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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Delbrück vs. Kromayer/Veith



Otto der Grosse
22.09.05, 16:13
Wie aufgrund von einigen Beiträgen hier in den Foren hervorgeht, haben einige das Werk „Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte“ von Hans Delbrück erworben und gelesen, zumal die vier Bände inzwischen auch sehr preiswert erhältlich sind.

Sicherlich ging es den meisten während des Lesens so wie mir bereits vor Jahren, dass man aufgrund der Analysen der wichtigsten Schlachten die die Entwicklung der Kriegskunst beeinflussten und veränderten, der Darstellung der Taktiken und Strategien nicht zuletzt wegen Delbrücks mitreißenden Schreibstils begeistert und beeindruckt ist, vor allem, weil es solche umfangreichen Darstellungen gerade zu den Schlachten des Altertums heute in deutscher Sprache nicht mehr gibt.

Anhand von einigen Beispielen der Kontroversen zwischen H. Delbrück und den Werken von Prof. J. Kromayer und dem (zuletzt) Obersten G. Veith ist es hier meine Absicht, dass Forscherpaar Kromayer / Veith entsprechend zu würdigen, für jene hier im Forum, die nur die Sicht Delbrücks aus dessen 1. Band kennen.

Die Werke von Kromayer/Veith sind ja nur als Originale „erhältlich“ und entsprechend des Alters und der Bedeutung sehr (sehr) teuer, wenn denn überhaupt mal eins antiquarisch verkauft wird. Die Bücher gehören nämlich meist sämtlich zum Bestand der Universitätsbibliotheken.

Gewiss hat sich die heutige wissenschaftliche Forschung anderen Fragestellungen zu widmen, wie die wirtschaftliche und soziale Lage bzw. das Umfeld der Söldner damals usw.

Das liegt aber auch daran, dass gerade damals gut 100 Jahren die antiken Schlachten und Feldzüge überwiegend von deutschen Forschern man kann durchaus sagen abschließend in einer Ausführlichkeit behandelt und analysiert worden sind, so das heutige Darstellungen hierüber nie die Qualität und den Umfang erreichen würden.

Insbesondere die taktischen und strategischen Abläufe, sowie das griechische u. römische Heerwesen, sind in einer Ausführlichkeit beschrieben, dass man hierzu heutige Bücher die sich mit dem antiken Kriegswesen befassen (ok, sie sind meistens schön bebildert) vergessen kann (bis auf die Bücher von M. Junkelmann natürlich !).

Es war die Zeit von Hans Delbrück, Johannes Kromayer, Georg Veith, Wilhelm von Rüstow, H. Köchly, Franz Fröhlich, Hans und J.G. Droysen (um die bekanntesten zu nennen).

Vor allem auf dem Gebiet der antiken Kriegsgeschichte leisteten das Forscherpaar Köchly / Rüstow um 1850 die Pionierarbeit (Rüstows Werk „Heerwesen und Kriegführung C. J. Cäsars“ gehört noch heute zu den fundamentalen Werken).

Die Standartwerke zum antiken Kriegswesen haben zweifellos das Forscherpaar Kromayer / Veith herausgebracht, die mit ihren intensiven Quellenstudien, ihrer militärischen Fachkenntnis und besonders der von ihnen durchgeführten Expeditionen zu den Örtlichkeiten z.B. in Griechenland, Italien, Nordafrika, Kleinasien, die sie mit Unterstützung deutscher, österreichischer und ausländischer Behörden und Militärs besucht haben, was damals im Gegensatz zu heute nicht so leicht und einfach durchführbar war.

Exemplarisch sei hier die Widmung im ersten Band der „Schlachtfelder“ genannt, in dem Kromayer dem Generalstabschef der deutschen Armee, Herrn Generalfeldmarschall Graf von Schlieffen für die Freistellung eines Offiziers des Generalstabes dankt, der bei jener ersten durchgeführten Expedition nach Griechenland dabei gewesen ist.

Die vier Bände der „Antiken Schlachtfelder“ enthalten insgesamt fast 40 Karten (Übersichtskarten der Feldzüge und Schlachtpläne, darunter auch Karten die die Sicht anderer Forscher darstellt), unzählige Fotografien des Geländes (oder wie es damals hieß „Lichtdrucke“). Der Schlachtenatlas enthält 120 Karten, darunter auch Schlachtbeschreibungen (auch von solchen, die in den „Antiken Schlachtfeldern“ nicht behandelt wurden).

Ich möchte hier etwas näher auf diese monumentalen Werke eingehen, da wenn man nur Delbrücks Sicht kennt, (in dessen ersten Band der Geschichte der Kriegskunst über die Antike wo er Johannes Kromayer und Georg Veith doch ziemlich, teilweise unter der Gürtellinie und beleidigend attackiert), man ein falsches Bild hat.

Die vier Bände der „Antiken Schlachtfelder“, der (so der Althistoriker Karl Christ) unübertroffene „Schlachtenatlas zur antiken Kriegsgeschichte“, „Heerwesen und Kriegführung der Griechen und Römer“ von beiden herausgegeben, Kromayers Abhandlung „Drei Schlachten aus dem griechisch-römischen Altertum“ und „Die Geschichte der Feldzüge C.J. Caesars“ von Georg Veith seien hier (um nur die wichtigsten zu nennen) genannt.

Alle jene Werke sind zu wissenschaftlichen Standartwerken avanciert und werden eigentlich bis in alle Ewigkeit Gültigkeit haben.
Aufgrund des Umfangs werden diese Bücher wohl nie wieder erscheinen. Alleine die vier Bände der „Antiken Schlachtfelder“ umfassen fast 2.500 Seiten. Der Nachfolgeverlag in dem die „Antiken Schlachtfelder erschienen sind, hat deshalb auch (wohl für lange Zeit) nicht wieder vor die Bände neu aufzulegen.

Bereits der deutsche Althistoriker Prof. Karl Christ bemerkte neben dem o.g. Kommentar in seinem Büchlein aus den 70er Jahren „Von Gibbon zu Rostovtzeff – Leben und Werk führender Althistoriker der Neuzeit“ folgendes zu der Kontroverse (über Hans Delbrück):

„.............stets hatte er mit J. Kromayer, G. Veith, häufig auch mit E. Meyer die Klinge zu kreuzen und mußte dabei manche schwere Hiebe einstecken. Nicht zuletzt gilt das für die von Delbrück analysierten antiken Schlachten.“

„Es ist keine Frage, daß Kromayer in dieser systematisch betriebenen Geländearbeit Delbrück oft überlegen war.“ (so Karl Christ)

Vorab sei noch angemerkt, dass Johannes Kromayer (+1934) und Georg Veith (+1925) sich in ihren Werken nie auf die überhebliche und teils beleidigende Art Delbrücks herab begeben haben und sehr ausführlich und klar auf Delbrücks Sicht eingegangen sind und diese, wenn erforderlich widerlegt haben; deshalb kann ich natürlich in den folgenden Beispielen nur einige Argumente Kromayers und Veiths (aus dem Gedächtnis mit einigen Anmerkungen und Zusammenfassungen von mir, oft aber auch wörtlich) anführen, die voll berechtigt sind und Delbrück m.E. klar widerlegen.

Neben der eigentlichen Darstellung, ist das hin und her der Forscher sehr interessant und amüsant, wenn man die jew. oft polemischen und scharfsinnigen Argumente liest. Dadurch wird der Stoff hübsch aufgelockert. Es sind hier auch einige sehr schöne Konter von Johannes Kromayer und Georg Veith enthalten, die ich Euch nicht vorenthalten wollte (leider musste ich eine Auswahl treffen – aber ich denke es ist dennoch alles schön ausführlich und nachvollziehbar und im Zusammenhang verständlich dargelegt).


Um folgende Schlachten geht es:

Marathon 490 v.Chr. (Athener vs. Perser),
Paraetakene 317 v.Chr. (Diadochen),
Magnesia 192 v.Chr. (Seleukiden vs. Römer),
Pharsalos 48 v.Chr. (Caesar vs. Pompejus),
Chaeronea (Makedonen vs. Athener u. Thebaner)
Sowie auch um Caesars Zahlenangaben im gallischen Krieg


M A R A T H O N 490 v.Chr.
Delbrück nimmt wie allen bekannt sein dürfte, die Stellung der Athener im Vrana-Tal an.

Zu Kromayer / Veith:
Veith hat Recht wenn er sagt, dass die Stellung der Athener in ihrem Anmarschweg (der ja von Süden erfolgte) zu suchen ist.
Hier ist der Agrieliki (Wilder-Ölbaum-Berg) ideal. Sie konnten hier die ganze Ebene bis zum persischen Schiffslager beim großen Sumpf überblicken, hatten ausreichend Wasser und natürlich eine hervorragend geschützte Stellung.

Warum sollten sie sich also in einem Abseits bzw. seitlich gelegenen Tal verkriechen wollen ?

Denn zu so einer ausgefeilten Taktik, den direkten Weg und die direkteste Stellung aufzugeben bzw. außer Acht zu lassen und im Sinne groß angelegter Strategie die Ebene zu umgehen um in einem der seitlich gelegenen Täler Stellung zu beziehen um bei sich bietender Gelegenheit den Gegner in die Flanke zu fallen wie Delbrück meint, dazu war der Athener Landsturm nicht fähig.

Erst einem Berufsheer unter moderner Führung wie spätrepublikanischen römischen Kohorten unter einem Caesar konnte so etwas einfallen, aber das die Athener ein Bauern und Milizheer – eben ein Landsturm die am klarsten Vorteil bietende Stellung, nämlich den Agrieliki aufgrund höherer Strategie aufgeben bzw. nicht im Betracht ziehen sollten und stattdessen eines der seitlichen Täler zu wählen ist undenkbar.

Außerdem konnten die Athener nicht wissen wo genau die Perser standen. Wären sie also nicht direkt von Süden in die Ebene marschiert, sondern wie Delbrück meint, dass sie die Berge umgangen haben um in einem der Täler Stellung zu beziehen, hätten die Perser inzwischen bereits unterwegs durch die Ebene nach Süden sein können auf den Weg nach Athen und schon längst raus sein können.

Allein das „in die Flanke fallen“ der Athener von der Vrana-Stellung aus, wenn die Perser versuchen sollten die Ebene von Marathon nach Süden um nach Athen zu kommen zu verlassen – diese also anzugreifen während sie sich in dem Pfad zwischen Meer bzw. Sumpf und dem Agrieliki in Marschkolonne befanden ist ebenfalls von Kromayer klar widerlegt worden:

Der Pfad zwischen Meer und Agrieliki ist breit genug so das die Perser wenn sie dies wollten nicht dichtgedrängt gewesen wären sondern es hätten genug Männer nebeneinander in Kolonne marschieren können und von „in die Flanke fallen“ kann keine Rede sein, denn die Perser wären vor der Vrana –Stellung der Athener in Schlachtordnung aufmarschiert (entsprechend von den Athener entfernt) und wenn diese nicht angreifen wollten hätten die Perser von hinten ihre Truppen nach dem Pfad abmarschieren lassen können bis die Athener dies gemerkt und reagiert hätten können.

Nach Delbrück sind die Perser die Angreifer gewesen. Nach der Überlieferung (Herodot) die Athener.

Nach mehreren Tagen an dem die Perser laut Delbrück zauderten und nicht angriffen, haben sie sich dann doch zum Angriff auf die Vrana-Stellung entschlossen.

Kromayer ist der Meinung das die Perser unmöglich Tagelang über gezaudert hätten. Sie haben sicherlich den Athenern in der Ebene die Schlacht angeboten. Wie bietet man in der Antike dem Gegner die Schlacht an ? Nun, in dem man in Schlachtordnung in die Nähe der gegnerischen Stellung aufmarschiert. Dies haben die Perser sicherlich während der ersten Tage praktiziert (nach dem Motto an die Athener: „Kommt herunter wenn ihr euch traut); denn die Athener direkt auf dem Agrieliki anzugreifen wollten die Perser wegen des Geländes auch nicht.

Die Perser mussten den Feldzug ja fortsetzen und damit rechnen, dass die Athener je länger gewartet wird, diese irgendwann Verstärkung erhalten.

Aufgrund der angespannten politischen Lage in Athen, wo noch immer Anhänger des ehemaligen Tyrannen Hippias aktiv waren (wie in allen Stadtstaaten in Griechenland gab es immer die unterschiedlichsten Fraktionen deren Wirkung Delbrück unterschätzt) entschlossen sich die Athener unter Federführung des Miltiades der den Polemarchen Kallimachos davon überzeugte wegen der Lage in Athen den Persern, wenn diese wieder ihr Lager verlassen sollten entgegenzutreten und die Schlacht anzunehmen.

Am Hang des Agrieliki (noch in erhöhter Position) gab es genügend Platz die Phalanx aufzustellen, nachdem die Athener vorher weiter oben über den ganzen Berg gezogen gelagert hatten.

Schließlich gingen sie vor als die Perser nah genug waren und legten die letzten hundert Meter im Sturm zurück um die Pfeile zu unterlaufen.

Delbrück hat vollkommen recht das eine Phalanx unmöglich die gesamten 8 Stadien (etwa 1,5 km) im Sturm zurückgelegt haben kann wie es angeblich Herodot ausdrückt. Dies hat Kromayer in „Drei Schlachten aus dem griech.-röm. Altertum“ natürlich auch so gesehen, obwohl er damals bereits Zweifel an der bisherigen Übersetzung des griechischen Wortes bei Herodot hatte.

Im 4. Band der „Antiken Schlachtfelder“ hat er dann auch bewiesen, dass unter diesem Wort kein Sturmlauf, sondern nur eine Art schneller Schritt zu verstehen ist, nachdem das griechische Wort dafür auch bei anderen Autoren damals in anderen Darstellungen auftaucht und dort eindeutig auch so gemeint ist.

Der Platz wo der Soros, also der Grabhügel der Athener in der Ebene liegt passt bei der Agrieliki-Stellung der Athener hervorragend zur Schlachtschilderung Herodots.

Delbrück meint, dass die Athener all ihre Toten dorthin gebracht hätten, dort wo der letzte ihrer Toten lag und dann hier den Hügel anlegten nachdem sie die Perser bis dort verfolgt hatten vom Ausgang der Schlachtaufstellung und dem ersten Zusammentreffen.

Kromayer sagt verständlich und nachvollziehbar, dass es unmöglich scheint die Toten vorher alle dort hingetragen zu haben wo der letzte von ihnen lag. Vielmehr wurde der Hügel logischerweise dort angelegt wo der erste Zusammenprall stattfand und wo natürlich auch die meisten Verluste zu beklagen waren. Auch dies passt klar auf die Agrieliki-Stellung und spricht gegen eines der seitlichen Täler !

Noch etwas entscheidendes zur persischen Reiterei:

Kromayer beweist eindeutig, dass in dieser Zeit die Perser ihre Truppen nicht nach Waffengattungen zur Schlacht aufstellten, sondern nach Völkerschaften. Zu jener Zeit stellten die Perser ihre besten Truppen inkl. der Kavallerie ins Zentrum (wo sich auch der Befehlshaber befand). Auch Xerxes Feldherr Mardonios fiel in Mitten seiner Reiter bei Plataia 479 v.Chr. gegen die Griechen beim Kampf im Zentrum gegen die Spartaner. Kromayer zählt mehrere Schlachten jener Zeit auf wo die Perser das immer so gemacht haben (u.a. auch bei Kunaxa 400 v.Chr.).

Später haben dann die Perser auch die auf die Flügel gerichtete Taktik der Reiterei angewendet (wie z.B. bei Gaugamela gegen Alexander), als sie dies bei den Griechen sahen, aber auch dort standen noch starke Reiterei im Zentrum.

Kromayer hat Recht wenn er im Band IV der „Antiken Schlachtfelder“ sagt, dass er je eingehender er sich mit Herodot und dessen Geschichte der Perserkriege befasst, trotzt aller Anekdoten und Fabeln die er enthält, wir uns ein durchaus verlässliches und brauchbares Bild der Operationen und Kämpfe machen können als bisher geglaubt
Dies sieht man besonders an der Übereinstimmung des Geländes mit dem Bericht ob über Marathon 490 v.Chr. oder später bei Plataia 479 v.Chr usw.

Dies soll keineswegs zu einem postivistischen Glauben an Herodots Überlieferung führen und Kromayer: „.....keine Rettung seiner Person sein und noch viel weniger zu einem blinden Vertrauen auf ihn verleiten, sie sollen aber der abschätzigen Art, mit der die Modernen vielfach seine Angaben ohne zureichende Gründe beiseite gelegt haben, entgegentreten und ihn als eine erst zu nehmende Quelle betrachten lernen.“

Kromayer wörtlich über Marathon (Auszug):

„Es sind zwei Fragen, welche den Gegenstand der Meinungsverschiedenheit bilden. Erstens die rein lokale Frage nach dem Lagerplatz der Athener und zweitens die nach dem Orte des ersten Zusammenstoßes in der Schlacht selber, von dessen Bestimmung zugleich die ganze Auffassung der Schlacht abhängt, ob einer Defensivoffensivschlacht, wie Delbrück meint, oder einer reinen Offensivschlacht von seiten der Athener, wie ich glaube.

Was die Lagerstellung der Athener betrifft, so ist für jemand, der dem Gegner den Vormarsch auf Athen verwehren will, die natürlichste Stellung die am Südausgange der Ebene von Marathon, wo eben der Weg nach Athen hindurchführt.

Läßt sich hier eine gute Defensivstellung finden, so liegt kein Grund vor, sich von dieser Stelle zu entfernen. Eine solche Stellung ist nun aber die von Agrieliki, wie ich in meiner Abhandlung S. 12f. nachgewiesen habe: sie liegt auf der Höhe ziemlich steil ansteigender Hügel, ist also gegen jeden Angriff besonders auch der Reiterei sowohl in der Front als in den Flanken gedeckt, hat gutes Wasser, gibt einen vorzüglichen Überblick über die ganze Ebene, hat eine zur Front senkrecht stehende Rückzugsmöglichkeit über die Hügel. Also was wollte man mehr ?

Welcher Grund konnte für die Athener vorliegen, sich statt dieser Stellung in das seitlich entlegene Vranatal zu verkriechen, wo man die Straße nach Athen nicht direkt beherrschte, keinen Schutz vor der persischen Reiterei in der Front, keinen Überblick über die Ebene, keine Rückzugsmöglichkeit nach verlorener Schlacht, einzig und allein genügendes Wasser hatte ? (s. Unten S. 19). Wer uns eine solche Stellung plausibel machen will, muß auf alle diese Fragen eine glatte Antwort haben. Delbrück hat keine. Er behauptet nur, man könne durch eine Flankenstellung im Vranatal den Marsch auf Athen ebenso wirksam hindern, wie durch eine direkte Stellung.
Selbst wenn das richtig wäre, würde es zugunsten seiner Ansicht nichts beweisen (vgl. die auf S. 8 überzeugenden, auf Autopsie beruhenden Ausführungen von Veith.). Es ist aber nicht einmal richtig.“ usw...



P A R A E T A K E N E 317 v.Chr.
Die Schlacht ist von Diodor überliefert, dessen Schilderung Delbrück kurz für unmöglich erklärt hat.

Auch sonst sind seine Kritiken zu den Diadochenschlachten ziemlich kurz und vernichtend. Man wird jedoch seine Meinung ändern müssen wenn man die eingehenden Untersuchungen z.B. der Schlachten von Paraetakene, Gabiene, Gaza von Johannes Kromayer im 4. Band der „Antiken Schlachtfelder“ liest (Seite 391 bis 446).

Kromayer weist nach, dass die Überlieferung Diodors in Wahrheit auf Hieronymos von Kardia zurückgeht, der in den beiden ersten Schlachten dabei gewesen ist.

Der parallele kurze Nachtmarsch der beiden Heere bei Paraetakene in geringer Entfernung voneinander wird vollkommen klar: Die Heere haben bis zum Einbruch der Dunkelheit gekämpft und sich aufgrund des bisherigen so gut wie unentschiedenen Kampfes (näheres kann ich hier wegen des Umfangs nicht berichten) in kurzer Entfernung voneinander neu formiert und dann jedoch aufgrund der fortgeschrittenen Zeit die Kampfhandlungen abgebrochen.

Beide Heere sind wegen der Stellung ihrer Lager zunächst in die gleiche Richtung abmarschiert.



M A G N E S I A 192 v.Chr.
Hier so Delbrück, haben wir nur einen ganz fantastischen Bericht. Die Syrer haben u.a. Sichelwagen, Kamelreiter, Indische Elefanten, Aufgebote aus 16 verschiedenen Völkern.

Er hält die ganze Schlacht für unglaubwürdig und spricht von Phantasien des Romanschreibers den wir diesen Bericht verdanken usw.

Es kann jedoch keinen Zweifel geben das die Schlacht stattgefunden hat. Ein solches Heer mit Sichelwagen, Elefanten usw. ist, da hat Kromayer völlig Recht, für einen Seleukidenherrscher nichts Ungewöhnliches. Diese Truppen sind, wie wir aus der Geschichte der Diadochen wissen für jene genauso normal, wie bei den Römern die Legionen, den Alen der Bundesgenossen sowie die Auxiliartruppen.

Das die Seleukiden zahlenmäßig ziemlich beträchtlich überlegen waren, geht auch aus den Operationen vor der Schlacht und den Bewegungen der beiden Heere in den Tagen vorher, sowie aus der Schlachttaktik beider Seiten klar hervor.

Die Römer lehnten ihre Schlachtordnung links an den Fluss – der andere Flügel (rechts) ragte ins offene Gelände, dass zunächst noch etwas hügelig war. Dies taten sie natürlich auch in den Tagen vor der Schlacht, als ebenfalls beide Seiten mehrmals dem anderen den Kampf anboten.

Nur die Seleukiden gingen noch nicht darauf ein so Kromayer, da ihr weit ins offenen Gelände ragender linker Flügel (wo größtenteils ihre Reiterei stand) aufgrund des noch etwas hügligen Geländes auf dem gegenüberliegenden rechten Flügel der Römer so nicht zur Entfaltung gekommen wäre. Der Schlachtplan des Seleukidenherrschers ist damit klar ersichtlich: Auch sein anderer Flügel (rechts) lag am Fluss, während dem linken mit der überlegenen Reiterei die Offensive zukam um den rechten der Römer zu überflügeln.

Aus diesem Grunde gingen die Syrer den Römer nicht weiter entgegen um diese noch weiter ins offene Gelände vor zu locken.
Die Römer hielten sich natürlich noch zurück und wollten das Lager schon abbrechen und abziehen, aber dann setzten einige hohe Offiziere durch, die Schlacht doch anzunehmen und das Lager ein bisschen weiter nach vorne zu verlegen.

Dies taten die Römer dann auch. Nun war das Gelände an ihrem rechten Flügel noch weiter offener als vorher aber weiter gingen sie nicht mehr vor.
Antiochos III. der König der Seleukiden war so nun zufrieden und konnte sich bessere Chancen für seinen überschießenden linken Flügel ausrechnen und bot nun ebenfalls die Schlacht wieder an, da er wusste, dass die Römer jetzt nicht noch weiter vorkommen würden und dies schon das äußerste war, was die Römer riskieren wollten und er ihnen zumuten konnte.

Da nun also sein linker Flügel derjenige war dem die Entscheidung zugedacht war, ist klar, dass die Phalanx im Zentrum sich zunächst defensiv verhalten sollte. Die einzelnen Abteilungen der Phalanx waren wesentlich tiefer aufgestellt als sie breit waren (fast als Kolonnen aufgestellt).

Der König soll zwischen die Intervalle der Taxeis der Phalanx je zwei Elefanten und einige Leichte Fußtruppen platziert haben, was Delbrück als taktisch total unmöglich hinstellt (seine Begründung spare ich mir hier und setzte diese hier für die, die ihn gelesen haben als bekannt voraus).

Man muss Bedenken so Kromayer, dass die Phalanx defensiv eingestellt war und das diese auf sich allein gestellt, gegen feindliche Geschosse von vorne (z.B. der römischen Veliten, anderer Leichter Truppen, oder der Pila der Legionäre) natürlich ziemlich anfällig war – deshalb wohl die Beigabe von Elefanten und Leichten.

Defensiv war das also durchaus verständlich und nachvollziehbar, aber auch für die Offensive eine Möglichkeit, da die Elefanten so Kromayer sicherlich eingeübt worden waren mit der Phalanx neben sich Schritt zu halten, denn so eine Anordnung trifft man ja nicht von heute auf morgen.

Sollten die Römer doch die Leichten und Elefanten aus einigen Intervallen heraus treiben so Kromayer, so konnten ja weiter hinten in der Kolonne der Phalanx stehende Phalangiten eben die Intervalle schließen und den dort eingedrungenen Gegner bekämpfen (also in die Lücken hinaustreten).

Gewiss war immer noch die Frage ob diese taktische Maßname des Seleukidenherrschers auch in der Praxis funktionieren würde – aber dies, so Kromayer ist eine andere Frage.

Außerdem vergisst Delbrück so Kromayer, dass die Phalanx schon immer kleine Intervalle (Abstände) zwischen den einzelnen Abteilungen hatte und Delbrück dies ja auch in den Schlachten Philipps II. und seines Sohnes Alexander des Großen selbst schon immer gesagt hat.

Man darf eine Phalanx nicht als EINE einzige Abteilung sehen, die in einer Linie aufmarschiert, sondern es handelt sich um eine Aneinanderreihung einzelner Phalanxhaufen.

Warum der linke Flügel der Syrer nicht den rechten römischen umklammerte und schlug so Delbrück und Kromayers Erklärung hierfür bezeichnet er als „dann wäre die Kriegskunst keine Kunst mehr, sondern ein Spiel“ ist nicht richtig:

Delbrück geht auf Kromayers Begründung gar nicht genau ein, sondern sagt nur kurz, dass Kromayers Erklärung das die Umklammerung des rechten römischen Flügels zwar beabsichtigt war, aber es nicht dazu kam, weil der linke syrische zerrissen wurde eben als das o.g. „dann wäre die Kriegskunst keine Kunst mehr, sondern ein Spiel“.

Wenn man Kromayers Begründung liest sieht die Sache schon anders aus. Erst griffen die syrischen Streitwagen auf dem linken Flügel den römischen rechten an, wurden jedoch von diesen zurückgeworfen. Die Streitwagen brachten auf dem Weg zurück die eigene Reiterei auf dem linken Flügel in Unordnung – auch weil diese gerade erst dabei war sich aufzustellen. Diesen Moment nutzte Eumenes von Pergamon der den rechten römischen Reiterflügel befehligte aus, um die zahlenmäßig überlegene syrische Reiterei dort anzugreifen und konnte sie so in die Flucht schlagen (so meine Kurzzusammenfassung)

Soviel hier zur Schlacht von Magnesia. Ich denke wenn ich hier einmal die Seitenzahlen (von – bis) der Bücher von Delbrück und Kromayer über diese Schlacht hinstelle wird klar wer sich eingehender damit befasst hat. Dies gilt für alle Schlachten in den jeweiligen Werken.

Delbrück Seite 475 – 479 Band I Ausgabe von 2000

Kromayer S. 154 – 219 „Antike Schlachtfelder II“ (Kapitel über Magnesia: 1. Der Feldzug bis zum Übergang der Römer über den Hellespont, 2. Der Feldzug in Asien und die Bestimmung des Schlachtfeldes, 3. Die Schlacht, Anhang II: Übersetzung der Schlachtberichte von Magnesia (Livius und Appian), Beilage II: Heeresstärken (Römer, Antiochos), Die Schlachtberichte und ihre Kritik (hier geht Kromayer auf Delbrück ein (von Seite 213 bis 219).

Diese Kapiteleinteilung Kromayers für die Schlacht von Magnesia gilt eigentlich für alle Bände der Reihe. Sehr schön ist das die antiken Quellen zur jeweiligen Schlacht in deutsch übersetzt mit dabei sind wie hier der Bericht von Livius und der von Appian, wo Kromayer beweist das der Bericht des Livius in Wirklichkeit auf den militärisch kompetentesten Schriftsteller der Antike vor Caesar, nämlich Polybios zurückgeht und Livius diesen für seine Geschichte Roms „ab urbe condita“ übernommen hat.


Bevor wir uns Pharsalos widmen:
Erst zu den Verlustangaben und Heereszahlen Caesars:
Delbrück erkennt eigentlich alle Zahlen Caesars bei den Kämpfen um Dyrrhachium vor der Schlacht von Pharsalos an aber diese bezweifelt er.

Kromayer: Bei Caesar wenn man sich mit ihm genauer beschäftigt sieht man, dass er Angaben zu Verlusten nur dann macht, wenn diese wirklich sehr auffällig und bedeutend waren bzw. zu schweren Kämpfen (man könnte hier etliche Beispiele anfügen die Delbrück auch anerkennt).
Außerdem muss man sich darüber im klaren sein, dass Caesar nicht den Schluss (den Kampf um das Lager der Pompejaner ) abwartete, wohin sich einige der Truppen geflüchtet hatten, sondern er Pompejus gleich mit der Reiterei verfolgte.

Man kann Caesar daher wegen der Verlustzahlen die er angibt keinen Vorwurf machen, geschweige denn ihm absichtliche Fälschung unterstellen, da er diese von Offizieren nachträglich später mitgeteilt bekommen hat. Die Verluste der Pompejaner können also in Wirklichkeit durchaus um einige tausend niedriger gewesen sein und die Caesars etwas höher. Man muss aber auch wissen, dass das Zählen so vieler Toten auch nicht so einfach gewesen ist, also sicherlich nicht gerade jeder feindliche Gefallene exakt gezählt wurde und oft meist nur einfach geschätzt wurde bzw. die Bestattung der Toten und Einäscherung der römischen Bürger die Gefangenen übernehmen mussten.

Das gleiche gilt ja auch wie Georg Veith in seiner „Geschichte der Feldzüge Caesars“ sehr richtig bemerkt für die Zahlenangaben Caesars im gallischen Krieg. Die ungeheuren Zahlen dort sind sicherlich nicht richtig da gibt es keinen Zweifel so Veith. Jedoch erhielt Caesar auch diese Zahlen von Einheimischen oder Kundschaftern auf dem Marsch mitgeteilt und hat sie sicherlich gerne geglaubt – vor allem nachdem man diese in der Schlacht dann schlug.

Auch sind die Zahlen stark noch oben abgerundet.

Die Heere der Gallier (und der Germanen in der Schlacht im Elsaß gegen Ariovist) waren aber dennoch Caesars Truppen zahlenmäßig überlegen oder zumindest gleich stark, da ansonsten Caesars Manöver vor den jeweiligen Kämpfen Wahnsinn gewesen wären, so Veith (er begründet dies in seinem Buch natürlich noch ausführlicher und genauer).
Wir dürfen nicht vergessen, dass es sich bei Galliern und Germanen um Barbarenheere handelte über die keine genauen Zahlen zur Verfügung standen und Caesar später im Bürgerkrieg als er gegen Römer kämpfte wesentlich besseres Zahlenmaterial zur Verfügung hatte als bei den ersteren, wo nun wirklich nur (ungefähre) Schätzungen möglich waren.

Veith hat Recht wenn er sagt, dass Delbrück durch die Verdienste die er sich ohne Zweifel bei der Richtigstellung der Zahlenangaben der Perser bei Herodot erworben hat, dann jedoch später über das Ziel hinausgeschossen ist.
Militärischen Größen wie Caesar oder Polybios kann man nicht mit den gleichen Waffen kommen wie einem Livius oder Plutarch. Caesar und Polybios aber stehen bei Delbrück genauso tief unter seinem Urteil wie ein Livius oder Plutarch.

Klar nutzte Caesar seine Bücher zur politischen Propaganda und zur Erhöhung seiner Person – jedoch wird man in diesen, wie auch bei Polybios keine militärischen Unmöglichkeiten oder Phantasiestücke finden wie bei anderen Autoren.

Kromayer: „Ausgehend von der selbstverständlichen Tatsache, daß die urteilsfähigsten Fachmänner von der Taktik und dem Militärwesen ihrer Zeit weit mehr verstanden haben müssen, als wir im 20. Jahrhundert, die wir keine lebendige Anschauung mehr davon haben können, müssen wir es zu unserer ersten Aufgabe machen, uns mit größter Gewissenhaftigkeit, Bescheidenheit und Entsagung in den Sinn der Schriftsteller zu vertiefen, sie zu verstehen und aus ihnen zu lernen, ehe wir urteilen und verwerfen.“

Ein anderer Historiker (Fuchs „Hannibals Alpenübergang“) genauso richtig: „...nichts kann gefährlicher sein, als ohne strenge Rücksichtnahme auf die Überlieferung den eigenen Witz an die Stelle eines epochalen kriegerischen Geistes zu setzen...“

Dies ist alles nur eine kurze Zusammenfassung meinerseits. Ich habe mich jedoch entschlossen hier den genauen Wortlaut von G. Veith anzuschließen (in Auszügen), nicht nur wegen besserer Lesbarkeit, sondern vor allem, wegen der Argumente und der Darstellung:

Hier noch kurz meine (Ottos) Einführung:
Wir alle die den 1. Band von Delbrücks Werk gelesen haben, sind mit seinem Standpunkt konfrontiert worden, „es ist kein Grund anzunehmen, dass eine römische Kohorte von 600 Mann einen gallischen Heerhaufen von gleicher Stärke bei sonst gleichen Umständen besiegt hätte.“ Und „der römische Legionär als Einzelner ist diesen Kriegern nicht überlegen“.

Als ich zum erstenmal diese These Delbrücks las, kam mir dies damals schon spanisch vor. Zunächst fehlte mir jedoch selbst eine Begründung.

Jetzt, da ich nach Delbrück auch die Werke von Kromayer/Veith, Wilhelm von Rüstow und Franz Fröhlich studieren konnte, wurde meine Skepsis über diese Aussage bestätigt.
ENDE von Ottos Anmerkung

Jetzt aber Veith hierzu klar und einleuchtend:

Aus „Antike Schlachtfelder“ III, 2, Seite 682, 683:

„Bis zur Großmacht hatte sich die römische Republik emporgearbeitet, ohne über ein anderes Heerwesen als über eine von Zivilbeamten geführte Bürgermiliz zu verfügen; vielleicht der beste Beweis für die exceptionelle Qualiät des römischen Soldaten an sich, an der allerdings von sämtlichen Fachleuten aller Zeiten und Länder mit einziger Ausnahme Delbrücks (1) wohl niemand gezweifelt hat.“

Hierzu die Fußnote (1): „
Delbrück seht bekanntlich auf dem Standpunkt, daß nicht nur der römische Soldat als solcher, sondern auch jeder römische Truppenkörper jeder beliebigen Barbarentruppe von gleicher Stärke im allgemeinen inferior, nur im besten Falle, - also ausnahmsweise – gerade noch gleichwertig war, und daher einzig durch numerische Übermacht Erfolge zu erringen vermochte.
Eine Anschauung über die zum berühmtesten Truppenkörper der Weltgeschichte gewordene Legion, die außer einigen bedingungslosen Jüngern ihres Meisters wohl kaum jemand teilen dürfte, am wenigsten ein Militär, der Qualität und Quantität im Kriege zu beurteilen versteht.“

Aus „Geschichte der Feldzüge C. Julius Caesars“ Seite 500-501:

„Es ist ferner eine ganz unhaltbare Ansicht Delbrücks, daß die Römer nur durch ihre Überzahl, respektive die Fähigkeit, mit solcher zu operieren, den Barbaren im Kampfe überlegen gewesen seien. Zu aller Zeit hat bessere Bewaffnung, Ausrüstung und vor allem planmäßige Schulung im Kampfe eine wesentliche Überlegenheit der rohen Kraft gegenüber garantiert, und hierin lag das Wesen der Überlegenheit der Römer über die Barbaren.

Schon der einzelne Legionär war hierdurch dem einzelnen Gallier durchschnittlich gewachsen; und noch bedeutend gesteigert wurde dieses Verhältnis beim Kampfe ganzer Abteilungen, wo außer der persönlichen Überlegenheit der Einzelindividuen noch die eminente disziplinäre Schulung, das gründlich geübte Ineinandergreifen und Zusammenspielen aller dieser Einzelindividuen zur Geltung kam.

Darum wäre es ganz unerklärlich, wenn ein Feldherr von solch initiativem Charakter wie Caesar einem numerisch schwächeren Barbarenheer gegenüber so vorsichtig operiert hätte, wie es z.B. im Helvetierfeldzug der Fall war, oder einen so schweren Stand gehabt hätte wie in der Nervierschlacht, und mit einer gleich starken Armee den Kampf gar nicht oder doch nicht im offenen Felde gewagt hätte wie an der Axona, obwohl, wie Delbrück selbst zugibt, die Manövrierfähigkeit des Gegners eine weit geringere war.“

„Es kann nicht die Aufgabe dieser Zeilen sein, diese Polemik auch nur gegen Delbrück erschöpfend bis ins letzte Detail durchzuführen. Die im obigen angeführten Hauptpunkte mögen genügen, um den Standpunkt zu präzisieren. Als Abschluß genüge folgendes Resumé:

Die Angaben Caesars über die Kriegsstärken im gallischen Kriege sind naturgemäß nur approximativ und wahrscheinlich zum Teil stark nach oben abgerundet, (Fußnote: Aber nicht alle gleich: die Zahlenangaben über den helvetischen Feldzug und den Freiheitskampf des Vercingetorix weichen entschieden, wenn überhaupt, so jedenfalls weit weniger von der Wirklichkeit ab als die der beiden Germanenfeldzüge und des Belgerkrieges) jedoch, was das Verhältnis der Kräfte im großen und allgemeinen betrifft, im wesentlichen zutreffend. Es ergibt sich übrigens aus ihrer Zusammenstellung leicht der Grenzwert an Kraft, mit welchem die „Barbaren“ noch operieren konnten.
Derselbe beläuft sich unter günstigen Verhältnissen auf höchstens 80.000 Mann. Was darüber ist, konnte entweder gar nicht oder nur in sehr schwieriger und beschränkter Weise auf ganz kurze Dauer manövrieren. Mit Überschreitung dieses Grenzwertes überwog der Nachteil der Schwerfälligkeit der Masse den Vorteil der numerischen Überlegenheit.

Caesar hat diese Ziffer in einer einheitlichen Operationsarmee nie überschritten, ja nie erreicht, auch dann nicht, als er als Alleinherrscher über unbegrenzte Mittel verfügte; er kannte und schätzte eben eine andere Überlegenheit als die der toten Masse: die Überlegenheit an Manövrierfähigkeit. Und es ist bezeichnend, daß sein größter Gegner, der „Barbare“ Vercingetorix, diesen Standpunkt geteilt hat (Fußnote: Delbrück findet diesen Standpunkt bei Vercingetorix berechtigt und natürlich. Warum also nicht auch bei Caesar, dem er bei der überlegenen Qualität seiner Truppen doch noch viel näher liegen mußte ?)

Was die von Caesar im Bürgerkrieg gelieferten statistischen Daten betrifft, so müssen wir diesselben, als auf Grund relativ genauer, durch Freund und Feind kontrollierbarer Quellen verfaßt, als präzise und richtig annehmen.

Die beste Kontrolle aller Zahlen aber ergibt, wie bereits mehrfach erwähnt, ihr Zusammenhang mit den militärischen Maßnahmen. Das jedesmalige Klappen des auf eben jene Zahlen aufgebauten Kalküls ist die verläßlichste Probe für die Richtigkeit der ersteren.

Un nun noch eines:
Caesar hat uns außer den Heeresstärken noch eine Menge anderweitiger Zahlen überliefert (Distanzen, Dimensionen von topographischen Objekten und Werken etc.), die zum großen Teil nicht weniger als erstere dazu beitragen, seine Leistungen in ein günstiges Licht zu stellen. Ein großer Teil dieser Angaben konnte, zum Teil erst in sehr später Zeit, in ungeahnt genauer Art kontrolliert werden.Und ausnahmslos ergab diese von Caesar vor fast 2000 Jahren wohl kaum vorausgesehne Kontrolle die überraschend genaue Richtigkeit und Verläßlichkeit seiner Angaben. Können wir, wenn wir unparteiisch und vorurteilslos denken, nicht schon darauf schließen, daß Caesar auch in seinen übrigen Angaben, die ja zum großen Teil noch zu seinen Lebzeiten in weit gründlicherem Maße kontrolliert werden konnten, sich derselben Verläßichkeit und Wahrheitsliebe beflissen hat ?

Es ist das Verhängnis Delbrücks, daß er keinen Unterschied macht zwischen Herodot und Caesar, zwischen dem Kriegsgeschichte schreibenden Laien und dem militärischen Fachmann erster Kategorie, der Selbsterlebtes und Selbstgetanes der Nachwelt überliefert.

Es genügt nicht, auf diesen Unterschied gelegentlich hinzuweisen, man muß ihn auch konsequent berücksichtigen, nicht nur dann, wenn es eben paßt. Daß Herodot Unmögliches berichtet, daß der geschilderte Marsch einens Millionenheeres von Sardes nach Athen ganz ausgeschlossen war, muß gewiß jedem einleuchten, und des ist ein großes Verdienst Delbrücks, als erster darauf hingewiesen zu haben; möglich aber ist die Aufbringung einer von 100.000 Mann oder mehr für einen Nationalkrieg im eigenen Lande auf kurze Zeit und es ist eine die Richtigkeit dieser Zahlen erhärtende Konzession an die von Delbrück immerfort ventilierten Grundsätze, daß solche Riesenarmeen eben nie auf die Dauer sich behaupten konnten, sondern ausnahmslos in kürzester Frist ein viel kläglicheres Fiasko erlebten, als viel kleinere Truppenmassen unter sonst gleichen Verhältnissen.

Delbrück hat mit seinen in dem Werke „Die Perserkriege und die Burgunderkriege“ deduzierten Resultaten einen großen Erfolg errrungen; allein in der Verfolgung seines Sieges hat er sich etwas zu weit fortreißen lassen und sich damit einem unvermeidlichen Echo ausgesetzt. Einem Caesar darf man nicht ungestraft mit denselben Waffen kommen wie einem Herodot oder einem biederen Schweizer Chronisten. Und darum werden die Fachmänner der Nachwelt eben jenen Unterschied, den Delbrück zwischen Herodot und Caesar festzuhalten unterlassen hat, sehr wohl feststellen müssen zwischen Delbrück und Rüstow, und nicht zum Vorteil des ersteren.“

„Wir brauchen daher Caesars Stärkeangaben bezüglich der gallischen Feldzüge nicht wörtlich zu nehmen aber wir müssen das Kräfteverhältnis im allgemeinen als richtig angegeben feststellen, umsomehr als sich Caesars Maßnahmen gegen seine Gegner nur aus diesem erklären lassen und bei Zugrundelegung der Delbrückschen Daten größtenteils unverständlich bleiben.

Anders verhält es sich, wie das folgende zeigen soll, mit den statistischen Angaben Caesars über den Bürgerkrieg, wo er aus naheliegenden Ursachen über die organisatorischen und statistischen Verhältnisse der Gegner selbst weitaus detaillierter unterrichtet war als während der Eroberung Galliens........................“

„.......................Soviel über die wichtigsten Daten aus dem gallischen Kriege. Es soll damit eben durchaus nicht gesagt sein, daß Caesars Angaben über die Stärke der gallischen Heere durchwegs ganz genau sind; genau wird er sie selbst nicht gewußt haben und die von Landesbewohnern stammenden Nachrichten, auf die er er zum großen Teil angewiesen war, geben die feindlichen Streitkräfte bekanntlich nur zu oft wesentlich übertrieben an.

Was ich aber aus dem Vorangeführten deduzieren will, ist, daß Caesar gegen den Vorwurf in Schutz genommen werden muß, er hätte das Verhältnis der beiderseitigen Kräfte wissentlich gerade verkehrt angegeben, d.h. während er selbst immer in der Überlegenheit war, hätte er fälschlich jedesmal seine Gegner als überlegen hingestellt“.


Fortsetzung wegen Zeichenüberschreitung siehe nächsten Beitrag.........

Otto der Grosse
22.09.05, 21:54
Zur Schlacht von Pharsalos:
Delbrück glaubt Caesars Angabe nicht, dieser hätte 1.000 Reiter, Pompejus dagegen etwa 7.000 gehabt und ersetzt diese Zahlen durch eigene Schätzungen und gibt nun Caesar 2.000 und Pompejus 3.000 Reiter.
Das Delbrück hier von sämtlichen Quellen (auch seines Pseudo-Pollio) verlassen ist, bedarf eigentlich keiner Erwähnung.

Denn Pollio wird deshalb zum Pseudo-Pollio weil dessen Werk nicht erhalten ist und nur Fragmente bei anderen Zivilstrategen kurz auftauchen ! Und dies gibt Delbrück als eine zuverlässige Quelle an (s. unten) !

Auch erkennt Delbrück nicht, dass bei seiner Kräfteverteilung gerade bei der Reiterei, des Pompejus offensichtliche Schlachtidee, nämlich mit einem überlegenen Reiterflügel den gegenüberstehenden Caesars zu schlagen und dann den Legionen in den Rücken zu fallen zu einer Unmöglichkeit wird – dies hat bereits G. Veith (Geschichte der Feldzüge Caesars) bewiesen.

Delbrück glaubt sich hier mal wieder einer Fälschung Caesars auf der Spur zu sein. Seine Begründung ist, dass Caesar 7.000 Reiter für Pompejus angibt, jedoch bei der Aufzählung der einzelnen Kontingente nur etwa die Hälfte davon angibt und einen Truppenteil sogar zweimal nennt.

Das dies auffällt ist zwar richtig und jeder (auch ich früher) wird hier Delbrück wenn man nur ihn kennt zustimmen - aber jetzt Kromayers stichhaltige Argumente:

Sieht Delbrück denn nicht, dass Caesars Liste gar keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt ?
Das Caesar nur die bedeutendsten gegnerischen Kontingente aufführt. Wenn Caesar hier wirklich schwindeln wollte, warum hat er sich dann so unendlich ungeschickt angestellt ?? Standen ihm nicht die Namen von Dutzenden Völkern aus dem Osten zur Verfügung die er nur hätte einzusetzen brauchen bis er die gewünschte Zahl erreicht hätte ?!
Das er den einen Truppenteil zweimal nennt (den Namen habe ich hier jetzt nicht im Gedächtnis) ist auch in Ordnung, da es sich bei diesem tatsächlich wenn man sich eingehender mit der Geschichte befasst, um zwei Truppenteile unter verschiedenem Kommando handelt (von zwei Herrschern bzw. aus zwei Machtbereichen die dem Pompejus unterstanden usw.).

Jetzt kommen einige Meisterstücke an Argumentationen von Georg Veith:

Veith: „Sollte man nun einem so erfahrenen Feldherrn wie Pompejus, dem die vorzügliche Qualität der gallisch-germanischen Reiterei Caesars gewiß nicht entgehen konnte, diesen Plan zumuten können, wenn er nur über 3000 bunt gemischte Reiter gegen 2000 derartige Elitetruppen auf gegnerischer Seite verfügte ?“

Veith sinngemäß: Außerdem wäre es total unverständlich und unbegreiflich wenn der noch immer große Feldherr Pompejus sich aus den an Reiterei reichen Gegenden des Ostens (die ihm ja unterstanden) nicht eine sehr starke Kavallerie beschafft hätte !

„Delbrück selbst gibt zu, dass Caesar bis zu den Kämpfen bei Dyrrhachium nur 1.400 Reiter überschifft hatte, und meint, während jener Positionskämpfe wäre das weitere Überschiffen beliebiger Reitermassen irgendwo weiter nördlich leicht gewesen. Wer – nebenbei mit militärischem Verständnis – das bellum civile gelesen hat, muss bei einer solchen Behauptung die Hände über dem Kopfe zusammenschlagen. Wenn man bedenkt, dass nicht des Pompejus Landmacht es war, welche Caesars Transporte erschwerte, sondern seine Flotte, welche aber durch die Einschließung der Landarme bei Dyrrhachium nicht im geringsten in ihrer Aktionsfreiheit behindert wurde, ja im Gegenteil gerade jetzt wegen der günstigeren Jahreszeit in Ausübung der Küstensperre wesentlich mehr leisten konnte als vorher im Winter; wie sehr ferner Caesar auch jetzt noch unter der Seeherrschaft der Gegner litt, wie seine letzten Transportschiffe vernichtet wurden, und welche Schwierigkeit dem Aufbringen neuer Transportfahrzeuge jederzeit im Wege stand; dass ferner die gegnerische Küstenblockade von Istrien bis zu den Ionischen Inseln reichte und schließlich ein Kavallerietransport eine weit diffizilere Sache war als ein Infanteriekonvoi, ja für sich allein, ohne letzteren unter der Möglichkeit einer feindlichen Einwirkung, gar nie durchgeführt wurde: wer sich dies alles gleichzeitig vor Augen zu halten vermag, der wird das Absurde jener Delbrückschen Beweisführung sehr deutlich fühlen. Es läßt sich demnach aus allen Quellen (Caesar wie Pollio und dessen Abschreibern) die Zahl von etwa 1.000 für Caesars Reiterei in der Schlacht von Pharsalus nicht nur in Übereinstimmung bringen, sondern auch ableiten !“

„Bei der Darstellung der Schlacht von Pharsalus lassen die zivilstrategischen Quellen inklusive Pollio Delbrück so ziemlich im Stich. Aus dem Wuste der vorhandenen Überlieferung hebt sich nur die einzig klare, lichtvolle und eindeutig sichere Darstellung Caesars selbst als brauchbar ab und mit dieser weiß Delbrück, will er sein ganzes System nicht kläglich scheitern sehen, nichts anzufangen. In dieser Klemme hilft er sich wie er kann: Caesar lügt, aber auch Pollio ist auf einmal nicht mehr der fürsorgliche Richtigsteller Caesars, sondern er und seine Abschreiber haben diesmal gleichfalls Unrecht; die erste und einzige richtige Darstellung der am 09. August 48 v.Chr. geschlagenen Schlacht aber liefert erst – Delbrück im Jahre 1900 n. Chr.

Kromayer: „Das auch die ganze, übereinstimmend überlieferte Schlachtidee des Pompejus, mit seiner überlegenen Reiterei Caesars Armee aufzurollen, bei Delbrücks Kräfteverteilung der Kavallerie zu einer Unmöglichkeit wird, hat Veith (Seite 504) gleichfalls mit ebenso durchschlagenden Gründen nachgewiesen, und ich brauche auch darüber keine Wort mehr zu verlieren“.

Wieder Veith:
Die Darstellung Caesars ist hier so klar und präzis, dass man, wenn man sie verwerfen will, gar nichts anderes als absichtliche Entstellung annehmen kann. Den stärksten Einwand, auf den eine solche Annahme stoßen muss, hat Delbrück selbst herausgefühlt: die Sache wäre zur Zeit, als Caesars Kommentare erschienen, doch noch kontrollierbar gewesen und es hätte sich irgendwo in der stark pompejanisch oder republikanisch inspirierten Literatur denn doch wenigstens eine Andeutung darüber finden müssen.

Delbrücks Parade dieses Einwandes, die Pompejaner hätten selbst ein Interesse daran gehabt, ihre Streitmacht nachträglich stärker, die Caesars aber schwächer erscheinen zu lassen als sie war, weil man ihnen (wem ?) sonst das Eingehen auf die Schlacht zum Vorwurf hätte machen können, ist psychologisch so falsch, so innerlich unlogisch und an den Haaren herbeigezogen, dass es mir widerstrebt, darauf näher einzugehen, abgesehen davon, dass es nicht erklärlich ist, auf welchem Wege einer derart paradoxen, dem natürlichen Gefühl so krass zuwiderlaufenden Auffassung mit solcher Konsequenz allgemeine Geltung hätte verschafft werden können. Auf das ganze System der Delbrückschen Beweisführung wirft diese eine Stelle ein sehr wohl zu beachtendes Streiflicht“.

Veith sinngemäß: Denn ist doch einleuchtend, dass wenn wirklich ein Werk der pompejanischen Seite bzw. der Optimatenpartei auf uns gekommen wäre hier noch mehr aufgepasst werden müsste, da ja die unterlegene Seite noch mehr zur Entstellung Anlass hat als der Sieger.

Veith zu den Legionen (Auszug):
„Bei der Verschiedenheit der Kontingente ist es auch gar nicht ausgeschlossen, dass manche Legionen mehr als 10 Kohorten zählten und das „admiscuerat“ b.c. III. 4 ist vielleicht so aufzufassen, dass Pompejus diese Kontingente – u.a. die Kohorten des C. Antonius – auf solche Art den schon bestehenden Legionen angliederte. Auf alle Fälle wird Caesar diesbezüglich gewusst haben, was er schreibt, und da er mit der Veröffentlichung der Kommentare noch zu Lebzeiten rechnete auf eine Polemik – diese blühte bekanntlich unter der neuen Monarchie auf literarischem Gebiete ungestört weiter – sehr wohl gefasst sein musste, so ist es ganz undenkbar, dass er sich eine so leicht auszunützende Blöße durch Anführung ebenso falscher wie leicht kontrollierbarer Angaben gegeben hätte“.
Zum Abschluss von Pharsalos noch mal Veith:

„Aus keinem anderen Beispiel geht so klar hervor wie aus der Schlacht von Pharsalus, dass die Zahlenangaben Caesars mit den tatsächlichen Ereignissen, wie sie geplant waren und wie sie ausgeführt wurden, in einem untrennbaren logischen Zusammenhange stehen; und darin liegt der stärkste und unanfechtbarste Beweis für ihre Richtigkeit“.

„Und so kann man wohl sagen, dass wir in Caesars eigener Darstellung seines größten Sieges eine ebenso klare, militärisch wertvolle, wie erschöpfende und verlässliche Quelle in der Hand haben. Und wenn Delbrück in geistvoller Weise in der Schilderung der Schlacht von Cannae bei Polybius ein persönliches Diktat Hannibals zu erkennen glaubt, so besitzen wir in Caesars authentischer Darstellung der pharsalischen Schlacht ein jenem historischen Dokument ebenbürtiges Seitenstück.“

Veith in etwa sinngemäß zu Delbrücks Darstellung der Schlacht von Zama (meine Kurzfassung - nicht wörtlich nehmen):Wenn D. in seiner Schlachtschilderung erklärt, dass Hannibals letztes Treffen mit den Veteranen gleich während des Kampfes seiner ersten Treffen mit den Römern, zur Umfassung des röm. Heeres ansetzt und mitficht, steht total im Widerspruch zur Schilderung von Polybios. Dieser sagt ausdrücklich, dass Hannibals Veteranen während dieses ersten Zusammenpralls der ersten Treffen auf ihrem Platz stehen geblieben sind. Noch klarer kann man sich doch wohl nicht ausdrücken! Außerdem wußte ja Hannibal das Scipio selbst so in Spanien manövrierte um dem Gegner mit dem hinteren Treffen zu umfassen, wie wollte dann Hannibal glauben, dass er Scipio damit überraschen könne?................
Hier Polybios vorzuwerfen er hätte minderwertige römische Schriftsteller benutzt ist lächerlich, da er sicher mit seinem Zugang zur Scipionenfamilie hier über schriftliche Aufzeichnungen und mündliche Zeugnisse der Familie verfügte die trotz aller Parteilichkeit, dennoch in den militärischen Schilderungen zutreffend sein dürften!
Das Delbrück zudem das erste Treffen Hannibals (Söldner) nicht als eigentlichen Treffen wertet, sondern als Leichte behandelt kann ebenfalls wie aus der Schlachtschilderung hervorgeht nicht richtig sein. Außerdem waren die Kelten als Schwertkämpfer wie die Ligurier Nahkämpfer und auch leichte wie Balearen können zum Nahkampf ausgebildet werden.... usw.


Hier noch die Meinung Kromayers zum „berühmten“ Experiment Delbrücks in Berlin mit Turnern des dortigen Turnvereins auf dem Schönholzer Platz mit ihren Turnstangen um die Rottenbreite (=Frontraum eines Hopliten/Phalangiten im Altertum) herauszufinden.

Aus Polybios geht klar hervor das der Phalangit drei griechische Fuß Frontraum Platz in der Schlacht beansprucht (=0,887 Meter also gut einen Meter mit Ellenbogenfreiheit um die Lanze bzw. Sarisse zu führen) während Delbrück dagegen gerade mal 1 ½ Fuß sich dachte.

Hier die Reaktion Kromayers auf Delbrücks Experiment (wörtlich aus einer Fußnote im 1. Band der Schlachtfelder S. 324-325):

„.............Er (Delbrück) beschränkt sich darauf, durch ein Experiment auf dem Schönholzer Platze, wie er meint, nachgewiesen zu haben, dass eine Phalanx mit 1 ½ Fuß Rottenbreite sich „noch sehr gut bewegen“ könne. Hat er damit gezeigt, dass sie auch kämpfen kann ? Was er berührt, ist nur die eine Hälfte meiner aus den Erfahrungen der Anschauung und des modernen Exerzierens hergenommenen Sachargumente, und die kleinere Hälfte zwar. Aber sehen wir uns doch noch das Experiment selber an, für das wir Delbrück jedenfalls dankbar sein müssen.

Er sagt darüber „Wenn die Turner auch eine Kleinigkeit mehr als 1 ½ Fuß in Anspruch nahmen und auch für die fehlende Rüstung noch etwas zuzunehmen ist, so waren die als Spieße dienenden Stangen doch wieder viel zu dick und schwer (sic!) und beanspruchten viel Raum, um mit ihnen zu hantieren, endlich fehlte ja auch jede Übung. Selbst wenn man annehmen wollte, dass schließlich auf den Mann 3 Zentimeter mehr als 1 ½ Fuß nötig seien, so ist doch durch den Nachweis, dass tatsächlich eine Kolonne sich mit annährend 1 ½ Fuß Rottenbreite noch sehr gut bewegen kann, jedenfalls die Vorstellung, dass 3 Fuß die engste Bewegungsform für eine Phalanx sie widerlegt.“

Man traut seinen Augen kaum, dass dies für eine Widerlegung ausgegeben wird. Die beste Waffe drückt mir ja Delbrück damit selbst in die Hand: Mit Turnern, auf ebenem Platze, in kleiner Schar, hat Delbrück die 1 ½ Fuß Rottenbreite trotz aller Mühe nicht herausbringen können und auch so nur erreicht, dass die Leute sich „noch sehr gut bewegen“ konnten. Und dann will er eine solche Rottenbreite annehmen bei einem Bauernaufgebot, im Gelände, in einer Masse, die nach Zehntausenden zählt und in schwerer Rüstung ist ?

In einer Rüstung, deren Rundschild allein 2 Fuß im Durchmesser hat ?
Und was wollen die „dicken“ „schweren“ Stangen bedeuten, die zum „Hantieren viel Raum beanspruchten“ ?
Sollte man etwa mit den Sarissen nicht hantieren ? Kämpfen sollte man ja sogar mit ihnen.

Allen Respekt vor dieser Art Sachkritik und noch einmal verbindlichsten Dank für das Experiment auf dem Schönholzer Platze. Denn es bleibt danach erst recht dabei, was Älian XI 4 sagt, dass der Phalangit in dieser Stellung (1 1/2 Fuß), die gelegentlich im Stehen, z.B. zur Abwehr eines Reiterangriffes, eingenommen wird, nicht einmal rechts- und linksum machen konnte.

Kromayer stellt klar fest, dass zwischen dem makedonischen Phalangiten und dem griechischen Hopliten kein wesentlicher Unterschied besteht (wie auch in den Quellen nirgends ein solcher gemacht wird).

"....Auch der Hoplit ist ein erster Linie Speerkämpfer und auch der Phalangit hat den Schild. Zwischen beiden besteht nur ein Grad- nicht ein Artunterschied. Das hat man bisher verkannt und daher über die Gedrängtheit der makedonischen Phalanx ganz abenteuerliche Vorstellungen gehabt.
Auch der Phalangit muss seine Waffe frei regieren können, sonst ist er für den Gegner ungefährlich. Ein Lanzenwald, wenn er lebendig ist, d.h. wenn die einzelne Lanze vor- und zurückgezogen werden, zum Stoße ausholen und die Blöße des Gegners erreichen kann. Nicht, wenn sie unbeweglich gehalten und eingeklemmt ist.

Aber dazu gehört Ellenbogenfreiheit für den, der die Lanze führt, und möglichst freier Blick auch für die Leute im zweiten und den folgenden Gliedern, soweit deren Lanzenspitzen vorragten.

All das sollte sich für eine Betrachtung, die mit realer Anschauung rechnet, und für die wirkliche Sachkritik von selber verstehen.“



Noch etwas zum Feldzug des Thebaners Epaminondas gegen Sparta der in der Schlacht von Mantinea 362 v.Chr. gipfelte (als Epaminondas, der Erfinder der schiefen – auf einen Punkt der gegnerischen Schlachtordnung gerichteten Angriffes siegte, selbst aber fiel):

Mit seinem berühmten Zug gegen Sparta als deren Heer auf der Peloponnes unterwegs war, Epaminondas sich dadurch (durch einen Angriff auf die Stadt Sparta) wirklich etwas erhoffte, meint Delbrück, dass Epaminondas ein ziemlich elender Feldherr hätte sein müssen, wenn er dachte dadurch etwas zu erreichen (durch den Angriff auf Sparta), wo man doch weis dass Kriege durch den Kampf gegen feindliche Heere und nicht gegen eine Stadt entschieden werden.

Hier hat Kromayer wieder Recht, wenn er sagt, dass ....“Sparta war in anderem Sinne als die anderen griechischen Städte Mittelpunkt der Macht des ganzen Staates; seine Herrschaft über die Landschaft beruhte lediglich auf Furcht. Heloten und Periöken waren bereit, jede günstige Gelegenheit zu benutzen, die drückende Herrschaft abzuschütteln. Sparta stand auf einem Vulkan. Das Erdbeben, das hundert Jahre vorher Sparta erschüttert hatte, hatte eine allgemeine Revolution zur Folge gehabt. Die Einnahme der Stadt, die Zerstörung der Regierung musste das Signal zu einem allgemeinen Aufstande geben. Das ausgerückte Aufgebot kam demgegenüber erst in zweiter Linie in Betracht. Es war der Stoß ins Herz des Feindes, den Epaminondas hier gewagt hat, indem er mit unerhört kühnem Manöver an dem feindlichen Heer vorbeimarschierte und mit unerhörter Energie seinen Truppen Marschleistungen abverlangte, die zu den größten der Kriegsgeschichte gehören.“

„Wenn Delbrück meint, Epaminondas hätte ein elender Feldherr sein müssen, wenn er geglaubt hätte, durch seinen Zug Sparta zum Frieden zu bewegen, und als Beweis die große Wahrheit ausspricht: „Große Kriege werden nicht durch Handstreiche gegen offene Orte entschieden“, so liegt darin eine so vollständige Verkennung der politischen Lage, dass es überflüssig erscheint, noch ein Wort darüber zu verlieren.
Meine Auffassung des Epaminondas als Niederwerfungsstratege soll ferner nach Delbrück „ebenso wohl dem mangelnden sachlichen Verständnis für den Unterschied zwischen Niederwerfungs- und Ermattungsstrategie, wie mangelhaften Quellenstudium entspringen“.
Der letztere Vorwurf dieser überheblichen Beurteilungsart berührt mich nicht, solange er nur eine Behauptung ist, der erstere ist einfach ein Irrtum Delbrücks, der sich erklärt aus der Tatsache, dass wir beide, wie oben (S. 147) auseinandergesetzt ist, unter Niederwerfungsstrategie eben verschiedene Dinge verstehen.“



Kromayers Stellung zur Sachkritik:

Kromayer stellt im ersten Band der „Antiken Schlachtfelder“ seine Stellung und Sicht zur Sachkritik klar; also ob und wie man an die Überlieferung bessernd, vertiefend, berichtigend herangeht.

Kromayer hat nichts gegen die Sachkritik. Er möchte aber klar stellen, dass er diesen Begriff in anderer Weise versteht als Delbrück: „Ausgehend von der selbstverständlichen Tatsache, daß die urteilsfähigsten Fachmänner von der Taktik und dem Militärwesen ihrer Zeit weit mehr verstanden haben müssen, als wir im 20. Jahrhundert, die wir keine lebendige Anschauung mehr davon haben können, müssen wir es zu unserer ersten Aufgabe machen, uns mit größter Gewissenhaftigkeit, Bescheidenheit und Entsagung in den Sinn der Schriftsteller zu vertiefen, sie zu verstehen und aus ihnen zu lernen, ehe wir urteilen und verwerfen.“ - (wie bereits oben schon einmal erwähnt) -

Denn Delbrück ist es ja, der sich elegant über jede Überlieferung hinwegsetzt wenn diese gerade nicht mit seiner Sachkritik die er gerade im Kopf hat übereinstimmt.
Delbrück zerstört zunächst selbst die brauchbarste und beste Überlieferung (manchmal einfach auch nur „elegant“ deklariert mit den Worten „als zu streichen“) um dann aus seinen ohne Zweifel geistreichen und sprudelnden Ideen ein Luftschloss - also etwas völlig neues aufzubauen, wobei er meistens von sämtlichen Quellen auch von denen auf die er sich gerade stützt, verlassen ist und dies oft auch zugibt, so Kromayer in etwa sinngemäß.

Kromayer schätzt durchaus Delbrücks Hinweise, Ideen und Vermutungen – wie er sagt: Publizistennaturen im besten Sinne des Wortes wie Delbrück leisten ja der Wissenschaft die größten Dienste so Kromayer, weil sie auf Probleme hinweisen an denen man selbst vielleicht achtlos vorübergehen würde. Man sollte diese aber nicht als Lösungen ansehen.

Wie selbstverständlich ist es doch heutige Schlachten und Feldzüge so Kromayer, anhand von Karten und im Gelände zu verfolgen.

Man stelle sich vor, man würde diese Schlachten nur aufgrund der Berichte analysieren ohne jedoch das Gelände zu kennen. Doch gerade so hat man es bisher bei den Schlachten des Altertums gemacht. Von zu Hause von der Studierstube aus hat man diese betrachtet. Gewiss, es sind so vorzügliche Arbeiten entstanden – aber gerade im Gelände, besonders anhand der markanten Geländemerkmale lassen sich doch so manche Lösungen von Problemen finden, an denen man am Schreibtisch den falschen Schluß zieht.



Zur Schlacht von C h a e r o n e a:
Über Delbrücks Sicht, dass antikes schweres Fußvolk sich nicht rückwärts zurückziehen kann, ohne das ein Soldat über den anderen fallen würde und damit alles in heilloser Flucht endet und er Kromayer dazu heftig angreift, ist denke ich allen bekannt.

Hierzu Kromayers Antwort in Antike Schlachtfelder III, 1 (Seite 370 bis 381 – Das Zurückweichen in der Schlacht).

Zusammenfassend erklärt Kromayer plausibel, dass ein Zurückweichen einer Phalanx, also von schweren Fußvolk möglich ist, indem langsam und kurz zurückgewichen wird, immer wieder unterbrochen von standhalten und widerstandleisten bzw. Kämpfen gegen den nachdrängenden Gegner.

Kromayer wörtlich (Auszüge):

Kromayer, Seite 380: „........Die Reibungen zwischen den einzelnen Gliedern der Abteilungen werden durch die hier noch einmal zu betonende außerordentliche Langsamkeit der Fortbewegung außerordentlich gemildert. Wenn wir auf eine Stunde Kampf 300 Meter Rückwärtsweichen rechnen, so ergibt das auf die Minute durchschnittlich nur 5 Meter oder 7 Schritt, also eine lächerlich kleine Strecke. Es sind dabei also weniger als 10 Prozent der Zeit Bewegung im Tempo des Gehschrittes, über 90 Prozent Stillstand. Und doch kommt dabei in einem fünfstündigen Kampfe, wie die Helvetierschlacht es war, eine Strecke von einem und einem halben Kilometer heraus. Das Zurückweichen Philipps bei Chaeronea von 600 Metern, wie ich angenommen habe, würde hiernach 2 Stunden in Anspruch genommen haben. Es liegt aber auch noch keine Schwierigkeit für die Bewegung vor, wenn wir die Zeit selbst auf eine Stunde reduzieren wollten.“...............

Anmerkung von mir:
Delbrück der vorher noch das Zurückweichen kurz für unmöglich erklärt hat, macht Kromayer in den Preußischen Jahrbüchern (Bd. 121 S. 164 ff.) plötzlich ein erfreuliches (unbewußtes ?) Zugeständnis, in dem er nun doch zugibt, dass es Rückwärtsbewegungen in antiken Schlachten gegeben hat (!) – aber lest selber:

Kromayer: Von den Quellenbelegen meint er (Delbrück) zunächst, daß sie meist nicht bewiesen, „da von der Länge der rückwärts gemachten Strecke, auf die es ja ankomme, nichts gesagt sei“.
In diesen Worten Delbrücks liegt ein erfreuliches Zugeständnis, welches ihm selber allerdings nicht zum Bewußtsein gekommen zu sein scheint. Denn bei einer früheren Besprechung des Problems hatte er gemeint, „selbst kleine Abteilungen könnten diese Bewegung nur „einige Schritte“ machen, ja selbst ein einzelner Mensch wäre kaum im stande 600 Meter rückwärts zu gehen, ohne einige Male zu stolpern ... eine größere Masse würde dabei nicht nur in Unordnung geraten, sondern „sehr bald reihenweise übereinander am Boden liegen“ (Preuß. Jahrb. Bd. 116, S. 211).
Wenn er jetzt an Quellenstellen, wie die von mir angeführten aus Xenophons Anabasis, aus der Schlacht von Magnesia, von Ilipa und anderen, nichts weiter zu beanstanden weiß, als daß hier von der Länge der Strecke nicht ausdrücklich gesprochen sei, so ist damit sein früherer Standpunkt schon aufgegeben. Denn daß es sich nach dem ganzen Zusammenange bei allen diesen Vorgängen nicht um wenige Schritte kleiner Abteilungen handelt, sondern um beträchtliche Strecken großer Heereskörper, die nun doch nicht reihenweise übereinander purzeln, ist ohne weiteres klar. Welchen Sinn hätte es auch gehabt, in verhältnismäßig kurzen Schlachtberichten, wie die genannten es alle drei sind, diese Bewegung ausdrücklich als eine für die Schlacht charakteristische zu erwähnen, wenn es sich dabei nur um wenige Schritte kleiner Abteilungen gehandelt hätte.


Hierzu noch zum Abschluß Kromayers Kommentar am Ende dieses Themas über Delbrücks Attacken:

„Somit beschließe ich die Besprechung der beiden für die ganze antike Taktik grundlegenden Fragen (Anmerkung von mir: die erste behandelte Massendruck und Einzelkampf), die ich trotz der vielfach höhnischen und persönlich verletzenden Art, mit der Delbrück dabei gegen mich vorgegangen ist, mit möglichster Sachlichkeit zu führen bemüht gewesen bin. Die Schwierigkeiten, mit denen man bei dieser ganzen Materie zu kämpfen hat, sind ja ganz besonders groß. Sie liegen neben der höchst mangelhaften Überlieferung vor allem in dem Umstande, daß wir nicht mehr die Möglichkeit besitzen, uns von dem Auftreten und der Wirkung solcher dichtgedrängter Massenbewegungen, wie sie den Charakter der antiken Schlacht bestimmt haben, aus der Praxis heraus eine deutliche und greifbare Vorstellung zu machen, sondern daß wir gezwungen sind mit nachhinkender Theorie und mühseligen Analogieschlüssen zu arbeiten.

Ich meinerseits sehe deshalb die nach meiner Überzeugung irrtümlichen Ansichten meiner Gegner, wenn ich sie natürlich auch bekämpfe, doch nicht als Fehler an, aus denen man auf die wissenschaftliche Qualität ihrer Urheber als solcher einen Schluß zu ziehen und noch weniger ihn in abschätzigen Bemerkungen auszusprechen berechtigt wäre. Ich glaube, es würde der sachlichen Förderung der hier vorliegenden Probleme nur nützlich sein, wenn diese Überzeugung sich bei allen, die hier das Wort ergreifen berechtigt sind, mehr als bisher Eingang verschaffte.“

Ich denke, diese Erklärung von J. Kromayer zum Ende ist auch für diesen Beitrag hier im Forum ein schöner Schluß.

Meine Absicht war es, hier allen Interessierten zum Thema auch die andere Seite (Kromayer/Veith) vorzustellen, auf die ich eben durch Delbrücks ersten Band aufmerksam wurde (trotz seiner Angriffe u. vernichtenden Kritik) und ich daher unbedingt auch diese Werke selbst lesen wollte.

Dieser Beitrag ist daher, damit sie nicht in Vergessenheit geraten (weil Delbrücks Werke heute leicht und günstig zu bekommen sind) Prof. Johannes Kromayer und dem Herpetologen, Altertumsforscher und Soldaten Georg Veith gewidmet


O T T O



Benutzte Literatur für diesen Beitrag:

Christ Karl (Von Gibbon zu Rostovtzeff - Leben und Werk führender Althistoriker der Neuzeit) 1972

Delbrück Hans (Geschichte der Kriegskunst – Band 1 Das Altertum) – Ausgabe 2000

Kromayer Johannes (Drei Schlachten aus dem griechisch-römischen Altertum; Marathon, Allia, Caudium 1921 – Abhandlungen der philologisch-historischen Klasse der sächsischen Akademie der Wissenschaften)

Kromayer Johannes:
Antike Schlachtfelder I (in Griechenland - Von Epaminondas bis zum Eingreifen der Römer) 1903

Antike Schlachtfelder II (in Griechenland - Die hellenistisch-römische Periode: Von Kynoskephalae bis Pharsalos) 1907

Antike Schlachtfelder III (in Italien und Afrika – Italien bearbeitet von J. Kromayer, Afrika von G. Veith) 1912

Antike Schlachtfelder IV (Schlachtfelder aus den Perserkriegen, aus der späteren griechischen Geschichte und den Feldzügen Alexanders und aus der römischen Geschichte bis Augustus) 1924 – 1931

Kromayer J. / Veith G. (Heerwesen und Kriegführung der Griechen und Römer) 1928

Veith Georg (Geschichte der Feldzüge C. Julius Caesars) - Wien, 1906 Verlag von L.W. Seidel & Sohn, k.u.k. Hofbuchhändler

Otto der Grosse
02.01.06, 18:51
Ich habe die obigen Beiträge nochmal total überarbeitet, alles zusammengefasst und vieles Neue eingebracht.

Dies ist nun die endgültige Fassung.

Ich darf hoffen, dass alle Interessierten damit etwas anfangen können, weil wie ich finde dies ein faszinierendes Thema ist und mich seit Jugendzeit fesselt.


O T T O

Canaris
02.01.06, 20:03
Ich danke, werter Otto. Sehr interessant, auch wenn das Gelbe zum Schluss das Auge sehr blendet :)

Lysander
20.01.06, 16:55
Haben die Herren Kromayer und Delbrück auch zu Gaugamela was geschrieben?

Die Zahlenangaben über das persische Heer sind recht wiedersprüchlich, obwohl ich persönlich eine Stärke von um die 200000 Soldaten durchaus für möglich halten würde.

the general
24.01.06, 16:17
Frage an Otto: Hast du die Bücher von Delbrück auch gelesen? Wenn ja was sagst du dazu?

Otto der Grosse
24.01.06, 19:14
Delbrücks Bücher besitze ich seit ca. 5 Jahren (Ausgabe 2000 Verlag Walter de Gruyter, Berlin – New York). Habe Sie mir damals bei ebay ersteigert für 50,00 DM.

Wie ich bereits in meinem obigen Beiträgen geschrieben habe, war und bin ich von Delbrücks Darstellungskunst und Wortgewaltigkeit beeindruckt. Als begeisterter Leser und Interessent über die antike Kriegfühung ist es vor allem natürlich bei mir der 1. Band der mich fasziniert, da ich seinerzeit kein anderes derartiges Buch über dieses Thema kannte – bis auf die tollen Werke von Marcus Junkelmann natürlich.

„Delbrück hat mit seinen militärgeschichtlichen Forschungen die modernen Grundlagen gelegt, obwohl seine Ergebnisse über die Antike zum Teil auf heftigen Widerspruch gestossen sind. Gerade weil Delbrücks Werk gänzlich von den kriegerischen Operationen absieht sei hier der Hinweis erlaubt, dass die antike Kriegsgeschichte in einem umfassenden Werk behandelt worden ist. Nämlich von J. Kromayer und G. Veith von 1903 – 1932.“ (So in etwa sinngemäß der große deutsche Althistoriker Prof. Alfred Heuss in seinem Werk „Römische Geschichte“ - Schöningh Verlag).

Dem kann ich mich nur anschliessen.

Delbrücks Sachkritik war revolutionär und voll gerechtfertigt. Nachdem man zuvor nur die Quellen auf innere Stimmigkeit überprüft hat. Delbrück hat m.E. klar nachgewiesen, dass die römischen Legionen sowohl während der Manipulartaktik, wie auch während der Kohortentaktik nicht mit jew. Manipel- bzw. Kohortengroßen Intervallen (Abständen) gekämpft haben – trotz der Gegenargumente von Kromayer und Veith wie ich glaube.

Die Diskussion über dieses Thema hält jedoch bis heute an. Gerade die englischsprachige Welt hält sich inzw. immer mehr an Delbrück (wie A. Goldsworthy in „Die Kriege der Römer“ - Brandenburgisches Verlagshaus).

Auch M. Junkelmann („Die Legionen des Augustus“) ist Delbrücks Ansicht.

Was die Untersuchungen und Analysen zu den antiken Schlachten betrifft ist jedoch zu sagen, dass hier J. Kromayer und G. Veith klar im Vorteil sind.

Ich finde es jedenfalls toll wenn man die damaligen und größtenteils noch heute gültigen großen Werke der großen deutschen Althistoriker von damals liest.

Ich besitze von damals die 4 Bände der „Antiken Schlachtfelder“, „Drei Schlachten aus dem griech.-röm. Altertum“, die „Geschichte der Feldzüge C. J. Caesars“ und „Heerwesen und Kriegführung der Griechen und Römer“ alle von J. Kromayer und G. Veith.

Hinzu kommt Hans Droysens „Untersuchungen über Alexander des Grossen Heerwesen und Kriegführung“ aus dem Jahr 1885 und sein anderes größeres Werk „Heerwesen und Kriegführung der Griechen“ von 1889.

Dann von Rüstow und Köchly „Geschichte des griechischen Kriegswesens von der ältesten Zeit bis auf Pyrrhos“ von 1852 (dies Buch ist von allen genannten das einzige das noch in Altdeutscher Schrift gedruckt ist).

Rüstows Werk „Heerwesen und Kriegführung C. J. Cäsars“ von 1855.

Franz Fröhlichs Buch „Das Kriegswesen Cäsars“ von 1891 und

„Der Feldherr – Die Taten des Publius Cornelius Scipio Africanus“ von Basil H. Liddell Hart von 1938.


Zur Frage von Lysander:

Zu Gaugamela sei gesagt, dass sich alle Forscher einig sind, dass die Perser über eine größere Reiterei verfügten als Alexander mit seinen 7.000 Mann. Delbrück geht glaube ich von ca. 12.000 aus (viel mehr wären auch nicht auf einem Fleck zu bewegen, gescheige denn zu versorgen). Das Fussvolk schätzt Delbrück allenfals dem Alexanders gleich, wahrscheinlich so D. eher weniger. Im 4. Band der Antiken Schlachtfelder hat Prof. W. Judeich das Kapitel über Alexander verfasst. Dieser glaubt schon an mehrere Hundertausend.

Das beste Buch über die Kriegführung Alexanders inkl. Schlachtenanalyse und der Belagerungen ist das Buch von General J.F.C. Fuller „The Generalship of Alexander the Great“ von 1958. Ich besitze die deutsche Übersetzung von 1961 "Alexander der Grosse als Feldherr", Verlag K.F. Koehler, Stuttgart (die deutsche Ausgabe ist leider nicht mehr erhältlich).

Fuller wie auch W.W. Tarn sind, wie auch ich zustimmen muss der Ansicht, dass das Perserheer dem Alexanders überlegen gewesen sein muss. Die geht aus den beiden überlieferten Schlachtordnungen klar hervor. Besonders in der Reiterei. Dareios III. wollte Alexander mit seiner überlegenen Reiterei an den Flanken angreifen, also überflügeln. Alex. musste wissen, dass die Perser dies beabsichtigten. Alex. hat dies jedoch mit einer Durchbruchsschlacht pariert. Natürlich mussten seine Flügel dem pers. Druck standhalten; der linke Flügel unter Parmenion konnte dabei da defensiv eingestellt, durchaus Boden verlieren, aber der rechte Flügel unter Alexander dem die Offensive zugeteilt mußte vorwärts stürmen. An den jew. Enden der Flügel hatte Alex. daher noch zusätzlich als sog. Flankenschutz leichte Reiter und Fussvolk platzier.

Zum Fussvolk der Perser kann man einfach keine Zahlenangaben machen. Als Elite kann man nur die 2.000 Mann griechische Söldner (Hopliten) und die ebenfalls ca. 2.000 Mann Garde, die sogenannten „Apfelträger“ des Dareios einstufen. Die früheren persischen Unsterblichen hat es zu dieser Zeit anscheinend nicht mehr gegeben, so Fuller. Über den Rest der Perser kann man wirklich nur spekulieren. Die Völkerschaften die sonst noch das Fussvolk bei den Perser stellten, waren bestenfalls eher für gebirgiges Gelände geeignet, aber nicht für eine offene rangierte Feldschlacht mit einem hervorragend ausgebildeten und bewaffneten Gegner, so in etwa Tarn.

Die infanteristische Basis aus, von der die Perser operieren musste, war also qualitativ schwach. Das Heer war sehr beweglich – besaß aber wenig Stabilität (so Fuller).

Ich personlich kann hier Fuller, Tarn und was die Reiterei betrifft Delbrück zustimmen. Jede Zahl von 100.000 Mann aufwärts halte ich für unmöglich und utopisch – selbt wenn man bei diesen Zahlen den Tross eingeschlossen hat. Das ganze Perserreich mag zwar vor dem Krieg wohlgemerkt theoretisch in der Lage gewesen sein so viele Truppen aufzubieten; für eine einzige Schlacht aber ist dies unmöglich und unrealistisch.

Entsetzt war ich über die Aussage in der Alexander-Biographie von Robin Lane Fox (Klett-Cotta Verlag, 2005), der ebenfalls davon spricht, dass die Perser 30.000 Reiter gehabt hätten und mehr Fussvolk als die Makedonen, wenn auch er erwähnt, dass die die pers. Fusstruppen auffällig schwach (qualitativ) waren.

the general
25.01.06, 14:16
Dazu noch eine kleine Anmerkung.

Wie Otto schon richtig schrieb waren 12.000 Reiter schon eine ganz große Masse an Kavallerie die man kaum versorgen und führen konnte. Delbrück meint das die Perser zwar dazu in der Lage gewesen wären mehr Fußvolk aufzubieten als in ihrer Schlachtreihe stand, sie aber ganz bewusst darauf verzichteten und sich auf den Ausbau ihrer Reiterei konzentrierten und um das Heer nicht durch qualitativ schwache Truppen in Versorgungsschwierigkeiten zu bringen.

Lysander
25.01.06, 18:46
Da dank ich euch beiden, muss ich halt eine geliebte Vorstellung der Massenheere zur Antike zu Grabe tragen. Selbst die Römer hatten auf Feldzügen selten mehr als 20000 - 40000 Soldaten bei. Bei solchen kleinen Armeen ist es fast schon verwunderlich das so große Reich überhaupt entstehen und bestehen konnten.

the general
25.01.06, 19:19
Da dank ich euch beiden, muss ich halt eine geliebte Vorstellung der Massenheere zur Antike zu Grabe tragen. Selbst die Römer hatten auf Feldzügen selten mehr als 20000 - 40000 Soldaten bei. Bei solchen kleinen Armeen ist es fast schon verwunderlich das so große Reich überhaupt entstehen und bestehen konnten.

Mir gings am Anfang genauso, genauso wie ich Massenheere im Mittelalter begraben musste. Mittlerweile bin ich aber darüber hinweg. :cool:



Bei solchen kleinen Armeen ist es fast schon verwunderlich das so große Reich überhaupt entstehen und bestehen konnten.

Warum? :???:

Lysander
25.01.06, 19:39
Nun ja ich beziehe das auf die Zivilbevölkerung der meist zusammengeraubten Reiche. Das Perserreich z.B. war ein Vielvölkerstaat und bis auf gelegentliche Aufstände oder die Kämpfe innerhalb des Königshaus war kaum was los, als ob es den Einwohnern egal war, welcher Herrscher über ihnen stand. Mit Rom ist es das selbe, bei der Größe des Reiches erscheint eine Armee von 300000 Soldaten (150000 Legionäre und gleiche Anzahl Auxilia-Einheiten - frühe Kaiserzeit) ziemlich mickrig :eek: . Es wundert nur das eigentlich nicht mehr los war.

the general
25.01.06, 20:50
Nun ja ich beziehe das auf die Zivilbevölkerung der meist zusammengeraubten Reiche. Das Perserreich z.B. war ein Vielvölkerstaat und bis auf gelegentliche Aufstände oder die Kämpfe innerhalb des Königshaus war kaum was los, als ob es den Einwohnern egal war, welcher Herrscher über ihnen stand. Mit Rom ist es das selbe, bei der Größe des Reiches erscheint eine Armee von 300000 Soldaten (150000 Legionäre und gleiche Anzahl Auxilia-Einheiten - frühe Kaiserzeit) ziemlich mickrig :eek: . Es wundert nur das eigentlich nicht mehr los war.

Was hat das mit der Zivilbevölkerung zu tun? Gallien hatte etwa 50 v.Chr. eine Zivilbevölkerung von etwa 4 Millionen Einwohnern und hätte zwar theoretisch etwa 1 Millionen kriegsfähiger Männer aufbieten können, aber konnte sie 1. nicht versorgen, 2. nicht führen und 3. hatte Gallien nicht die Kriegsverfassung dafür.

Das gallische Heer bestand aus Berufskriegern. Höhere Herren, z.B. Häuptlinge, usw. führten nur ihre Gefolgsleute in die Schlacht, der größte teil der gallischen Bevölkerung war im Krieg ungeübt. Selbst in größter Not und zwar während der Schlacht von Gergovia konnten sie gerade mal nur maximal etwa 70.000 Mann aufstellen.

Im persischen Reich war es genauso. Die Perser hatten auch ein Heer aus Berufskriegern, die der Kriegerkaste ihres Volkes angehörten und verstärkten ihr Heer aus Kontigenten von unterworfenen Völkern, der große Teil der Bevölkerung, also die Masse war im Kriege ungeübt.

Die Karthager hatten wegen ihrer für die Stadt großen Flotte an Land auch eine Armee aus Berufskriegern. Der Kern der karthagischen Heere bestand aus karthagischen Bürgern, die Masse des karthagischen Heeres jedoch bestand aus Söldnern. Die Karthager ergänzten ihr Heer mit Spezialisten die ihnen nicht zur Verfügung standen, wie z.B. numidische Reiter, Steinschleuderer, usw.

Bis zum Ende des 2.punischen Krieges bestand die römische Armee aus einem Bürgeraufgebot und die Qualität eines einzelnen Römers konnte an die Qualität eines karthagischen Berufssoldaten nicht heranreichen. Das änderte sich erst gegen Ende des 2.punischen Krieges und ab diesem Zeitpunkt entwickelte sich die römische Armee zu einer Berufsarmee.

Die römische Armee kämpfte nun nicht mehr mit ihrer Quantität sondern mit ihrer Qualität. Zum Zeitpunkt des Augustus (Octavian) existierten 28 Legionen und dazu die Auxiliareinheiten, die sich aus unterworfenen Völkern rekrutierten. Die Armee war zwar nun recht klein reichte aber aus um den römischen Machtbereich zu erhalten, wie wir ja wissen.

So und nun kam es noch im Jahre 148 v.Chr. zu einem historischen Ereignis. Die Karthager unterlagen Rom im 3.punischen Krieg. Als Folge davon wurde die Stadt Karthago dem Erdboden gleich gemacht. Dasselbe passierte mit Korinth, das Rom ebenfalls militärisch unterlag, die Bevölkerung wurde getötet oder massakriert. Die beiden Städte dienten als Exempel dafür was mit den Städten passiert die sich mit Rom anlegen. Ich denke diese Exempel waren sehr wirkungsvoll.

Lysander
25.01.06, 21:33
Stimmt, dazu kam noch, das Perser wie Römer nicht darauf aus waren den unterworfenen Völkern ihre Religion aufzudrängen, sondern sie akzeptiert haben. Verbunden mit solchen gelegentlichen Exempeln aus Gewalt und Zerstörung war die Bevölkerung ruhig zu halten. Dazu kam noch das es den Bewohnern offenbar egal war wem sie ihre Steuern zahlen mussten. Da war der eine Machthaber nicht besser als der, der neu kam. Trotzdem wundert es mich immer noch manchmal wie wenig Truppenmacht offenbar nötig war um solche Großreiche zusammen zu halten.

Erst nach den Soldatenkaisern wuchs die römische Armee auf knapp 700000 Mann an, aber erst kurz vor dem richtigen Beginn der Völkerwanderung und man darf nicht die Teilung des Reichs in West und Ost vergessen, beide Reichsteile unterhielten dann große Armeen.

the general
25.01.06, 22:24
Erst nach den Soldatenkaisern wuchs die römische Armee auf knapp 700000 Mann an, aber erst kurz vor dem richtigen Beginn der Völkerwanderung und man darf nicht die Teilung des Reichs in West und Ost vergessen, beide Reichsteile unterhielten dann große Armeen.

Ich dachte du hättest dich von den antiken Massenarmeen verabschiedet. Anscheinend doch noch nicht so ganz ;)

Otto der Grosse
26.01.06, 13:16
Nochmal zu den Schlachten:
Nicht vergessen darf man den Unterschied in der Kampfweise. Auf der einen Seite die „Westler“: Griechen aller Art, Römer und Karthager (auch Kelten und Germanen) und andererseits die Völker des Ostens wie Perser, später dann die Parther, Sassaniden und Araber/Moslems.

Die westliche Art der Kriegführung beginnend mit den Griechen war angelegt auf die große Entscheidungsschlacht mit der Kriege abgeschlossen werden sollten. Die Kampfweise war mit dem Aufkommen der Phalanx der Nahkampf.

Die Völker des Ostens waren alle meist Fern- bzw. Distanzkämpfer mit Bogen und kurzen Wurfspießen. Selbst die gefährliche großartige schwere Reiterei der Perser kämpfte noch bei Issos mit den Wurfspießen. Danach für Gaugamela rüstete Dareios seine Reiter mit der Stoßlanze wie dies bei den Griechen der Fall war aus.

Es war für die Perser bereits bei der ersten Schlacht (Marathon) mit den Griechen ein Schock und eine Überraschung, dass die Athener zum Nahkampf mit dem Speer anliefen, während sie mit Bogen und Wurfspießen kämpften. Die Perser haben so immerhin den ganzen vorderen Orient erobert warum sollten sie also auch ihre angestammte Kampfweise verändern. Dagegen kannte der Athener Stratege Miltiades die Kampfart der Perser.

Wie wir wissen, stellen sich auf die Parther nie den Römer in offener Feldschlacht, weil sie genau wussten warum sie es lieber nicht tun sollten.

Die persischen Sassaniden waren für die Römer schon gefährlicher weil sie oft tief in römisches Gebiet nach Antiochia und ganz Kleinasien eindrangen und auch in Sachen Belagerungen den Parthern weit voraus waren.

Wir sehen diesen Unterschied in der angestammten Kampfweise ja auch noch bei den Kreuzzügen.

Einerseits die europäischen Kreuzfahrer mit Lanze und Schwert und andererseits die Muslime, die ebenfalls lieber auf Distanz kämpften und denen die europäische Kampfweise ziemlich unbekannt war.

Deren Taktik basierte ja auf Umschwärmen des Gegners ohne direkten Kontakt und wenn dann der Gegner seine Geduld, Ordnung und Zusammenhalt verlor und dazu überging diese Störenfriede anzugreifen, lockten z.B. die Parther und später die Muslime die nun einzelnen aufgelösten Abteilungen des Gegners in den Hinterhalt und konnte sie vernichten.

Hinzu kam noch die körperliche Überlegenheit der Kreuzfahrer.

Man muss jedoch klar anerkennen, dass die Moslems die grösseren und besten Taktiker (mit den Byzantinern) waren. Zu ihrer Taktik gehörten Hinterhalte, vorgetäuschte Rückzüge usw.

All dies kannten die französischen, normannischen, englischen und deutschen Ritter während der Kreuzzüge einfach nicht und liefen oft in die Falle.

Man denke nur allein an die Schlacht bei Dürnkrut auf dem Marchfelde die der römisch-deutsche König Rudolf I. (von Habsburg) gegen Ottokar von Böhmen gewann. Nur wenige Ritter legte er seitwärts in den Hinterhalt, damit diese Truppen wenn erforderlich in die Schlacht eingreifen konnten. Aber wie lange brauchte der deutsche Herrscher bis er endlich einen Anführer für diese Truppe fand, weil alle Edelleute ablehnten dieses "hinterhältige" Kommando zu befehligen. Es war eben gegen ihre Ehre und Ritterlichkeit.

Wenn es den europ. Rittern gelang die Muslime zu stellen und zum Nahkampf zu zwingen waren sie fast immer überlegen und trugen selbst oft mit nur ein paar hundert Panzerreitern den Sieg davon. Man denke nur an die vielen Schlachten bei Ramlah von 1100 bis 1118 in der Regierungszeit von König Balduin I. von Jerusalem. Wie oft haben hier die ägyptischen Fatimiden aus Kairo Heere nach dem Norden gesandt und wurden von den kleinen Heeren des Königreichs Jerusalem geschlagen. Auch hier spielte natürlich auch Qualität eine grosse entscheidende Rolle. Wie das persische Fussvolk bei Gaugamela, waren hier die fatimidischen Heere oft schlecht ausgebildet und bewaffnet. Da half ihnen auch die zahlenmäßige Überlegenheit über die Heere Balduins meistens nichts.

Nur einmal hat sich Balduin schwer geirrt, als er am 17. Mai 1102 mit nur etwa 500 Reitern loszog um einen weiteren fatimidischen Einfall ins Königreich zu parieren: Die zweite Schlacht von Ramleh. Als er in die Ebene vorstieß konnte er der des gewaltigen ägypt. Heeres ansichtig werden und erkannte seinen Fehler. An Umkehr war nicht mehr zu denken. Sie waren schon endeckt und die leichte Reiterei der Ägypter sprengte schon auf sie los um ihnen den Rückzug zu verlegen. Die Ritter hatten keine andere Möglichkeit als kopfüber geradewegs in den Feind zu stürmen.

Oft reichte schon der erste Anprall der europäischen Panzerreiter um den Gegner zur Flucht zu bewegen. Auch hier wäre es beinahe so gekommen, weil die Ägypter dachten diese Ritter seien erst die Vorhut. Als sie erkannten das keine Streitkräfte folgten, warfen sie sich von allen Seiten auf die Franken. Nur einige wenige, darunter König Balduin konnten sich im wahrsten Sinne des Wortes hindurchschlagen und retten (nach Steven Runciman – Geschichte der Kreuzzüge, Band II, 1958).

the general
26.01.06, 13:34
@Otto

Wegen den Persern. Du schriebst ja das sie von der griechischen Kampfesweise anscheind überracht waren, aber es gab ja auch griechische Kolonien in Kleinasien und die hatten ja denke ich auch Phalanxen oder nicht? Oder wenn nicht, dann müssten sie ja die Kampfweise der östlichen Völker angenommen haben.

Otto der Grosse
26.01.06, 13:46
Diese Kolonien waren aber nach der persischen Eroberung Kleinansiens den Perser untertan. Sie gehörten zum Reich der Perser.

Außerdem hatten die Perser vor Marathon noch nie mit Griechen in einer rangierten Feldschlacht gefochten. Sie waren überrascht wie unerschrocken die Athener vor ihrem Pfeilhagel waren und dennoch weiter angriffen so die Antike Überlieferung.

the general
26.01.06, 14:11
Diese Kolonien waren aber nach der persischen Eroberung Kleinansiens den Perser untertan. Sie gehörten zum Reich der Perser.

Außerdem hatten die Perser vor Marathon noch nie mit Griechen in einer rangierten Feldschlacht gefochten. Sie waren überrascht wie unerschrocken die Athener vor ihrem Pfeilhagel waren und dennoch weiter angriffen so die Antike Überlieferung.

Eben, und diese Griechen müssten ja normalerweise auch in einer Phalanx gekämpft haben. Oder nicht? Oder wenn es zumindest keine Feldschlacht gab und die Griechen sich in ihren Städten verschanzten und die Perser diese belagerten und in die Stadt eindrangen, dann müssten die Griechen doch ihre Phalanx in den Straßen aufgestellt haben oder meinste nicht?

Un wenn sich die griechischen Städte freiwillig unter die Herrschaft der Perser begaben, dann könnten die Perser die griechische Kampftaktik doch kennengelernt haben, auch wenn die meisten Griechen nun in der persischen Flotte dienten.

Die einzige Möglichkeit wie es zu dieser Überlieferung kam war wohl das die Perser die Kampftaktik der Griechen schon auf irgendeine Art und Weise in Kleinasien kenngelernt haben, aber überrascht von der Kampfkraft der Festlandgriechen überrascht waren. Oder aber das ganze ist nur eine Propagandalüge und das ganze stimmt gar nicht. Wäre beides möglich.

Faultierasai
26.01.06, 14:54
Zitat the General: Eben, und diese Griechen müssten ja normalerweise auch in einer Phalanx gekämpft haben. Oder nicht? Oder wenn es zumindest keine Feldschlacht gab und die Griechen sich in ihren Städten verschanzten und die Perser diese belagerten und in die Stadt eindrangen, dann müssten die Griechen doch ihre Phalanx in den Straßen aufgestellt haben oder meinste nicht?

Du begehst hier einen großen Fehler. Die griechische Phalanx war keine Defensivekampfweise sondern eine offensive. In der Defensive nur gegen Kavallerie zu gebrauchen. Aber gegen Schwertkämpfer oder Axtträger absolut wirkungslos.
Ihr habt es vermutlich so in Rome Total War gesehen, aber nicht alles was dort gezeigt wird ist 100% Realität. Die einzige Truppe die als Phalanx defensive Erfolge feiern konnte waren die Spartaner.
Wenn ihr mal Zeit habt versucht es zu testen: Ihr nehmt einen Schild in eine Hand und einen langen Speer in die andere. Wenn euch einer mit einem Kurzschwert gegenübertritt seid ihr tot.
Das war eine der Dinge die die Römer beim Kampf gegen die Gallier während ihrer Königszeit lernen mussten und die ihnen dann noch unzählige Siege einbringen sollte.
Denn vor ihnen versuchten die Etrusker die Gallier mit Phalanxen aufzuhalten und haben jedesmal gnadenlos verloren.

Die Städte der kleinasiatischen Griechen könnte er auch ausgehungert haben um sie zu erobern, zum Beispiel. Nach dem Zyprischen Aufstand jedoch war das nicht mehr nötig, da waren die kleinasiatischen griechischen Städte nicht mehr in der Lage zu kämpfen, als sie um zu überleben alle ihre Mauern und Befestigungen schleifen mussten.


Un wenn sich die griechischen Städte freiwillig unter die Herrschaft der Perser begaben, dann könnten die Perser die griechische Kampftaktik doch kennengelernt haben, auch wenn die meisten Griechen nun in der persischen Flotte dienten.

Zuerst stellten sich die Griechen nicht freiwillig unter die persiche Herrschaft sondern wurden mit militärischen Druck gezwungen dies zu tun. Die Perser waren hochmütig, warum sollte ich die Kampftaktik von einem Verlierer annehmen? Wo doch meine eigene
Kampfweise den Sieg brachten? Und danach haben sie als Hilfskräfte oder Vasallen Schiffe und Truppen stellen müssen. Meist mehr Schiffe, denn sie galten als erfahrene Seeleute.


@Lysander: Zu eurer Aussage über die Anzahl der Römischen Streitkräfte während oder kurz vor der Völkerwanderung stimme ich euch zu, glaube auch das es 700T Krieger waren, vermutlich aber noch mehr.

Otto der Grosse
26.01.06, 15:08
Wie Kromayer schon richtig bemerkte, haben die Perser mit ihrer Taktik ganz Asien unterworfen.
Warum sollten sie also gegen die Griechen Ioniens und Griechenlands ihre angestammte, äußerst erfolgreiche Kampfweise ändern (auch wenn sie Hopliten schon kannten) ?

Mit Hopliten in einer rangierten Feldschlacht hatten sie es jedenfalls noch nicht zu tun.

Die Perser so Kromayer, haben ihre Truppen nicht nach Waffengattungen in die Schlachtordnung gestellt (also nicht Fussvolk im Zentrum und Reiter auf die Flügel), sondern nach Völkerschaften. In der pers. Schlachtdisposition standen Reiter und Fußvolk gemischt.
Aufgrund der wenigen pers. Reiter bei Marathon blieben in dieser Schlacht so natürlich für die Flügel nur noch wenige übrig.

Eine erfolgreiche und traditionelle Kampfweise aus den Köpfen zu bringen und etwas Neues einzuführen ist nun mal immer sehr schwierig gewesen, so Delbrück.

Die Perser waren sicherlich überrascht, da es mit einem in der Schlacht so zahlreichen entschlossenen und kompromisslosen Gegner, der seine Freiheit verteidigte noch nie zu tun hatten.


Zum Ausspruch „Perser diese belagerten und in die Stadt eindrangen, dann müssten die Griechen doch ihre Phalanx in den Straßen aufgestellt haben oder meinste nicht?“:

Eine Phalanx in den Straßen ???
Für eine Phalanx hätte es nichts Schlimmeres als den Straßenkampf gegeben, wo sie total unbeweglich, leicht angegriffen und vernichtet werden kann. Kein Wunder, dass wir noch nie etwas von einer Phalanx gehört haben, die in einer Stadt gegen einen eingedrungenen Gegner kämpft.
Wenn bereits alles verloren ist und der Feind die Stadt stürmt und die Hopliten einzeln jeder auf den Mauern mitfocht, wie sollen man da in aller Ruhe irgendwo in den Gassen eine wohlgeordnete Phalanx bilden ??
Denn es müsste ja um noch eine einigermaßen kleine Chance zu haben (aber selbst das würde nichts helfen, sie weiter unten) eine große Zahl von Hopliten sein, die man da aufstellt und das dauerte ja schon für die Schlachtaufstellung (ohne Feindeinwirkung) im Gelände oft mehrere Stunden.
Wie soll also so was in einer Stadt ablaufen, wo bereits der Gegner nur noch Schritte entfernt ist und wie der Berserker auf einen losstürmt ??

Ja selbst wenn man es schaffen würde eine Hoplitenphalanx in Straßen aufzustellen, kann man unmöglich alle Straßen so decken ! Irgendwo würde der eingefallene Gegner einen Weg finden die Phalanx in Rücken und Flanke zu packen und aufzurollen. Aber dieses theoretische Konstrukt einer Phalanx in den Straßen ist wie schon oben ausgeführt sachlich in einem solchen Moment wo der Feind in die Stadt eindringt einfach unmöglich.

Intelligente Leute könnten hier auf die Idee kommen, die Phalanx vor dem Eindringen des Gegners in die Stadt schon mal quasi vorsichtshalber in den Straßen aufzustellen !

Ja du liebe Zeit, wie soll das denn in der Realität ablaufen ?? Wie soll man so was der Bevölkerung und den beteiligten Hopliten klar machen, dass man im Grunde damit schon die Stadt aufgibt, anstatt die Männer auf den Mauern zu lassen wo man bessere Abwehrmöglichkeiten hatte, als gegen den später eingedrungenen Gegner.
Eine solche Phalanx würde über kurz oder lang erst recht vernichtet werden, sobald nur der Gegner einmal in der Stadt ist und Panik und Entsetzen um sich greift.

Dies ist Sachkritik im Sinne von Hans Delbrück - wir sind hier nicht bei Rome Total War !

Faultierasai
26.01.06, 15:43
Hallo Otto, in eurer Ausführung habt ihr eines zur Schlacht von marathon noch vergessen:

Die Perser stellten in dieser Schlacht nicht nur eigene sondern auch Hilftruppen von unterworfenen Völkern auf. Da man diesen misstraute wurden sie ins Zentrum gestellt.
Sie mögen zahlenmässig mehr als die persischen Truppen gewesen sein, doch qualitativ waren sie schlechter dran. Der Plan der Perser war es die Flanken zu bündeln dann mit dem Zentrum langsam vor und schneller Angriff über die Flanken, dies ging schief als die Griechen nach den ersten Pfeilsalven vorstürmten und sehr schnell das Zentrum zertrümmerten, die restlichen flohen und behinderten die Flanken am Gegenschlag, kurze Zeit später trafen die griechischen geschwächten Flanken an und banden ihrererseits die Perser und wurden dann später durch das dann geteilte siegreiche Zentrum verstärkt und konnten so die Perser schlagen.
Ergebnis: persisches komplettes Chaos.

the general
26.01.06, 15:52
Du begehst hier einen großen Fehler. Die griechische Phalanx war keine Defensivekampfweise sondern eine offensive. In der Defensive nur gegen Kavallerie zu gebrauchen. Aber gegen Schwertkämpfer oder Axtträger absolut wirkungslos.
Ihr habt es vermutlich so in Rome Total War gesehen, aber nicht alles was dort gezeigt wird ist 100% Realität. Die einzige Truppe die als Phalanx defensive Erfolge feiern konnte waren die Spartaner.
Wenn ihr mal Zeit habt versucht es zu testen: Ihr nehmt einen Schild in eine Hand und einen langen Speer in die andere. Wenn euch einer mit einem Kurzschwert gegenübertritt seid ihr tot.
Das war eine der Dinge die die Römer beim Kampf gegen die Gallier während ihrer Königszeit lernen mussten und die ihnen dann noch unzählige Siege einbringen sollte.
Denn vor ihnen versuchten die Etrusker die Gallier mit Phalanxen aufzuhalten und haben jedesmal gnadenlos verloren.

Ich halte was Rome TW den Realismus angeht für so ziemlich unrealistisch. Der Spielspaß ist natürlich trotzdem da, aber trotzdem nicht wirklich realistisch. Selbstverständlich ist die Phalanx eine Offensivtaktik. Das muss sie auch sein, wenn sie auf dem Prinzip des Massendrucks beruht.

Die einzige Phalanx die erfolgreich focht war die spartanische Phalanx??? Wie kommst du den auf diese absurde Idee? Alle ziviliersten Armeen der Antike formierten ihre schwere Infanterie zur Phalanx. Die Römer, die Karthager, die Makedonen. Selbst die Germanen und die Gallier ließen ihre Truppen zumindest in Phalanx ähnlichen Formationen aufmarschieren (bei den Germanen der Gevierthaufen). Die Römer verfeinerten ihre Phalanx noch durch die Manipel und die Kohortentaktik.

Jede Phalanx hat das selbe Problem, sie ist sehr schwer in Ordnung zu halten und ist anfällig für Angriffe im Rücken und in der Flanke. Die alten Griechen lösten dieses Problem indem sie Leichtbewaffnete und Kavallerie an ihrer Flanke aufmarschieren ließen. Alexander stellte zur Kavallerie noch an die Flügel schwere Infanterie im Haken auf. Die Römer und Karthager entwickelten die Treffentaktik. Die Römer hatten ja große rechteckige Schilde, Wurfspieße und Kurzschwerter. Die Pilen wurden vorm Aufprall der Phalanxen geworfen und dann wurde das Schwert gezogen. Selbst die Triarier hatten Schwerter. Meinsch die waren so blöd und rüsteten sich nicht für den Nahkampf aus? Die Gallier hatten für den Nahkampf Äxte, Keulen und Schwerter. Die karthagische Infanterie hatte zwar auch Stoßspeere, aber die hatten natürlich auch Schwerter dabei, selbst die griechischen Holpiten hatten neben ihren Stoßspeeren schon Schwerter dabei.

Meinste wirklich das die Griechen damals so dumm waren und sich auf ihre Stoßspeere verließen. Natürlich nicht. Wahrscheinlich ließen die Hopliten des 1.Gliedes ihren Speer nach aufprall fallen und zogen ihre Schwerter. Die nachfolgenden Glieder werden wohl mit ihren Speeren über die Köpfe des 1.Gliedes hinweggestoßen haben und nutzten dabei die eigenen Schilde als Stützte und wenn der Gegner durch das erste Glied brach wird an dieser Stelle wohl auch das 2.Glied mit Schwertern gekämpft haben, während die nachfolgenden Glieder nun wieder über die vorderen Glieder mit ihren Speeren in den Feind hineinstießen.

Im germanischen Gevierthaufen gab es welche mit Fremen (Stoßspeeren), Äxten, Schwertern usw. also Stoßwaffen und Nahkampfwaffen gemischt.

Woran es lag das die Etrusker gegen die Gallier verloren entzieht sich mir momentan, aber ich werde gleich mal nachgucken.



Zuerst stellten sich die Griechen nicht freiwillig unter die persiche Herrschaft sondern wurden mit militärischen Druck gezwungen dies zu tun. Die Perser waren hochmütig, warum sollte ich die Kampftaktik von einem Verlierer annehmen? Wo doch meine eigene
Kampfweise den Sieg brachten? Und danach haben sie als Hilfskräfte oder Vasallen Schiffe und Truppen stellen müssen. Meist mehr Schiffe, denn sie galten als erfahrene Seeleute.

Ich habe nirgendwo geschrieben das die Perser die Kampftaktik der Griechen annahmen. ;) Ich habe geschrieben das ich nicht glaube das die Perser von der Kampftaktik der Griechen überrascht waren, da sie ja griechische Kolonien in Kleinasien eroberten. Auf irgeneine Art und Weise müssen sie ja die Phalanx schon vorher kennengelernt haben, können also von der Phalanx nicht überrascht worden sein.



@Lysander: Zu eurer Aussage über die Anzahl der Römischen Streitkräfte während oder kurz vor der Völkerwanderung stimme ich euch zu, glaube auch das es 700T Krieger waren, vermutlich aber noch mehr.

Ich dachte die Diskussion das es ein antikes Massenheer gibt hätten wir schon abgeschlossen?

Mehrere Fragen noch an die Massenheerbefüworter.

Wie wurden die Armee ernährt?
Woraus bestand die kämpfende Truppe?
Wie wurden sie entlohnt?

Luitpold
26.01.06, 15:56
Wegen der Überlegungen zur Größe der römischen Armee in der Spätantike, ein Zitat von Alexander Demandt, Geschichte der Spätantike. das Römische Reich von Diocletian bis Justinian, Mü. 1998.

"Die Gesamtstärke des Heeres mußte erhöht werden[im ausgehenden 3Jh.]. Lactanz (MP. 7,2) hat Diocletian vorgeworfen, er hätte das Heer mehr als vervierfacht. Dies ist eine schematische Übertragung des tetrarchischen Systems auf die Armee und darum unglaubhaft. Dennoch ist mit einer beträchtlichen Vergrößerung des Heeres zu rechnen. Johannes Lydos (De mensibus I 27) meldet für Diocletian 389704 Mann ohne die Flotte [...]. Die in der "Notitia Dignitatum" aufgeführten Verbände ergeben eine Sollstärke von 524 bis 600000 Mann. Für das 6. Jahrhundert nennt Agathias (V 13,7)ein Soll von 645000 Soldaten, doch dürfte dabei die Nominalstärke des - natürlich längst verschwundenen - Westheeres mitberechnet sein. Faktishc, so sagt er, dienten im Osten jedoch nur 145000 Mann (V 15,2ff). Nehmen wir an, daß sich die Heeresstärke im 4. Jahrhundert gegenüber dem Principat verdoppelt hatte, so waren das, umgerechnet auf die Reichsbevölkerung, noch immer keine zwei Prozent."

the general
26.01.06, 16:06
Wie Kromayer schon richtig bemerkte, haben die Perser mit ihrer Taktik ganz Asien unterworfen.
Warum sollten sie also gegen die Griechen Ioniens und Griechenlands ihre angestammte, äußerst erfolgreiche Kampfweise ändern (auch wenn sie Hopliten schon kannten) ?

Mit Hopliten in einer rangierten Feldschlacht hatten sie es jedenfalls noch nicht zu tun.

Die Perser so Kromayer, haben ihre Truppen nicht nach Waffengattungen in die Schlachtordnung gestellt (also nicht Fussvolk im Zentrum und Reiter auf die Flügel), sondern nach Völkerschaften. In der pers. Schlachtdisposition standen Reiter und Fußvolk gemischt.
Aufgrund der wenigen pers. Reiter bei Marathon blieben in dieser Schlacht so natürlich für die Flügel nur noch wenige übrig.

Eine erfolgreiche und traditionelle Kampfweise aus den Köpfen zu bringen und etwas Neues einzuführen ist nun mal immer sehr schwierig gewesen, so Delbrück.

Die Perser waren sicherlich überrascht, da es mit einem in der Schlacht so zahlreichen entschlossenen und kompromisslosen Gegner, der seine Freiheit verteidigte noch nie zu tun hatten.

Wie schonmal erwähnt habe ich nirgendwo behauptet das die Perser die griechische Kampftaktik übernehmen wollten oder sollten, sondern nur das sie von einer Formation wie der griechischen Phalanx bei Marathon nicht überrascht gewesen sein konnten. Wie auch schonmal erwähnt waren sie vielleicht von der Kampfkraft der Festlandgriechen überrascht, aber nicht von deren Kampftaktik.



Zum Ausspruch „Perser diese belagerten und in die Stadt eindrangen, dann müssten die Griechen doch ihre Phalanx in den Straßen aufgestellt haben oder meinste nicht?“:

Eine Phalanx in den Straßen ???
Für eine Phalanx hätte es nichts Schlimmeres als den Straßenkampf gegeben, wo sie total unbeweglich, leicht angegriffen und vernichtet werden kann. Kein Wunder, dass wir noch nie etwas von einer Phalanx gehört haben, die in einer Stadt gegen einen eingedrungenen Gegner kämpft.
Wenn bereits alles verloren ist und der Feind die Stadt stürmt und die Hopliten einzeln jeder auf den Mauern mitfocht, wie sollen man da in aller Ruhe irgendwo in den Gassen eine wohlgeordnete Phalanx bilden ??
Denn es müsste ja um noch eine einigermaßen kleine Chance zu haben (aber selbst das würde nichts helfen, sie weiter unten) eine große Zahl von Hopliten sein, die man da aufstellt und das dauerte ja schon für die Schlachtaufstellung (ohne Feindeinwirkung) im Gelände oft mehrere Stunden.
Wie soll also so was in einer Stadt ablaufen, wo bereits der Gegner nur noch Schritte entfernt ist und wie der Berserker auf einen losstürmt ??

Ja selbst wenn man es schaffen würde eine Hoplitenphalanx in Straßen aufzustellen, kann man unmöglich alle Straßen so decken ! Irgendwo würde der eingefallene Gegner einen Weg finden die Phalanx in Rücken und Flanke zu packen und aufzurollen. Aber dieses theoretische Konstrukt einer Phalanx in den Straßen ist wie schon oben ausgeführt sachlich in einem solchen Moment wo der Feind in die Stadt eindringt einfach unmöglich.

Intelligente Leute könnten hier auf die Idee kommen, die Phalanx vor dem Eindringen des Gegners in die Stadt schon mal quasi vorsichtshalber in den Straßen aufzustellen !

Ja du liebe Zeit, wie soll das denn in der Realität ablaufen ?? Wie soll man so was der Bevölkerung und den beteiligten Hopliten klar machen, dass man im Grunde damit schon die Stadt aufgibt, anstatt die Männer auf den Mauern zu lassen wo man bessere Abwehrmöglichkeiten hatte, als gegen den später eingedrungenen Gegner.
Eine solche Phalanx würde über kurz oder lang erst recht vernichtet werden, sobald nur der Gegner einmal in der Stadt ist und Panik und Entsetzen um sich greift.

Dies ist Sachkritik im Sinne von Hans Delbrück - wir sind hier nicht bei Rome Total War !

Na gut. Dann nehme ich von dem vorbelasteten Wort "Phalanx" Abstand und nenne es "Schlachtreihe". Ich habe auch übrigens nirgendwo behauptet das die Krieger einer Stadt sich gleich in den Straßen aufstellen sollen. Möchte zu gerne wissen wo du des gelesen hast.

Die Krieger und alle die kämpfen können, sollten sich natürlich auf den ( z.B. Mauern), an den (z.B. Palisadenwall) oder in den (z.B. Festungen, Türme) Verteidigungsanlagen befinden um hier den Gegner abzuwehren.

Später wenn der Feind durch die Verteidigungsanlagen einer Stadt gebrochen ist und sich in der Stadt befindet, dann könnte ich mir vorstellen das evtl. vorhandene Reserven oder sich von den Mauern zurückziehende Verbände versuchen den Gegner nochmal zu blockieren, vielleicht kann man ihn ja nochmal aus der Stadt rauswerfen oder den Bürgern der Stadt zumindest die Fluchtwege decken.

Außerdem war der Versuch etwas in meine Postings hineininterpretieren zu wollen und mich als ahnungslosen Trottel hinzustellen der seine Vorstellungen einer antiken Schlacht auf ein Spiel stützt mehr als Schwach.

Otto der Grosse
26.01.06, 17:14
In seiner „Kultur des Krieges“ betont John Keegan, dass in der antiken griechischen Kriegführung eine Unbarmherzigkeit liegt, die den Naturvölkern im allgemeinen fremd war.
Deren Kampftaktik war eher zögerlich, indirekt und ausweichend.

Keegan betont, dass die Perser sogar noch während des Alexanderzuges in der Tradition des Vorderen Orients verhaftet waren, nämlich „einem Handgemenge aus dem Weg zu gehen, hinter einem Schirm von Geschossen zu kämpfen, und sich darauf zu verlassen, dass Hindernisse das Vorgehen des Feindes behinderten“.

„Die Entscheidung für die Taktik der Hopliten war nichts anderes als die natürliche Furcht des Menschen an die Grenze des Erträglichen zu treiben.“

Die Phalanx war die Grundlage antiker Kriegführung. D.h. schweres Fussvolk in einem geschlossenen taktischen Körper organisiert, wo der Wille des einzelnen sich dem ganzen unterzuordnen hatte ohne jedoch seine eigene Stärke und Kampfkraft einzubüßen.

Man muss Keegan zustimmen, wenn er die Neuartigkeit dieser Art der Kriegführung betont und das man ohne diese Eigentümlichkeit die Phalangenschlacht nicht zu verstehen könne !

In der Schlacht zwischen Phalangen war es nun so, dass der Hoplit versuchte eine der ungepanzerten Stellen des Gegners zwischen den Schilden mit dem Speer zu treffen (Kehle, Achselhöhle oder Leistengegend). Das Gefecht kam so zum Stehen und es begann das zusätzliche Drängen mit den Schilden um eine Lücke beim Gegner zu schaffen. Gelang dies, wurde versucht diesen Einbruch durch Nachrücken hinterer Glieder noch zu vergrößern.
Erst jetzt kam das Schwert zum Tragen, mit dem in erster Linie gegen die Beine des Gegners gestochen wurde. Konnte die Lücke erweitert werden, kam es zum Durchbruch und damit zur Schlachtentscheidung.

So in etwa sinngemäß Victor D. Hanson, „The Western Way of War. Infantry Battle in Classical Greece “ und „Hoplites. The Classical Greek Battle Experience”.

Wir können also aus dem eben gesagten Zusammenfassen, dass diese mörderisch kompromisslose auf das Nahgefecht gerichtete neue Taktik die Perser schockte - und damit meine ich insbesondere den einfachen persischen Soldaten der dies vor der Schlacht von Marathon so noch nie erlebt hat. Und dies ist doch das entscheidende wie der einfache Kämpfer den Gegner wahrnimmt. Der einfache Perser und darauf kommt es an, war sowohl von der Taktik der Athener bei Marathon überrascht wie auch von deren Kampfkraft !

Wer Phalanx sagt, sagt damit Kampftaktik und Nahkampf und damit auch disziplinierte und trainierte Kampfkraft. All dies gehört untrennbar zusammen, dass darf man nicht vergessen !!

Da der Nahkampf/Handgemenge den Persern nicht entsprach, sondern sie sich auf Geschosse (Bogen und Wurfspieße) verließen, war diese erste große Schlacht mit Festlandgriechen für sie natürlich ein Schock !

Lysander
26.01.06, 18:23
@Luitpold
stimmt das Buch hab ich auch gelesen, es ist schon erstaunlich das es für ein Werk das den geschichtlichen Ablauf in den Vordergrund stellt ein ganzes Kapitel über das römische Heer der Spätantike enthält.

Adrian Goldsworthy führt die Einheiten die in der Notitia Dignitatum aufgeführt sind in dem Buch "Die Legionen Roms" auf, zumindest die der Feldarmee (Comitatenses).

Demzufolge bestand die römische Armee nach der Wehrreform des Konstantin aus folgen Einheitentypen:
Scholae: kaiserliche Garde-Kavallerieregimenter (7 mit je 500 Mann, alle Ostreich)
Vexillatio Palatina: Feldarmee-Gardekavallerieregimenter (23 mit ja 600 Mann, 14 Ostreich)
Vexillatio Comitatenses: Feldarmee-Kavallerieregimenter (63 mit je 600 Mann, 29 Ostreich)
Legio Palatina: Feldarmee-Elitelegion (25 mit je 1000 - 1200 Mann, 13 Ostreich)
Auxilia Palatina: Elitefeldarmee-Auxiliaeinheiten (85 mit ja 1000 - 1200 Mann, 43 Ostreich)
Legio Comitatenses: Feldarmee-Legion (71 mit je 1000 - 1200 Mann, 38 Ostreich)
Pseudo-Comitatenses: Grenztruppen in der Feldarmee - Limitanai (48 mit je 1000 - 1200 Mann, 20 Ostreich)

Zieht man diese Zahlen zusammen kommt man auf rund 300000 Soldaten in der Feldarmee (Comitatenses) die meist im Hinterland kasserniert war. Dazu kamen etwa noch mal die gleiche Zahl an Grenztruppen (Limitanai). Die Grenztruppen bestanden meist aus den selben Truppentypen wie die Feldarmee. Die Soldaten waren meist dort angesiedelt wo sie stationiert waren und versorgten sich selbst, sie bekamen einen regelmäßigen Sold und mussten sich für eine feste Zeit verpflichten.

Diese Soldaten waren natürlich nicht alle auf einem Fleck sondern im ganzen Reich verteilt, die Aufteilung war wie folgt:
Ostreich: 2 x Praesentalis (? keine Ahnung was das sein soll), Orientes, Thracum und im Illyricum
Westreich: Italien / Gallien / Illyricum / Afrika / Tingitanien / Britannien / Spanien

Durch diese Verteilung war es den Römern weiterhin unmöglich Armeen von mehr als 20000 - 40000 Mann gleichzeitig ins Feld zu führen, brauchten sie meist auch nicht, denn bis auf die Sassaniden in Persien waren die anderen Feinde (Germanen) mit kleinen Armeen unterwegs. Die Germanenstämme bestanden meist aus 100T. bis 150T. Menschen von denen selten mehr als 30000 Waffen trugen, die anderen waren Frauen, Kinder und Alte.

the general
26.01.06, 18:43
In seiner „Kultur des Krieges“ betont John Keegan, dass in der antiken griechischen Kriegführung eine Unbarmherzigkeit liegt, die den Naturvölkern im allgemeinen fremd war.
Deren Kampftaktik war eher zögerlich, indirekt und ausweichend.

Keegan betont, dass die Perser sogar noch während des Alexanderzuges in der Tradition des Vorderen Orients verhaftet waren, nämlich „einem Handgemenge aus dem Weg zu gehen, hinter einem Schirm von Geschossen zu kämpfen, und sich darauf zu verlassen, dass Hindernisse das Vorgehen des Feindes behinderten“.

„Die Entscheidung für die Taktik der Hopliten war nichts anderes als die natürliche Furcht des Menschen an die Grenze des Erträglichen zu treiben.“

Die Phalanx war die Grundlage antiker Kriegführung. D.h. schweres Fussvolk in einem geschlossenen taktischen Körper organisiert, wo der Wille des einzelnen sich dem ganzen unterzuordnen hatte ohne jedoch seine eigene Stärke und Kampfkraft einzubüßen.

Man muss Keegan zustimmen, wenn er die Neuartigkeit dieser Art der Kriegführung betont und das man ohne diese Eigentümlichkeit die Phalangenschlacht nicht zu verstehen könne !

In der Schlacht zwischen Phalangen war es nun so, dass der Hoplit versuchte eine der ungepanzerten Stellen des Gegners zwischen den Schilden mit dem Speer zu treffen (Kehle, Achselhöhle oder Leistengegend). Das Gefecht kam so zum Stehen und es begann das zusätzliche Drängen mit den Schilden um eine Lücke beim Gegner zu schaffen. Gelang dies, wurde versucht diesen Einbruch durch Nachrücken hinterer Glieder noch zu vergrößern.
Erst jetzt kam das Schwert zum Tragen, mit dem in erster Linie gegen die Beine des Gegners gestochen wurde. Konnte die Lücke erweitert werden, kam es zum Durchbruch und damit zur Schlachtentscheidung.

So in etwa sinngemäß Victor D. Hanson, „The Western Way of War. Infantry Battle in Classical Greece “ und „Hoplites. The Classical Greek Battle Experience”.

Wir können also aus dem eben gesagten Zusammenfassen, dass diese mörderisch kompromisslose auf das Nahgefecht gerichtete neue Taktik die Perser schockte - und damit meine ich insbesondere den einfachen persischen Soldaten der dies vor der Schlacht von Marathon so noch nie erlebt hat. Und dies ist doch das entscheidende wie der einfache Kämpfer den Gegner wahrnimmt. Der einfache Perser und darauf kommt es an, war sowohl von der Taktik der Athener bei Marathon überrascht wie auch von deren Kampfkraft !

Wer Phalanx sagt, sagt damit Kampftaktik und Nahkampf und damit auch disziplinierte und trainierte Kampfkraft. All dies gehört untrennbar zusammen, dass darf man nicht vergessen !!

Da der Nahkampf/Handgemenge den Persern nicht entsprach, sondern sie sich auf Geschosse (Bogen und Wurfspieße) verließen, war diese erste große Schlacht mit Festlandgriechen für sie natürlich ein Schock !

Ah so. Jetzt hab ichs verstanden. :) Gut dann hätte ich besser Schlachtreihe oder sowas sagen sollen. Und die Argumente das die Perser davon geschockt waren sind für mich schlüssig, aber das Argument das die Perser ja auch bei der Eroberung Kleinasiens gegen Griechen gekämpft haben und es die Phalanx schon etwas länger gab und so die Perser die Phalanx schon kennengelernt haben müssten bleibt trotzdem noch bestehen.

the general
26.01.06, 19:03
Adrian Goldsworthy führt die Einheiten die in der Notitia Dignitatum aufgeführt sind in dem Buch "Die Legionen Roms" auf, zumindest die der Feldarmee (Comitatenses).

Demzufolge bestand die römische Armee nach der Wehrreform des Konstantin aus folgen Einheitentypen:
Scholae: kaiserliche Garde-Kavallerieregimenter (7 mit je 500 Mann, alle Ostreich)
Vexillatio Palatina: Feldarmee-Gardekavallerieregimenter (23 mit ja 600 Mann, 14 Ostreich)
Vexillatio Comitatenses: Feldarmee-Kavallerieregimenter (63 mit je 600 Mann, 29 Ostreich)
Legio Palatina: Feldarmee-Elitelegion (25 mit je 1000 - 1200 Mann, 13 Ostreich)
Auxilia Palatina: Elitefeldarmee-Auxiliaeinheiten (85 mit ja 1000 - 1200 Mann, 43 Ostreich)
Legio Comitatenses: Feldarmee-Legion (71 mit je 1000 - 1200 Mann, 38 Ostreich)
Pseudo-Comitatenses: Grenztruppen in der Feldarmee - Limitanai (48 mit je 1000 - 1200 Mann, 20 Ostreich)

Zieht man diese Zahlen zusammen kommt man auf rund 300000 Soldaten in der Feldarmee (Comitatenses) die meist im Hinterland kasserniert war. Dazu kamen etwa noch mal die gleiche Zahl an Grenztruppen (Limitanai). Die Grenztruppen bestanden meist aus den selben Truppentypen wie die Feldarmee. Die Soldaten waren meist dort angesiedelt wo sie stationiert waren und versorgten sich selbst, sie bekamen einen regelmäßigen Sold und mussten sich für eine feste Zeit verpflichten.

Schon der britische Historiker Mommsen sagte damals schon das die Zahlen in der Notitia Dignitatum sehr unsicher sind. Die Truppen bestanden also auf dem Papier, aber gab es sie auch wirklich? Bzw. war das ja die Sollstärke, aber wie groß war die Ist-Stärke und Delbrück bemängelt hier das man die Zahlen nicht kontrollieren kann ob hier auch wirklich die Wahrheit gesagt wurde.

Er schreibt weiterhin, das in einem Schreiben des Kaisers Valerian an den späteren Kaiser Aurelian, in dem diesem ein großes Kommando über eine Legion und aus 2-300 Mann bestehenden Kontigente anderer Völkerschaften übertragen wird. Jede Völkerschaft und die Anzahl der Kontingente wird aufgezählt. Wenn die Armeen so groß sind, warum werden dann so kleine Kontingente aufgezählt, die sowieso überall im Reich dienen?

Delbrück beschreibt auch das Julian in der Schlacht bei Straßburg im Jahre 357 n.Chr. 13.000 Mann (gibt Julian selbst an) unter Waffen hatte. Delbrück meint das die Zahl in etwa hinkommen könnte, denn auch Julians Rivalen gibt der Historiker Ammian nicht mehr wie 25.000 Mann. Und Julian standen reiche Provinzen zur Verfügung, da hätte er doch wenn er gewollt hätte bestimmt viel mehr rekrutieren können.

In den späteren Jahrhunderten wandelte sich aufgrund von Mangel an Edelmetall die römische Geldwirtschaft in eine Naturalwirtschaft und wie soll man da 700.000 Mann unter Waffen halten?

Ich geb euch einen Tipp kauft euch "Geschichte der Kriegskunst" von Hans Delbrück und lest es und glaubt mir die Investition isses Wert. Dank dem Ottonen würde ich euch auch die Bücher von Kromeyer/Veith empfehlen, denn auch ihre Erklärungen sind für mich schlüssig, aber 1.hab ich sie selber noch nicht gelesen und 2. sind die ja auch anscheinend sehr schwer zu kriegen.

Lysander
26.01.06, 19:33
@ the general

Die Einheitenanzahl müssen nicht wiedersprüchlich sein, den Goldworthy räumt ein das die Angaben über die Stärken der einzelnen Truppenteile varriierte und die Iststärke war etwa nur 2/3 der Sollstärke oder sogar weniger, gibt aber zu das es dazu keine umfassend brauchbaren Quellen gibt. Darum macht er auch keine Aussage über die Gesamtstärke der Armee.

Die Schlacht von Straßburg wird in dem Buch ebenfalls behandelt, die Angaben über Julians Heer wird ebenso mit 13000 Mann angegeben. Julian wurde dabei von seinen Soldaten zum frühen Angriff gedrängt, obwohl er auf Verstärkungen warten wollte. In Edward Gibbons Werk "Fall und Untergang des Römischen Reichs" ist die Rede von, das Julian seine gallischen Legionen an den Kaiser Ostrom ausleihen musste, da der gerade gegen die Sassaniden eine schlechte Figur gemacht hat, obs stimmt?

Das Feldheer war im inneren des Landes stationiert und konnte im Ernstfall nicht schnell genug an die Grenze herangezogen werden, vielleicht standen Julian nur die Grenztruppen der Limitanai zur Verfügung, ihre Einheiten waren ja identisch mit denen der Comitatenses.

Die Zahl 700000 bezieht sich eben auf die Angaben von A. Demandt in seinem Buch "Geschichte der Spätantike".

Das Römische Reich hatte damals immerhin um die 50 Millionen Einwohner.

Ja die Anschaffung der Werke von Delbrück und Kromayer kann nicht schaden, allerdings find ich die schon recht alt und sind wohl lleider ängst vergriffen, wird Zeit für ein neues auf den neuesten Erkenntnissen beruhendes Werk.

Luitpold
27.01.06, 01:53
Zur Sache mit der Stärke der Truppen Julians:

Julian wird von Constantius II. 355 als Caesar ("Unterkaiser") nach Gallien geschickt, um dort die durch Usurpationen und germanische Angriffe kritisch gewordene Lage zu bereinigen. Constantius selbst bleibt im Osten, da starke persische Angriffe den Römern zu schaffen machen.
Julian verfügt in Gallien nur über eine relativ kleine Streitmacht - Ammian versteigt sich (wenn Wir Uns recht entsinnen) gar zur Behauptung, Constantius habe Julian absichtlich so wenige Soldaten und Ressourcen zur Verfügung gestellt, um ihn elegant zu "entsorgen".
Julian gelingt es trotz der widrigen Umstände (es wird u.a. von 40 geplünderten Städten berichtet), die Lage in Gallien zu konsolidieren. Sein bedeutendster Erfolg ist eben der hier angesprochene Sieg bei Straßburg 357.
In den folgenden Monaten fordert Constantius Teile von Julians Armee, die zum Großteil aus germanischen Söldnern besteht. Ob dies vorrangig wegen der prekären Lage im Osten geschieht oder um Julian seiner Machtbasis zu berauben, sei dahingestellt. Julians Germanen rufen ihn zweimal zum Augustus aus (das erste Mal gelingt es Julian noch, die Proklamation zu annullieren). Es war schon in der Antike umstritten, ob nicht Julian selbst hinter hinter den Proklamationen stand oder ob es sich um eine Eigenmächtigkeit seiner Truppen handelte. Julian und sein Anhänger Ammian behaupten Letzteres; den Söldnern sei bei ihrer Einstellung zugesichert worden, daß sie heimatnah eingesetzt würden. Die zweite Proklamation läßt sich nicht mehr herunterspielen und die beiden Verwandten rüsten zum Krieg gegeneinander, der dann durch den plötzlichen Tod Constantius' im November 361 verhindert wird.

Faultierasai
27.01.06, 07:36
Zitat von The General: Die einzige Phalanx die erfolgreich focht war die spartanische Phalanx??? Wie kommst du den auf diese absurde Idee?

Ich habe geschrieben das die Spartaner als einzigstes Volk die Phalanx defensiv erfolgreich einsetzen konnten, was nur ihrer Ausbildung und Disziplin zu verdanken
war. Im freien Feld haben wohl beide Parteien die Phalanx angewandt, doch in der Verteidigung, speziell von geschlossenen Siedlungen waren die Spartner halt die einzigsten.
BTW: Die Spartaner waren auch in der Lage mitsamt ihrer kompletten Ausrüstung zu schwimmen, nicht große Strecken, aber kleiner Flüsse oder Weiher von ein paar dutzend Metern waren möglich.


Wie wurden die Armee ernährt?

Genau so wie die Truppen der Türken bei der Belagerung von Wien, dort standen auch mehr als 100T Türken vor Wien. War das 1683 ???

Und soweit ich weiß wurden beim Bau der ägyptischen Pyramiden mehr als 100T Menschen auf einen Platz gestellt und konnten versorgt werden. Und nicht zu vergessen, die Millionenheere der Arbeiter für den großen Kanal und die chinesische Mauer. Du kannst also davon ausgehen diese Leute verstanden bereits in der Antike was von Nachschub und Logistik.

Die Römer lasse ich mal raus, denn ihre Stärke und das Rückgrat der römischen Armee war nunmal der Nachschub, herangekarrt auf den damaligen besten Straßennetz der Welt.

Eine solche Armee auf dem Marsch hat Probleme, deshalb wurde so ein Heer (mit Ausnahme der germanischen Heere der Völkerwanderung) auf dem Marsch geteilt, zum einen um schneller vorwärtszukommen und zum zweiten um besser die Landstriche als zusätzliches Proviantlager zu verwenden.
Zudem hatte jede Armee, nicht nur die römische, auch Logistiker. Man kann sich im eigenen Land vor einem solchen Zug vorbereiten zum Beispiel Depots anlegen. das ist nicht unmöglich wenn man weiß wann und wo die Truppe hin soll.
Im Feindesland bleiben nur die mitgebrachten und die erbeuteten Nahrungsmittel, und es ist klar das dann eine zu große Armee nur eine Belastung ist, daher wurde sie auch dort geteilt. Siehe die Einquartierung in Winterlager in verschiedenen Regionen.


Woraus bestand die kämpfende Truppe?
Ähm tja aus allem was man hatte. Bei den römischen Truppen dürfte die Antwort klar sein, bei den barbarischen bevorzuge ich die Meinung das meist eine perfekt ausgerüstete Leibwache des Anführers da war, danach kam der sehr gut ausgerüstete
Adel mit seinen Leibwachen und Kriegen und der weitausgrößte Teil dürfte als Infanterist als Schwertkämpfer oder in Form der Kriegsbanden mit dem Speer umhergezogen sein. Nur wenige, wenn überhaupt nur der Adel besaßen Pferde und waren damit als Kavallerie anszurechnen.


Wie wurden sie entlohnt?
Die Römer erhielten einen monatlichen Sold und eine Abfindung in Form von Land. In der spätrömischen Kaiserzeit war dies dann ebenfalls Geld oder eine lebenslange Versorgung mit Getreide.

Die barbarischen Truppen erhielten keine Bezahlung für ihre Dienste. Man sah dies als
Ehre an für sein Volk zu kämpfen, mit bisschen Glück sprang was raus bei der Plünderung und Anteilen bei Beuteverteilungen, ansonsten hast du gar nichts zu erwarten. Darum sind auch viele Germanen zur Legion gegangen, aus wirtschaftlicher Not. Und wurden dafür meist von den anderen Germanen verachtet.
Auch bei den östlichen Truppen ist es recht selten gewesen das sie Geld in die Hand bekommen haben.

Die Römer/ Byzantiner waren die ersten die Bezahlung und Versorgung der eigenen Truppen und ihre Abfindung nach dem Dienst entlohnten, daher hatten sie am Anfang keine Probleme mit Rekrutierungen. Danach verschwand diese Idee wieder und wurde erst zum späten Mittelalter wieder ganz langsam eingeführt.

Kurzzeitig, sagen wir auf Jahresbasis war es zudem möglich größere Verbände auf einen
Platz zu stellen


Außerdem war der Versuch etwas in meine Postings hineininterpretieren zu wollen und mich als ahnungslosen Trottel hinzustellen der seine Vorstellungen einer antiken Schlacht auf ein Spiel stützt mehr als Schwach.
Das hatte ich niemals vor, doch bei einigen Ausführungen wie zum Beispiel der Phalanx kam es mir schon vor als hättet ihr Rome zu Rate gezogen.

the general
27.01.06, 09:19
Ich habe geschrieben das die Spartaner als einzigstes Volk die Phalanx defensiv erfolgreich einsetzen konnten, was nur ihrer Ausbildung und Disziplin zu verdanken
war. Im freien Feld haben wohl beide Parteien die Phalanx angewandt, doch in der Verteidigung, speziell von geschlossenen Siedlungen waren die Spartner halt die einzigsten.
BTW: Die Spartaner waren auch in der Lage mitsamt ihrer kompletten Ausrüstung zu schwimmen, nicht große Strecken, aber kleiner Flüsse oder Weiher von ein paar dutzend Metern waren möglich.

Ah so, da hab ich mich dann wohl verlesen. :o



Genau so wie die Truppen der Türken bei der Belagerung von Wien, dort standen auch mehr als 100T Türken vor Wien. War das 1683 ???

Und soweit ich weiß wurden beim Bau der ägyptischen Pyramiden mehr als 100T Menschen auf einen Platz gestellt und konnten versorgt werden. Und nicht zu vergessen, die Millionenheere der Arbeiter für den großen Kanal und die chinesische Mauer. Du kannst also davon ausgehen diese Leute verstanden bereits in der Antike was von Nachschub und Logistik.

Die Römer lasse ich mal raus, denn ihre Stärke und das Rückgrat der römischen Armee war nunmal der Nachschub, herangekarrt auf den damaligen besten Straßennetz der Welt.

Eine solche Armee auf dem Marsch hat Probleme, deshalb wurde so ein Heer (mit Ausnahme der germanischen Heere der Völkerwanderung) auf dem Marsch geteilt, zum einen um schneller vorwärtszukommen und zum zweiten um besser die Landstriche als zusätzliches Proviantlager zu verwenden.
Zudem hatte jede Armee, nicht nur die römische, auch Logistiker. Man kann sich im eigenen Land vor einem solchen Zug vorbereiten zum Beispiel Depots anlegen. das ist nicht unmöglich wenn man weiß wann und wo die Truppe hin soll.
Im Feindesland bleiben nur die mitgebrachten und die erbeuteten Nahrungsmittel, und es ist klar das dann eine zu große Armee nur eine Belastung ist, daher wurde sie auch dort geteilt. Siehe die Einquartierung in Winterlager in verschiedenen Regionen.

Die Römer erhielten einen monatlichen Sold und eine Abfindung in Form von Land. In der spätrömischen Kaiserzeit war dies dann ebenfalls Geld oder eine lebenslange Versorgung mit Getreide.

Die barbarischen Truppen erhielten keine Bezahlung für ihre Dienste. Man sah dies als
Ehre an für sein Volk zu kämpfen, mit bisschen Glück sprang was raus bei der Plünderung und Anteilen bei Beuteverteilungen, ansonsten hast du gar nichts zu erwarten. Darum sind auch viele Germanen zur Legion gegangen, aus wirtschaftlicher Not. Und wurden dafür meist von den anderen Germanen verachtet.
Auch bei den östlichen Truppen ist es recht selten gewesen das sie Geld in die Hand bekommen haben.

Ich weiss das die Menschen in der Antike was von Logistik verstanden, die waren ja auch nicht blöd. Nur ich meine eine so große Armee musste ja irgendwie versorgt und entlohnt werden. Das römische System wie wir es von Augustus kennen gab es aber im 4, 5 und 6 Jahrhundert nicht mehr. Die Armee hatte sich auch vollkommen geändert. Das neue Armeesystem war nun eine Mischung aus Berufs-und Milizarmee. Die Milizarmee, das waren die Limitanei, die nur noch bedingt kampfkräftig waren und die eigentliche Berufsarmee bestand nun hauptsächlich aus germanischen Söldnern.

Irgendwann im 4.Jahrhundert, ich hab den genauen Zeitraum nicht mehr im Kopf brach aufgrund von Mangel an Edelmetallen die Geldwirtschaft des römischen Reiches zusammen und es entwickelte sich zur Naturalwirtschaft. Zu dieser Zeit war schon der großteil der Bevölkerung des römischen Reiches im Kriegshandwerk ungeübt. Mit einer Naturalwirtschaft aber kann man keine 700.000 Mann ernähren, das geht einfach nicht. Im Mittelalter gab es ja auch die Naturalwirtschaft und da waren die Heere ja auch außerordentlich klein und bestanden aus Berufskriegern.



Ähm tja aus allem was man hatte. Bei den römischen Truppen dürfte die Antwort klar sein, bei den barbarischen bevorzuge ich die Meinung das meist eine perfekt ausgerüstete Leibwache des Anführers da war, danach kam der sehr gut ausgerüstete
Adel mit seinen Leibwachen und Kriegen und der weitausgrößte Teil dürfte als Infanterist als Schwertkämpfer oder in Form der Kriegsbanden mit dem Speer umhergezogen sein. Nur wenige, wenn überhaupt nur der Adel besaßen Pferde und waren damit als Kavallerie anszurechnen.

Da die römische Armee der Spätantike hauptsächlich aus germanischen Söldnern bestand ähnelten sie sehr den Barbarenheeren der Völkerwanderung.



Das hatte ich niemals vor, doch bei einigen Ausführungen wie zum Beispiel der Phalanx kam es mir schon vor als hättet ihr Rome zu Rate gezogen.

Nee ich habe hier den großen Ottonen gemeint. Nicht dich, nur keine Sorge. :)