spiegel) gelesen, dass die Alliierten über die Vorgänge recht gut informiert waren, aber wie gesagt auch nicht viel dagegen tun konnten.
Danke an Hokaro für die Information, nun bin ich wieder ein wenig schlauer geworden!

Sir H. Dowding
17.05.04, 15:46
Die Meldung im Spiegel ist vom 29.08.2002 (ich staune über mein Gedächtnis!), leider aber nur für 50 cent im Internet lesbar. Es wurde nur gemeldet, dass ein Uboot auf dem Grund gefunden wurde und damit ein erster "physischer Beweis" darüber gegeben war, wer den ersten Schuss bei Pearl Harbor abgegeben hatte.
Natürlich bleibt das eine feindliche Handlung (was macht ein japanisches Uboot in einem amerikanischen Hafen, Tausende Kilometer von jeder Heimatbasis entfernt?) und die Reaktion der Amerikaner die einzig mögliche und richtige. Um das (ganz kurz) zu sagen, ich will auch nicht eine Holocaust-Debatte anfangen, ich hatte nur (vermutlich im Spiegel) gelesen, dass die Alliierten über die Vorgänge recht gut informiert waren, aber wie gesagt auch nicht viel dagegen tun konnten.
Danke an Hokaro für die Information, nun bin ich wieder ein wenig schlauer geworden!

Keine Sorge, ich glaube kaum, dass unser beiden Meinungen sich voneinander unterscheiden. Thema ist demnach einfach gegessen und auch bei Pearl Harbor bin ich eindeutig deiner Meinung.

The Godfather
06.06.04, 16:36
Sorry, dass ich auch noch mal was schreibe...

Das Rote Kreuz machte übrigens Besuche in div. KZ, um sich ein Bild machen zu können, Gerüchte etc. betreffend.
Nun waren die Nazis nicht ganz dumm und haben entsprechend darauf reagiert. Sehr gut wird dies in einem Roman von Ross "Im Vorhof der Hölle" beschrieben (zweiter Teil; Erster Teil: "Aber Steine reden nicht"). Beschrieben wird das Schicksal eines jüdischen Jungen im KZ Theresienstadt, das durch das Programm der Nazis den Spitznamen "Theresienbad" bekam...
Es wurde eine "freie" Welt inszeniert, den Insassen ging es, den Umständen entsprechend, scheinbar gut, konnten sie doch Lebensmittel (nur beim Besuch des RK in eigens gegründeten Läden vorhanden) durch eine Art KZ-Währung kaufen.

Ein wirklich gutes Buch!! Ich will keine Schleichwerbung machen, das mal am Rande; aber die Scènerie wird dort sehr gut beschrieben.

rappodon
13.06.04, 21:34
Es wurde eine "freie" Welt inszeniert, den Insassen ging es, den Umständen entsprechend, scheinbar gut, konnten sie doch Lebensmittel (nur beim Besuch des RK in eigens gegründeten Läden vorhanden) durch eine Art KZ-Währung kaufen.


Laut Eugen Kogon (welcher selber Jahrelang im KZ war und das Buch "Der SS-Staat geschrieben hat) wurde der "KZ Laden" wirklich gegründet, indem Häftlinge gegen Geld Nahrungsmittel kaufen konnten. Es wurden sogar Bordelle für Häftlinge (für eine kurze Zeit) errichtet.

Solche KL (KZ wegen des härteren Klanges genannt) waren ziemlich durchorganisiert -- auf Seiten der Häftlinge. Natürlich wusste die SS oftmals nichts davon. So kam es auch, dass wenn einer der Kommunistischen Häftlinge (welche viel Macht im Lager hatten) einen anderen Häftling (sagen wir einen Legionär) nicht mochten, dann wurde dieser eben zur Arbeit in den Steinbruch (= 90% sicherer Tod) verdonnert.

Das dies alles NICHT in reinen Vernichtungslagern (wie Auschwitz) vorgenommen worden ist, ist klar. Dort kamen die Leute ausschließlich zum ermorden hin.

Ich kann das Buch nur empfehlen, obwohl es auch historische Fehler beinhalten soll, welche sich jedoch nur im Kleinen wieder finden. Im Großen und Ganzen bekommt man ein gutes Bild über das leben in einem KL.

The Godfather
14.06.04, 17:55
Laut Eugen Kogon (welcher selber Jahrelang im KZ war und das Buch "Der SS-Staat geschrieben hat) wurde der "KZ Laden" wirklich gegründet, indem Häftlinge gegen Geld Nahrungsmittel kaufen konnten. Es wurden sogar Bordelle für Häftlinge (für eine kurze Zeit) errichtet.

Solche KL (KZ wegen des härteren Klanges genannt) waren ziemlich durchorganisiert -- auf Seiten der Häftlinge. Natürlich wusste die SS oftmals nichts davon. So kam es auch, dass wenn einer der Kommunistischen Häftlinge (welche viel Macht im Lager hatten) einen anderen Häftling (sagen wir einen Legionär) nicht mochten, dann wurde dieser eben zur Arbeit in den Steinbruch (= 90% sicherer Tod) verdonnert.

Das dies alles NICHT in reinen Vernichtungslagern (wie Auschwitz) vorgenommen worden ist, ist klar. Dort kamen die Leute ausschließlich zum ermorden hin.

Ich kann das Buch nur empfehlen, obwohl es auch historische Fehler beinhalten soll, welche sich jedoch nur im Kleinen wieder finden. Im Großen und Ganzen bekommt man ein gutes Bild über das leben in einem KL.

Ja,es ist krank, was da alles passierte.

Wir hatten vor ein paar Tagen eine Vorlesung eines ehemaligen KZ-Insassen aus Bergen Belsen. Er war in dem sog. "Vorzugslager" interniert, wo die Erwachsenen nicht arbeiten mussten und es allgemein mehr zu Essen gab. "Warum??" haben wir gefragt, "Warum haben diese Juden mehr zu essen bekommen, mussten nicht arbeiten und wurden relativ gut behandelt??" Die SS wollte diese Leute freilassen um die Alliierten des Westens gegen den "bösen sovjetischen Barbaren" aufzuhetzen und zu zeigen, dass sie, die Nazis, einen guten Willen hätten. Die Alliierten gingen natürlich nicht darauf ein, also forderte die SS Unsummen von Wertgegenständen und Geld, bekam diese und ließ die Leute frei.
Es war wirklich interessant, was er so zu berichten hatte; wer die Chance hat, mit Zeitzeugen zu reden, der sollte diese unbedingt nutzen!!