Otto der Grosse
22.09.05, 16:13
Wie aufgrund von einigen Beiträgen hier in den Foren hervorgeht, haben einige das Werk „Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte“ von Hans Delbrück erworben und gelesen, zumal die vier Bände inzwischen auch sehr preiswert erhältlich sind.
Sicherlich ging es den meisten während des Lesens so wie mir bereits vor Jahren, dass man aufgrund der Analysen der wichtigsten Schlachten die die Entwicklung der Kriegskunst beeinflussten und veränderten, der Darstellung der Taktiken und Strategien nicht zuletzt wegen Delbrücks mitreißenden Schreibstils begeistert und beeindruckt ist, vor allem, weil es solche umfangreichen Darstellungen gerade zu den Schlachten des Altertums heute in deutscher Sprache nicht mehr gibt.
Anhand von einigen Beispielen der Kontroversen zwischen H. Delbrück und den Werken von Prof. J. Kromayer und dem (zuletzt) Obersten G. Veith ist es hier meine Absicht, dass Forscherpaar Kromayer / Veith entsprechend zu würdigen, für jene hier im Forum, die nur die Sicht Delbrücks aus dessen 1. Band kennen.
Die Werke von Kromayer/Veith sind ja nur als Originale „erhältlich“ und entsprechend des Alters und der Bedeutung sehr (sehr) teuer, wenn denn überhaupt mal eins antiquarisch verkauft wird. Die Bücher gehören nämlich meist sämtlich zum Bestand der Universitätsbibliotheken.
Gewiss hat sich die heutige wissenschaftliche Forschung anderen Fragestellungen zu widmen, wie die wirtschaftliche und soziale Lage bzw. das Umfeld der Söldner damals usw.
Das liegt aber auch daran, dass gerade damals gut 100 Jahren die antiken Schlachten und Feldzüge überwiegend von deutschen Forschern man kann durchaus sagen abschließend in einer Ausführlichkeit behandelt und analysiert worden sind, so das heutige Darstellungen hierüber nie die Qualität und den Umfang erreichen würden.
Insbesondere die taktischen und strategischen Abläufe, sowie das griechische u. römische Heerwesen, sind in einer Ausführlichkeit beschrieben, dass man hierzu heutige Bücher die sich mit dem antiken Kriegswesen befassen (ok, sie sind meistens schön bebildert) vergessen kann (bis auf die Bücher von M. Junkelmann natürlich !).
Es war die Zeit von Hans Delbrück, Johannes Kromayer, Georg Veith, Wilhelm von Rüstow, H. Köchly, Franz Fröhlich, Hans und J.G. Droysen (um die bekanntesten zu nennen).
Vor allem auf dem Gebiet der antiken Kriegsgeschichte leisteten das Forscherpaar Köchly / Rüstow um 1850 die Pionierarbeit (Rüstows Werk „Heerwesen und Kriegführung C. J. Cäsars“ gehört noch heute zu den fundamentalen Werken).
Die Standartwerke zum antiken Kriegswesen haben zweifellos das Forscherpaar Kromayer / Veith herausgebracht, die mit ihren intensiven Quellenstudien, ihrer militärischen Fachkenntnis und besonders der von ihnen durchgeführten Expeditionen zu den Örtlichkeiten z.B. in Griechenland, Italien, Nordafrika, Kleinasien, die sie mit Unterstützung deutscher, österreichischer und ausländischer Behörden und Militärs besucht haben, was damals im Gegensatz zu heute nicht so leicht und einfach durchführbar war.
Exemplarisch sei hier die Widmung im ersten Band der „Schlachtfelder“ genannt, in dem Kromayer dem Generalstabschef der deutschen Armee, Herrn Generalfeldmarschall Graf von Schlieffen für die Freistellung eines Offiziers des Generalstabes dankt, der bei jener ersten durchgeführten Expedition nach Griechenland dabei gewesen ist.
Die vier Bände der „Antiken Schlachtfelder“ enthalten insgesamt fast 40 Karten (Übersichtskarten der Feldzüge und Schlachtpläne, darunter auch Karten die die Sicht anderer Forscher darstellt), unzählige Fotografien des Geländes (oder wie es damals hieß „Lichtdrucke“). Der Schlachtenatlas enthält 120 Karten, darunter auch Schlachtbeschreibungen (auch von solchen, die in den „Antiken Schlachtfeldern“ nicht behandelt wurden).
Ich möchte hier etwas näher auf diese monumentalen Werke eingehen, da wenn man nur Delbrücks Sicht kennt, (in dessen ersten Band der Geschichte der Kriegskunst über die Antike wo er Johannes Kromayer und Georg Veith doch ziemlich, teilweise unter der Gürtellinie und beleidigend attackiert), man ein falsches Bild hat.
Die vier Bände der „Antiken Schlachtfelder“, der (so der Althistoriker Karl Christ) unübertroffene „Schlachtenatlas zur antiken Kriegsgeschichte“, „Heerwesen und Kriegführung der Griechen und Römer“ von beiden herausgegeben, Kromayers Abhandlung „Drei Schlachten aus dem griechisch-römischen Altertum“ und „Die Geschichte der Feldzüge C.J. Caesars“ von Georg Veith seien hier (um nur die wichtigsten zu nennen) genannt.
Alle jene Werke sind zu wissenschaftlichen Standartwerken avanciert und werden eigentlich bis in alle Ewigkeit Gültigkeit haben.
Aufgrund des Umfangs werden diese Bücher wohl nie wieder erscheinen. Alleine die vier Bände der „Antiken Schlachtfelder“ umfassen fast 2.500 Seiten. Der Nachfolgeverlag in dem die „Antiken Schlachtfelder erschienen sind, hat deshalb auch (wohl für lange Zeit) nicht wieder vor die Bände neu aufzulegen.
Bereits der deutsche Althistoriker Prof. Karl Christ bemerkte neben dem o.g. Kommentar in seinem Büchlein aus den 70er Jahren „Von Gibbon zu Rostovtzeff – Leben und Werk führender Althistoriker der Neuzeit“ folgendes zu der Kontroverse (über Hans Delbrück):
„.............stets hatte er mit J. Kromayer, G. Veith, häufig auch mit E. Meyer die Klinge zu kreuzen und mußte dabei manche schwere Hiebe einstecken. Nicht zuletzt gilt das für die von Delbrück analysierten antiken Schlachten.“
„Es ist keine Frage, daß Kromayer in dieser systematisch betriebenen Geländearbeit Delbrück oft überlegen war.“ (so Karl Christ)
Vorab sei noch angemerkt, dass Johannes Kromayer (+1934) und Georg Veith (+1925) sich in ihren Werken nie auf die überhebliche und teils beleidigende Art Delbrücks herab begeben haben und sehr ausführlich und klar auf Delbrücks Sicht eingegangen sind und diese, wenn erforderlich widerlegt haben; deshalb kann ich natürlich in den folgenden Beispielen nur einige Argumente Kromayers und Veiths (aus dem Gedächtnis mit einigen Anmerkungen und Zusammenfassungen von mir, oft aber auch wörtlich) anführen, die voll berechtigt sind und Delbrück m.E. klar widerlegen.
Neben der eigentlichen Darstellung, ist das hin und her der Forscher sehr interessant und amüsant, wenn man die jew. oft polemischen und scharfsinnigen Argumente liest. Dadurch wird der Stoff hübsch aufgelockert. Es sind hier auch einige sehr schöne Konter von Johannes Kromayer und Georg Veith enthalten, die ich Euch nicht vorenthalten wollte (leider musste ich eine Auswahl treffen – aber ich denke es ist dennoch alles schön ausführlich und nachvollziehbar und im Zusammenhang verständlich dargelegt).
Um folgende Schlachten geht es:
Marathon 490 v.Chr. (Athener vs. Perser),
Paraetakene 317 v.Chr. (Diadochen),
Magnesia 192 v.Chr. (Seleukiden vs. Römer),
Pharsalos 48 v.Chr. (Caesar vs. Pompejus),
Chaeronea (Makedonen vs. Athener u. Thebaner)
Sowie auch um Caesars Zahlenangaben im gallischen Krieg
M A R A T H O N 490 v.Chr.
Delbrück nimmt wie allen bekannt sein dürfte, die Stellung der Athener im Vrana-Tal an.
Zu Kromayer / Veith:
Veith hat Recht wenn er sagt, dass die Stellung der Athener in ihrem Anmarschweg (der ja von Süden erfolgte) zu suchen ist.
Hier ist der Agrieliki (Wilder-Ölbaum-Berg) ideal. Sie konnten hier die ganze Ebene bis zum persischen Schiffslager beim großen Sumpf überblicken, hatten ausreichend Wasser und natürlich eine hervorragend geschützte Stellung.
Warum sollten sie sich also in einem Abseits bzw. seitlich gelegenen Tal verkriechen wollen ?
Denn zu so einer ausgefeilten Taktik, den direkten Weg und die direkteste Stellung aufzugeben bzw. außer Acht zu lassen und im Sinne groß angelegter Strategie die Ebene zu umgehen um in einem der seitlich gelegenen Täler Stellung zu beziehen um bei sich bietender Gelegenheit den Gegner in die Flanke zu fallen wie Delbrück meint, dazu war der Athener Landsturm nicht fähig.
Erst einem Berufsheer unter moderner Führung wie spätrepublikanischen römischen Kohorten unter einem Caesar konnte so etwas einfallen, aber das die Athener ein Bauern und Milizheer – eben ein Landsturm die am klarsten Vorteil bietende Stellung, nämlich den Agrieliki aufgrund höherer Strategie aufgeben bzw. nicht im Betracht ziehen sollten und stattdessen eines der seitlichen Täler zu wählen ist undenkbar.
Außerdem konnten die Athener nicht wissen wo genau die Perser standen. Wären sie also nicht direkt von Süden in die Ebene marschiert, sondern wie Delbrück meint, dass sie die Berge umgangen haben um in einem der Täler Stellung zu beziehen, hätten die Perser inzwischen bereits unterwegs durch die Ebene nach Süden sein können auf den Weg nach Athen und schon längst raus sein können.
Allein das „in die Flanke fallen“ der Athener von der Vrana-Stellung aus, wenn die Perser versuchen sollten die Ebene von Marathon nach Süden um nach Athen zu kommen zu verlassen – diese also anzugreifen während sie sich in dem Pfad zwischen Meer bzw. Sumpf und dem Agrieliki in Marschkolonne befanden ist ebenfalls von Kromayer klar widerlegt worden:
Der Pfad zwischen Meer und Agrieliki ist breit genug so das die Perser wenn sie dies wollten nicht dichtgedrängt gewesen wären sondern es hätten genug Männer nebeneinander in Kolonne marschieren können und von „in die Flanke fallen“ kann keine Rede sein, denn die Perser wären vor der Vrana –Stellung der Athener in Schlachtordnung aufmarschiert (entsprechend von den Athener entfernt) und wenn diese nicht angreifen wollten hätten die Perser von hinten ihre Truppen nach dem Pfad abmarschieren lassen können bis die Athener dies gemerkt und reagiert hätten können.
Nach Delbrück sind die Perser die Angreifer gewesen. Nach der Überlieferung (Herodot) die Athener.
Nach mehreren Tagen an dem die Perser laut Delbrück zauderten und nicht angriffen, haben sie sich dann doch zum Angriff auf die Vrana-Stellung entschlossen.
Kromayer ist der Meinung das die Perser unmöglich Tagelang über gezaudert hätten. Sie haben sicherlich den Athenern in der Ebene die Schlacht angeboten. Wie bietet man in der Antike dem Gegner die Schlacht an ? Nun, in dem man in Schlachtordnung in die Nähe der gegnerischen Stellung aufmarschiert. Dies haben die Perser sicherlich während der ersten Tage praktiziert (nach dem Motto an die Athener: „Kommt herunter wenn ihr euch traut); denn die Athener direkt auf dem Agrieliki anzugreifen wollten die Perser wegen des Geländes auch nicht.
Die Perser mussten den Feldzug ja fortsetzen und damit rechnen, dass die Athener je länger gewartet wird, diese irgendwann Verstärkung erhalten.
Aufgrund der angespannten politischen Lage in Athen, wo noch immer Anhänger des ehemaligen Tyrannen Hippias aktiv waren (wie in allen Stadtstaaten in Griechenland gab es immer die unterschiedlichsten Fraktionen deren Wirkung Delbrück unterschätzt) entschlossen sich die Athener unter Federführung des Miltiades der den Polemarchen Kallimachos davon überzeugte wegen der Lage in Athen den Persern, wenn diese wieder ihr Lager verlassen sollten entgegenzutreten und die Schlacht anzunehmen.
Am Hang des Agrieliki (noch in erhöhter Position) gab es genügend Platz die Phalanx aufzustellen, nachdem die Athener vorher weiter oben über den ganzen Berg gezogen gelagert hatten.
Schließlich gingen sie vor als die Perser nah genug waren und legten die letzten hundert Meter im Sturm zurück um die Pfeile zu unterlaufen.
Delbrück hat vollkommen recht das eine Phalanx unmöglich die gesamten 8 Stadien (etwa 1,5 km) im Sturm zurückgelegt haben kann wie es angeblich Herodot ausdrückt. Dies hat Kromayer in „Drei Schlachten aus dem griech.-röm. Altertum“ natürlich auch so gesehen, obwohl er damals bereits Zweifel an der bisherigen Übersetzung des griechischen Wortes bei Herodot hatte.
Im 4. Band der „Antiken Schlachtfelder“ hat er dann auch bewiesen, dass unter diesem Wort kein Sturmlauf, sondern nur eine Art schneller Schritt zu verstehen ist, nachdem das griechische Wort dafür auch bei anderen Autoren damals in anderen Darstellungen auftaucht und dort eindeutig auch so gemeint ist.
Der Platz wo der Soros, also der Grabhügel der Athener in der Ebene liegt passt bei der Agrieliki-Stellung der Athener hervorragend zur Schlachtschilderung Herodots.
Delbrück meint, dass die Athener all ihre Toten dorthin gebracht hätten, dort wo der letzte ihrer Toten lag und dann hier den Hügel anlegten nachdem sie die Perser bis dort verfolgt hatten vom Ausgang der Schlachtaufstellung und dem ersten Zusammentreffen.
Kromayer sagt verständlich und nachvollziehbar, dass es unmöglich scheint die Toten vorher alle dort hingetragen zu haben wo der letzte von ihnen lag. Vielmehr wurde der Hügel logischerweise dort angelegt wo der erste Zusammenprall stattfand und wo natürlich auch die meisten Verluste zu beklagen waren. Auch dies passt klar auf die Agrieliki-Stellung und spricht gegen eines der seitlichen Täler !
Noch etwas entscheidendes zur persischen Reiterei:
Kromayer beweist eindeutig, dass in dieser Zeit die Perser ihre Truppen nicht nach Waffengattungen zur Schlacht aufstellten, sondern nach Völkerschaften. Zu jener Zeit stellten die Perser ihre besten Truppen inkl. der Kavallerie ins Zentrum (wo sich auch der Befehlshaber befand). Auch Xerxes Feldherr Mardonios fiel in Mitten seiner Reiter bei Plataia 479 v.Chr. gegen die Griechen beim Kampf im Zentrum gegen die Spartaner. Kromayer zählt mehrere Schlachten jener Zeit auf wo die Perser das immer so gemacht haben (u.a. auch bei Kunaxa 400 v.Chr.).
Später haben dann die Perser auch die auf die Flügel gerichtete Taktik der Reiterei angewendet (wie z.B. bei Gaugamela gegen Alexander), als sie dies bei den Griechen sahen, aber auch dort standen noch starke Reiterei im Zentrum.
Kromayer hat Recht wenn er im Band IV der „Antiken Schlachtfelder“ sagt, dass er je eingehender er sich mit Herodot und dessen Geschichte der Perserkriege befasst, trotzt aller Anekdoten und Fabeln die er enthält, wir uns ein durchaus verlässliches und brauchbares Bild der Operationen und Kämpfe machen können als bisher geglaubt
Dies sieht man besonders an der Übereinstimmung des Geländes mit dem Bericht ob über Marathon 490 v.Chr. oder später bei Plataia 479 v.Chr usw.
Dies soll keineswegs zu einem postivistischen Glauben an Herodots Überlieferung führen und Kromayer: „.....keine Rettung seiner Person sein und noch viel weniger zu einem blinden Vertrauen auf ihn verleiten, sie sollen aber der abschätzigen Art, mit der die Modernen vielfach seine Angaben ohne zureichende Gründe beiseite gelegt haben, entgegentreten und ihn als eine erst zu nehmende Quelle betrachten lernen.“
Kromayer wörtlich über Marathon (Auszug):
„Es sind zwei Fragen, welche den Gegenstand der Meinungsverschiedenheit bilden. Erstens die rein lokale Frage nach dem Lagerplatz der Athener und zweitens die nach dem Orte des ersten Zusammenstoßes in der Schlacht selber, von dessen Bestimmung zugleich die ganze Auffassung der Schlacht abhängt, ob einer Defensivoffensivschlacht, wie Delbrück meint, oder einer reinen Offensivschlacht von seiten der Athener, wie ich glaube.
Was die Lagerstellung der Athener betrifft, so ist für jemand, der dem Gegner den Vormarsch auf Athen verwehren will, die natürlichste Stellung die am Südausgange der Ebene von Marathon, wo eben der Weg nach Athen hindurchführt.
Läßt sich hier eine gute Defensivstellung finden, so liegt kein Grund vor, sich von dieser Stelle zu entfernen. Eine solche Stellung ist nun aber die von Agrieliki, wie ich in meiner Abhandlung S. 12f. nachgewiesen habe: sie liegt auf der Höhe ziemlich steil ansteigender Hügel, ist also gegen jeden Angriff besonders auch der Reiterei sowohl in der Front als in den Flanken gedeckt, hat gutes Wasser, gibt einen vorzüglichen Überblick über die ganze Ebene, hat eine zur Front senkrecht stehende Rückzugsmöglichkeit über die Hügel. Also was wollte man mehr ?
Welcher Grund konnte für die Athener vorliegen, sich statt dieser Stellung in das seitlich entlegene Vranatal zu verkriechen, wo man die Straße nach Athen nicht direkt beherrschte, keinen Schutz vor der persischen Reiterei in der Front, keinen Überblick über die Ebene, keine Rückzugsmöglichkeit nach verlorener Schlacht, einzig und allein genügendes Wasser hatte ? (s. Unten S. 19). Wer uns eine solche Stellung plausibel machen will, muß auf alle diese Fragen eine glatte Antwort haben. Delbrück hat keine. Er behauptet nur, man könne durch eine Flankenstellung im Vranatal den Marsch auf Athen ebenso wirksam hindern, wie durch eine direkte Stellung.
Selbst wenn das richtig wäre, würde es zugunsten seiner Ansicht nichts beweisen (vgl. die auf S. 8 überzeugenden, auf Autopsie beruhenden Ausführungen von Veith.). Es ist aber nicht einmal richtig.“ usw...
P A R A E T A K E N E 317 v.Chr.
Die Schlacht ist von Diodor überliefert, dessen Schilderung Delbrück kurz für unmöglich erklärt hat.
Auch sonst sind seine Kritiken zu den Diadochenschlachten ziemlich kurz und vernichtend. Man wird jedoch seine Meinung ändern müssen wenn man die eingehenden Untersuchungen z.B. der Schlachten von Paraetakene, Gabiene, Gaza von Johannes Kromayer im 4. Band der „Antiken Schlachtfelder“ liest (Seite 391 bis 446).
Kromayer weist nach, dass die Überlieferung Diodors in Wahrheit auf Hieronymos von Kardia zurückgeht, der in den beiden ersten Schlachten dabei gewesen ist.
Der parallele kurze Nachtmarsch der beiden Heere bei Paraetakene in geringer Entfernung voneinander wird vollkommen klar: Die Heere haben bis zum Einbruch der Dunkelheit gekämpft und sich aufgrund des bisherigen so gut wie unentschiedenen Kampfes (näheres kann ich hier wegen des Umfangs nicht berichten) in kurzer Entfernung voneinander neu formiert und dann jedoch aufgrund der fortgeschrittenen Zeit die Kampfhandlungen abgebrochen.
Beide Heere sind wegen der Stellung ihrer Lager zunächst in die gleiche Richtung abmarschiert.
M A G N E S I A 192 v.Chr.
Hier so Delbrück, haben wir nur einen ganz fantastischen Bericht. Die Syrer haben u.a. Sichelwagen, Kamelreiter, Indische Elefanten, Aufgebote aus 16 verschiedenen Völkern.
Er hält die ganze Schlacht für unglaubwürdig und spricht von Phantasien des Romanschreibers den wir diesen Bericht verdanken usw.
Es kann jedoch keinen Zweifel geben das die Schlacht stattgefunden hat. Ein solches Heer mit Sichelwagen, Elefanten usw. ist, da hat Kromayer völlig Recht, für einen Seleukidenherrscher nichts Ungewöhnliches. Diese Truppen sind, wie wir aus der Geschichte der Diadochen wissen für jene genauso normal, wie bei den Römern die Legionen, den Alen der Bundesgenossen sowie die Auxiliartruppen.
Das die Seleukiden zahlenmäßig ziemlich beträchtlich überlegen waren, geht auch aus den Operationen vor der Schlacht und den Bewegungen der beiden Heere in den Tagen vorher, sowie aus der Schlachttaktik beider Seiten klar hervor.
Die Römer lehnten ihre Schlachtordnung links an den Fluss – der andere Flügel (rechts) ragte ins offene Gelände, dass zunächst noch etwas hügelig war. Dies taten sie natürlich auch in den Tagen vor der Schlacht, als ebenfalls beide Seiten mehrmals dem anderen den Kampf anboten.
Nur die Seleukiden gingen noch nicht darauf ein so Kromayer, da ihr weit ins offenen Gelände ragender linker Flügel (wo größtenteils ihre Reiterei stand) aufgrund des noch etwas hügligen Geländes auf dem gegenüberliegenden rechten Flügel der Römer so nicht zur Entfaltung gekommen wäre. Der Schlachtplan des Seleukidenherrschers ist damit klar ersichtlich: Auch sein anderer Flügel (rechts) lag am Fluss, während dem linken mit der überlegenen Reiterei die Offensive zukam um den rechten der Römer zu überflügeln.
Aus diesem Grunde gingen die Syrer den Römer nicht weiter entgegen um diese noch weiter ins offene Gelände vor zu locken.
Die Römer hielten sich natürlich noch zurück und wollten das Lager schon abbrechen und abziehen, aber dann setzten einige hohe Offiziere durch, die Schlacht doch anzunehmen und das Lager ein bisschen weiter nach vorne zu verlegen.
Dies taten die Römer dann auch. Nun war das Gelände an ihrem rechten Flügel noch weiter offener als vorher aber weiter gingen sie nicht mehr vor.
Antiochos III. der König der Seleukiden war so nun zufrieden und konnte sich bessere Chancen für seinen überschießenden linken Flügel ausrechnen und bot nun ebenfalls die Schlacht wieder an, da er wusste, dass die Römer jetzt nicht noch weiter vorkommen würden und dies schon das äußerste war, was die Römer riskieren wollten und er ihnen zumuten konnte.
Da nun also sein linker Flügel derjenige war dem die Entscheidung zugedacht war, ist klar, dass die Phalanx im Zentrum sich zunächst defensiv verhalten sollte. Die einzelnen Abteilungen der Phalanx waren wesentlich tiefer aufgestellt als sie breit waren (fast als Kolonnen aufgestellt).
Der König soll zwischen die Intervalle der Taxeis der Phalanx je zwei Elefanten und einige Leichte Fußtruppen platziert haben, was Delbrück als taktisch total unmöglich hinstellt (seine Begründung spare ich mir hier und setzte diese hier für die, die ihn gelesen haben als bekannt voraus).
Man muss Bedenken so Kromayer, dass die Phalanx defensiv eingestellt war und das diese auf sich allein gestellt, gegen feindliche Geschosse von vorne (z.B. der römischen Veliten, anderer Leichter Truppen, oder der Pila der Legionäre) natürlich ziemlich anfällig war – deshalb wohl die Beigabe von Elefanten und Leichten.
Defensiv war das also durchaus verständlich und nachvollziehbar, aber auch für die Offensive eine Möglichkeit, da die Elefanten so Kromayer sicherlich eingeübt worden waren mit der Phalanx neben sich Schritt zu halten, denn so eine Anordnung trifft man ja nicht von heute auf morgen.
Sollten die Römer doch die Leichten und Elefanten aus einigen Intervallen heraus treiben so Kromayer, so konnten ja weiter hinten in der Kolonne der Phalanx stehende Phalangiten eben die Intervalle schließen und den dort eingedrungenen Gegner bekämpfen (also in die Lücken hinaustreten).
Gewiss war immer noch die Frage ob diese taktische Maßname des Seleukidenherrschers auch in der Praxis funktionieren würde – aber dies, so Kromayer ist eine andere Frage.
Außerdem vergisst Delbrück so Kromayer, dass die Phalanx schon immer kleine Intervalle (Abstände) zwischen den einzelnen Abteilungen hatte und Delbrück dies ja auch in den Schlachten Philipps II. und seines Sohnes Alexander des Großen selbst schon immer gesagt hat.
Man darf eine Phalanx nicht als EINE einzige Abteilung sehen, die in einer Linie aufmarschiert, sondern es handelt sich um eine Aneinanderreihung einzelner Phalanxhaufen.
Warum der linke Flügel der Syrer nicht den rechten römischen umklammerte und schlug so Delbrück und Kromayers Erklärung hierfür bezeichnet er als „dann wäre die Kriegskunst keine Kunst mehr, sondern ein Spiel“ ist nicht richtig:
Delbrück geht auf Kromayers Begründung gar nicht genau ein, sondern sagt nur kurz, dass Kromayers Erklärung das die Umklammerung des rechten römischen Flügels zwar beabsichtigt war, aber es nicht dazu kam, weil der linke syrische zerrissen wurde eben als das o.g. „dann wäre die Kriegskunst keine Kunst mehr, sondern ein Spiel“.
Wenn man Kromayers Begründung liest sieht die Sache schon anders aus. Erst griffen die syrischen Streitwagen auf dem linken Flügel den römischen rechten an, wurden jedoch von diesen zurückgeworfen. Die Streitwagen brachten auf dem Weg zurück die eigene Reiterei auf dem linken Flügel in Unordnung – auch weil diese gerade erst dabei war sich aufzustellen. Diesen Moment nutzte Eumenes von Pergamon der den rechten römischen Reiterflügel befehligte aus, um die zahlenmäßig überlegene syrische Reiterei dort anzugreifen und konnte sie so in die Flucht schlagen (so meine Kurzzusammenfassung)
Soviel hier zur Schlacht von Magnesia. Ich denke wenn ich hier einmal die Seitenzahlen (von – bis) der Bücher von Delbrück und Kromayer über diese Schlacht hinstelle wird klar wer sich eingehender damit befasst hat. Dies gilt für alle Schlachten in den jeweiligen Werken.
Delbrück Seite 475 – 479 Band I Ausgabe von 2000
Kromayer S. 154 – 219 „Antike Schlachtfelder II“ (Kapitel über Magnesia: 1. Der Feldzug bis zum Übergang der Römer über den Hellespont, 2. Der Feldzug in Asien und die Bestimmung des Schlachtfeldes, 3. Die Schlacht, Anhang II: Übersetzung der Schlachtberichte von Magnesia (Livius und Appian), Beilage II: Heeresstärken (Römer, Antiochos), Die Schlachtberichte und ihre Kritik (hier geht Kromayer auf Delbrück ein (von Seite 213 bis 219).
Diese Kapiteleinteilung Kromayers für die Schlacht von Magnesia gilt eigentlich für alle Bände der Reihe. Sehr schön ist das die antiken Quellen zur jeweiligen Schlacht in deutsch übersetzt mit dabei sind wie hier der Bericht von Livius und der von Appian, wo Kromayer beweist das der Bericht des Livius in Wirklichkeit auf den militärisch kompetentesten Schriftsteller der Antike vor Caesar, nämlich Polybios zurückgeht und Livius diesen für seine Geschichte Roms „ab urbe condita“ übernommen hat.
Bevor wir uns Pharsalos widmen:
Erst zu den Verlustangaben und Heereszahlen Caesars:
Delbrück erkennt eigentlich alle Zahlen Caesars bei den Kämpfen um Dyrrhachium vor der Schlacht von Pharsalos an aber diese bezweifelt er.
Kromayer: Bei Caesar wenn man sich mit ihm genauer beschäftigt sieht man, dass er Angaben zu Verlusten nur dann macht, wenn diese wirklich sehr auffällig und bedeutend waren bzw. zu schweren Kämpfen (man könnte hier etliche Beispiele anfügen die Delbrück auch anerkennt).
Außerdem muss man sich darüber im klaren sein, dass Caesar nicht den Schluss (den Kampf um das Lager der Pompejaner ) abwartete, wohin sich einige der Truppen geflüchtet hatten, sondern er Pompejus gleich mit der Reiterei verfolgte.
Man kann Caesar daher wegen der Verlustzahlen die er angibt keinen Vorwurf machen, geschweige denn ihm absichtliche Fälschung unterstellen, da er diese von Offizieren nachträglich später mitgeteilt bekommen hat. Die Verluste der Pompejaner können also in Wirklichkeit durchaus um einige tausend niedriger gewesen sein und die Caesars etwas höher. Man muss aber auch wissen, dass das Zählen so vieler Toten auch nicht so einfach gewesen ist, also sicherlich nicht gerade jeder feindliche Gefallene exakt gezählt wurde und oft meist nur einfach geschätzt wurde bzw. die Bestattung der Toten und Einäscherung der römischen Bürger die Gefangenen übernehmen mussten.
Das gleiche gilt ja auch wie Georg Veith in seiner „Geschichte der Feldzüge Caesars“ sehr richtig bemerkt für die Zahlenangaben Caesars im gallischen Krieg. Die ungeheuren Zahlen dort sind sicherlich nicht richtig da gibt es keinen Zweifel so Veith. Jedoch erhielt Caesar auch diese Zahlen von Einheimischen oder Kundschaftern auf dem Marsch mitgeteilt und hat sie sicherlich gerne geglaubt – vor allem nachdem man diese in der Schlacht dann schlug.
Auch sind die Zahlen stark noch oben abgerundet.
Die Heere der Gallier (und der Germanen in der Schlacht im Elsaß gegen Ariovist) waren aber dennoch Caesars Truppen zahlenmäßig überlegen oder zumindest gleich stark, da ansonsten Caesars Manöver vor den jeweiligen Kämpfen Wahnsinn gewesen wären, so Veith (er begründet dies in seinem Buch natürlich noch ausführlicher und genauer).
Wir dürfen nicht vergessen, dass es sich bei Galliern und Germanen um Barbarenheere handelte über die keine genauen Zahlen zur Verfügung standen und Caesar später im Bürgerkrieg als er gegen Römer kämpfte wesentlich besseres Zahlenmaterial zur Verfügung hatte als bei den ersteren, wo nun wirklich nur (ungefähre) Schätzungen möglich waren.
Veith hat Recht wenn er sagt, dass Delbrück durch die Verdienste die er sich ohne Zweifel bei der Richtigstellung der Zahlenangaben der Perser bei Herodot erworben hat, dann jedoch später über das Ziel hinausgeschossen ist.
Militärischen Größen wie Caesar oder Polybios kann man nicht mit den gleichen Waffen kommen wie einem Livius oder Plutarch. Caesar und Polybios aber stehen bei Delbrück genauso tief unter seinem Urteil wie ein Livius oder Plutarch.
Klar nutzte Caesar seine Bücher zur politischen Propaganda und zur Erhöhung seiner Person – jedoch wird man in diesen, wie auch bei Polybios keine militärischen Unmöglichkeiten oder Phantasiestücke finden wie bei anderen Autoren.
Kromayer: „Ausgehend von der selbstverständlichen Tatsache, daß die urteilsfähigsten Fachmänner von der Taktik und dem Militärwesen ihrer Zeit weit mehr verstanden haben müssen, als wir im 20. Jahrhundert, die wir keine lebendige Anschauung mehr davon haben können, müssen wir es zu unserer ersten Aufgabe machen, uns mit größter Gewissenhaftigkeit, Bescheidenheit und Entsagung in den Sinn der Schriftsteller zu vertiefen, sie zu verstehen und aus ihnen zu lernen, ehe wir urteilen und verwerfen.“
Ein anderer Historiker (Fuchs „Hannibals Alpenübergang“) genauso richtig: „...nichts kann gefährlicher sein, als ohne strenge Rücksichtnahme auf die Überlieferung den eigenen Witz an die Stelle eines epochalen kriegerischen Geistes zu setzen...“
Dies ist alles nur eine kurze Zusammenfassung meinerseits. Ich habe mich jedoch entschlossen hier den genauen Wortlaut von G. Veith anzuschließen (in Auszügen), nicht nur wegen besserer Lesbarkeit, sondern vor allem, wegen der Argumente und der Darstellung:
Hier noch kurz meine (Ottos) Einführung:
Wir alle die den 1. Band von Delbrücks Werk gelesen haben, sind mit seinem Standpunkt konfrontiert worden, „es ist kein Grund anzunehmen, dass eine römische Kohorte von 600 Mann einen gallischen Heerhaufen von gleicher Stärke bei sonst gleichen Umständen besiegt hätte.“ Und „der römische Legionär als Einzelner ist diesen Kriegern nicht überlegen“.
Als ich zum erstenmal diese These Delbrücks las, kam mir dies damals schon spanisch vor. Zunächst fehlte mir jedoch selbst eine Begründung.
Jetzt, da ich nach Delbrück auch die Werke von Kromayer/Veith, Wilhelm von Rüstow und Franz Fröhlich studieren konnte, wurde meine Skepsis über diese Aussage bestätigt.
ENDE von Ottos Anmerkung
Jetzt aber Veith hierzu klar und einleuchtend:
Aus „Antike Schlachtfelder“ III, 2, Seite 682, 683:
„Bis zur Großmacht hatte sich die römische Republik emporgearbeitet, ohne über ein anderes Heerwesen als über eine von Zivilbeamten geführte Bürgermiliz zu verfügen; vielleicht der beste Beweis für die exceptionelle Qualiät des römischen Soldaten an sich, an der allerdings von sämtlichen Fachleuten aller Zeiten und Länder mit einziger Ausnahme Delbrücks (1) wohl niemand gezweifelt hat.“
Hierzu die Fußnote (1): „
Delbrück seht bekanntlich auf dem Standpunkt, daß nicht nur der römische Soldat als solcher, sondern auch jeder römische Truppenkörper jeder beliebigen Barbarentruppe von gleicher Stärke im allgemeinen inferior, nur im besten Falle, - also ausnahmsweise – gerade noch gleichwertig war, und daher einzig durch numerische Übermacht Erfolge zu erringen vermochte.
Eine Anschauung über die zum berühmtesten Truppenkörper der Weltgeschichte gewordene Legion, die außer einigen bedingungslosen Jüngern ihres Meisters wohl kaum jemand teilen dürfte, am wenigsten ein Militär, der Qualität und Quantität im Kriege zu beurteilen versteht.“
Aus „Geschichte der Feldzüge C. Julius Caesars“ Seite 500-501:
„Es ist ferner eine ganz unhaltbare Ansicht Delbrücks, daß die Römer nur durch ihre Überzahl, respektive die Fähigkeit, mit solcher zu operieren, den Barbaren im Kampfe überlegen gewesen seien. Zu aller Zeit hat bessere Bewaffnung, Ausrüstung und vor allem planmäßige Schulung im Kampfe eine wesentliche Überlegenheit der rohen Kraft gegenüber garantiert, und hierin lag das Wesen der Überlegenheit der Römer über die Barbaren.
Schon der einzelne Legionär war hierdurch dem einzelnen Gallier durchschnittlich gewachsen; und noch bedeutend gesteigert wurde dieses Verhältnis beim Kampfe ganzer Abteilungen, wo außer der persönlichen Überlegenheit der Einzelindividuen noch die eminente disziplinäre Schulung, das gründlich geübte Ineinandergreifen und Zusammenspielen aller dieser Einzelindividuen zur Geltung kam.
Darum wäre es ganz unerklärlich, wenn ein Feldherr von solch initiativem Charakter wie Caesar einem numerisch schwächeren Barbarenheer gegenüber so vorsichtig operiert hätte, wie es z.B. im Helvetierfeldzug der Fall war, oder einen so schweren Stand gehabt hätte wie in der Nervierschlacht, und mit einer gleich starken Armee den Kampf gar nicht oder doch nicht im offenen Felde gewagt hätte wie an der Axona, obwohl, wie Delbrück selbst zugibt, die Manövrierfähigkeit des Gegners eine weit geringere war.“
„Es kann nicht die Aufgabe dieser Zeilen sein, diese Polemik auch nur gegen Delbrück erschöpfend bis ins letzte Detail durchzuführen. Die im obigen angeführten Hauptpunkte mögen genügen, um den Standpunkt zu präzisieren. Als Abschluß genüge folgendes Resumé:
Die Angaben Caesars über die Kriegsstärken im gallischen Kriege sind naturgemäß nur approximativ und wahrscheinlich zum Teil stark nach oben abgerundet, (Fußnote: Aber nicht alle gleich: die Zahlenangaben über den helvetischen Feldzug und den Freiheitskampf des Vercingetorix weichen entschieden, wenn überhaupt, so jedenfalls weit weniger von der Wirklichkeit ab als die der beiden Germanenfeldzüge und des Belgerkrieges) jedoch, was das Verhältnis der Kräfte im großen und allgemeinen betrifft, im wesentlichen zutreffend. Es ergibt sich übrigens aus ihrer Zusammenstellung leicht der Grenzwert an Kraft, mit welchem die „Barbaren“ noch operieren konnten.
Derselbe beläuft sich unter günstigen Verhältnissen auf höchstens 80.000 Mann. Was darüber ist, konnte entweder gar nicht oder nur in sehr schwieriger und beschränkter Weise auf ganz kurze Dauer manövrieren. Mit Überschreitung dieses Grenzwertes überwog der Nachteil der Schwerfälligkeit der Masse den Vorteil der numerischen Überlegenheit.
Caesar hat diese Ziffer in einer einheitlichen Operationsarmee nie überschritten, ja nie erreicht, auch dann nicht, als er als Alleinherrscher über unbegrenzte Mittel verfügte; er kannte und schätzte eben eine andere Überlegenheit als die der toten Masse: die Überlegenheit an Manövrierfähigkeit. Und es ist bezeichnend, daß sein größter Gegner, der „Barbare“ Vercingetorix, diesen Standpunkt geteilt hat (Fußnote: Delbrück findet diesen Standpunkt bei Vercingetorix berechtigt und natürlich. Warum also nicht auch bei Caesar, dem er bei der überlegenen Qualität seiner Truppen doch noch viel näher liegen mußte ?)
Was die von Caesar im Bürgerkrieg gelieferten statistischen Daten betrifft, so müssen wir diesselben, als auf Grund relativ genauer, durch Freund und Feind kontrollierbarer Quellen verfaßt, als präzise und richtig annehmen.
Die beste Kontrolle aller Zahlen aber ergibt, wie bereits mehrfach erwähnt, ihr Zusammenhang mit den militärischen Maßnahmen. Das jedesmalige Klappen des auf eben jene Zahlen aufgebauten Kalküls ist die verläßlichste Probe für die Richtigkeit der ersteren.
Un nun noch eines:
Caesar hat uns außer den Heeresstärken noch eine Menge anderweitiger Zahlen überliefert (Distanzen, Dimensionen von topographischen Objekten und Werken etc.), die zum großen Teil nicht weniger als erstere dazu beitragen, seine Leistungen in ein günstiges Licht zu stellen. Ein großer Teil dieser Angaben konnte, zum Teil erst in sehr später Zeit, in ungeahnt genauer Art kontrolliert werden.Und ausnahmslos ergab diese von Caesar vor fast 2000 Jahren wohl kaum vorausgesehne Kontrolle die überraschend genaue Richtigkeit und Verläßlichkeit seiner Angaben. Können wir, wenn wir unparteiisch und vorurteilslos denken, nicht schon darauf schließen, daß Caesar auch in seinen übrigen Angaben, die ja zum großen Teil noch zu seinen Lebzeiten in weit gründlicherem Maße kontrolliert werden konnten, sich derselben Verläßichkeit und Wahrheitsliebe beflissen hat ?
Es ist das Verhängnis Delbrücks, daß er keinen Unterschied macht zwischen Herodot und Caesar, zwischen dem Kriegsgeschichte schreibenden Laien und dem militärischen Fachmann erster Kategorie, der Selbsterlebtes und Selbstgetanes der Nachwelt überliefert.
Es genügt nicht, auf diesen Unterschied gelegentlich hinzuweisen, man muß ihn auch konsequent berücksichtigen, nicht nur dann, wenn es eben paßt. Daß Herodot Unmögliches berichtet, daß der geschilderte Marsch einens Millionenheeres von Sardes nach Athen ganz ausgeschlossen war, muß gewiß jedem einleuchten, und des ist ein großes Verdienst Delbrücks, als erster darauf hingewiesen zu haben; möglich aber ist die Aufbringung einer von 100.000 Mann oder mehr für einen Nationalkrieg im eigenen Lande auf kurze Zeit und es ist eine die Richtigkeit dieser Zahlen erhärtende Konzession an die von Delbrück immerfort ventilierten Grundsätze, daß solche Riesenarmeen eben nie auf die Dauer sich behaupten konnten, sondern ausnahmslos in kürzester Frist ein viel kläglicheres Fiasko erlebten, als viel kleinere Truppenmassen unter sonst gleichen Verhältnissen.
Delbrück hat mit seinen in dem Werke „Die Perserkriege und die Burgunderkriege“ deduzierten Resultaten einen großen Erfolg errrungen; allein in der Verfolgung seines Sieges hat er sich etwas zu weit fortreißen lassen und sich damit einem unvermeidlichen Echo ausgesetzt. Einem Caesar darf man nicht ungestraft mit denselben Waffen kommen wie einem Herodot oder einem biederen Schweizer Chronisten. Und darum werden die Fachmänner der Nachwelt eben jenen Unterschied, den Delbrück zwischen Herodot und Caesar festzuhalten unterlassen hat, sehr wohl feststellen müssen zwischen Delbrück und Rüstow, und nicht zum Vorteil des ersteren.“
„Wir brauchen daher Caesars Stärkeangaben bezüglich der gallischen Feldzüge nicht wörtlich zu nehmen aber wir müssen das Kräfteverhältnis im allgemeinen als richtig angegeben feststellen, umsomehr als sich Caesars Maßnahmen gegen seine Gegner nur aus diesem erklären lassen und bei Zugrundelegung der Delbrückschen Daten größtenteils unverständlich bleiben.
Anders verhält es sich, wie das folgende zeigen soll, mit den statistischen Angaben Caesars über den Bürgerkrieg, wo er aus naheliegenden Ursachen über die organisatorischen und statistischen Verhältnisse der Gegner selbst weitaus detaillierter unterrichtet war als während der Eroberung Galliens........................“
„.......................Soviel über die wichtigsten Daten aus dem gallischen Kriege. Es soll damit eben durchaus nicht gesagt sein, daß Caesars Angaben über die Stärke der gallischen Heere durchwegs ganz genau sind; genau wird er sie selbst nicht gewußt haben und die von Landesbewohnern stammenden Nachrichten, auf die er er zum großen Teil angewiesen war, geben die feindlichen Streitkräfte bekanntlich nur zu oft wesentlich übertrieben an.
Was ich aber aus dem Vorangeführten deduzieren will, ist, daß Caesar gegen den Vorwurf in Schutz genommen werden muß, er hätte das Verhältnis der beiderseitigen Kräfte wissentlich gerade verkehrt angegeben, d.h. während er selbst immer in der Überlegenheit war, hätte er fälschlich jedesmal seine Gegner als überlegen hingestellt“.
Fortsetzung wegen Zeichenüberschreitung siehe nächsten Beitrag.........
Sicherlich ging es den meisten während des Lesens so wie mir bereits vor Jahren, dass man aufgrund der Analysen der wichtigsten Schlachten die die Entwicklung der Kriegskunst beeinflussten und veränderten, der Darstellung der Taktiken und Strategien nicht zuletzt wegen Delbrücks mitreißenden Schreibstils begeistert und beeindruckt ist, vor allem, weil es solche umfangreichen Darstellungen gerade zu den Schlachten des Altertums heute in deutscher Sprache nicht mehr gibt.
Anhand von einigen Beispielen der Kontroversen zwischen H. Delbrück und den Werken von Prof. J. Kromayer und dem (zuletzt) Obersten G. Veith ist es hier meine Absicht, dass Forscherpaar Kromayer / Veith entsprechend zu würdigen, für jene hier im Forum, die nur die Sicht Delbrücks aus dessen 1. Band kennen.
Die Werke von Kromayer/Veith sind ja nur als Originale „erhältlich“ und entsprechend des Alters und der Bedeutung sehr (sehr) teuer, wenn denn überhaupt mal eins antiquarisch verkauft wird. Die Bücher gehören nämlich meist sämtlich zum Bestand der Universitätsbibliotheken.
Gewiss hat sich die heutige wissenschaftliche Forschung anderen Fragestellungen zu widmen, wie die wirtschaftliche und soziale Lage bzw. das Umfeld der Söldner damals usw.
Das liegt aber auch daran, dass gerade damals gut 100 Jahren die antiken Schlachten und Feldzüge überwiegend von deutschen Forschern man kann durchaus sagen abschließend in einer Ausführlichkeit behandelt und analysiert worden sind, so das heutige Darstellungen hierüber nie die Qualität und den Umfang erreichen würden.
Insbesondere die taktischen und strategischen Abläufe, sowie das griechische u. römische Heerwesen, sind in einer Ausführlichkeit beschrieben, dass man hierzu heutige Bücher die sich mit dem antiken Kriegswesen befassen (ok, sie sind meistens schön bebildert) vergessen kann (bis auf die Bücher von M. Junkelmann natürlich !).
Es war die Zeit von Hans Delbrück, Johannes Kromayer, Georg Veith, Wilhelm von Rüstow, H. Köchly, Franz Fröhlich, Hans und J.G. Droysen (um die bekanntesten zu nennen).
Vor allem auf dem Gebiet der antiken Kriegsgeschichte leisteten das Forscherpaar Köchly / Rüstow um 1850 die Pionierarbeit (Rüstows Werk „Heerwesen und Kriegführung C. J. Cäsars“ gehört noch heute zu den fundamentalen Werken).
Die Standartwerke zum antiken Kriegswesen haben zweifellos das Forscherpaar Kromayer / Veith herausgebracht, die mit ihren intensiven Quellenstudien, ihrer militärischen Fachkenntnis und besonders der von ihnen durchgeführten Expeditionen zu den Örtlichkeiten z.B. in Griechenland, Italien, Nordafrika, Kleinasien, die sie mit Unterstützung deutscher, österreichischer und ausländischer Behörden und Militärs besucht haben, was damals im Gegensatz zu heute nicht so leicht und einfach durchführbar war.
Exemplarisch sei hier die Widmung im ersten Band der „Schlachtfelder“ genannt, in dem Kromayer dem Generalstabschef der deutschen Armee, Herrn Generalfeldmarschall Graf von Schlieffen für die Freistellung eines Offiziers des Generalstabes dankt, der bei jener ersten durchgeführten Expedition nach Griechenland dabei gewesen ist.
Die vier Bände der „Antiken Schlachtfelder“ enthalten insgesamt fast 40 Karten (Übersichtskarten der Feldzüge und Schlachtpläne, darunter auch Karten die die Sicht anderer Forscher darstellt), unzählige Fotografien des Geländes (oder wie es damals hieß „Lichtdrucke“). Der Schlachtenatlas enthält 120 Karten, darunter auch Schlachtbeschreibungen (auch von solchen, die in den „Antiken Schlachtfeldern“ nicht behandelt wurden).
Ich möchte hier etwas näher auf diese monumentalen Werke eingehen, da wenn man nur Delbrücks Sicht kennt, (in dessen ersten Band der Geschichte der Kriegskunst über die Antike wo er Johannes Kromayer und Georg Veith doch ziemlich, teilweise unter der Gürtellinie und beleidigend attackiert), man ein falsches Bild hat.
Die vier Bände der „Antiken Schlachtfelder“, der (so der Althistoriker Karl Christ) unübertroffene „Schlachtenatlas zur antiken Kriegsgeschichte“, „Heerwesen und Kriegführung der Griechen und Römer“ von beiden herausgegeben, Kromayers Abhandlung „Drei Schlachten aus dem griechisch-römischen Altertum“ und „Die Geschichte der Feldzüge C.J. Caesars“ von Georg Veith seien hier (um nur die wichtigsten zu nennen) genannt.
Alle jene Werke sind zu wissenschaftlichen Standartwerken avanciert und werden eigentlich bis in alle Ewigkeit Gültigkeit haben.
Aufgrund des Umfangs werden diese Bücher wohl nie wieder erscheinen. Alleine die vier Bände der „Antiken Schlachtfelder“ umfassen fast 2.500 Seiten. Der Nachfolgeverlag in dem die „Antiken Schlachtfelder erschienen sind, hat deshalb auch (wohl für lange Zeit) nicht wieder vor die Bände neu aufzulegen.
Bereits der deutsche Althistoriker Prof. Karl Christ bemerkte neben dem o.g. Kommentar in seinem Büchlein aus den 70er Jahren „Von Gibbon zu Rostovtzeff – Leben und Werk führender Althistoriker der Neuzeit“ folgendes zu der Kontroverse (über Hans Delbrück):
„.............stets hatte er mit J. Kromayer, G. Veith, häufig auch mit E. Meyer die Klinge zu kreuzen und mußte dabei manche schwere Hiebe einstecken. Nicht zuletzt gilt das für die von Delbrück analysierten antiken Schlachten.“
„Es ist keine Frage, daß Kromayer in dieser systematisch betriebenen Geländearbeit Delbrück oft überlegen war.“ (so Karl Christ)
Vorab sei noch angemerkt, dass Johannes Kromayer (+1934) und Georg Veith (+1925) sich in ihren Werken nie auf die überhebliche und teils beleidigende Art Delbrücks herab begeben haben und sehr ausführlich und klar auf Delbrücks Sicht eingegangen sind und diese, wenn erforderlich widerlegt haben; deshalb kann ich natürlich in den folgenden Beispielen nur einige Argumente Kromayers und Veiths (aus dem Gedächtnis mit einigen Anmerkungen und Zusammenfassungen von mir, oft aber auch wörtlich) anführen, die voll berechtigt sind und Delbrück m.E. klar widerlegen.
Neben der eigentlichen Darstellung, ist das hin und her der Forscher sehr interessant und amüsant, wenn man die jew. oft polemischen und scharfsinnigen Argumente liest. Dadurch wird der Stoff hübsch aufgelockert. Es sind hier auch einige sehr schöne Konter von Johannes Kromayer und Georg Veith enthalten, die ich Euch nicht vorenthalten wollte (leider musste ich eine Auswahl treffen – aber ich denke es ist dennoch alles schön ausführlich und nachvollziehbar und im Zusammenhang verständlich dargelegt).
Um folgende Schlachten geht es:
Marathon 490 v.Chr. (Athener vs. Perser),
Paraetakene 317 v.Chr. (Diadochen),
Magnesia 192 v.Chr. (Seleukiden vs. Römer),
Pharsalos 48 v.Chr. (Caesar vs. Pompejus),
Chaeronea (Makedonen vs. Athener u. Thebaner)
Sowie auch um Caesars Zahlenangaben im gallischen Krieg
M A R A T H O N 490 v.Chr.
Delbrück nimmt wie allen bekannt sein dürfte, die Stellung der Athener im Vrana-Tal an.
Zu Kromayer / Veith:
Veith hat Recht wenn er sagt, dass die Stellung der Athener in ihrem Anmarschweg (der ja von Süden erfolgte) zu suchen ist.
Hier ist der Agrieliki (Wilder-Ölbaum-Berg) ideal. Sie konnten hier die ganze Ebene bis zum persischen Schiffslager beim großen Sumpf überblicken, hatten ausreichend Wasser und natürlich eine hervorragend geschützte Stellung.
Warum sollten sie sich also in einem Abseits bzw. seitlich gelegenen Tal verkriechen wollen ?
Denn zu so einer ausgefeilten Taktik, den direkten Weg und die direkteste Stellung aufzugeben bzw. außer Acht zu lassen und im Sinne groß angelegter Strategie die Ebene zu umgehen um in einem der seitlich gelegenen Täler Stellung zu beziehen um bei sich bietender Gelegenheit den Gegner in die Flanke zu fallen wie Delbrück meint, dazu war der Athener Landsturm nicht fähig.
Erst einem Berufsheer unter moderner Führung wie spätrepublikanischen römischen Kohorten unter einem Caesar konnte so etwas einfallen, aber das die Athener ein Bauern und Milizheer – eben ein Landsturm die am klarsten Vorteil bietende Stellung, nämlich den Agrieliki aufgrund höherer Strategie aufgeben bzw. nicht im Betracht ziehen sollten und stattdessen eines der seitlichen Täler zu wählen ist undenkbar.
Außerdem konnten die Athener nicht wissen wo genau die Perser standen. Wären sie also nicht direkt von Süden in die Ebene marschiert, sondern wie Delbrück meint, dass sie die Berge umgangen haben um in einem der Täler Stellung zu beziehen, hätten die Perser inzwischen bereits unterwegs durch die Ebene nach Süden sein können auf den Weg nach Athen und schon längst raus sein können.
Allein das „in die Flanke fallen“ der Athener von der Vrana-Stellung aus, wenn die Perser versuchen sollten die Ebene von Marathon nach Süden um nach Athen zu kommen zu verlassen – diese also anzugreifen während sie sich in dem Pfad zwischen Meer bzw. Sumpf und dem Agrieliki in Marschkolonne befanden ist ebenfalls von Kromayer klar widerlegt worden:
Der Pfad zwischen Meer und Agrieliki ist breit genug so das die Perser wenn sie dies wollten nicht dichtgedrängt gewesen wären sondern es hätten genug Männer nebeneinander in Kolonne marschieren können und von „in die Flanke fallen“ kann keine Rede sein, denn die Perser wären vor der Vrana –Stellung der Athener in Schlachtordnung aufmarschiert (entsprechend von den Athener entfernt) und wenn diese nicht angreifen wollten hätten die Perser von hinten ihre Truppen nach dem Pfad abmarschieren lassen können bis die Athener dies gemerkt und reagiert hätten können.
Nach Delbrück sind die Perser die Angreifer gewesen. Nach der Überlieferung (Herodot) die Athener.
Nach mehreren Tagen an dem die Perser laut Delbrück zauderten und nicht angriffen, haben sie sich dann doch zum Angriff auf die Vrana-Stellung entschlossen.
Kromayer ist der Meinung das die Perser unmöglich Tagelang über gezaudert hätten. Sie haben sicherlich den Athenern in der Ebene die Schlacht angeboten. Wie bietet man in der Antike dem Gegner die Schlacht an ? Nun, in dem man in Schlachtordnung in die Nähe der gegnerischen Stellung aufmarschiert. Dies haben die Perser sicherlich während der ersten Tage praktiziert (nach dem Motto an die Athener: „Kommt herunter wenn ihr euch traut); denn die Athener direkt auf dem Agrieliki anzugreifen wollten die Perser wegen des Geländes auch nicht.
Die Perser mussten den Feldzug ja fortsetzen und damit rechnen, dass die Athener je länger gewartet wird, diese irgendwann Verstärkung erhalten.
Aufgrund der angespannten politischen Lage in Athen, wo noch immer Anhänger des ehemaligen Tyrannen Hippias aktiv waren (wie in allen Stadtstaaten in Griechenland gab es immer die unterschiedlichsten Fraktionen deren Wirkung Delbrück unterschätzt) entschlossen sich die Athener unter Federführung des Miltiades der den Polemarchen Kallimachos davon überzeugte wegen der Lage in Athen den Persern, wenn diese wieder ihr Lager verlassen sollten entgegenzutreten und die Schlacht anzunehmen.
Am Hang des Agrieliki (noch in erhöhter Position) gab es genügend Platz die Phalanx aufzustellen, nachdem die Athener vorher weiter oben über den ganzen Berg gezogen gelagert hatten.
Schließlich gingen sie vor als die Perser nah genug waren und legten die letzten hundert Meter im Sturm zurück um die Pfeile zu unterlaufen.
Delbrück hat vollkommen recht das eine Phalanx unmöglich die gesamten 8 Stadien (etwa 1,5 km) im Sturm zurückgelegt haben kann wie es angeblich Herodot ausdrückt. Dies hat Kromayer in „Drei Schlachten aus dem griech.-röm. Altertum“ natürlich auch so gesehen, obwohl er damals bereits Zweifel an der bisherigen Übersetzung des griechischen Wortes bei Herodot hatte.
Im 4. Band der „Antiken Schlachtfelder“ hat er dann auch bewiesen, dass unter diesem Wort kein Sturmlauf, sondern nur eine Art schneller Schritt zu verstehen ist, nachdem das griechische Wort dafür auch bei anderen Autoren damals in anderen Darstellungen auftaucht und dort eindeutig auch so gemeint ist.
Der Platz wo der Soros, also der Grabhügel der Athener in der Ebene liegt passt bei der Agrieliki-Stellung der Athener hervorragend zur Schlachtschilderung Herodots.
Delbrück meint, dass die Athener all ihre Toten dorthin gebracht hätten, dort wo der letzte ihrer Toten lag und dann hier den Hügel anlegten nachdem sie die Perser bis dort verfolgt hatten vom Ausgang der Schlachtaufstellung und dem ersten Zusammentreffen.
Kromayer sagt verständlich und nachvollziehbar, dass es unmöglich scheint die Toten vorher alle dort hingetragen zu haben wo der letzte von ihnen lag. Vielmehr wurde der Hügel logischerweise dort angelegt wo der erste Zusammenprall stattfand und wo natürlich auch die meisten Verluste zu beklagen waren. Auch dies passt klar auf die Agrieliki-Stellung und spricht gegen eines der seitlichen Täler !
Noch etwas entscheidendes zur persischen Reiterei:
Kromayer beweist eindeutig, dass in dieser Zeit die Perser ihre Truppen nicht nach Waffengattungen zur Schlacht aufstellten, sondern nach Völkerschaften. Zu jener Zeit stellten die Perser ihre besten Truppen inkl. der Kavallerie ins Zentrum (wo sich auch der Befehlshaber befand). Auch Xerxes Feldherr Mardonios fiel in Mitten seiner Reiter bei Plataia 479 v.Chr. gegen die Griechen beim Kampf im Zentrum gegen die Spartaner. Kromayer zählt mehrere Schlachten jener Zeit auf wo die Perser das immer so gemacht haben (u.a. auch bei Kunaxa 400 v.Chr.).
Später haben dann die Perser auch die auf die Flügel gerichtete Taktik der Reiterei angewendet (wie z.B. bei Gaugamela gegen Alexander), als sie dies bei den Griechen sahen, aber auch dort standen noch starke Reiterei im Zentrum.
Kromayer hat Recht wenn er im Band IV der „Antiken Schlachtfelder“ sagt, dass er je eingehender er sich mit Herodot und dessen Geschichte der Perserkriege befasst, trotzt aller Anekdoten und Fabeln die er enthält, wir uns ein durchaus verlässliches und brauchbares Bild der Operationen und Kämpfe machen können als bisher geglaubt
Dies sieht man besonders an der Übereinstimmung des Geländes mit dem Bericht ob über Marathon 490 v.Chr. oder später bei Plataia 479 v.Chr usw.
Dies soll keineswegs zu einem postivistischen Glauben an Herodots Überlieferung führen und Kromayer: „.....keine Rettung seiner Person sein und noch viel weniger zu einem blinden Vertrauen auf ihn verleiten, sie sollen aber der abschätzigen Art, mit der die Modernen vielfach seine Angaben ohne zureichende Gründe beiseite gelegt haben, entgegentreten und ihn als eine erst zu nehmende Quelle betrachten lernen.“
Kromayer wörtlich über Marathon (Auszug):
„Es sind zwei Fragen, welche den Gegenstand der Meinungsverschiedenheit bilden. Erstens die rein lokale Frage nach dem Lagerplatz der Athener und zweitens die nach dem Orte des ersten Zusammenstoßes in der Schlacht selber, von dessen Bestimmung zugleich die ganze Auffassung der Schlacht abhängt, ob einer Defensivoffensivschlacht, wie Delbrück meint, oder einer reinen Offensivschlacht von seiten der Athener, wie ich glaube.
Was die Lagerstellung der Athener betrifft, so ist für jemand, der dem Gegner den Vormarsch auf Athen verwehren will, die natürlichste Stellung die am Südausgange der Ebene von Marathon, wo eben der Weg nach Athen hindurchführt.
Läßt sich hier eine gute Defensivstellung finden, so liegt kein Grund vor, sich von dieser Stelle zu entfernen. Eine solche Stellung ist nun aber die von Agrieliki, wie ich in meiner Abhandlung S. 12f. nachgewiesen habe: sie liegt auf der Höhe ziemlich steil ansteigender Hügel, ist also gegen jeden Angriff besonders auch der Reiterei sowohl in der Front als in den Flanken gedeckt, hat gutes Wasser, gibt einen vorzüglichen Überblick über die ganze Ebene, hat eine zur Front senkrecht stehende Rückzugsmöglichkeit über die Hügel. Also was wollte man mehr ?
Welcher Grund konnte für die Athener vorliegen, sich statt dieser Stellung in das seitlich entlegene Vranatal zu verkriechen, wo man die Straße nach Athen nicht direkt beherrschte, keinen Schutz vor der persischen Reiterei in der Front, keinen Überblick über die Ebene, keine Rückzugsmöglichkeit nach verlorener Schlacht, einzig und allein genügendes Wasser hatte ? (s. Unten S. 19). Wer uns eine solche Stellung plausibel machen will, muß auf alle diese Fragen eine glatte Antwort haben. Delbrück hat keine. Er behauptet nur, man könne durch eine Flankenstellung im Vranatal den Marsch auf Athen ebenso wirksam hindern, wie durch eine direkte Stellung.
Selbst wenn das richtig wäre, würde es zugunsten seiner Ansicht nichts beweisen (vgl. die auf S. 8 überzeugenden, auf Autopsie beruhenden Ausführungen von Veith.). Es ist aber nicht einmal richtig.“ usw...
P A R A E T A K E N E 317 v.Chr.
Die Schlacht ist von Diodor überliefert, dessen Schilderung Delbrück kurz für unmöglich erklärt hat.
Auch sonst sind seine Kritiken zu den Diadochenschlachten ziemlich kurz und vernichtend. Man wird jedoch seine Meinung ändern müssen wenn man die eingehenden Untersuchungen z.B. der Schlachten von Paraetakene, Gabiene, Gaza von Johannes Kromayer im 4. Band der „Antiken Schlachtfelder“ liest (Seite 391 bis 446).
Kromayer weist nach, dass die Überlieferung Diodors in Wahrheit auf Hieronymos von Kardia zurückgeht, der in den beiden ersten Schlachten dabei gewesen ist.
Der parallele kurze Nachtmarsch der beiden Heere bei Paraetakene in geringer Entfernung voneinander wird vollkommen klar: Die Heere haben bis zum Einbruch der Dunkelheit gekämpft und sich aufgrund des bisherigen so gut wie unentschiedenen Kampfes (näheres kann ich hier wegen des Umfangs nicht berichten) in kurzer Entfernung voneinander neu formiert und dann jedoch aufgrund der fortgeschrittenen Zeit die Kampfhandlungen abgebrochen.
Beide Heere sind wegen der Stellung ihrer Lager zunächst in die gleiche Richtung abmarschiert.
M A G N E S I A 192 v.Chr.
Hier so Delbrück, haben wir nur einen ganz fantastischen Bericht. Die Syrer haben u.a. Sichelwagen, Kamelreiter, Indische Elefanten, Aufgebote aus 16 verschiedenen Völkern.
Er hält die ganze Schlacht für unglaubwürdig und spricht von Phantasien des Romanschreibers den wir diesen Bericht verdanken usw.
Es kann jedoch keinen Zweifel geben das die Schlacht stattgefunden hat. Ein solches Heer mit Sichelwagen, Elefanten usw. ist, da hat Kromayer völlig Recht, für einen Seleukidenherrscher nichts Ungewöhnliches. Diese Truppen sind, wie wir aus der Geschichte der Diadochen wissen für jene genauso normal, wie bei den Römern die Legionen, den Alen der Bundesgenossen sowie die Auxiliartruppen.
Das die Seleukiden zahlenmäßig ziemlich beträchtlich überlegen waren, geht auch aus den Operationen vor der Schlacht und den Bewegungen der beiden Heere in den Tagen vorher, sowie aus der Schlachttaktik beider Seiten klar hervor.
Die Römer lehnten ihre Schlachtordnung links an den Fluss – der andere Flügel (rechts) ragte ins offene Gelände, dass zunächst noch etwas hügelig war. Dies taten sie natürlich auch in den Tagen vor der Schlacht, als ebenfalls beide Seiten mehrmals dem anderen den Kampf anboten.
Nur die Seleukiden gingen noch nicht darauf ein so Kromayer, da ihr weit ins offenen Gelände ragender linker Flügel (wo größtenteils ihre Reiterei stand) aufgrund des noch etwas hügligen Geländes auf dem gegenüberliegenden rechten Flügel der Römer so nicht zur Entfaltung gekommen wäre. Der Schlachtplan des Seleukidenherrschers ist damit klar ersichtlich: Auch sein anderer Flügel (rechts) lag am Fluss, während dem linken mit der überlegenen Reiterei die Offensive zukam um den rechten der Römer zu überflügeln.
Aus diesem Grunde gingen die Syrer den Römer nicht weiter entgegen um diese noch weiter ins offene Gelände vor zu locken.
Die Römer hielten sich natürlich noch zurück und wollten das Lager schon abbrechen und abziehen, aber dann setzten einige hohe Offiziere durch, die Schlacht doch anzunehmen und das Lager ein bisschen weiter nach vorne zu verlegen.
Dies taten die Römer dann auch. Nun war das Gelände an ihrem rechten Flügel noch weiter offener als vorher aber weiter gingen sie nicht mehr vor.
Antiochos III. der König der Seleukiden war so nun zufrieden und konnte sich bessere Chancen für seinen überschießenden linken Flügel ausrechnen und bot nun ebenfalls die Schlacht wieder an, da er wusste, dass die Römer jetzt nicht noch weiter vorkommen würden und dies schon das äußerste war, was die Römer riskieren wollten und er ihnen zumuten konnte.
Da nun also sein linker Flügel derjenige war dem die Entscheidung zugedacht war, ist klar, dass die Phalanx im Zentrum sich zunächst defensiv verhalten sollte. Die einzelnen Abteilungen der Phalanx waren wesentlich tiefer aufgestellt als sie breit waren (fast als Kolonnen aufgestellt).
Der König soll zwischen die Intervalle der Taxeis der Phalanx je zwei Elefanten und einige Leichte Fußtruppen platziert haben, was Delbrück als taktisch total unmöglich hinstellt (seine Begründung spare ich mir hier und setzte diese hier für die, die ihn gelesen haben als bekannt voraus).
Man muss Bedenken so Kromayer, dass die Phalanx defensiv eingestellt war und das diese auf sich allein gestellt, gegen feindliche Geschosse von vorne (z.B. der römischen Veliten, anderer Leichter Truppen, oder der Pila der Legionäre) natürlich ziemlich anfällig war – deshalb wohl die Beigabe von Elefanten und Leichten.
Defensiv war das also durchaus verständlich und nachvollziehbar, aber auch für die Offensive eine Möglichkeit, da die Elefanten so Kromayer sicherlich eingeübt worden waren mit der Phalanx neben sich Schritt zu halten, denn so eine Anordnung trifft man ja nicht von heute auf morgen.
Sollten die Römer doch die Leichten und Elefanten aus einigen Intervallen heraus treiben so Kromayer, so konnten ja weiter hinten in der Kolonne der Phalanx stehende Phalangiten eben die Intervalle schließen und den dort eingedrungenen Gegner bekämpfen (also in die Lücken hinaustreten).
Gewiss war immer noch die Frage ob diese taktische Maßname des Seleukidenherrschers auch in der Praxis funktionieren würde – aber dies, so Kromayer ist eine andere Frage.
Außerdem vergisst Delbrück so Kromayer, dass die Phalanx schon immer kleine Intervalle (Abstände) zwischen den einzelnen Abteilungen hatte und Delbrück dies ja auch in den Schlachten Philipps II. und seines Sohnes Alexander des Großen selbst schon immer gesagt hat.
Man darf eine Phalanx nicht als EINE einzige Abteilung sehen, die in einer Linie aufmarschiert, sondern es handelt sich um eine Aneinanderreihung einzelner Phalanxhaufen.
Warum der linke Flügel der Syrer nicht den rechten römischen umklammerte und schlug so Delbrück und Kromayers Erklärung hierfür bezeichnet er als „dann wäre die Kriegskunst keine Kunst mehr, sondern ein Spiel“ ist nicht richtig:
Delbrück geht auf Kromayers Begründung gar nicht genau ein, sondern sagt nur kurz, dass Kromayers Erklärung das die Umklammerung des rechten römischen Flügels zwar beabsichtigt war, aber es nicht dazu kam, weil der linke syrische zerrissen wurde eben als das o.g. „dann wäre die Kriegskunst keine Kunst mehr, sondern ein Spiel“.
Wenn man Kromayers Begründung liest sieht die Sache schon anders aus. Erst griffen die syrischen Streitwagen auf dem linken Flügel den römischen rechten an, wurden jedoch von diesen zurückgeworfen. Die Streitwagen brachten auf dem Weg zurück die eigene Reiterei auf dem linken Flügel in Unordnung – auch weil diese gerade erst dabei war sich aufzustellen. Diesen Moment nutzte Eumenes von Pergamon der den rechten römischen Reiterflügel befehligte aus, um die zahlenmäßig überlegene syrische Reiterei dort anzugreifen und konnte sie so in die Flucht schlagen (so meine Kurzzusammenfassung)
Soviel hier zur Schlacht von Magnesia. Ich denke wenn ich hier einmal die Seitenzahlen (von – bis) der Bücher von Delbrück und Kromayer über diese Schlacht hinstelle wird klar wer sich eingehender damit befasst hat. Dies gilt für alle Schlachten in den jeweiligen Werken.
Delbrück Seite 475 – 479 Band I Ausgabe von 2000
Kromayer S. 154 – 219 „Antike Schlachtfelder II“ (Kapitel über Magnesia: 1. Der Feldzug bis zum Übergang der Römer über den Hellespont, 2. Der Feldzug in Asien und die Bestimmung des Schlachtfeldes, 3. Die Schlacht, Anhang II: Übersetzung der Schlachtberichte von Magnesia (Livius und Appian), Beilage II: Heeresstärken (Römer, Antiochos), Die Schlachtberichte und ihre Kritik (hier geht Kromayer auf Delbrück ein (von Seite 213 bis 219).
Diese Kapiteleinteilung Kromayers für die Schlacht von Magnesia gilt eigentlich für alle Bände der Reihe. Sehr schön ist das die antiken Quellen zur jeweiligen Schlacht in deutsch übersetzt mit dabei sind wie hier der Bericht von Livius und der von Appian, wo Kromayer beweist das der Bericht des Livius in Wirklichkeit auf den militärisch kompetentesten Schriftsteller der Antike vor Caesar, nämlich Polybios zurückgeht und Livius diesen für seine Geschichte Roms „ab urbe condita“ übernommen hat.
Bevor wir uns Pharsalos widmen:
Erst zu den Verlustangaben und Heereszahlen Caesars:
Delbrück erkennt eigentlich alle Zahlen Caesars bei den Kämpfen um Dyrrhachium vor der Schlacht von Pharsalos an aber diese bezweifelt er.
Kromayer: Bei Caesar wenn man sich mit ihm genauer beschäftigt sieht man, dass er Angaben zu Verlusten nur dann macht, wenn diese wirklich sehr auffällig und bedeutend waren bzw. zu schweren Kämpfen (man könnte hier etliche Beispiele anfügen die Delbrück auch anerkennt).
Außerdem muss man sich darüber im klaren sein, dass Caesar nicht den Schluss (den Kampf um das Lager der Pompejaner ) abwartete, wohin sich einige der Truppen geflüchtet hatten, sondern er Pompejus gleich mit der Reiterei verfolgte.
Man kann Caesar daher wegen der Verlustzahlen die er angibt keinen Vorwurf machen, geschweige denn ihm absichtliche Fälschung unterstellen, da er diese von Offizieren nachträglich später mitgeteilt bekommen hat. Die Verluste der Pompejaner können also in Wirklichkeit durchaus um einige tausend niedriger gewesen sein und die Caesars etwas höher. Man muss aber auch wissen, dass das Zählen so vieler Toten auch nicht so einfach gewesen ist, also sicherlich nicht gerade jeder feindliche Gefallene exakt gezählt wurde und oft meist nur einfach geschätzt wurde bzw. die Bestattung der Toten und Einäscherung der römischen Bürger die Gefangenen übernehmen mussten.
Das gleiche gilt ja auch wie Georg Veith in seiner „Geschichte der Feldzüge Caesars“ sehr richtig bemerkt für die Zahlenangaben Caesars im gallischen Krieg. Die ungeheuren Zahlen dort sind sicherlich nicht richtig da gibt es keinen Zweifel so Veith. Jedoch erhielt Caesar auch diese Zahlen von Einheimischen oder Kundschaftern auf dem Marsch mitgeteilt und hat sie sicherlich gerne geglaubt – vor allem nachdem man diese in der Schlacht dann schlug.
Auch sind die Zahlen stark noch oben abgerundet.
Die Heere der Gallier (und der Germanen in der Schlacht im Elsaß gegen Ariovist) waren aber dennoch Caesars Truppen zahlenmäßig überlegen oder zumindest gleich stark, da ansonsten Caesars Manöver vor den jeweiligen Kämpfen Wahnsinn gewesen wären, so Veith (er begründet dies in seinem Buch natürlich noch ausführlicher und genauer).
Wir dürfen nicht vergessen, dass es sich bei Galliern und Germanen um Barbarenheere handelte über die keine genauen Zahlen zur Verfügung standen und Caesar später im Bürgerkrieg als er gegen Römer kämpfte wesentlich besseres Zahlenmaterial zur Verfügung hatte als bei den ersteren, wo nun wirklich nur (ungefähre) Schätzungen möglich waren.
Veith hat Recht wenn er sagt, dass Delbrück durch die Verdienste die er sich ohne Zweifel bei der Richtigstellung der Zahlenangaben der Perser bei Herodot erworben hat, dann jedoch später über das Ziel hinausgeschossen ist.
Militärischen Größen wie Caesar oder Polybios kann man nicht mit den gleichen Waffen kommen wie einem Livius oder Plutarch. Caesar und Polybios aber stehen bei Delbrück genauso tief unter seinem Urteil wie ein Livius oder Plutarch.
Klar nutzte Caesar seine Bücher zur politischen Propaganda und zur Erhöhung seiner Person – jedoch wird man in diesen, wie auch bei Polybios keine militärischen Unmöglichkeiten oder Phantasiestücke finden wie bei anderen Autoren.
Kromayer: „Ausgehend von der selbstverständlichen Tatsache, daß die urteilsfähigsten Fachmänner von der Taktik und dem Militärwesen ihrer Zeit weit mehr verstanden haben müssen, als wir im 20. Jahrhundert, die wir keine lebendige Anschauung mehr davon haben können, müssen wir es zu unserer ersten Aufgabe machen, uns mit größter Gewissenhaftigkeit, Bescheidenheit und Entsagung in den Sinn der Schriftsteller zu vertiefen, sie zu verstehen und aus ihnen zu lernen, ehe wir urteilen und verwerfen.“
Ein anderer Historiker (Fuchs „Hannibals Alpenübergang“) genauso richtig: „...nichts kann gefährlicher sein, als ohne strenge Rücksichtnahme auf die Überlieferung den eigenen Witz an die Stelle eines epochalen kriegerischen Geistes zu setzen...“
Dies ist alles nur eine kurze Zusammenfassung meinerseits. Ich habe mich jedoch entschlossen hier den genauen Wortlaut von G. Veith anzuschließen (in Auszügen), nicht nur wegen besserer Lesbarkeit, sondern vor allem, wegen der Argumente und der Darstellung:
Hier noch kurz meine (Ottos) Einführung:
Wir alle die den 1. Band von Delbrücks Werk gelesen haben, sind mit seinem Standpunkt konfrontiert worden, „es ist kein Grund anzunehmen, dass eine römische Kohorte von 600 Mann einen gallischen Heerhaufen von gleicher Stärke bei sonst gleichen Umständen besiegt hätte.“ Und „der römische Legionär als Einzelner ist diesen Kriegern nicht überlegen“.
Als ich zum erstenmal diese These Delbrücks las, kam mir dies damals schon spanisch vor. Zunächst fehlte mir jedoch selbst eine Begründung.
Jetzt, da ich nach Delbrück auch die Werke von Kromayer/Veith, Wilhelm von Rüstow und Franz Fröhlich studieren konnte, wurde meine Skepsis über diese Aussage bestätigt.
ENDE von Ottos Anmerkung
Jetzt aber Veith hierzu klar und einleuchtend:
Aus „Antike Schlachtfelder“ III, 2, Seite 682, 683:
„Bis zur Großmacht hatte sich die römische Republik emporgearbeitet, ohne über ein anderes Heerwesen als über eine von Zivilbeamten geführte Bürgermiliz zu verfügen; vielleicht der beste Beweis für die exceptionelle Qualiät des römischen Soldaten an sich, an der allerdings von sämtlichen Fachleuten aller Zeiten und Länder mit einziger Ausnahme Delbrücks (1) wohl niemand gezweifelt hat.“
Hierzu die Fußnote (1): „
Delbrück seht bekanntlich auf dem Standpunkt, daß nicht nur der römische Soldat als solcher, sondern auch jeder römische Truppenkörper jeder beliebigen Barbarentruppe von gleicher Stärke im allgemeinen inferior, nur im besten Falle, - also ausnahmsweise – gerade noch gleichwertig war, und daher einzig durch numerische Übermacht Erfolge zu erringen vermochte.
Eine Anschauung über die zum berühmtesten Truppenkörper der Weltgeschichte gewordene Legion, die außer einigen bedingungslosen Jüngern ihres Meisters wohl kaum jemand teilen dürfte, am wenigsten ein Militär, der Qualität und Quantität im Kriege zu beurteilen versteht.“
Aus „Geschichte der Feldzüge C. Julius Caesars“ Seite 500-501:
„Es ist ferner eine ganz unhaltbare Ansicht Delbrücks, daß die Römer nur durch ihre Überzahl, respektive die Fähigkeit, mit solcher zu operieren, den Barbaren im Kampfe überlegen gewesen seien. Zu aller Zeit hat bessere Bewaffnung, Ausrüstung und vor allem planmäßige Schulung im Kampfe eine wesentliche Überlegenheit der rohen Kraft gegenüber garantiert, und hierin lag das Wesen der Überlegenheit der Römer über die Barbaren.
Schon der einzelne Legionär war hierdurch dem einzelnen Gallier durchschnittlich gewachsen; und noch bedeutend gesteigert wurde dieses Verhältnis beim Kampfe ganzer Abteilungen, wo außer der persönlichen Überlegenheit der Einzelindividuen noch die eminente disziplinäre Schulung, das gründlich geübte Ineinandergreifen und Zusammenspielen aller dieser Einzelindividuen zur Geltung kam.
Darum wäre es ganz unerklärlich, wenn ein Feldherr von solch initiativem Charakter wie Caesar einem numerisch schwächeren Barbarenheer gegenüber so vorsichtig operiert hätte, wie es z.B. im Helvetierfeldzug der Fall war, oder einen so schweren Stand gehabt hätte wie in der Nervierschlacht, und mit einer gleich starken Armee den Kampf gar nicht oder doch nicht im offenen Felde gewagt hätte wie an der Axona, obwohl, wie Delbrück selbst zugibt, die Manövrierfähigkeit des Gegners eine weit geringere war.“
„Es kann nicht die Aufgabe dieser Zeilen sein, diese Polemik auch nur gegen Delbrück erschöpfend bis ins letzte Detail durchzuführen. Die im obigen angeführten Hauptpunkte mögen genügen, um den Standpunkt zu präzisieren. Als Abschluß genüge folgendes Resumé:
Die Angaben Caesars über die Kriegsstärken im gallischen Kriege sind naturgemäß nur approximativ und wahrscheinlich zum Teil stark nach oben abgerundet, (Fußnote: Aber nicht alle gleich: die Zahlenangaben über den helvetischen Feldzug und den Freiheitskampf des Vercingetorix weichen entschieden, wenn überhaupt, so jedenfalls weit weniger von der Wirklichkeit ab als die der beiden Germanenfeldzüge und des Belgerkrieges) jedoch, was das Verhältnis der Kräfte im großen und allgemeinen betrifft, im wesentlichen zutreffend. Es ergibt sich übrigens aus ihrer Zusammenstellung leicht der Grenzwert an Kraft, mit welchem die „Barbaren“ noch operieren konnten.
Derselbe beläuft sich unter günstigen Verhältnissen auf höchstens 80.000 Mann. Was darüber ist, konnte entweder gar nicht oder nur in sehr schwieriger und beschränkter Weise auf ganz kurze Dauer manövrieren. Mit Überschreitung dieses Grenzwertes überwog der Nachteil der Schwerfälligkeit der Masse den Vorteil der numerischen Überlegenheit.
Caesar hat diese Ziffer in einer einheitlichen Operationsarmee nie überschritten, ja nie erreicht, auch dann nicht, als er als Alleinherrscher über unbegrenzte Mittel verfügte; er kannte und schätzte eben eine andere Überlegenheit als die der toten Masse: die Überlegenheit an Manövrierfähigkeit. Und es ist bezeichnend, daß sein größter Gegner, der „Barbare“ Vercingetorix, diesen Standpunkt geteilt hat (Fußnote: Delbrück findet diesen Standpunkt bei Vercingetorix berechtigt und natürlich. Warum also nicht auch bei Caesar, dem er bei der überlegenen Qualität seiner Truppen doch noch viel näher liegen mußte ?)
Was die von Caesar im Bürgerkrieg gelieferten statistischen Daten betrifft, so müssen wir diesselben, als auf Grund relativ genauer, durch Freund und Feind kontrollierbarer Quellen verfaßt, als präzise und richtig annehmen.
Die beste Kontrolle aller Zahlen aber ergibt, wie bereits mehrfach erwähnt, ihr Zusammenhang mit den militärischen Maßnahmen. Das jedesmalige Klappen des auf eben jene Zahlen aufgebauten Kalküls ist die verläßlichste Probe für die Richtigkeit der ersteren.
Un nun noch eines:
Caesar hat uns außer den Heeresstärken noch eine Menge anderweitiger Zahlen überliefert (Distanzen, Dimensionen von topographischen Objekten und Werken etc.), die zum großen Teil nicht weniger als erstere dazu beitragen, seine Leistungen in ein günstiges Licht zu stellen. Ein großer Teil dieser Angaben konnte, zum Teil erst in sehr später Zeit, in ungeahnt genauer Art kontrolliert werden.Und ausnahmslos ergab diese von Caesar vor fast 2000 Jahren wohl kaum vorausgesehne Kontrolle die überraschend genaue Richtigkeit und Verläßlichkeit seiner Angaben. Können wir, wenn wir unparteiisch und vorurteilslos denken, nicht schon darauf schließen, daß Caesar auch in seinen übrigen Angaben, die ja zum großen Teil noch zu seinen Lebzeiten in weit gründlicherem Maße kontrolliert werden konnten, sich derselben Verläßichkeit und Wahrheitsliebe beflissen hat ?
Es ist das Verhängnis Delbrücks, daß er keinen Unterschied macht zwischen Herodot und Caesar, zwischen dem Kriegsgeschichte schreibenden Laien und dem militärischen Fachmann erster Kategorie, der Selbsterlebtes und Selbstgetanes der Nachwelt überliefert.
Es genügt nicht, auf diesen Unterschied gelegentlich hinzuweisen, man muß ihn auch konsequent berücksichtigen, nicht nur dann, wenn es eben paßt. Daß Herodot Unmögliches berichtet, daß der geschilderte Marsch einens Millionenheeres von Sardes nach Athen ganz ausgeschlossen war, muß gewiß jedem einleuchten, und des ist ein großes Verdienst Delbrücks, als erster darauf hingewiesen zu haben; möglich aber ist die Aufbringung einer von 100.000 Mann oder mehr für einen Nationalkrieg im eigenen Lande auf kurze Zeit und es ist eine die Richtigkeit dieser Zahlen erhärtende Konzession an die von Delbrück immerfort ventilierten Grundsätze, daß solche Riesenarmeen eben nie auf die Dauer sich behaupten konnten, sondern ausnahmslos in kürzester Frist ein viel kläglicheres Fiasko erlebten, als viel kleinere Truppenmassen unter sonst gleichen Verhältnissen.
Delbrück hat mit seinen in dem Werke „Die Perserkriege und die Burgunderkriege“ deduzierten Resultaten einen großen Erfolg errrungen; allein in der Verfolgung seines Sieges hat er sich etwas zu weit fortreißen lassen und sich damit einem unvermeidlichen Echo ausgesetzt. Einem Caesar darf man nicht ungestraft mit denselben Waffen kommen wie einem Herodot oder einem biederen Schweizer Chronisten. Und darum werden die Fachmänner der Nachwelt eben jenen Unterschied, den Delbrück zwischen Herodot und Caesar festzuhalten unterlassen hat, sehr wohl feststellen müssen zwischen Delbrück und Rüstow, und nicht zum Vorteil des ersteren.“
„Wir brauchen daher Caesars Stärkeangaben bezüglich der gallischen Feldzüge nicht wörtlich zu nehmen aber wir müssen das Kräfteverhältnis im allgemeinen als richtig angegeben feststellen, umsomehr als sich Caesars Maßnahmen gegen seine Gegner nur aus diesem erklären lassen und bei Zugrundelegung der Delbrückschen Daten größtenteils unverständlich bleiben.
Anders verhält es sich, wie das folgende zeigen soll, mit den statistischen Angaben Caesars über den Bürgerkrieg, wo er aus naheliegenden Ursachen über die organisatorischen und statistischen Verhältnisse der Gegner selbst weitaus detaillierter unterrichtet war als während der Eroberung Galliens........................“
„.......................Soviel über die wichtigsten Daten aus dem gallischen Kriege. Es soll damit eben durchaus nicht gesagt sein, daß Caesars Angaben über die Stärke der gallischen Heere durchwegs ganz genau sind; genau wird er sie selbst nicht gewußt haben und die von Landesbewohnern stammenden Nachrichten, auf die er er zum großen Teil angewiesen war, geben die feindlichen Streitkräfte bekanntlich nur zu oft wesentlich übertrieben an.
Was ich aber aus dem Vorangeführten deduzieren will, ist, daß Caesar gegen den Vorwurf in Schutz genommen werden muß, er hätte das Verhältnis der beiderseitigen Kräfte wissentlich gerade verkehrt angegeben, d.h. während er selbst immer in der Überlegenheit war, hätte er fälschlich jedesmal seine Gegner als überlegen hingestellt“.
Fortsetzung wegen Zeichenüberschreitung siehe nächsten Beitrag.........